Südamerikareise von Martina und Tobias
Peru
Vilcabamba bis Huaraz, Anfangs - Mitte September
Nachdem der Bus kurz nach der Abfahrt von Loja (Südecuador)einen Achsenbruch erlitten hat, sämtliche Passagiere in einen schon voll besetzten Reisebus gestopft worden sind, mache ich die erste Bekanntschaft mit zwei jungen Peruanerinnen. Entgegen allen ecuadorianischen Unkenrufen, Peruaner seien alle hinterlistig, diebisch , unfreundlich und egoistisch, bieten sie mir sofort Platz an. Ich quetsche mich neben sie, bekomme sofort Kekse und Wasser angeboten. Wo ich herkomme, wie ich heisse, Alter, Beruf, ob ich Kinder wolle, wie uns Südamerika gefalle und warum wir nicht länger in Piura bleiben wollen. Geduldig beantworte ich alle ihre Fragen bis sie eingeschlafen sind. Der Bus schleicht durch tiefe Schluchten, atemberaubend schmalen Holperstrassen dem Abhang nach - Wir sind froh ist der Achsenbruch nicht hier passiert. Ob der Bus diese wie Schleichwege anmutenden Strassen befährt, weil er hoffnungslos überladen ist? Wir wissen es nicht und probieren irgendwie zu schlafen, Martina eingeklemmt, Tobias im Stehen.
Nach Piura geht die Busfahrt sofort weiter nach Trujillo, einer hübschen Küstenstadt im Norden von Peru. Vor lauter Müdigkeit (18h Busfahrt) nehmen wir die karge Wüstenlandschaft, die an der ganzen peruanischen Küste vorherrscht, kaum noch wahr. Armselige Hütten, dünne Hunde, Abfall, riesige Sanddünen und aufgemalte Wahlpropaganda prägen das Bild.
Alpamayo 5947 müM
Huaraz, Mitte September
Huaraz, Trekkingmekka, liegt zwischen der Cordillera Blanca und der Cordillera Negra, letztere ist schneefrei. In den siebziger Jahren wurde Huaraz neu aufgebaut, nachdem die Stadt von einem Erdbeben vollständig zerstört worden ist.
Dort treffen wir Johnny, einen Quechua sprechenden Guide. Wir erzählen ihm, dass wir den berühmten Santa Cruz-Trek in der Cordillera Blanca machen wollen, uns das Wandern mit Hauszelt, Campingtisch und Stühlen nicht zusagt. Andere Touren werden hier aber nicht angeboten. Nach langem Reden und einem Gespräch mit seinem Chef, willigt er ein uns zu begleiten. Drei geschlagene Stunden verbringen wir auf dem Markt, suchen und kaufen Essen für vier Tage für uns drei. Auf dem wunderschönen Trekking werden wir ab und zu belächelt, weil wir unser Gepäck selber tragen. Wir lächeln zurück, sind froh nicht in einer Zehner-Gruppe wandern zu müssen.
Wir schätzen es, nur mit Johnny (Typischer Quetchuaname, nicht?) unterwegs zu sein. Wir erfahren viel über die Lebensweise der Indigenas, die Diskriminierungen, das schleichende Verschwinden der Traditionen. Wir kennen es schon von Russland: unsere Hightechausrüstung vs. undichtes Zelt, alte Turnschuhe, Plastikponcho...
Gedanken über Ungerechtigkeiten wirbeln in unseren Köpfen. Wir haben einen sicheren Job und die Möglochkeit in unserem Alter so weit zu reisen. Er muss im Winter nach Lima reisen (10h) um dort temporär und schlecht bezahlt als Schneider zu arbeiten, ausserhalb von Peru war er noch nie.
Der Weg führt uns über karge Hochebenen, vorbei an eiskalten Gletscherseen und schneebedeckten Gipfeln. Die vier Tage sind unvergesslich schön. Leider sind wir in Zeitnot, Noëmi (Tobias Schwester) und Lea (eine Freundin) erwarten uns in wenigen Tagen in Cusco, sonst hätten wir den zehntägigen Huayhuash-Trek gleich noch angeghängt. Dieses Trekking gilt, laut National Geographic, als der zweitschönste der Welt. Wer weiss, vielleicht kommen wir im Frühling nach Huaraz zurück.
Wer hats erfunden?
Zwischen Huaraz und Cusco liegen 34 Busstunden. Wir sind uns ja schon einigen gewöhnt, das wollen wir uns allerdings nicht am Stück antun. Deshalb legen wir in Nasca einen kurzen Stopp ein, um uns die Beine zu vertreten und natürlich, um die weltberühmten Nascalinien zu bestaunen.
Wir entscheiden uns gegen den Flug über die Linien (Wir haben einiges darüber erzählt bekommen) und für einen extrem enthusiastischen Führer. Wir machen uns Sorgen, dass Jesus, der selber Schüler bei der legendären Maria Reiche war, einen Herzinfarkt erleidet, weil er sich so ins Zeug legt und uns mit glänzenden Augen und beeindruckendem Gefuchtel das Mysterium näher bringen will.
Cusco, Ende September
Mit grosser Vorfreude auf Noëmi und Lea, die einen Monat mit uns reisen werden, machen wir uns auf die Suche nach einer guten Unterkunft. Bei einem schrulligen Ehepaar mit gesammthaft drei Zähnen entdecken wir dann unsere Bleibe: eine eigene Küche und eine grosse Terrasse mit Liegestühlen gehören dazu. Der Blick über Cusco ist fantastisch.
Wir geniessen es mit ihnen zusammen zu sein, unsere Erlebnisse auf Berndeutsch zu erzählen, Karten zu spielen, Würfeln, News aus der Schweiz zu erfahren. Natürlich freuen wir uns über die bestellten Dinge (Weledacreme, Diafilme und vorallem über den Büchernachschub)
Gemeinsam besuchen wir auf den wohl langsamsten Pferden die umliegenden Ruinen, kaufen die halben Märitstände zusammen und trinken den feinen Pisco Sour. (Traubenschnaps mit gequirltem Eiweiss)
Inkagöttinnen?
Nach einigen Tagen Akklimationszeit reisen wir weiter Richtung Machu Picchu, der berühmten Inkastadt. Weil wir den Touristenzug (70$) nicht bezahlen wollen (Einheimische bezahlen 6 Franken) entscheiden wir uns für eine Alternativroute (mit Bus, Collectivo und per pedes) durch eine wunderschöne, abwechslungsreiche Gegend, von felsigen Tälern bis zum saftig grünen und von Mosquitohorden bewohnten Urwald. (Ihre Stiche haben 3 Wochen lang gebissen, Noëmi wandelt ab 22. Okt. als lebendiges beispiel wieder in der Schweiz...)
Vor Tagesanbruch verlassen wir tagsdarauf unser Hostal, um vor dem Touristenstrom oben auf den Ruinen zu sein. Der beschwerliche, anderthalbstündige Aufstieg hat sich gelohnt, das Flirten mit dem Wärter allerdings nicht- wir dürfen erst um 6.00 hinein, das heisst, den Sonnenaufgang erleben wir zwischen Kassenhäuschen und militanten Wärtern.
Die "Vergessene Stadt" ist eindrücklich, riesengross und voller Touristen (bis zu 2000 pro Tag...)
Wir treffen auf andere Rucksackreisende, die uns erzählen, dass andere, weniger berühmte Ruinen viel sehenswerter seien. Wir glauben ihnen sofort.
Heinos(alleine!) auf Machu Picchu grüssen Regi
Nach einer weiteren Nacht in unserer liebgewonnen Cusco-Bleibe und dem Versprechen, unsere "Luna de miel" doch wieder genau dort zu verbringen , fahren wir per Zug nach Puno am Titicacasee.
Wir wollen den höchstgelegenen navigierbaren See auf der bolivianischen Seite besichtigen. Wir tuckern mit einem alten Schiff Richtung Isla del Sol, zur Insel, auf der der Legende nach, der Inkagott geboren wurde und von wo aus er dann nach Cusco gekommen ist, um das Inkareich zu gründen.
Aufbruch: | 16.07.2006 |
Dauer: | 12 Monate |
Heimkehr: | 06.07.2007 |
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