Vietnam

Reisezeit: November / Dezember 2002  |  von Christian Böttcher

Ins sommerliche Hue

7. Der Sonne entgegen - aus dem nördlichen Herbstdunst
ins sommer­liche Hue

Der Abschied naht und meine Freunde bringen mich zum Bahnhof, von dem aus ich zu meinem nächsten Ziel, Hue, starten werde. Es ist Abend und, verglichen mit deutschen Groß­stadtbahnhöfen, herrscht wenig Betrieb. Laut Fahrplan gibt es auch höchstens alle hal­be Stunde eine Abfahrt oder Ankunft. Der Zug steht schon lange vorher bereit und ich habe genug Gele­genheit, mein Abteil aufzusu­chen, Gepäck zu verstauen und danach noch mit Thanh, Minh und Hang auf dem Bahnsteig was zu trinken. Auf den Zuglaufschildern steht "Sai Gon" als Fahrt­ziel und nicht etwa Ho Chi Minh-Stadt, wie es doch heute offi­ziell heißt. Thanh erklärt mir, daß im Alltags-Sprachgebrauch der Name Saigon nach wie vor üblich ist. Nur gegenüber Be­hörden sollte man lieber den Nachkriegsnamen verwenden. Ich steige ein und öffne ein Wa­genfenster. Ich zeige in die von mir vermutete Fahrtrichtung und frage, ob es dort langgeht. Thanh lacht und antwortet, dort ginge es zu den Chinesen. Dabei schneidet er zum Scherz eine Schlitzau­gengrimasse. Der Zug setzt sich in Bewegung und die drei winken, solange wir uns se­hen können. So ist es in Vietnam üblich. Aber es ist ohnehin ein anderer Abschied, wenn man weiß, daß man bald wieder sehr weit auseinan­der ist.
Das von mir reservierte Bett ist ein soge­nannter Soft Sleeper. Es befindet sich in einem Sechspersonenabteil und jedes dieser Betten besteht aus hartem Holz mit einer dünnen De­cke als Unterlage. Bettdecke und ein klei­nes Kissen kommen hinzu. Nicht allzu gemüt­lich, aber sauber. Ein nettes sloweni­sches Ehepaar, das deutsch spricht, reist mit und noch ein paar Viet­namesen. So habe ich ein wenig Unterhaltung. Eine Weile sehe ich nach draußen und betrachte die offenen Ge­schäfts- und Wohnhäuser, deren große Ein­gänge in der Dunkelheit einladend beleuchtet sind. Als wir die Hanoier Vororte verlassen, haben, wende ich mich meiner Reise­lektüre zu: Briefe in die chinesische Vergangenheit von Rosendorfer. In dem amüsanten Zeitreiser­oman über einen mittelalterlichen chinesischen Beamten im heutigen München erkenne ich manche asiatischen Mentalitäten wieder, die mir in Vietnam bereits begegnet sind. Das ge­mächliche Fahrtempo ist, im Un­terschied zur Zugeinrichtung, durchaus schlaf­fördernd.

Als es hell wird, sehe ich, ich glaube zum ersten Mal seit meiner Anreise, die Sonne un­gehindert strahlen. Die Landschaft mit ihren vielen Palmen und der rostroten Erde wirkt dadurch noch viel freundlicher. "Jetzt kommt der Sommer", denke ich mir an diesem De­zembertag. Die Dörfer, die wir jetzt durchfah­ren, erwachen. Hirtenjungen begeben sich mit ihren schwarzen Büffeln aufs Feld und Schul­mädchen in adretten blauweißen Uniformen warten geduldig an den Bahnschranken.
Bei der Ankunft in Hue ist es etwa 8 Uhr und es ist nicht schwer, einen Taxifahrer zu fin­den. Auch die Stadt wirkt in der Mor­gensonne sehr fröhlich und harmonisch. Über einige pal­mengesäumte Alleen fahren wir zum Hotel. Meine Freude, durch den DuMont-Reiseführer wieder mal eine ordentliche Un­terkunft gefunden zu haben, wird getrübt, als ich erst in dem schönen Zimmer merke, daß mich der Chauffeur abgezockt hat. Durch eine Geldscheinver­wechslung gab ich ihm wohl ei­nen Fahrpreis, der eher deutschen Verhältnis­sen entspricht. Deshalb hat er mich bei der Be­zahlung so angelächelt. Nun ja, 8 Euro lassen sich verschmerzen. Erstmal Klimaanlage ein­schalten, unter die Dusche gehen und mich et­was ausruhen.
Die Hotelwirtin ist jung und charmant. Ihre Herzlichkeit scheint den Empfangsbereich auszufüllen, als sie an der Rezeption ein paar Fragen von mir beantwortet. Das Frühstück äh­nelt dem im Hanoier Hotel. Ein längliches, pappig schmeckendes Brötchen mit etwas Butter und einfacher Marmelade. So hat man sich hier auf westliche Touristen eingestellt. Hier unter­scheiden sich asiatische Eßgewohnheiten eben doch zu sehr von den unseren und für viele Eu­ropäer ist eine salzige Suppe am Morgen wohl eine zu große Umstellung. Andererseits ist die vietnamesische Küche sicher eine der europäischsten in Asien, weil sie deutlich von den Fran­zosen beeinflußt wurde. Es wird hier auch von den Einheimischen häufig mit Messer und Ga­bel gegessen, besonders in den Städten.

Woran es liegt, daß Hue im Vergleich zu Hanoi und selbst zu Ninh Binh eher gemächlich wirkt, kann ich mir nicht so recht erklären. Vielleicht ist es die vergleichsweise aufgelockerte Bebauung mit den vielen Bäumen und den zum Teil alleeartigen Straßen. Und die Cyclofahrer nehmen sich entsprechend mehr Zeit für einen. Als ich mich zu Fuß in Richtung Postamt be­wege, um dort meine Emails abzurufen, hängt sich sogleich einer von Ihnen an mich: "Hello, where are you from? Germany, oh, second football champion. I drive you everywhere you want." Als ich auf seine Angebote nicht eingehe, nimmt er mir gleich die Worte aus dem Mund, die ich ihm sagen will: "Maybe later". In der Post ist es angenehm klimatisiert und die Einrichtung wirkt neu. Auch hier tragen die Beamtinnen ihr Ao-Dai-Kleid - natürlich in einer Einheitsfarbe. Internetplätze sind in einer separaten Halle. Aber die Webseiten bauen sich hier genauso langsam auf, wie in den anderen Internetcafes von Vietnam.
An der wichtigsten Straßenbrücke von Hue, die zwei Stadtteile miteinander verbindet, wird der Verkehr stärker und die mir aus anderen Städten vertraute Geräuschkulisse ist wieder da. Die Trang-Tien-Brücke führt über den Song Huong, den Fluß der Wohlgerüche. In der Tat weht mir eine verhältnismäßig angenehme, trockene Luft entgegen, als ich zur Altstadt hinü­berspaziere. Im älteren Stadtteil befindet sich unter anderem die Zitadelle mit der Kaiserpalast-Ruine. Dort will ich am ersten Tag aber nicht hin. Ich gehe durch kopfsteingepflasterte, schma­le Gassen mit den für Vietnam typischen, garagenähnlichen offenen Läden. Der Fluß hat einige Seitenkanäle, auf denen die Zeit stehengeblieben scheint. Wäre von den schmalen, langen und überdachten Booten nicht das Tuckern der Dieselmotoren zu hören, könnte das Bild, das sich mir bietet, auch zweihundert Jahre alt sein. Ein Wunder, daß die Fischer und Frachtschiffer sich den Touristen nicht als Wassertaxifahrer anbieten. Mit Ausflugsfahrten könnten sie sicher noch mehr verdienen. Aber das ist den Schiffsleuten verboten, habe ich irgendwo gelesen. So bleibt die ursprüngliche Hafenatmosphäre erhalten. Auf dem Zentralmarkt von Hue stehen IFA-Lastwagen aus der früheren DDR herum. Zwischen ihnen die Marktstände, vor denen Korbträgerinnen mit ihren Strohhüten stehen und feilschen. Ich lasse den Markt links liegen und gehe eine Promenade entlang, auf der sich mehrere Kiosk-Cafés niedergelassen haben. Auf einer Terasse begegne ich einem Viet-Kieu-Pärchen aus den USA, das sich von mir fotografieren läßt. Ein kurzes, nettes Gespräch ergibt sich dabei. Auf der parkähnlich angelegten Promenade wäscht irgendwo ein Cyclofahrer sein Gefährt in einem Teich mit bloßen Händen. Anderswo bietet ein Vogelhändler seine Ware an. Teilweise verkauft er die Vögel wohl auch nur, damit der Käufer sie anschließend befreien kann. Ein Brauch, der Glück bringen soll. Auf dem Rückweg überquere ich eine breitere Straße, wobei ich wieder mehr aufpassen muß. Ich kaufe ein paar Kekse und Getränke, wobei es mit dem Herunterhandeln des Preises immer noch nicht so recht klappt. Wieder im Hotel angekommen, genieße ich den Ausblick vom Balkon, auf dem sich ein Miniaturgarten im Blumenkasten befindet. Die Häuser von Hue sind nicht sehr hoch und in derselben Straße befindet sich eine Schule, vor der bei Unterrichtsbeginn und -ende reges Leben herrscht. Kettenrauchende, mit Bierdosen gestikulierende Schüler wie in Deutschland bekomme ich nicht zu sehen. Was angesichts der hier nicht minder schwierigen Zukunftsaussichten bemerkenswert ist.

Den Abend verbringe ich in einem der Restaurants. Im Hotelviertel ist man sehr auf Touristen eingestellt und die Preise beim Essen liegen entsprechend über dem Durchschnitt. Aber immer noch kein Vergleich zu deutschen Teuro-Imbissen. Die Versuchung, mir einen Kater anzutrinken, ist nicht so groß, weil die Gaststätten in Hue recht früh schließen. Aber meistens hat man sowieso nur zwei Biersorten zur Auswahl, nämlich Tiger Beer und Saigon Beer... Das wichtigste Wort, das ein deutscher Mann im Ausland kennen muß, lautet in Vietnam übrigens: bia. Nicht schwer zu lernen!
Auch in Hue fehlt es nicht an Souvenirläden. Was ich zum ersten Mal am Kiosk eines deutschen Hauptbahnhofs gesehen habe, hier findet es sich zuhauf: Zippo-Feuerzeuge "aus dem Vietnam-Krieg." Viele davon, wenn nicht die meisten, sind freilich nachgemacht. Manche blinken trotz der absichtlich krakelig eingravierten Soldatensprüche fabrikneu. Andere sind in bronzefarbe­nem Ton - auf "alt" getrimmt. Aber in einem sehr familiär wirkenden Geschäft entdecke ich ein reichlich zerkratztes kleines Zippo, eingraviert die Jahreszahlen "67-68" und der Ort Khe Sanh, in der Nähe von Hue. In Khe Sanh fand im Frühjahr 1968 eine der blutigsten Schlachten des Vietnamkrieges statt. Ob der ursprüngliche Besitzer noch lebt? Und wenn nicht, hatte er das Feuerzeug bei sich, als er starb? Es riecht nach sehr altem Öl. Den Preis von 20 Dollar vermag ich nicht runterzuhandeln. Dafür sei es zu alt, sagt die Verkäuferin. Ich nehme es. Ursprünglich war das Zippo wohl Werbegeschenk einer Firma. Ich lese den Namen Owens-Illinois, Forest Product Division. Und den Ortsnamen Memphis/Tennessee als Firmensitz.

Am nächsten Tag schlendere ich zu einem der Cyclo-Sammelplätze. Vororte am Südrand von Hue habe ich mir als Ziel ausgesucht. Meine erste Cyclofahrt beginnt auf den Hauptverkehrsstraßen im Stadtzentrum, auf denen es zwar mindestens so laut ist wie in Deutschland, aber immer noch gemächlicher zugeht, als in Hanoi. Der Fahrer spricht kaum englisch und auf der Allee, die aus der Stadt herausführt, ist es noch ruhiger. Nur gelegentlich überholt uns ein Moped. Natürlich ist mein Taxi kaum gefedert und der Sitz aus hartem Holz. Sicher werden solche Fahrzeuge auch nicht serienmäßig gebaut, sondern per Hand in kleinen Werkstätten. Die Allee ist noch asphaltiert, aber am Stadtrand werden die Straßen zunehmend holprig und zum Teil sind es auch wieder Sandpisten, wie ich sie vor allem von meinem Anreisetag in Hanoi in Erinnerung habe. Überall Läden, Werkstätten und Trinkhallen. Zwischendurch führt die Straße aber auch schon über Felder. Sie sehen tiefgrün und saftig aus; Kühe weiden vereinzelt auf ihnen und die Bäume am Straßenrand lassen mich unwillkürlich an mein heimatliches Ostfriesland denken. Aber es ist ja Anfang Dezember und dort kann es jetzt nicht so warm sein. Ich habe dem Fahrer auf der Karte als Ziel eine alte Arena gezeigt und wir fahren durch ein stärker bewaldetes Gebiet. Hier stehen verstreut einige Einfamilienhäuser und außer Vogelgesang und Blätterrauschen ist nicht viel zu hören. Ich bezahle den Fahrer vorsichtshalber schon mal für die Hinfahrt, obwohl er auf mich warten will. Die Arena Ho Quyen liegt auf einem Hügel in der prallen Sonne und ich verlasse eigentlich ungern die schattigen Wege des Dorfes, um mir das alte Bauwerk anzusehen. Es diente dem kaiserlichen Hofstaat im 19. Jahrhundert als Schauplatz für Kampfspiele zwischen Tigern und Elefanten. Das runde Gemäuer enthält in regelmäßigen Abständen Eingangstore, an deren Größe unschwer zu erkennen ist, für welche Tierart sie jeweils gedacht waren. Das Innere der Arena kann nicht betreten werden; alle Zugänge sind gesperrt. Das Spielfeld besteht auch nur aus grünem Rasen. Ich höre aus einiger Entfernung Hammerschläge und aus den Vorgärten am Fuß des Hügels kläffen mich ein paar kleine Hunde an. Hier in der Nähe soll das Ufer des Song Huong mit einem besonders schönen Aussichtspunkt sein. Als ich in die Richtung gehe, wo ich den Fluß vermute, komme ich auf einen schmalen Weg, der zwischen ein paar Bungalows hindurchführt. Einige Frauen stehen am Wegrand und unterbrechen ihr Gespräch, als ich vorbeikomme. "Xin chaò!", sage ich, aber sie reagieren nicht. Ihre Blicke scheinen mich auch nicht so willkommen zu heißen, wie ich es beispielsweise in den Dörfern um Ninh Binh immer wieder erlebt habe. Vielleicht habe ich unwissentlich bereits Privatgrundstück betreten. Der Weg erweist sich auch als Sackgasse und ich kehre wieder um. Am Hauptweg findet sich ein kleiner Kiosk und ich setze mich an einen Tisch, um etwas zu trinken. Eine Frau serviert mir Cola und ein Mann mittleren Alters gesellt sich zu mir. Der Kiosk steht im Vorgarten eines zweistöckigen Einfamilienhauses. Das Haus sieht gepflegt aus und scheint einer wohlhabenden Familie zu gehören. Auch der Mann wirkt sehr gewandt und offen; er könnte ein Lehrer oder Ingenieur sein und spricht gut englisch. Der Kiosk ist dann wohl auch nur ein Nebengewerbe für die Hausbe­wohner. Mein Gastgeber stellt mir viele Fragen und nutzt die Colapause für ein paar Englischübungen. Er schreibt mit Kreide englische Sätze auf den Tisch und möchte von mir wissen, ob sie grammatisch richtig sind. Der Abschied von dem Ehepaar ist dann auch sehr freundlich, als ich nach einiger Zeit aufbrechen möchte. Dieser Vorort mit seinen schattigen Bäumen und gemütlichen Bewohnern wird mir nun doch in angenehmer Erinnerung bleiben. Nun gehe ich den Hauptweg auf und ab, aber der Cyclofahrer ist nicht zu finden. Zunächst gerate ich in Sorge, wie ich wieder in die Stadt kommen soll, aber am Ende des Weges ist die Straße und ich brauche nicht lange nach einem neuen Cyclo Ausschau zu halten. Wir setzen uns in Bewegung und begegnen nach einiger Zeit dem Fahrer, der mich hergebracht hat. Er blickt zwar etwas enttäuscht, scheint mir aber nicht böse zu sein und das Mißgeschick zu akzeptieren. Bezahlt hatte ich ihn ja. Wieder geht es über die staubige Straße und die vertraut wirkenden Felder. Der Verkehr hat zugenommen und auch Lastwagen treten vermehrt in Erscheinung.

Am Abend suche ich nach einer von Touristen nicht so frequentierten Eßgelegen­heit und lande in einer Seitenstraße in einer kleinen Gaststätte. Sie besteht aus einer offe­nen Garküche mit Pavillon. Bei dieser Art von Restaurants braucht man keine fremdsprachi­ge Speisekarte zu lesen, sondern nur der Kö­chin an der Theke zeigen, was man haben möchte. Als ich mich nach der Bestellung auf eine rohe Holzbank setze, will ich mein Cam­pingbesteck aus dem Rucksack kramen. Es fehlt. Hatte ich es bei der Colapause nicht noch in den Händen gehabt? Dort hab' ich es wohl verbummelt. Mist! Muß ich mich jetzt wieder mit Stäbchenessen abquälen? Auf dem klobigen Holztisch wird mir nun für umge­rechnet 45 Cents ein Essen serviert, das jedem Vergleich mit deutschen Asien-Restaurantge­richten standhält. Ich nehme die Stäbchen und plötzlich kann ich damit essen. Vielleicht, weil mir niemand dabei zusieht, wie es in Hanoi der Fall war. Der einzige Gast in dem großen Speiseraum, ein Einheimischer, wünscht mir guten Appetit. Und die Wirtin reicht mir am Schluß ein paar Früchte.
Das Hotel Binh Minh ist, wie schon an­gedeutet, ein recht netter Altbau mit individu­ell eingerichteten Räumen. Mein jetziges Zim­mer könnte auch das Wohn-Schlafzimmer ei­nes asia­tischen Mittelklasse-Einfamilienhauses sein. Das Haus hat noch mehr Flair als das Classic One in Hanoi, in dem die Zimmer zwar sehr gepflegt, aber etwas uniform, schlicht und steril wirkten. In der Nähe des Ho­tels befindet sich eine katholische Kirche und ich nehme die Gelegenheit wahr, die nächste Abendmesse zu besuchen. Im Kircheninnern könnte man zunächst meinen, in Europa zu sein. Sie ist vom Baustil her französisch geprägt und hat keine asiatischen Architekturmerkmale, wie ich es an der Kathedrale von Phat Diem oder einer Dorfkirche bei Ninh Binh gesehen habe. Eine kleine, andächtige Gemeinschaft kommt zusammen. Immerhin sind es nicht nur Ältere, die sich zum Gottesdienst einfinden. Der Geruch nach altem Gemäuer und alten Bänken er­weckt dennoch bei mir den Eindruck, daß die Zeit hier stehengeblieben ist. Seit der Wiederver­einigung ist es für Christen im ehemaligen Südvietnam ja nicht einfacher geworden. Da ich in Deutschland gelegentlich auch katholische Messen besuche, sind mir die Zeremonien und die Liturgien vertraut. Und ich mache sie mit, soweit ich kann. Alle Gottesdienstbesucher folgen ernsthaft und gesammelt den Worten des Priesters. Soweit ich es bemerke, schenkt mir nie­mand besondere Beachtung und auch nach dem Ende der Messe gehen alle sofort auseinander. Schade, ich hätte mich gerne ein bißchen mit den Leuten unterhalten. Aber diese Anonymität kenne ich ja auch von der deutschen Volkskirche her und eine familiäre Atmosphäre, wie ich sie aus meinem evangelisch-freikirchlichen Hintergrund gewohnt bin, kann ich eben nicht überall erwarten. Und es bleibt der erfreuliche Eindruck, daß auch in einem Land mit einge­schränkter Religionsfreiheit eine Schar von Gläubigen existiert, die ihr Gottvertrauen nicht aufgibt. In Vietnam müssen Kirchen eine rigide staatliche Überwachung in Kauf nehmen, wenn sie geduldet werden wollen. Andernfalls sind sie gezwungen, in den Untergrund abzutauchen und ihre Anhänger haben bei Entdeckung mit schweren Schikanen und Inhaftierung zu rech­nen.

Nachdem ich in einem der zahlreichen Internetcafes meine Emails abgerufen und - über­wacht von an der Decke krabbelnden Ei­dechsen - einige nach Deutschland geschrie­ben habe, betrete ich eines der vielen Restau­rants im Hotelviertel. Hier sitzen als Gäste hauptsächlich eu­ropäisch aussehende Touris­ten mit großen Rucksäcken und Trekkingsan­dalen. Im Unterschied zu der netten kleinen Gaststätte vom Nachmittag fehlt hier die per­sönliche Gastlichkeit. Keine Köchin, die vom Essen bis zur Bedienung alles selber macht und am Schluß eine Banane über­reicht. Be­zahlte Kellner bedienen einen und das Essen kostet fünf- bis achtmal so viel wie jenes am Nachmittag.
Aber es ist immer noch billiger und delikater als in den meisten deutschen Asien-Imbissen. Ein kleiner Junge geht zwischen den Tischen umher und trägt einen Stapel Gemälde bei sich, hinter dem er fast verschwindet. Als ich später durch die Straßen gehe, fällt mir plötz­lich auf, wie still und dunkel es auf einmal ist. Die letzten Souvenirläden und Kneipen schlie­ßen, obwohl meine Uhr gerade mal die zehnte Stunde anzeigt. Hier geht man also früher zu Bett als in Hanoi. So tu ich es den anderen gleich und lasse den Tag auf dem schönen, be­pflanzten Balkon ausklin­gen. Typisch für die Balkone hier sind Miniaturgärten - große Blu­menkübel mit kleinen Felsen und Häuschen.
Am nächsten Morgen ziehe ich in ein be­nachbartes Hotel um. Teils aus Preisersparnis, teils aus dem Wunsch nach Abwechslung. Ich werde aber auch nur noch eine Nacht in Hanoi bleiben. Nach meinem zu Fuß vollzogenem Umzug spreche ich einen Cyclofahrer an und möchte mir heute Hues Hauptattraktion, die Kaiserstadt, ansehen. Sie heißt auch Zitadelle. Im Unterschied zu dem recht stummen Fahrer vom Vortag rasselt mein jetziger Chauffeur seine englischen Reiseführertexte ziemlich flott runter. Spontan macht er auch Witze über vorbei­fahrende, 50 Jahre alte Busse. Wir überqueren eine Brücke und bewegen uns auf ein majestäti­sches Tor zu. Jetzt sind wir in­nerhalb der Zitadelle, der ehemaligen, 5,2 Quadratkilometer gro­ßen Festung. Aber die eigentliche Kaiserstadt Dai No fängt auch hinter dem Tor noch nicht an. Nun geht es eine breite Allee mit mäßigem Autoverkehr entlang. Gebäude und Bäume sind weit gestreut; das Ganze gleicht eher einer großen Parklandschaft. Etwas abseits der Allee sehe ich einige Militärfahrzeuge hinter einer Mauer stehen. Eines der Militärmuseen, wie es sie in Vietnam anscheinend in jeder größeren Stadt gibt. Schräg links vor uns erhebt sich ein impo­santes Bauwerk. Der 38 Meter hohe Flaggenturm. Er ähnelt einer Stufenpyramide und auf sei­nem Mast weht die rote Fahne mit dem gelben Stern. Hue gehörte einst zur Republik Südviet­nam. Während der Tet-Offensive von 1968 wurde es für drei Wochen von den Kommunisten erobert und der gelbe, fünfzackige Stern wehte wie ein Omen für kurze Zeit auf dem Turm, bevor er für weitere sieben Jahre wieder von der gelben Flagge mit den drei roten Querstreifen ersetzt wurde. Den Farben des ehemaligen Südvietnam. Gegenüber vom Flaggenturm, auf der anderen Seite der Allee, hält mein Cyclo vor dem großen Mittagstor, dem südlichen Eingang der nahezu quadratischen Kaiserstadt. Das Mittagstor ähnelt bereits einem kleinen Palast, der auf der wuchtigen inneren Festungsmauer ruht. Ich gehe nach Bezahlung des Eintritts durch das große Tor und stehe vor dem Palast der Harmonie, einem Musterstück asiatischem Pracht­baus. So jedenfalls scheint es mir. Die vietnamesischen Herrscherdynastien haben den chinesi­schen viel nachgeahmt. Es gibt innerhalb der Kaiserstadt noch eine Verbotene Stadt. Wie in Pe­king, nur deutlich kleiner. Andächtig stehe ich in einiger Entfernung vor dem Bauwerk, wäh­rend sich in der Ziermauer direkt vor mir ein Gecko durch das geschnörkelte Gestein schlän­gelt. Vor der Halle sind zwei große rechteckige Wasserbecken angelegt, zwischen denen ein Weg zum Gebäude führt. Als ich diesen entlanggehe, überholt mich eine Frau mit zwei Pekine­sen. Die Frau ist recht hochgewachsen, wirkt relativ gut genährt und sieht eher wie eine Japa­nerin aus, als wie eine Vietnamesin. Auch ihr schmales, längliches Gesicht deutet auf japanische Herkunft hin. Allmählich vermag ich die Asiaten optisch zu unter­scheiden. Philipinos sind dunkelhäutiger als Vietnamesen, Thailänder haben ein breiteres Gesicht und Koreaner ein grob geschnitteneres. Und bei Chinesen sind die Augen schmaler, wie mir Thanh lachend auf dem Hanoier Bahnhof demonstriert hat. Die Frau läßt ihre Hunde frei herumlaufen und einer blickt neugierig in eines der großen Tore der Harmoniehalle. Es sind ja auch Peking-Palasthunde. Als die Hundefreundin von einer Aufseherin ermahnt wird, die Tiere anzuleinen, verzieht sie das Gesicht. Warum die Palasthunde nicht in ihrem natürlichen Umfeld frei umherlaufen lassen? In der Halle selber umfängt mich ein Geruch nach altem Holz. Möbel sind nur noch wenig vor­handen. Was mag hier einst für eine Kostüm- und Musikpracht geherrscht haben, als Empfänge und andere Zeremonien stattfanden? In einem der Räume entdecke ich in einem verstaubten Glaskasten ein vietnamesisches Kochbuch - zwei­sprachig, mit auch englischem Text. Als ich die miefigen schattigen Räume wieder verlasse, stehe ich vor einem kleinen, mit Pflanzenkü­beln verzierten Platz. Am anderen Ende erhebt sich die Mauer vor der ehemaligen Verbotenen Stadt. Das nächste erhaltene Bauwerk am Platz ist eine kleinere Mandarinhalle, in der wohl ei­ner dieser pompös gekleideten Oberbeamten resi­dierte. Ich laufe durch einen Flur der Halle bis zum Ende und blicke auf einen kleinen, beschaulichen Garten mit voll behängten Wäsche­leinen, der alles andere als herrschaftlich wirkt. Viele vom Personal haben offenbar ihre Woh­nung gleich hier und es wird nicht so viel wie in deutschen Schlössern Wert gelegt auf Tren­nung von privaten und öffentlichen Räumen. In einem ganz hübschen, freundlich und hell wir­kendem Saal sehe ich einen trohnähnlichen Sitz, von dem aus wohl der Obermandarin seinen eigenen kleinen Hofstaat dirigiert hat. An einem langen Kleiderständer flattern goldfarbene seidige Kostüme im Ventilatorwind und ich fühle mich wie in der Garderobe eines Theaters. In der Nähe der Halle befindet sich in der Tat ein erst kürzlich restauriertes Theater, in dem höfische Zeremonien nachgestellt und andere Aufführungen angeboten werden. Vielleicht von denselben Musikern und Tänzern, die ich an meinem zweiten Abend in Hanoi bewundert habe. In einem netten Souvenirladen der Halle kaufe ich mir eine Audio-CD mit traditioneller Musik. Davon möchte ich mir bis zum Ende meines Urlaubs einige ergattern. Ein lebendiges Andenken, das immer wieder neu ertönen kann. Die Mauer draußen vor der Verbotenen Stadt ist etwa zweieinhalb Meter hoch und hat viele Löcher und Dellen von Einschüssen. Die Kämpfe vom 1968 müssen hier heftig gewesen sein. Aber das Leid mit zerstörten Kulturgütern kennen wir Europäer schließlich selber. Vielleicht wird die Kaiserstadt wieder einmal ganz in alter neuer Pracht dastehen. Ein historisches Bauwerk zu restaurieren ist schließlich ebenfalls eine kulturelle Glanzleistung und wäre sicher meistens im Sinne der Erbauer. Das Berliner Schloß soll ja auch wieder errichtet werden.

Hinter der Mauer breitet sich eine sehr weitläufige Ebene aus mit rudimentären Ge­steinsresten. Lediglich ein Gartenpavillönchen ragt in der Ferne empor. Auf dieser Ebene stand einst der Kaiserpalast. Hinter der Ebene geht eine breite Treppe rauf, die auf ein höher gelegenes Grundstück führt. Es geht auf den Mittag zu und in der Weite dieser "Palastwüs­te" macht sich die sengende Sonne immer mehr bemerkbar. So pausiere ich erstmal an ei­nem schattig gelege­nen Getränkekiosk.
Meine erste Station in der Verbotenen Stadt ist der Lesepavillon. Er erhebt sich hin­ter ei­ner kleineren Mauer und als ich durch ei­nen Durchgang in den Vorgarten komme, ste­he ich vor einem großen Zierbrunnen, der aus einem bepflanzten Felsen besteht. Zwischen den Felsspal­ten springen feine kleine Fontä­nen hervor, in denen sich das Sonnenlicht in Regenbogenfarben bricht. Für einen Moment vergesse ich die Hitze dieses Nikolaustages. Vor dem Brunnen tum­meln sich riesige Goldfische in einem Becken mit grünlich trübem Wasser. Bevor ich die alte Bibliothek betrete, mache ich noch einen Rundgang durch den hinteren Garten. Auch er wirkt sehr gepflegt, aber die Pflanzen scheinen gerade nicht ihre Blütezeit zu haben. So bewundere ich vor allem den großen Drachenkopf, der von der Rückseite des Pavillons auf die vertrocknet wirkenden Beete herabschaut.
Im Lesepavillon selber empfängt mich wieder der abgestandene hölzerne Geruch und das Haus dient vor allem als Souvenirgeschäft. Zwischen den schon vertrauten Steingut-Schildkrö­ten und Foto-Bildbänden fällt mir ein Zeichen ins Auge, welches ich in Vietnam schon sehr oft gesehen habe. Es ist das Zei­chen für langes Leben und sieht aus wie ein Kreis mit nach innen gerichteten Schnörkeln und einigen Querlinien. Dieses Symbol heißt in Vietnam Tho, wie Langlebigkeit, und ist mir schon in sehr unterschiedlichen Formen be­gegnet. Auf Teppichen, Tellern, auf Gardinen und auf Damenblusen. Hier ist es ein grauer, abgenutzter Metallstempel und der alte, gut englisch sprechende Verkäufer erzählt mir, es handle sich um ein amtliches Siegel, das wohl um 1900 hergestellt wurde. Nicht schlecht, denke ich mir. Der Mann macht auch einen se­riösen Eindruck und acht Dollar erscheinen mir nicht zu teuer. Das Tho-Zeichen ist kon­fuzianischen Ursprungs und in ganz Asien an­zutreffen, ähnlich wie das Yin-Yang-Sym­bol. Im Unterschied zum diesem ist das Tho im Westen fast unbekannt. In China heißt es Shou, in Japan Meiro. Vielleicht ist es einem Schildkrötenpanzer nachempfunden, einem Tier, das hier ebenfalls ein langes Leben sym­bolisiert.

Glücklich über meinen Erwerb und wie­der draußen spaziere ich auf das hintere Ende des nicht mehr existenten Kaiserpalastes zu. Die von mir dort vorhin erwähnte breite Trep­pe führt, wie ich dem Reiseführer entnehme, zu dem ebenfalls zerstörten Palast der Kaiserin hinauf. Dessen Fundament ist noch mehr von Gras und Büchen überwuchert als das Grundstück des Herrn Gemahl. Die Löwen und steinernen Kanonen an den Treppengeländern sind noch erhal­ten. Achtlos fährt eine einfach gekleidete Arbeiterin mit dem Fahrrad an ihnen vorbei und leert die Abfalleimer am Wegrand. Auch in dem kleinen, offenen Pavillon, der auf dem Palastgelän­de verloren wirkt, treffe ich Arbeiter, die den Schatten dort für ihre Mittagspause nutzen. Sie liegen barfuß auf dem glatten Boden und bemerken mein Kommen mit einem müden Lächeln. Ich mache vom Pavillon aus ein paar Videoaufnahmen gehe anschließend auf ein größeres Tor zu. Als ich dieses passiert habe führt mich ein Weg zwischen hohen Mauern und Baumreihen hindurch, die wieder etwas Schatten bieten. Plötzlich stehe ich an einem langen Kanal, der weit in die Ferne zu führen scheint und mich mehr als bisher die Dimensionen der Zitadelle erahnen läßt. Der Kanal bildet die nördliche Grenze der Kaiserstadt und ich sehe am Ufer keinen Men­schen außer einem Mann, der träge seine Angel ins Wasser hält. Dies hätte er zu Kaisers Zeiten sicher nicht gedurft.
Auf dem Rückweg zum Mittagstor treffe ich meinen Cyclofahrer und gratuliere ihm, als er mir von seinem jüngsten Nachwuchs er­zählt. Weiter geht es zum Mittagessen in ei­nem gro­ßen offenen, überdachten Restaurant, in dem außer mir kein Gast zu sehen ist. Die Familie des Besitzers vertreibt sich ihre Zeit mit Elefantenschach, während ich mich meine Stäbchen-Eß­technik verbessere. Das Elefan­tenschach, in Vietnam heißt es Cuang To, ist im Westen fast un­bekannt. Die wenigen, oft begeisterten westlichen Spieler kennen es un­ter der Bezeichnung China-Schach oder unter seinem chinesischen Namen Xiang Qi. Es äh­nelt dem uns vertrauten indisch-persischen Schach, ist aber von seinen Figuren her noch mehr alten Militärformationen und Schlacht­ordnungen nachempfunden. Das Schachbrett wird geteilt durch einen breiten Streifen, den "Gelben Fluß." Vietnam und China, so denke ich manchmal, scheinen kulturell ähnlich miteinander verwandt zu sein wie Deutschland und Italien. Vietnam war tausend Jahre lang Teil von China und Deutschland ist mit Italien jahrhundertelang in einem Kaiserreich ver­eint gewesen. Deutsche Kunst, Literatur und Musik standen lange unter italienischem Einfluß - wie vietnamesische Kultur unter chinesischer.

Die Leute vom Restaurant wirken in der Mittagshitze ebenso träge und lustlos wie die Wärterinnen im Militärmuseum, das ich nach dem Essen aufsuche. Die meiste Zeit laufe ich al­leine durch die Ausstellungsräume und laß mich von den spartanischen Ausrüstungen der Viet­kong-Kämpfer beeindrucken.
Wieder geht es mit dem Cyclo über die Trang Tien-Brücke und ich lasse mir die ange­nehme, auch ein wenig erfrischende Brise des "Perfume River", so nannten die Amerikaner den Song Huong, um die Nase wehen. Wir verabschieden uns vor einer Gaststätte in der Nähe mei­nes Hotels und der Chauffeur hat den zwei Mädchen, die davor sitzen, anschei­nend was Tolles zu berichten. Ich war wohl mal wieder zu spendabel. Mein neues Hotel, in dem ich die letzte Nacht verbringen will, ist ein größerer, renovierter Altbau. Die Renovie­rungsarbeiten sind auch noch nicht ganz abge­schlossen, auf dem Balkon meines Zimmers waren am Vormittag noch Bauarbeiter tätig, die mir freundlich zuwinkten. Das Zweibett­zimmer ist geräumig und gepflegt. Als ich den Fernseher einschalte, sehe ich zum ersten Mal ein deutsches Programm. Die Deutsche Welle berichtet in englischer Sprache über den Niko­laustag in der Heimat. Das Telefon funktio­niert nicht und die nette Zimmerdame im Ao Dai-Kleid kann mir auch nicht helfen, nur die Störung melden. Was soll's - vor der Repara­tur bin ich sowieso längst weg. Nach dem Zu­bettgehen lasse ich mich von einer der im viet­namesischen Fernsehen häufigen Musiksen­dungen einschläfern. Ein gemischter Chor in blauen Uniformen singt sentimentale Loblie­der auf die Vietnam Airlines. Schöne Einstim­mung auf den Flug am nächsten Tag. Am nächsten Morgen sitze ich allein an einem langen Tisch in einem dunklen, provisorisch wirken­den Frühstücksraum, an dem mich ein Mädchen im Ao Dai bedient. Trotz der Freund­lichkeit der meisten Leute im Hotel wirkt das Personal hier etwas hölzern und scheint nicht besonders gut geführt zu werden. Als ich nach dem Frühstück meine Koffer holen will, ruft mich ein Mann von der Rezeption an und fragt in etwas unpersönlichem Ton, wann ich denn das Zimmer räumen werde.
Ich mache eine kleine Besorgung und kehre noch einmal zum Hotel zurück, in dem mein Gepäck aufbewahrt wird. Am Hotelein­gang sitzt eine junge Frau im Brautkleid und lächelt mich verschmitzt an. Dies ist vielleicht auch der Grund für den unmotivierten Service: das Per­sonal ist voll mit den Vorbereitungen für eine Hochzeitsfeier beschäftigt. So sitze ich im Emp­fangssaal mit verschwitztem Hemd und Sandalen zwischen lauter Herren mit Kra­watte und fühle mich ein wenig deplaziert. Hoffentlich denken die jetzt nicht, was für ein ungepflegter Ausländer sich da in ihre Familie einheiraten will.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Bericht über eine vierwöchige Alleinreise durch Vietnam von Nord nach Süd. Die Reise begann in Hanoi mit einem Besuch bei Verwandten einer Vietnamesin, die in unserem Familienbetrieb in Deutschland arbeitet.
Details:
Aufbruch: 22.11.2002
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 19.12.2002
Reiseziele: Vietnam
Der Autor
 
Christian Böttcher berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.
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