Kerstin in Kairo - again

Das Überqueren der Straßen in Kairo will gelernt sein. Eine dreispurige Straße wird oft zu einer Sechsspurigen umfunktioniert. Ampeln gibt es nicht, und selbst wenn, würde sich eh niemand daran halten. Und wenn sich irgendwo mal ein Zebrastreifen finden lässt, dann dient der eher als Verschönerung der Straße. Kurzum: man muss sich einen Weg durch die heranrasenden Autos bahnen und darauf hoffen, dass man gesehen und auch beachtet wird! Das Gute ist: man gewöhnt sich daran und bekommt einen Blick dafür, wann man losgehen kann, welcher Autofahrer mal ein bisschen vom Gaspedal geht und einen über die Straße gehen lässt und welcher einen eher umfährt. Oder aber, man sucht sich einfach jemanden, den man als "Puffer" benutzt

Und so stand ich da nun an meinem zweiten Arbeitstag und wollte solch eine, wohl eher als maximal vierspurig gedachte, aber als siebenspurig benutzte Straße überqueren, und fand und fand einfach nicht den richtigen Moment. Die Autos fuhren mir einfach zu schnell, und das Wort "Rücksicht" kennt eh niemand. Eigentlich bin ich sowieso erstaunt, dass bei mir noch alle Zehen wie auch der Hintern vorhanden sind und diese noch nicht abgefahren wurden

Jedenfalls stand ich da nun mittlerweile gefühlte 30 Minuten - bis plötzlich jemand "Go!" rief und mit mir über die Straße lief. Auf der anderen Seite angekommen, kamen wir ins Gespräch. Und es stellte sich heraus, dass mein "Helfer in Not" eine zeitlang in Deutschland gelebt hatte und gar nicht so schlecht Deutsch sprach (lustigerweise finde ich immer die Ägypter, die Deutsch sprechen - oder finden sie mich!??). Jedenfalls unterhielten wir uns in der sengenden Sonne ein paar Minuten: was er in Deutschland gemacht hat, wo er war, was ich hier mache, wie lange ich bleibe, ob ich einen Freund hab................ Und jeder Satz endete mit "Alles klar!?". Wir tauschten Nummern aus (bzw. er gab mir seine - alles klar!? ), falls ich mal wieder in Not gerate (bzw. einfach der einfachste Weg, um jemanden los zu werden - alles klar!? ), und gingen unserer Wege.

Mittlerweile ist auch bei mir wieder alles klar, wenn ich eine Straße überqueren muss, auch wenn ich den Eindruck habe, dass die Leute nun, während Ramadan, noch verrückter fahren als sowieso schon.
Aber naja, das geht schon klar...