Ukume goes Hawaii
Maui - Insel der Liebe
Am frühen Morgen des 2. Septembers vor einer Woche machte ich mich auf den Weg zur Fähre, die mich von Oahu nach Maui bringen sollte. Brad erklärte sich bereit, mich zum Dock zu fahren, obgleich dies für ihn hieß, dass er noch vor Sonnenaufgang aus dem Bett musste. Am Dock angekommen rauchte ich noch eine Zigarette, sah der Sonne zu, wie sie aus ihrem Schlaf kroch, um hinter den Bergen Oahus auf zu steigen, und das Meer in hunderte von Farben zu tupfen. Die Stadt schien noch zu schlafen, nur ein paar Fischer, Hafenarbeiter und Einheimische, die die frühen Morgenstunden zum Joggen nutzten, liefen umher. Ich sicherte mir einen guten Platz an einer der Fensterfronten des recht geräumigen Passagierschiffes, schnappte mir einen Bagel, einen Kaffee und die "Maui News" und begab mich an die Reling der Fähre. Zur Vervollständigung meines morgendlichen Rituals fehlte zwar eine Zigarette, aber der schöne Ausblick über das weite Meer ließ mich darüber - im wahrsten Sinne des Wortes - hinweg sehen. Überall pranken nicht umsonst die "Rauchen verboten"- Schilder, die einen sich manchmal fühlen lassen, als sei man als Raucher ein Mensch zweiter Klasse oder so. Ich rauche hier tatsächlich etwas ungern, denn nicht nur meine mormonischen Mitbewohner aus Oahu, sondern auch fast alle anderen Menschen hier setzen einen mitleidig bis rügenden Blick auf, sobald man sich eine Zigarette anstecken möchte.
Also genoß ich mit Meerblick, aber ohne Fluppe, den ersten Kaffee des Tages, und ließ mich von der Zeitung dazu nötigen, in John McCain's Gesicht zu blicken und seine Rede auf der "Republican Convention" nach zu lesen. Er will also auch Veränderung, wie Obama, nur die RICHTIGE, sagt er. Denn während Obama laut der republikanischen Stimme ein Säugling der Politik ist, der noch in die Windeln macht, ist McCain, ein by the Way 187 Jahre alter Kriegsveteran und ehemaliger Gefangener im Vietnamkrieg unter Bush Senior, der einzige, der das Land vor den bösen Terroristen und Kommunisten und Nazis dieser Welt schützen kann. Keine hohen Steuern für Wohlhabende! Mehr Truppen in den Irak! Keine soziale Krankenversicherung, sondern Privatisierung und Verschärfung der Einwanderungs- und Asylantenpolitik, ein klares Nein zur gleichgeschlechtlichen Ehe und zur Abtreibung, ein Republikaner durch und durch. God save America. So ungefähr lautet der Tenor, der aus den republikanischen Lautsprechern dröhnt, während man anderenorts bei den Demokraten versucht, Amerika zu "retten", in dem man auf jungen, fast europäisch anmutenden sozialen Wandel setzt, und den Arbeitern dieses Landes, den Afroamerikanern und den Mexikanern, den allein Erziehenden, den Schwulen und Lesben und allen anderen Unter- und Mittelstandamerikanern verspricht, ihnen die selben Möglichkeiten zu geben, die auch Obama einst hatte, als er zum ersten Mal- auf Hawaii, wohlbemerkt - als Sohn eines Kenianers und einer weißen Studentin, das Tageslicht erblickte. Warum ich euch das alles erzähle und was es mit meiner Reise durch Hawaii zu tun hat? Es ist überall, in allen Mündern, Zeitungen und Fernsehkanälen. Die Meinungen zu diesen zwei Politikern könnten wohl unterschiedlicher nicht sein, und sie geben vieles über die Kultur und die Mentalität dieses Landes preis, das Land der Freiheit und des Traumes, alles erreichen zu können, wenn man nur will, und seine Opfer bringt.
Gestern Abend lernte ich in einer sehr typisch- südstaatenmäßig- rustikal aufgemachten Bar in Kihei, Maui, eine Texanerin kennen, die in Obama ohne Witz den terroristischen Teufel sah, der, falls er denn gewinnt, zusammen mit der Achse des Bösen die Weltherrschaft übernehmen und allen guten, weißen Amerikanern ihre Freiheit nehmen will. Sie predigte den amerikanischen Traum, sagte, es gebe kein Land auf der Welt, in dem moralische Werte noch so unangetastet und präsent seien, und gelobte niemals woanders leben zu wollen, als hier. Auf die Frage hin, wie sie denn Europa und den Rest der Welt so findet, verzog sie ein wenig das Gesicht, um dann mit strahlend- weißem, freundlichem Lächeln zu erklären, dass es nun mal Leute gibt, die Amerikas Hilfe brauchen, und dann wiederum Leute, die diese Hilfe ausnutzen, wie zum Beispiel die im Irak und so. Und während die USA diesen Menschen Geld gibt, um ihnen die Freiheit und Demokratie zu schenken, die die USA ihren Gründungsvätern zu verdanken hat, nutzen ebenjene doofen Menschen diese Hilfe aus um böse Bomben zu bauen und alle in Angst und Schrecken zu versetzen. Ja, ja, es ist halt nicht leicht, mit diesen unzivilisierten Menschen, schien ihr Blick zu sagen, und nach ein paar Schlücken aus ihrem Glas mit holländisch gebrautem Heineken schien sie wieder bestens vorbereitet auf ihre mexikanischen Tacos und ein gutes Small- Talk- Gespräch mit ihrem Tischnachbarn. Juhu! Das sind die Stereotypen in Lebensgröße, die ich zu finden gehofft hatte! Ich brauchte noch mehr Margeritas als geplant, an diesem Abend, so viel war klar.
Nun aber zurück an den Anfang meiner Reise nach Maui. Wie schon im letzten Kapitel erwähnt, war an jenem Dienstag morgen, als ich mich schon auf der Fähre nach Maui befand, noch gar nicht klar, wo ich nächtigen sollte, denn meine Gastgeber hatten mir keine Nachricht zukommen lassen. Wie der Zufall es so wollte, stand ich aber zur rechten Zeit, am rechten Ort an der Reling der Fähre, um die Fahrtluft zu genießen, als ein blondgelockter Sunnyboy, der ein bißchen was von einem Tom Sawyer- Abenteuer zu haben schien, mich ansprach. "Hey, how are you doing? I'm Steve." Wir unterhielten uns eine Weile. Er erzählte mir, dass er soeben von einer Segelregatta kam, die zwischen Maui und Oahu stattgefunden hatte, und dass er und seine Crew jetzt wieder auf dem Heimweg waren. Er stellte mich der Crew vor, drei Männer in ihren späten vierzigern und fünfzigern würde ich schätzen, und ganz nette Leute. Wir tauschten ein paar lustige Geschichten über das Segeln und die Meere aus. Sie erzählten mir, wie sie die Regatta als zweite Mannschaft von dreißig oder vierzig Mannschaften erfolgreich bestritten hatten, und schließlich fragte Steve mich, wo ich denn unterkommen würde auf Maui, und das Schiff ward im wahrsten Sinne des Wortes geschaukelt.
Ein paar Stunden später saß ich in einem alten BMW und fuhr Richtung Berge. Steve, der übrigens dauernd lächelt, und vom Lächeln redet ("I just want to go to the beach and smile. I don't care for anything else...I want to be happy!" - GRINS) fuhr uns sicher, wenn auch etwas zu schnell, zu sich nach Hause. Ich durfte also bei ihm und seinen zwei Mitbewohnern, Jen und Brian, übernachten, bis ich etwas neues gefunden hatte. Jen arbeitet in einem Tierheim, und Brian ist wie Steve Rennfahrer und Autofreak, und arbeitet als Automechaniker, wenn er nicht an seinen eigenen Autos rumschraubt. Jen und Brian lernten sich auf einer Ranch in Maui kennen, wo sie beide aushalfen, um über die Runden zu kommen. Damals war Brian noch Musiker. Er hatte seine Band in New York verlassen, um nicht im Sumpf des Nachtlebens zu versinken, und Jen hatte gerade ihren Collegeabschluss in Anthropologie gemacht. Wie auch immer, auf der Fahrt erfuhr ich dann von Steve, dass er vor kurzem seine Mama verloren hatte, und dass er, eigentlich Kanadier, es noch nie geschafft hatte, etwas anderes zu sehen als Kanada und Hawaii. Steve wirkte mit seiner braungebrannten Haut und seinen fast unproportional weißen Zähnen wie ein Junge aus einem Reklameschild für glückliche Inselkinder; aber sein Lächeln kam manchmal einfach zu schnell, und seine Augen wirkten dann angestrengt, so als hätten sie Mühe, das Lachen aufrecht zu erhalten. Zusammen mit seinem Vater arbeitet Steve in einer eigens gegründeten Reinigungsfirma für Hotels und Bungalows, und an seinen Nachmittagen trinkt er viel Bier, rüstet seine drei alten Rennwagen um, fährt Rennen oder trinkt ganz allgemein viel Bier am Strand, zu Hause oder zusammen mit seinen Freunden in Bars. Es war ein Kontrastprogramm, welches da auf mich wartete, verglichen zu den Mormonen, bei denen ich noch einen Tag zuvor gelebt hatte - so viel war klar.
Ich wurde nicht enttäuscht. Zu Hause angekommen (es war 11 Uhr Vormittags) reichte Steve mir eine Dose Bier, machte seine eigene auf, und streichelte erstmal seine zwei Katzen, die er praktisch veranlagt, wie er zu sein schien, "boy" und "girl" genannt hatte. Als ich die Katzen sah, und - versteht mich nicht falsch, ich habe nichts prinzipielles gegen Katzen, ich mag Katzen - meine Nase und meine Augen langsam zu jucken begangen, wusste ich, dass ich wohl doch so schnell wie möglich etwas anderes finden musste. Katzenhaarallergie. Da ich erst für Samstag Abend etwas fand, und kein Geld für ein Hostel ausgeben wollte, denn die sind hier wirklich sehr, sehr teuer, schluckte ich eine Menge Antiallergika, und verbrachte die meiste Zeit des Tages bis spät in die Nacht weit weit weg von Steves Wohnung und seinen Katzen.
Maui zu entdecken ist wie eine romantische Liebeskomödie mit Meg Ryan zu schauen, während man unter den Palmen Cocktails trinkt, oder so. Es ist so anders hier, als auf Oahu, und meiner persönlichen Meinung nach auch um einiges schöner. Die Insel ist größer, es gibt unglaublich viel tropischen Wald hier, hohe Berge und einen Vulkan, der nicht mehr aktiv ist, aber dafür wunderschön anzuschauen, namens Haleakala. Es leben viel weniger Menschen hier auf Maui, als auf Oahu, die wenigen Stadtähnlichen Siedlungen weisen kein einziges Hochhaus auf, nur flache Häuser aus Stein und Holz. Ganz wenig Beton gibt es hier, im Vergleich zu Oahu. Viele, viele Palmen, und viele frisch Verlobte, noch- nicht- aber- bald- Verlobte, und verheiratete Paare in ihren Flitterwochen unter ebenjenen Palmen, dazu wunderschöne, weiße Sandstrände mit dem gleichen türkisblauen Wasser, dass mich auch schon auf meiner ersten Insel so fasziniert hatte. Natürlich tummeln sich auch hier in einigen Knotenpunkten die obligatorischen Touristen, die Rucksackreisenden, die jungen und alten Menschen, die vom Festland der USA hier her kommen, um ein Stück vom Paradies ab zu bekommen, und die Einheimischen, die versuchen, ihr Paradies an ebenjene Touristen Stück für Stück in Form von Hula- Ketten aus Plastik, Surf- und Tauchkursen und Hotelzimmern mit Meerblick zu verkaufen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Es herrscht aber trotz dieser Tatsache eine ganz andere Atmosphäre hier, als auf Oahu. Die "Städte", oder besser gesagt Dörfchen, sind in einem das Antlitz dieser Insel bestimmenden alten Baustil gehalten, der zurückhaltend und charmant wirkt, und viele Naturmaterialien wie Bambus, massives Holz und Stroh miteinander vereint. Überall wachsen die für ganz Hawaii bekannten Hibiskusblumen in allen farblichen Variationen, die Berge sind grün, grün, grün und voller Wasserfälle und hohen Klippen, von denen man sich lebensmüde, wie man manchmal im Urlaub so ist, stürzen kann (Jiiiiieeeha, was für ein Gefühl, NICHT auf Felsen, sondern auf Wasser auf zu kommen, und sich zu freuen, dass man sich tatsächlich getraut hat - echt super!!. Die Menschen sind sehr langsam und gelassen hier, und die Zeit scheint einfach langsamer zu vergehen, manchmal, hier auf Maui. Man wünscht sich seine Liebe her, denn Maui ist wie gemacht für Menschen, die sich lieben, und man vermisst seine Liebsten mehr, als woanders, denn es ist einfach zu schön, um es mit Fremden zu genießen. An dieser Stelle also ein Hinweis: In Gedanken ward ihr hier so oft präsent, wie bisher nirgends während meiner Reise.
In den ersten Tagen, die ich bis Nachmittags immer allein verbrachte, fuhr ich mit dem Bus nach Lahaina, einer wunderschönen alten Stadt vollgepackt mit hübschen Cafés und Restaurants, geschätzten hundert Kunstgallerien und alten Holzbauten, und einem Riesenriesenriesenbaum (gepflanzt am 24. April 1873, zum 50. Jubiläum der christlichen Missionare auf Maui, misst der Baum eine riesige quadratische Fläche von der einen, bis zu anderen Seite eines Platzes mitten in Lahaina und bildet einen kleinen Wald mit seinen eigenen Armen und Zweigen).
Auf dem Weg nach Lahaina lernte ich einen alten Mann kennen, der die Beatles damals im Hamburger "Star Club" live gesehen hatte, als sie noch am Anfang ihrer Karriere waren. Er erzählte mir lauter kleine Geschichten von damals, gab mir "Insider-Informationen" über die Beatles, weil er, nach eigenen Angaben, damals für die Plattenfirma gearbeitet hatte, die das erste Album der Beatles in den Staaten produziert hatte. Er beschrieb mir zum Beispiel, nicht ohne eine ordentliche Portion Stolz, der in seinen Augen aufblitzte, das Ringo Starr nur für den ursprünglichen Schlagzeuger der Beatles, Pete Best, eingesetzt worden war, weil Brian Epstein, damals Produzent und guter Freund der Beatles, und bekennender Homosexueller, eine Affaire mit Best nachgesagt wurde, und sich dies bezüglich der Verkaufszahlen hätte negativ auswirken können. Ich war total begeistert. Später in einer Galerie in Lahaina zeigte mir dann ein Angestellter einer Galerie namens "Celebrity Gallery" ein altes, wertvolles Fotoalbum mit Deutschland- Aufnahmen der Beatles, und erklärte mir, wie damals zum ersten US- Konzert der Beatles am 12. Februar 1964 in New York ebenjene Beatles sein Leben veränderten, und ihn zu dem Musiker und Musikfanatiker machten, der er heute ist. Er beschrieb die Frustration und Entmutigung, die die damals junge Generation der sechziger in den Vereinigten Staaten erfahren mussten, als John F. Kennedy ein Jahr zuvor, am 22. November 1963, ermordet wurde, und mit ihm die Hoffnungen auf eine bessere Zukunft einer ganzen Generation. Als die Beatles dann am Horizont erschienen, gab es wieder etwas, an das man als junger, idealistischer Spund glauben konnte: Peace, Love and Rock 'n Roll in Form von vier Pilzköpfen, die mit ihren naiven Balladen und verrückten, psychodelischen Songtexten die Welt zu erobern schienen. Imagine Peace.
An anderen Tagen ließ ich mich Morgens um sieben von Steve nach Kihei mitnehmen, wo er arbeitet, und verbrachte meinen Tag am Strand, las in meinen Büchern und erkundete zu Fuß die nächstgelegenen Gegenden, bis er mich irgendwo aufgabelte, und wir - nun kommt eine Überraschung - Bier trinken gingen, am Strand in Kihei, in Wailuku, einem hübschen Städtchen an der Nordwestküste Mauis, mit Steves Freunden, oder bei ihm und seinen Mitbewohnern im Garten, bei einem guten Barbecue mit viel leckerem Steak New York, und noch mehr gutem Bier.
Seine Mitbewohner luden mich auch eines Abends zu einem Barbecue ein (Barbecue ist halt beliebt hier, was ich sehr zu schätzen gelernt habe), als ich alleine zu Hause geblieben war. Sie erzählten mir, dass sie eigentlich von Steve und seiner wohl manchmal allzu unbekümmerten Art genervt seien, sie sich mehr um die Katzen kümmerten, als er es tue und dass er überhaupt so wenig vom Leben verstünde. Ich fand die beiden sehr, sehr nett, wie auch Steve sehr nett war, und alle hatten sie unterschiedliche Sichtweisen auf das Leben. Die einen lebten sehr bewusst, politisch, liberal und ja, fast europäisch; sie verfolgten die Nachrichten, trennten ihren Müll und hörten mit Vorliebe Rockmusik aus England und Skandinavien; Steve dagegen war unbefangen und träumerisch, ein Naturbursche mit Peter- Pan- Syndrom, der glücklich durch sein Leben geht, und dasselbe in Bescheidenheit bestreitet. Beide Konzepte machen irgendwie Sinn, und ich habe gelernt, in diesen Tagen, mein eigenes Konzept vom Leben aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, als bisher. Ein bisschen gelassener, und naiver zu sein, könnte uns Städtern, die wir ständig in Eile und Hast zu sein scheinen, und die wir tunlichst nichts verpassen wollen, ganz gut tun. Die Glotze mal tagelang ausgeschaltet zu lassen, und die Natur ausserhalb des eigenen Wohnviertels zu erkunden. Sich nicht ständig über alles und jeden zu ärgern und beschweren, und das Leben mal so zu nehmen, wie es ist, und dafür dankbar zu sein, dass man daraus so viel machen kann, wenn man es nur mit den richtigen Augen betrachtet... Dies habe ich mitgenommen als eine Art Aufgabenzettel, den zu erfüllen ich meinem eigenen Leben schuldig bin.
Nun weiter im Programm. Da an jedem ersten Freitag im Monat in Wailuku ein Straßenfest gefeiert wird, dass sich durch die Hauptstraßen der Stadt, durch alle Bars und Kneipen, aber auch durch sämtliche Kleidungsgeschäfte und Supermärkte zieht, die sich in jenem Viertel befinden, und es dort ganz viel Live- Musik und abendliche Unterhaltung zu erleben gibt, gingen Jen, Steve's Mitbewohnerin, Steve, ein paar andere Freunde und ich letzten Freitag genau dorthin. Nachdem wir verbotener- aber geduldeterweise mit Bierflaschen gewappnet durch die Straßen zogen, um hier und da einer Band zu lauschen, oder durch Platten zu stöbern (ich habe mir gleich drei Beatles- Exemplare gekauft, ein Paradis war das für mich! ), landeten wir irgendwann auf der Privatparty eines Mauianischen Event- Magazins, und ich hatte eine Bass- Gitarre in der Hand, drei mir unbekannte, aber scheinbar lustige Bandmitglieder an meiner Seite und sang "Road Trippin" von den Red Hot Chilli Peppers. Warum gerade ich, die ich Millionen von Kilometern davon entfernt bin, ein Bassgitarren- Genie zu sein, und die ich noch nie eine Bassgitarre in der Hand gehabt hatte, plötzlich ebenjenes Instrument spielen sollte, fragte AUCH ICH mich zwischendurch, als ich mit neu gewonnenen Freunden auf die gemeinsam vollbrachte Leistung anstieß. Da die Bassgitarre aber Gott sei Dank nicht echt- echt, sondern nur Spielkonsolenmäßig- echt, und das Ganze ein "Battle- of- the- Bands- Kontest auf einer Spielkonsole war, könnt ihr aufhören, euch für mich fremd- zu- schämen. Ausserdem waren ja alle betrunken...
Samstag ging es dann zu meinen neuen, nebenbei bemerkt ganz herrlichen neuen Mitbewohnern nach Kihei, bestehend aus Jim, dem aktiven Tauchlehrer, Alex, dem nobepreisverdächtig lustigen Nichtsnutz, und Pam, der autoritären, wie auch äußerst netten Krankenschwester, und ihrer Kusine Jennifer, die zu Besuch aus New Jersey angereist war. Sie alle wohnen in einem gepflegten und gemütlichen Appartment mit Meerblick und palmenbewachsenem Vorgarten, und kommen ursprünglich von der Nordküste unweit von New York City. Ich schlafe auf einer Luftmatratze im Wohnzimmer, und verbringe ausserdem wirklich sehr viel gute Zeit mit diesen Leuten. Der Morgen beginnt meistens mit viel Kaffee, und Eiern, mal zubereitet von Alex, der ja sonst nichts zu tun hat, weil er arbeitslos ist, oder Jen, die sich als Gast gern nützlich macht. Gegen Mittag, wenn Jim von der Arbeit kommt, geht es dann mit seinem Jeep ab zu einem Strand, durch die Berge, es wird gewandert, die ein oder andere Klippe wird bestiegen. Jim und Alex springen als erste von den Klippen, sie machen Kopfsprünge, und gewagte Saltos, dann fliegt Pam hinterher, dann Jen. Dann schauen sie alle zu mir hinauf, und schreien, und versuchen mich zu überreden, auch zu springen. Ich stehe da oben, und frage mich, warum ein Mensch so etwas machen sollte, dem sein Leben teuer ist, und fühle mich alt und überängstlich. Ich berechne abermals die Distanz, die es mittels eines kraftvollen Sprunges zu schaffen gilt, um nicht an den ungemütlich ausschauenden Felsvorsprüngen hängen zu bleiben. Ich warte auf ein Wunder, dass mich in die Mitte des Wasserloches, und nicht in die das tiefe Loch umgebenden flachen und steinigen Pfützen katapultiert. Ich lasse alle noch peinliche zehn, zwanzig, gefühlte hundert Minuten warten, erkläre mich selbst für völlig bescheuert und lebensmüde, und sage innerlich zu mir selbst: "Nützt ja nix!" und springeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeee - Splashhhhh - und komme an. Hehe. Alles im Kasten, alle sind glücklich, auch ich, und es kann weitergehen Dann geht es zum Strand, wo DIE KÜHLBOX ausgepackt wird. Sie ist vollgestopft mit Bierdosen, und sie ist bald leer. Denn Alex und ich übertrumpfen uns gegenseitig mit neuen Ideen für Trinkspiele, während Jim Pam überredet, mit zu machen, und Jen entweder schon betrunken schläft, oder ganz begeistert trinkt. Irgendwann machen wir uns dann auf zum Jeep, fahren (ja, Jim fährt alkoholisiert Auto. Ich finde das nicht gut. Aber ich kann nicht fahren, kein Führerschein, und alle anderen sind wirklich alkoholisierter als er.) zu einem Supermarkt, kaufen viel Fleisch und Gemüse, und kochen zu Hause. Am Abend spielen wir dann noch Karten, hören Musik, unterhalten uns, lachen viel, so unglaublich viel, weil Jim und Alex sich verhalten wie ein altes Ehepaar, und allen zu Tränen und Bauchkrämpfen zwingen, mit ihren Witzen. Jeden Tag machen wir etwas Neues, erkunden ein neues Fleckchen Natur, um dann gemeinsam Spiele zu spielen, große Wellen zu bespringen, und Quatsch zu machen und gegen zehn totmüde ins Bett zu fallen. Da Alex auf der Couch in dem Wohnzimmer schläft, welches auch meine Schlafkammer bildet, und wir eine gemeinsame Vorliebe für Indiana Jones entdeckt haben, schauen wir schon seit 5 Tagen "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" (die Folge mit Sean Connery als Indy's Vater). Wir besitzen zwar auch alle anderen Folgen, schlafen aber entweder nach 3 Minuten (ich) oder 5 Minuten (Alex) ein, was es uns ermöglicht, unseren Lieblings- Indiana Jones- Streifen jeden Abend aufs Neue anzuschauen! Ja, so läuft das hier also seit ein paar Tagen.
Bevor ich mich nun aufmache, um für alle frisches Gemüse, Fleisch und Reis zu kaufen, und mich wieder der thailändischen Küche zu widmen (ich erzählte meinen Mitbewohnern von meinem Kochversuch in Oahu, und sie ließen mich ihnen versprechen, einen Abend Thai- Curry zu kochen), noch eine kleine Geschichte. Gestern Morgen fuhren wir in aller Herrgottsfrühe (um 4 Uhr morgens!) zu dem Pu'u'ula'ula- Vulkan im Haleakala National Park, der über 10.000 Fuß mist, und einen der schönsten drei Sonnenaufgänge weltweit zu bieten hat: Es bilden sich lauter Regenbögen um die Wolken herum, die sich nicht über einem, wie üblich, sondern UNTER dem eigenen Körper befinden, da die Bergspitze, auf der man steht, nun mal weiter in den Himmel ragt. Dies passiert nicht jedes Mal, wenn man dort ist, sondern nur ein paar Mal im Jahr. Schon einmal vorweg: Wir wurden leider nicht Zeugen dieses Spektakels, denn die Verhältnisse waren dazu wohl nicht geeignet. Trotzdem war es ein sehr, sehr beeindruckender Anblick: Die Sonne schien näher, als sonst, was ganz bestimmt an den vielen Wolken lag, die so tief hingen, dass man sie überblicken konnte; die vielen Farben und Bergspitzen gaben dann den Rest für das perfekte Urlaubsbild. Auf dem Wipfel, auf dem wir uns befanden, standen auch Einheimische, die in traditioneller Art und Weise die Sonne begrüßten, in dem sie hawaiianische Gesänge in den Himmel stießen. Gänsehaut. Ich war sehr dankbar, dass ich diesen Augenblick erleben durfte, und habe es für euch miterlebt. Die Bilder folgen, ich brauche noch ein passendes Kabel, und bis dahin Aloha aus Maui, die man nicht umsonst "die Insel der Liebe" nennt... Liebe, sei geküsst! Freunde, seid umarmt! Und Familie: Sei beruhigt! Danke...
Bis bald, genießt den Tag,
eure Gün.
Aufbruch: | 23.08.2008 |
Dauer: | 6 Wochen |
Heimkehr: | 05.10.2008 |