Ägypten - Jordanien

Reisezeit: August / September 2008  |  von Thomas K.

Luxor

4.09
Bis der Zug nach Luxor fährt bleiben noch zwei Stunden. Ich sperre mein Gepäck in ein vorsinntflutliches Holzschließfach mit Vorhängeschloss und gehe ein letztes Mal durch die Gassen und den Bazar von Assuan. Da kommt ein kleines Mädchen von vielleicht zehn Jahren: "Bakshish?" fragt sie freundlich und hält ihre kleinen Händchen bittend auf. Ich gebe ihr mein letztes Kleingeld, eine 5 Pfund-Note. Sie dankt und rennt zufrieden davon. Keine zwei Minuten später kommt die nächste aus der gleichen Richtung in die die Erste verschwunden ist, sicher eine Freundin von ihr. Sie hat ein orangenes Kopftuch und wiederholt murmelnd immer wieder die gleichen Wörter, wie ein Automat, der nur den einen Satz sprechen kann. Schade, zu gerne hätte ich auch ihr etwas gegeben, aber ich habe leider kein Kleingeld mehr. 100 Pfund wären dann doch zuviel, zumal dann die Erste sicher zurückkommen würde, um genauso viel zu fordern.

Der Bahnsteig füllt sich langsam mit Reisenden. Was bei uns undenkbar ist, ist hier selbstverständlich. Die Gleise sind mit Müll übersät, die Leute laufen einfach über die Schienen, statt die hierfür vorgesehenen Unterführungen zu benutzen, oder springen auf schon fahrende Züge auf. Dann kommt auch unser Zug mit quietschenden Bremsen zum stehen. Die Wagen sind reif für das Eisenbahnmuseum, hätte nur noch gefehlt, dass eine alte Dampflok vorgespannt wäre. Irgendetwas stinkt in dem Wagen, oder zieht von draußen rein, aber zum Glück verfliegt sich das schnell. Pünktlich verlassen wir den Bahnhof. Klimaanlage gibt es nicht, dafür bleiben Fenster und Türen geöffnet, was für einen angenehmen Fahrtwind, aber auch für das lärmende Geratter der Fahrgeräusche sorgt. Immer wieder lehnen sich Fahrgäste mit wehenden Kleidern weit zur geöffneten Tür hinaus. Bald kommen zwei Schaffner und verkaufen Fahrkarten, sofern man noch keine hat. 13 Pfund kostet die Fahrt nach Luxor. Bahnhöfe von Orten mit mir unbekannten Namen ziehen am Fenster vorbei. In Kom Ombu, Edfu und Esna hält der Zug kurz an. Je weiter wir nach Norden kommen, desto breiter wird der Grünstreifen am Nil. Palmen und Felder breiten sich links und rechts neben der Strecke aus. Alle möglichen Südfrüchte gedeihen hier im Zusammenspiel der Sonne und des Nilwassers. Ländliche Szenen spielen sich draußen ab. Häufig dienen noch Esel als Last- oder Zugtiere. Nach gut drei Stunden erreichen wir Luxor. Wurde auch Zeit, besonders bequem waren die Sitze nicht. Nur zu gut, dass ich von Cairo nach Assuan geflogen bin.

Mein Hotel ist nur wenige Taximinuten vom Bahnhof entfernt. In Anbetracht auf die Anschläge im Jahr 2006 sind die Sicherheitsvorkehrungen sehr hoch. Wer ins Hotel will, muss durch einen Metalldedektor gehen, wie an einem Flughafen. Ein uniformierter Beamter will kurz in den Koffer sehen. Dann entschuldig er sich und sagt, dass müsse sein. Ich mach mich kurz frisch und bin auch schon wieder unterwegs Richtung Luxortempel, der unweit in der Innenstadt am Nilufer thront. Hauptsächlich hat Pharao Amenophis lll daran gebaut. In den folgenden Jahrhunderten erweiterten Tutunchamun, Ramses und Alexander der Große das Bauwerk. Ein schlanker Obelisk, bis obenhin mit ägyptischen Hieroglyfen verziert, ragt vor dem Eingang in den blauen Himmel.

Im Suq treffe ich einen recht aufdringlichen Mohren. Er hat etwa mein Alter und Türsteherformat. Wir gehen zusammen durch den Markt. Ein Freund von ihm hat dort einen Gewürzstand. Billigen Safran gibt es dort zu erstehen. Der Händler füllt ein kleines Tütchen und will mir weiß machen, dass da zwanzig Gramm drin wären. Doch da fall ich nicht darauf rein. "Ich bin kein Lügner, wirklich, es ist Ramadan." beteuert er. "Das sind niemals zwanzig Gramm." Gebe ich bestimmt zurück. "Wo kommst du her?" will er wissen. "Türkei." schwindle ich ihm vor, und schon hab ich es geschafft, den Preis zu halbieren. Wer mich anschwindelt, muß damit rechnen, dass auch ich schwindle.

Später lädt mich der Mohr auf einen Zuckerrohr Saft ein. Der Saftverkäufer stopft Zuckerrohr in eine große metallische Saftpresse. Das Glas füllt sich mit einer milchigen Flüssigkeit. Der Saft schmeckt süß und ist sehr erfrischend. Dann setzen wir uns auf eine warme Steinbank am Nilufer und reden. Er erzählt von seinem Onkel, der ein Alkoholladen betreibt, der wegen Ramadan geschlossen ist, unter dem Tisch verkaufe er aber trotzdem. Und von seiner Cousine, die heute Abend heirate und da fließe natürlich jede Menge Alkohol und ich sei herzlich Willkommen. Nubische Lieder dudeln aus seinem Handy. Die nubische Musik ist anders als die ägyptisch-arabische, ist zwar ähnlich, aber auch durch afrikanische Einflüsse bestimmt.

Dann meint er es wäre jetzt Zeit auf die Hochzeit zu gehen. Er besteht darauf, dass ich mit komme, aber ich traue ihm nicht. Ich weiß nicht warum, es ist nur so ein Gefühl, diesem Jungen besser nicht zu trauen. Ich gebe vor zu müde zu sein und dass ich ins Hotel gehen will. Da wird er sauer und meint:" Ich habe acht Pfund für den Saft ausgegeben, weil ich dich eingeladen hab und jetzt willst du nicht mit kommen!" Dann will der freche Kerl auch noch, dass ich ihm 8 Pfund gebe. "No, I give you nothing , bye!" sage ich und gehe einfach davon.

Keine zehn Minuten später spricht mich der nächste Jugendliche an. Auch ihm erzähle ich, ich käme aus der Türkei und serviere ihm absichtlich nur ein ganz schlechtes Englisch. In welchem Hotel ich bleibe will er wissen. "Tutotel." "Du machst Witze!" sagt er erstaunt. "Ich arbeite dort im Hotelrestaurant, was für ein Zufall!" Wir gehen ein Stück und dann fragt er, ob ich ihm nicht 100 Pfund leihen könne, er gebe es mir Morgen Früh, wenn er Dienst habe, wieder zurück. Weil ich mir aber sicher bin, dass er weder im Tutotel arbeitet, noch dass er mir nur einen Piaster zurückgeben wird, sage ich, dass ich kein Geld bei mir habe. Nachdem er merkt, dass es bei mir nichts zu holen gibt, werde ich ihn wieder los.

Das ist das Einzigste, was mir an Ägypten nicht gefällt, dass die Leute so unverschämt gierig sind. Auf diese Weise verliert man ganz die Lust überhaupt etwas zu geben, weil man weiß, dass der andere auf keinem Fall zufrieden sein und mehr verlangen wird.

Inzwischen ist es vollkommen dunkel geworden. Der Luxortempel ist wunderschön beleuchtet und strahlt fast golden. Die Straßen sind mit Fähnchen geschmückt, mittendrin hängt das Modell einer Moschee über einer Gasse und ist von Innen beleuchtet.

Schade, dass ich für Luxor nicht mehr Zeit habe, dadurch dass ich in Assuan einen Tag verlängert habe, habe ich in Luxor einen verloren und das, obwohl es hier noch jede Menge zu sehen gibt, und noch kann ich nicht ahnen, dass ich schon in eineinhalb Jahren wieder kommen werde.

© Thomas K., 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Cairo - Assuan - Luxor - Hurghada - Dahab - Aqaba - Petra - Wadi Rum - Dahab
Details:
Aufbruch: 29.08.2008
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 22.09.2008
Reiseziele: Ägypten
Jordanien
Der Autor
 
Thomas K. berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.