Rundreise Kyushu und Yakushima - Japan

Reisezeit: Oktober 2009  |  von Klaus Möller

Himeji

Wir sind in Japan angekommen; das ist sofort klar. Noch vor der Einreise stellt sich uns eine Armada von mit Mundschutz maskierten Menschen entgegen, die darauf achten, dass kein einziges Schweinegrippe-Virus nach Japan einreist. Herrscht hier noch völlige Stille, ändert sich dieser Zustand nach der Einreise schlagartig. Da sind sie wieder, die im japanischen Leben vertrauten Dinge. Rolltreppen reden zu mir und an jeder Ecke stehen auch sprechende Getränkeautomaten. Überall pfeift, piept und tönt es. In jeder Stadt riesige Amüsier- und Spielcenter, in denen man kaum sein eigenes Wort versteht. Diese Center sind total verkitscht - viel Rosa, dominiert von Hello Kitty - ein kleine Disneyland. Die japanische Jugend liebt diese Center und steht begeistert in Schuluniformen vor den Automaten. Aber Japan wäre nicht Japan, wenn es keine Steigerung gäbe. In diesem Falle sind es die Pachinkohallen.
(Pachinko ist eine Mischung aus Geldspielautomat und senkrechtem Bagatelle-Spiel, die in Japan sehr populär ist. Die oft bunt gestalteten Pachinko-Spielhallen mit Dutzenden, teilweise auch Hunderten von Automaten finden sich heute überall in Japan. Der Geräuschpegel durch die Spielautomaten, durch Musik und Durchsagen (große Gewinne, Sonderaktionen) ist meistens sehr hoch. Der Spieler kauft eine Anzahl (üblicherweise hunderte bis tausende) kleine Metallkugeln, füllt diese oben in das Gerät und kann dann mit einem Hebel bestimmen, wie schnell diese auf das Spielfeld geschossen werden. Der Strom der Kugeln fällt durch ein Labyrinth aus Stiften, Kanälen und Klappen nach unten. Die meisten Kugeln verschwinden als Nieten, aber immer wieder fällt auch eine in eines der Speziallöcher, was eine der folgenden Wirkungen hat:

· Es wird eine bestimmte Menge an neuen Kugeln ausgegeben
· Das Labyrinth wird für eine kurze Zeit umkonfiguriert, so dass sich größere Gewinnchancen auftun
· Es wird der in der Mitte des Spiels eingebaute, einem Geldspielautomaten ähnelnde Mechanismus ausgelöst, der dann einen unterschiedlich großen Gewinn (in Form neuer Kugeln) ausschüttet
Da in Japan - mit Ausnahme der staatlichen Lotterie und des staatlich kontrollierten Wettsystems - ein allgemeines Verbot für Geldgewinne besteht, gibt es beim Pachinko keine Geldpreise. Der Spielgewinn, der aus Metallkügelchen besteht, darf nur in Sachpreise mit einem jeweiligen Wert von weniger als 10.000 Yen wie etwa Feuerzeuge oder Parfümfläschchen eingetauscht werden.)

Zu jeder Tageszeit sind die Hallen gut besucht. Was die Japaner an diesem Spiel so faszinierend finden, weiß ich bis heute nicht. Aber eins weiß ich: Jetzt bin ich in Japan.

Noch am Flughafen heben wir mit unserer Sparcard am Automaten Geld ab, was ganz problemlos geht. Irgendwie hält sich immer noch das Gerücht, es sei schwer, in Japan an Geld zu kommen. Wir werden eines Besseren belehrt. Im heutigen Japan ist es selbst in kleinen Orten kein Problem mehr, an Geld zu kommen.

Unser erstes Ziel ist Himeji. Eine kleine Stadt auf der Hauptinsel Honshu. Am Flughafen in Osaka steigen wir in den Haruka, der uns in einer knappen Stunde nach Shin-Osaka bringt. Shin bedeutet "neu". Dieses Shin wird der Ortsbezeichnung bei neuen, zusätzlichen Bahnhöfen an der Shinkansenstrecke vorangestellt. In Shin-Osaka steigen wir in den Hikari Rail-Star Superexpress. Nach 30 Minuten müssen wir ihn schon wieder verlassen, da er Himeji bereits erreicht hat.

In Himeji besuchen wir die 1580 errichtete Himeji-Burg, die wohl die schönste der noch wenigen in Japan original erhaltenen Burgen ist. Sie ist ganz in weiß gehalten und trägt daher den Beinamen Shirasagi (weißer Reiher). Die Hauptanlage bildet ein fünfstöckiger Hauptturm und drei kleinere Türme. Die Anlage ist umgeben von Gräben und Schutzwällen. Überall in den Wänden der Burg sind Schießscharten und Öffnungen. Durch diese wurden Angreifer mit kochendem Öl oder Wasser übergossen. Aber auch in der Dunkelheit ist es wunderschön, sich in dem Burgpark aufzuhalten und die angestrahlte Burg auf sich wirken zu lassen. Abends sind nur noch wenige Menschen im Park, dafür aber hunderte Grillen, die uns auf Japanisch etwas vorzirpen. Wir brauchen nicht viel Fantasie und fühlen uns in die Samuraizeit zurückversetzt.

Auf dem Weg zur Burg sind natürlich viele Souvenirshops, die natürlich unser Interesse wecken. In einem Schaufenster entdecke ich einen Hasen im Kimono. Jedenfalls zieht mich der Hase magisch an und nachdem ich das dritte Mal an dem Geschäft vorbeikomme, ist der Reiz so groß, dass ich mich nach dem Preis erkundige. Da das Ohr des Hasen etwas angeschlagen ist, ist es dem Verkäufer unangenehm, für den Hasen Geld zu fordern. So hat er ihn mir als "spezielles Geschenk" gratis überreicht. Das war wirklich eine tolle Überraschung.

Eine sechsspurige Hauptstraße führt vom Bahnhof direkt auf das Schloß zu. Die kleinen Parallelstraßen sind teilweise überdacht und zu Fußgängerzonen umgewandelt worden. Diese Fußgängerzonen werden natürlich von weiteren kleinen Straßen gekreuzt. An jeder dieser kleinen Kreuzung stehen Polizisten, die sehr pflichtbewusst den Verkehr regeln, wenn dann mal ein Auto oder ein Fahrrad die Fußgängerzone kreuzt. Auch werden die Straßen für Fußgänger gesperrt, auch wenn kein Auto in Sicht ist. Abends wirken diese Situationen noch viel lustiger. Stehen nun an jeder Kreuzung vier Polizisten. Alle mit einem rot leuchtenden Stab in der Hand. In der Dunkelheit wirkt ihre Tätigkeit eher wie eine Synchronkür , weniger wie Arbeit.

Himeji kommt uns recht ruhig vor. Keine Menschenmassen, die hektisch durch die Straßen laufen. Dafür viele Radfahrer, die uns in diesem Umfang auf den vorherigen Reisen nicht begegnet sind.

Die Unterkunft in Himeji beinhaltet auch Frühstück und Abendessen. Das japanische Frühstück besteht überwiegend aus verschiedensten Arten Gemüse. Aber Fisch gehört auch dazu. Eine Besonderheit in Himeji ist eine schleimige, grüne Speise. Es stellt sich als eine Art Seegras bzw. Alge heraus. Nachdem ich weiß, was ich in mich hineinschlürfe, schmeckt es mir am zweiten Morgen doch um einiges besser.

Eine Herausforderung für mich ist es, DVD's japanischer Filme mit englischen Untertiteln aufzuspüren. Und so suchen wir in Himeji auch sofort einen DVD-Laden auf und finden uns direkt in einer Ecke mit Manga-Pornos wieder. Wie sich herausstellt, ist der ganze Laden eine Pornoecke. Enttäuscht verlassen wir den Laden. In Himeji bin ich schon mal erfolglos in Sachen DVD's. Auf die Enttäuschung wollen wir uns wenigstens mit einer Leckerei belohnen und kommen auch tatsächlich an einer Bäckerei vorbei. Hier wird ausschließlich ein gefülltes Gebäck in Form von Fischen frisch hergestellt. Diese sehen so lecker aus, wir kaufen gleich zwei und natürlich beiße ich sofort hinein. Die Enttäuschung bei mir ist groß. Besteht die Füllung aus einer süßen Paste, hergestellt aus roten Bohnen. Für mich ungenießbar. Warum die Japaner so wild auf "Rotebohnen-Paste" sind, werde ich wohl nie verstehen. So landet der Rest des Fisches ganz schnell im Papierkorb. In Japan sind Papierkörbe ein Thema für sich. Die Städte sind sauber, Abfall ist nirgends zu sehen. Aber auch nur wenige Papierkörbe. Es ist großartig, die Japaner nehmen ihren Müll wieder mit nach Hause. Finden wir dann doch mal Abfallbehälter, stellen sie eine Herausforderung da, da die Japaner wohl Weltmeister in Mülltrennung sind. Es stehen mindestens 5 Behälter nebeneinander - natürlich japanisch beschriftet - und wir haben uns anfangs kaum getraut, unseren Müll zu entsorgen. Welcher Müll muss in welcher Tonne entsorgt werden?

© Klaus Möller, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Im Oktober habe ich eine dreiwöchige Reise durch Kyushu gemacht: Stationen: Himeji (Honshu), Nagasaki, Imari, Okawachiyama, Unzen, Shimabara, Hitoyoshi, Kogoshima, Sakurashima, Yakushima, Ebino-Kogen und Aso.
Details:
Aufbruch: 04.10.2009
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 24.10.2009
Reiseziele: Japan
Der Autor
 
Klaus Möller berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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