Apulien - Trullo und Trulli
apulische Romanik - romanico pugliese
Eigenständige Formen brachte im 11. und 12. Jh Apulien in der romanischen Sakralarchitetur mit frühchristlichen und byzantinischen Einflüssen hervor.
Mit dem Bau der Basilika San Nicola in Bari (Baubeginn 1087), für viele die schönste der apulischen Basiliken, entstand sozusagen ein Prototyp, der von apulischen Städten für ihre Kathedralen kopiert werden sollte.
Das auffälligste Merkmal dieser romanischen Kirche sind die ummauerten halbrunden Apsiden, so dass sie von außen nicht erkennbar sind.
ein stilistischer Einfluß aus byzantinischer Vorherrschaft - u.a. Löwen und Elefanten als Säulenträger
Die Krypta wurde bereits 1089 von Papst Urban geweiht. Sie hat 26 Säulen und birgt unter schweren Steinplatten die Gebeine des hl. Nikolaus
Viele dieser Merkmale kann man in den Nachfolgebauten in anderen Städten erkennen. Die am meisten gerühmte Kirche in diesem Sinne ist die Meereskathedrale von Trani. Hier wird auch deutlich, dass - wenn die räumlichen Gegebenheiten es erlauben - die Chorapsiden auch außen durch klare, halbrunde Formen bestechen.
San Nicola Pellegrino - Meereskathedrale von Trani - ein weiteres Merkmal apulische Romanik ist der schlanke Glockenturm (campanile)
Der Dom wurde im 12. Jh. über der älteren Kirche Santa Maria (10. Jh.) errichtet - deutlich sichtbar an der sonst nicht üblichen Doppelfreitreppe
Innenraum der Meereskathedrale - zweigeschossiges Arkadengewölbe auf Doppelsäulen (Doppelsäulen sonst typisch für nordafrikanische Kirchen)
Die Unterkirche Maria della Scala - 7. Jh. - nur das Bodenniveau und der basilikale Grundriss ist Original - die Apsiden wurden zum Bau der Krypta der Oberkirche abgerissen
der Unterkirche vorgelagert - 24 hohe Säulen mit korinthischen kapitellen bilden die Hallenkrypta (vgl. Dom zu Speyer) - 4 zusätzliche Säulen um das Grab des hl. Leukios
Wir waren besonders beeindruckt von der - quasi nur im Vorbeifahren zum Castel del Monte 'mitgenommenen' - Kathedrale San Valentino von Bitonto. Der monumentale Bau wurde erst nach Mittedes 12. Jh. in Angriff genommen, dies erklärt vielleicht warum die manches vollendeter in der stilistischen Ausführung wirkt als im 'Prototyp' von bari.
Hauptportal - Säulen mit Akanthusblattkapitellen, getragen von Löwen - die Portalrahmung ist mit Rankenwerk verziert - auf dem innersten Band mit Menschen- und Tiermotiven
die zum kleinen Platz ausgerichtete Langhausfassade beweist wie durch apulisch-romanische Gestaltungsarchitektur eine spielende Leichtigkeit in das massive Bauwerk gebracht werden kann.
die einzigartige Galerie von sechs Hexaforien - geschaffen von Künstlern aus Trani - zeigen fantastische über den Säulen ein ganzes Spektrum bizarrer Menschen- und Tiergestalten
Wir haben Glück und kommen erst nach Klopfen in die Krypta - wir wollten nämlich auch den Weg über Ausgrabungen aus dem Jahre 2002 von beachtlichen Überresten der Vorgängerbauten bewundern, da Fragmente eines Fußbodenmosaiks aus dem 5./6. Jh. und ein Mosaik mit einem Greifvogel aus dem 10./11.Jh. (auch durch ein Bodenglas von Hauptschiff) zu sehen sind.
Ein recht langer verwinkelter Weg über dicke Glasplatten führt unterirdisch von der Krypta ausgehend durch/über die Ausgrabungen.
Bei der Suche nach der Kathedrale in Bitonto haben wir bereits gesehen, dass es sicherlich lohnen würde, länger in der Stadt zu verweilen, da imposante Bauwerke und eine verwinkelte Altstadt locken. Aber wir wollen unbedingt einer möglichen Nebensaisonschließung des Castel del Monte zuvorkommen.
15 km nördlich von Lecce befindet sich ein Kleinod apulische-romanischer Architektur. Zwar etwas verkommen liegt dort Santa Maria di Cerrate, eine kleine dreischiffige Basilika aus dem frühen 12. Jh. in ehemaligen Basilianerkloster.
Die Fassadenstruktur mit Lisenen und das verzierte Portal sind Kleinausgaben der vorher beschriebenen großen Kirchen
Das Pultdach des nördlichen Seitenschiffes findet eine Fortsetzung in einer Säulengalerie von 18 Säulen mit Knospenkapitellen aus dem 13. Jh.
Im Hof liegt noch der Zugang zu einer alten Ölmühle - wo ich sogar fotografieren darf. Da wir die einzigen Besucher sind ist der Mann aus dem ufficio ständig in unserer Nähe, also kann ich die reiche Ausmalung mit byzantinischen Fresken nicht ablichten. Die byzantinischen Fresken sind im gegensatz zu den späteren 'aufgeschlagen', d.h. im Abstand von wenigen Zentimetern gelöchert, um neuen Putz aufbringen zu können. Die späteren wurden dann in Rahmen konserviert und sind im benachbarten Museum aufgestellt. Es gibt allerdings hinter dem barocken Altar auch noch jüngere. Der Mann aus dem ufficio ist sehr freundlich und lotst uns auch in das benachbarte kleine Heimatmuseum, das zwar nicht allzuviel Neues bietet, aber eines bleibt doch in der Erinnerung: Es gibt Tontöpfe und Holzbottiche mit breiten Rändern, die zum 'Aufstellen' von Kleinkindern dienten. So konnten sie nicht weglaufen und übten das Stehen.
Die Kathedrale San Sabina von Bari erscheint ganz bewußt an dieser Stelle, da es sich um einen Wiederaufbau nach Zerstörung handelt, der sich an den Stilelementen von San Nicola orientierte
Campanile - rechts der etwas ungewöhnliche Rundturm (Trulla) füher Baptiserium, heute Sakristei - im unteren Gebäudeteil deutliche Lisenengleiderung
hier die bereits erwähnten säulentragenden Elefanten an der glatten Wand, hinder sich - wieder von außen nicht erkennbar- halbrunde Apsiden befinden
Der Dom Santa Maria Maggiore in Barletta (1140 begonnen)
ist am besten vom Dach des Castells zu sehen.
die Besonderheit: auf den auch nicht oft anzutreffenden Dachpyramiden (oder -kegel) sitzen weiße cippi, die ansonsten die Kegel der Trulli zieren
romanisch sind noch die beiden Nebenportale, die von Reliefbögen mit z.T. grotesken Figuren verziert werden
Leider können wir nicht in den Innenraum - es ist mal wieder gerade Mittagspause von 13.00 - 17.00 Uhr.
In Galatina gibt es zwei sehenswerte Kirchen Peter und Paul (Barock) und Santa Caterina d'Alessandria
Über dem Hauptportal beherrscht eine riesige Fensterrose die Mittelschifffassade - das Hauptportal selbst mit Architrav (Relief: Jesus und seine Jünger) wird von zwei Säulen mit Löwen und Greifen flankiert - wie in Apulien häufig anzutreffen.
Mit dem Bau der Kirche wurde zwar erst 1384 begonnen; trotzdem hat sie zahlreiche Merkmale apulischer Romanik nach dem Vorbild San Nicola. (s.O.) Wir betreten die Kirche über einen quadratischen Innenhof durch die Sakristei und begegnen einer deutschen Reisegruppe, die bereits lange vor der Kirche gestanden hat.
Am Eingang will ich ein Foto machen, da raunzt mich jemand an und als ich ihm klar mache, dass ich ja ohne flash fotografiere - ich hatte ja schon - zeigt er mir, dass auch das verboten ist. Aber das uns nicht sehr ansprechende Innere der fünf Schiffe hatte ich ja nun schon auf Foto gebannt. Die Seitenschiffe sind nicht stark überhöht und haben große Wandflächen, die mit Szenen der Apokalypse bemalt sind.
Der Dom San Cataldo von Tarent ist im Prinzip der von mir gewählten Ordnung nicht zuzuordnen, da er im zentralen Teil als Zentralbau aus dem 11. Jh. romanisch ist, aber wenn man sich von der Platzseite aus nähert eine Barockfassade präsentiert.
nur der Vollständigkeithalber sei die im 18. Jh. barock ausgeschmückte Kapelle rechts des Chors dargestellt
Aufbruch: | 10.10.2010 |
Dauer: | 14 Tage |
Heimkehr: | 23.10.2010 |