Paddeln auf der Gauja (eine viel zu kurze Reise ins Baltikum)
Auf der Gauja Teil 1
Am nächsten Morgen starteten dann endlich Mannschaft, Raft, Ausrüstung und Gepäck per Kleinbus Richtung Strenci und Punkt 11 Uhr ließen wir bei der Stadtbrücke das Raft zu Wasser. Ab dort ist der Fluss auf jeden Fall ganzjährig befahrbar, zumal für ein Raft. Bis zum Zeltplatz bei Cesis, zu Deutsch Wenden, sind es ca 80 km und wir rechneten bei einer durchschnittlichen Fliessgeschwindigkeit der Gauja von 2 bis 4 km/h nicht damit, groß paddeln zu müssen um nach drei Tagen anzukommen. Das war falsch! Auch Mathematik kann lügen. Dabei fing es gut an. Kurz unterhalb Strenci's, nach einer Brücke kommen auf etwa 4 km Länge schöne lange Schwälle, maximal als WW I einzustufen. Diese Art des Paddelns macht Spaß und hat den willkommenen Nebeneffekt, man kommt schnell vorwärts ohne sich übermäßig anzustrengen und eigentlich könnte es immer so weitergehen. Diesen Gefallen tat uns die Gauja aber nicht und so hieß es ab dem Ende der Schwälle dann wieder Muskelkraft zu aktivieren. Von Strenci bis zur nächsten und einzigen Stadt auf der gesamten vor uns liegenden Strecke, Valmiera, sind es etwa 25 km. Über Valmiera und das Umfeld hatte ich im Vorfeld in verschiedenen Internetforen Negatives gehört. Dort ist vor einiger Zeit eine deutsche Paddlergruppe von betrunkenen Jugendlichen angegriffen worden. Und natürlich wurde davor gewarnt bei Valmiera und den umliegenden Biwakplätzen zu campen. Uns blieb aber durch unsere Bummelei nichts anderes übrig und an einem schönen langgestreckten Sandstrand kurz vor Valmiera schlugen wir unser Lager auf. Während Detlef den am Nachmittag geangelten Hecht und die unterwegs gesammelten Flussmuscheln zubereitete, ich vergebens Holz fürs Lagerfeuer suchte, bevölkerte sich langsam der Strand. Immer mehr Einheimische, meistens Familien suchten nach diesem heißen, schwülen Sommertag Erfrischung bei einem Bad im Fluss. Auffällig, es waren fast ausschließlich Russen. Kontaktschwierigkeiten gab es keine, Russen sind im Allgemeinen gesellige Leute, anders als die Letten, die diesbezüglich sehr skandinavisch wirken, freundlich aber zurückhaltend. Bei dieser Gelegenheit habe ich das erste Mal bedauert, dass von meinem Schulrussisch nicht mehr allzu viel abrufbar ist. Jedenfalls hatten wir zu keiner Zeit das Gefühl, irgendwie bedroht zu sein. Ich meine solche Geschichten, wie oben geschildert können genauso gut in jeder deutschen Stadt passieren. Das ist dann halt das viel zitierte "zur falschen Zeit am falschen Ort". Nach Sonnenuntergang waren wir wieder allein am Strand und es hatte auch keinen Sinn mehr über den Fluss zu paddeln um von dem am anderen Ufer reichlich angeschwemmten Treibholz zu holen. Ein Blick zum Himmel genügte um zu wissen dass binnen kurzer Zeit ein Unwetter toben würde. Also schnell das Raft umgekippt, alles Gepäck darunter verstaut, die wasserdichten Jacken angezogen und der Dinge geharrt die da kommen. Nach einer knappen Stunde war es überstanden. Das gute, nach kurzer Zeit war der Strand wieder trocken und obwohl es auf Mitternacht zuging war es wieder fast so warm und schwül wie vorher.
Am nächsten Morgen sind wir, völlig untypisch, ohne Frühstück losgepaddelt, weil wir uns eingebildet hatten in Valmiera bei der künstlich angelegten Slalomstrecke der Gauja müsste es doch bestimmt irgendeine gastronomische Einrichtung geben, wo man lecker frühstücken könnte. Entweder gibt es keine oder wir haben sie nicht gefunden. Auf alle Fälle ade du "Rührei mit Schinken" Traum. Die Slalomstrecke ist hübsch angelegt und sicherlich auch gut als Übungsparcour geeignet, aber bei normalem Wasserstand für jeden fahrbar. Da uns mittlerweile die Mägen knurrten und ich normalerweise vorm ersten Kaffee gar nicht ansprechbar bin gab es nach dem Passieren der Stadtbrücke ein rustikales Frühstück, welches Detlef zubereitete, während ich in der Stadt unseren Wasservorrat auffüllte. Das historische Valmiera wurde 1945 fast vollständig zerstört und zu sowjetischen Zeiten neu aufgebaut, leider nur im Plattenbau, die kriegszerstörten Gebäude zu sanieren fehlte es offensichtlich an Geld und / oder dem Willen dazu.
Aufbruch: | 25.07.2010 |
Dauer: | 10 Tage |
Heimkehr: | 03.08.2010 |