Paddeln auf der Gauja (eine viel zu kurze Reise ins Baltikum)

Reisezeit: Juli / August 2010  |  von Stefan Beyer

Kuldiga und Ausblick

Unser Ziel hieß Kuldiga, zu Deutsch Goldingen. Zum einen deshalb, weil Kuldiga noch einen fast vollständig erhaltenen mittelalterlichen Stadtkern hat und zum anderen wegen seiner Nähe zu den beiden Hauptflüssen im lettischen Südwesten, der Venta und der Abava, die nördlich der Stadt in die Erstere mündet. Der Charakter beider Flüsse ähnelt stark dem der Gauja, bis auf die Schluchtstrecke. Beide haben auch kleinere Stromschnellen und einen Wasserfall zu bieten. Berühmt ist der Wasserfall der Venta, lettisch Ventas Rumbas, weil er mit 275 m der breiteste Wasserfall Europas sein soll. Den besten Panoramablick hat man von der Backsteinbrücke über den Fluss. Es ist die längste von Autos befahrbare Backsteinbrücke Europas, erbaut 1873 und vor zwei Jahren aufwendig saniert. Der Ventas Rumbas hat eine Höhe von ca zwei Metern und ist fast halbkreisförmig. Bei normalem Wasserstand kann man auf der Krone laufen und unterhalb baden, was von vielen Jugendlichen auch ausgiebig genutzt wurde .Insgesamt bietet er ein grandioses Naturschauspiel. In Kuldiga selbst scheint die Zeit vor Jahrhunderten stehengeblieben zu sein. Erstaunlicherweise hat sich in Sachen Renovierung der alten Gebäude seit der lettischen Unabhängigkeit noch nicht allzu viel getan. Aber wer eine authentische mittelalterliche Stadt, abseits von Postkartenidylle sehen will, der kommt auf seine Kosten. Nach einem Stadtbummel machten wir uns auf die Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Etwa 20 km von Kuldiga entfernt fanden wir diese. Ein großer Campingplatz an einem See, der über einen kleinen Nebenarm mit der Venta verbunden ist, mit bester Infrastruktur und Service zu dem für uns geradezu lächerlichen Preis von 2 Lat pro Mann. Noch mal, 2 Lat sind umgerechnet 2,60 €. Da es uns dort wirklich gut gefiel, legten wir einen Ruhetag ein, der mit angeln, Pilze suchen, baden und faulenzen verbracht wurde. Pilze suchen ist übrigens der falsche Ausdruck. In Lettland geht man Pilze holen im Wald und Pilzkonserven zu verkaufen dürfte dort keine allzu gute Geschäftsidee sein. Am nächsten Morgen hieß es dann langsam Abschied nehmen. Wir fuhren in Richtung Litauen. In der letzten Stadt vor der Grenze , in Saldus, dann das schon traditionelle Einkaufen von einheimischen Köstlichkeiten und ich gestehe, diesmal war auch reichlich Bier dabei, was aber nicht vorrangig am Preis lag sondern weil es mir wirklich ausgezeichnet schmeckt. Außerdem Fischkonserven ( wer kennt noch aus DDR-Zeiten die Sauris, gab es allerdings nur im Russenmagazin und genau diese Fischkonserven gibt es in lettischen Kaufhallen heute noch ), geräucherter Käse und die typisch russischen Pralinen, die man sich nach Anzahl und Sorten mit Hilfe einer Kleinen Lebensmittelschaufel selbst zusammenstellt. Selbstverständlich haben wir bei "Elvi" eingekauft. Das passieren der lettisch-litauischen Grenze war wenig aufregend, eine Steinsäule am Rand der Sandpiste markierte die Stelle an der noch vor wenigen Jahren ein Überschreiten Dieser wesentlich dramatischer verlaufen konnte. In Richtung Südost fahrend, erreichten wir bei Jurbarkas die Memel und folgten deren Verlauf ca 80 km bis Kaunas. Die Memel, litauisch Nemunas, ist von der Größe her mit der Elbe vergleichbar, hat aber nach Augenschein eine höhere Fließgeschwindigkeit. Wir haben auch mehrere Zeltplätze und Bootsverleihen gesichtet. Die Landschaft zu beiden Ufern ähnelt stark den oben beschriebenen lettischen Flüssen. Von der weiteren Rückfahrt gibt es eigentlich nichts Besonderes zu erwähnen. Außer vielleicht, das uns das Navi, warum auch immer, mitten durch Breslau geleitet hat. Machte jedenfalls einen Riesenspaß nachmittags um vier Uhr wenn man eigentlich nur so schnell wie möglich nach Hause will. Das Fazit dieser Reise: Lettland ist schön und sehenswert und wenn ich die nötige Zeit finde, dann war es bestimmt nicht meine letzte Reise ins Baltikum. Wohin es nächstes Jahr geht? Keine Ahnung, aber Detlev hat am Lagerfeuer was von einem Fluss bei Lwow in der Ukraine erzählt, er heißt Stryj.

Die restaurierte Backsteinbrücke in Kuldiga

Die restaurierte Backsteinbrücke in Kuldiga

Der Ventas Rumbas, dies meine beste Aufnahme, da ich gegen die Sonne fotografieren mußte. Er ist schon ein beeindruckendes Naturwunder

Der Ventas Rumbas, dies meine beste Aufnahme, da ich gegen die Sonne fotografieren mußte. Er ist schon ein beeindruckendes Naturwunder

Spaziergang auf dem Wasserfall

Spaziergang auf dem Wasserfall

Kuldiga. Wenn die Autos nicht wären, könnte man denken, die Zeit ist vor hundert Jahren stehengeblieben.

Kuldiga. Wenn die Autos nicht wären, könnte man denken, die Zeit ist vor hundert Jahren stehengeblieben.

Der Campingplatz an der Venta bei Kuldiga. Wirklich empfehlenswert

Der Campingplatz an der Venta bei Kuldiga. Wirklich empfehlenswert

Pfifferlinge mit Rührei, lecker!

Pfifferlinge mit Rührei, lecker!

Ein typisch lettisches "Haustier"

Ein typisch lettisches "Haustier"

Grenze zwischen Lettland und Litauen. Übrigens zu beiden Seiten des Grenzpfahls sind 20 m Strasse asphaltiert, warum auch immer

Grenze zwischen Lettland und Litauen. Übrigens zu beiden Seiten des Grenzpfahls sind 20 m Strasse asphaltiert, warum auch immer

Blick auf die Memel bei Jurbarkas. Auch nicht schlecht zum paddeln, auf alle Fälle eine Option

Blick auf die Memel bei Jurbarkas. Auch nicht schlecht zum paddeln, auf alle Fälle eine Option

© Stefan Beyer, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Reisebericht über Land, Leute und Allgemeines, vorrangig von Lettland. Im Mittelpunkt stand eine Paddeltour auf der Gauja.
Details:
Aufbruch: 25.07.2010
Dauer: 10 Tage
Heimkehr: 03.08.2010
Reiseziele: Lettland
Der Autor
 
Stefan Beyer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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