Träume werden wahr...

Reisezeit: Februar / März 2011  |  von Kristina Beatrice Holler-Bouldin

Wouldn't it be lovely?

Ich verließ den Bahnhof und lief zu Fuß zum Hostel. Mal wieder sah es auf meiner Karte nicht so weit aus, es dauerte dann aber doch gut eine halbe Stunde, bis ich ankam. Mein Hostel war in einem alten Wohnhof (komisches Wort.. auf englisch heißt dieser Häusertyp eigentlich courthouse) in einer Hutong Gegend innerhalb der alten Stadtmauern. Das Gebäude verfügte über zwei Innenhöfe um die herum die Zimmer angeordnet waren. Ich teilte mir ein Zimmer mit 3 Chinesinnen und einer Europäerin. Praktisch und gemütlich war auch das Wohnzimmer, mit Sofas, WLan, einem großen Fernseher und einem immer vollen Wasserkessel auf dem wärmenden Holzofen.

Nach einer ausgiebigen Dusche und gründlicher Handwäsche meiner getragenen Kleidung, machte ich mich auf um Xi'an zu besichtigen. Da ich hungrig war lief ich an den Glocken- und Trommeltürmen vorbei ins muslimische Viertel, in dem sich ein kleines Restaurant an das nächste reiht. Dort aß ich - wie sollte es auch anders sein - eine ausgezeichnete Nudelsuppe. Ihr dürft euch die lauten Schlürf- und Schmatzgeräusche jetzt selber vorstellen!

In einem Teeladen kaufte ich mir dann eine kleine Thermoskanne, damit ich auch unterwegs immer ein bisschen heißen Tee dabei haben könnte. Ich lief durch die verwinkelten Gassen dieses alten Viertels, atmete die vielfältigen Gerüche ein, sah mir die bunten Farben der Waren an und genoss das Gewirr vieler Menschen um mich herum. Einen Basar gab es auch, fast wie in Ägypten, nur dass es hier statt Nofretetebüsten und Tutanchamunprofilen Maostandbilder und Buddhastatuen zu erwerben gab. Und unzählige Replikate der Terrakottakrieger in allen möglichen Größen.

Diese Statue bewacht das Tor zum muslimischen Viertel

Diese Statue bewacht das Tor zum muslimischen Viertel

Ein kleiner alter Tempel

Ein kleiner alter Tempel

Am Abend gab es dann auch in Xi'an wieder eine tolle Lightshow an alten und neuen Gebäuden, besonders die Sehenswürdigkeiten wie der Glockenturm, der Trommelturm oder das alte Südtor wurden besonders bunt und aufwendig beleuchtet.

Trommelturm

Trommelturm

Glockenturm

Glockenturm

Südtor mit Lightshow

Südtor mit Lightshow

Bunte Laternen zur Feier des Jahres des Hasen vor dem Südtor

Bunte Laternen zur Feier des Jahres des Hasen vor dem Südtor

Am nächsten Tag wollte ich dann zur Terrakotta Armee fahren. Ich stand früh auf und verließ so gegen 9 Uhr das Hostel in Richtung Bahnhof. Blöd nur, wenn man auf dem Weg an Geschäften vorbeikommt. Noch blöder, wenn eins davon ein Teehaus ist. Ich dachte mir, ich kann ja mal einen Blick rein werfen. Der Blick hat dann bis 13 Uhr gedauert und mich 60 Yuan gekostet. Ich habe nämlich eine Teeprobe gemacht.

Ich betrat den Laden um mich umzusehen und gleich wurde ich von einer Chinesin angesprochen, ob ich nicht einen Tee probieren möchte. Ich lehnte erst dankend ab, denn ich wollte ja eigentlich nix kaufen, stimmte dann aber doch zu, weil ich ja sowieso früher oder später eine Teeprobe gemacht hätte. Erst probierte ich einen Tee, der in einer durchsichtigen Kanne serviert wurde, damit man sehen konnte, was mit dem Teenest geschah - es öffnete sich wie eine Blume. (Die Erklärung ist relativ einfach, die Blätter werden auf eine bestimmte Art zusammengebunden und getrocknet) Von diesem Tee tranken wir nur ein Tässchen, denn eigentlich sei er ja mehr dazu da um schön auszusehen. Gut geschmeckt hat er trotzdem. Dann präsentierte Ruby, so war ihr Name (ein Schelm, wer böses dabei denkt!), mir einen grünen Oolong und einen Jasmintee.

Wir unterhielten uns nicht nur über Tee, sondern auch über Kulturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Europa und China. Natürlich erzählte sie mir auch eine traditionelle Chinesische Geschichte, die mit dem Tee, den wir tranken, zu tun hatte. Wie in jeder anderen dieser Geschichten auch, ging es um ein Mädchen und einen Mann, die einander liebten, aber nicht zusammen sein konnten; tragisches Ende inklusive.

Ruby bei der Zubereitung eines Grünen Oolongs.

Ruby bei der Zubereitung eines Grünen Oolongs.

Ich entschied mich am Schluss dann doch einen Tee zu kaufen, denn ich brauchte ja noch welchen, den ich dann mit meiner tollen Thermoskanne vom Vortag verwenden konnte.

Als ich das Teehaus verließ war es schon nach Mittag, daher beschloss ich meine Planung noch ein wenig zu ändern und den Besuch bei den Tonsoldaten auf den nächsten Tag zu verschieben. Immerhin bietet Xi'an auch anderweitig noch zahlreiche Möglichkeiten mit denen man sich die Zeit vertreiben kann.

So hatte ich in meinem Reiseführer etwas von einem alten, aber sehr gut erhaltenen Haus einer reichen Beamtenfamilie gelesen, welches sich im muslimischen Viertel befand und das man besichtigen konnte. Außerdem wollte ich noch die alte Moschee in derselben Gegend besuchen. Da ich mittlerweile auch wieder Hunger hatte lohnte sich der Weg dorthin erst recht. Ich aß ausnahmsweise mal keine Nudelsuppe, sondern eine Brotsuppe, eine lokale Spezialität, die auch sehr sehr gut geschmeckt und gesättigt hat.

Den Besuch der Moschee sparte ich mir dann doch, weil diese in ein Gerüst verpackt war und sich wohl in Renovierung befand. Also weiter zum Folk House. Es handelt sich hierbei nicht nur um ein Haus, sondern um einen ganzen Gebäudekomplex mit mehreren kleinen Häusern, die sich um mehrere Innenhöfe anordnen. So gab es Häuser mit den Privatgemächern, Empfangsräume und sogar ein kleines Theater. Hier war im Eintrittspreis auch eine Teeprobe enthalten, allerdings lag hier der Focus wesentlich mehr auf Verkaufsversuchen, was in dem anderen Teehaus vorher nicht der Fall war. Dort war es Ruby daran gelegen ihren Gästen eine angenehme Zeit zu ermöglichen. Ich probierte also brav die Tees, die mir vorgestellt wurden und verabschiedete mich dann dankend, allerdings ohne noch etwas zu kaufen.

Man konnte in dem Folk House auch kleine Vorführungen besuchen, in denen einem gezeigt wurde, wie man einen Scherenschnitt anfertigt oder welche traditionellen Instrumente es gibt. Daher hörte ich einem Mann eine Weile zu, der auf einem Streichinstrument chinesische Musik fabrizierte.

zwischen zwei Häusern. Das runde Ding in der unteren Bildhälfte ist übrigens ein großer Kessel, in dem sich immer Wasser befand, das man im Falle eines Brandes zum Löschen verwenden konnte.

zwischen zwei Häusern. Das runde Ding in der unteren Bildhälfte ist übrigens ein großer Kessel, in dem sich immer Wasser befand, das man im Falle eines Brandes zum Löschen verwenden konnte.

Einer der vielen Innenhöfe in diesem Komplex

Einer der vielen Innenhöfe in diesem Komplex

Ein Bett

Ein Bett

Ein Privatzimmer

Ein Privatzimmer

Prunkvolle Stücke im "Wohnzimmer"

Prunkvolle Stücke im "Wohnzimmer"

Einen kleinen Garten gab es auch. Es war schon erstaunlich, wie ruhig es innerhalb der Mauern doch war, denn draußen fand das hektische Leben einer Millionenstadt statt. Hier steht die Zeit noch still.

Einen kleinen Garten gab es auch. Es war schon erstaunlich, wie ruhig es innerhalb der Mauern doch war, denn draußen fand das hektische Leben einer Millionenstadt statt. Hier steht die Zeit noch still.

Ein Brunnen darf auch nicht fehlen.

Ein Brunnen darf auch nicht fehlen.

Ein typisches Loch in einer Mauer. Ich tippe darauf, dass das mit den Seelen der Verstorbenen zu tun hat oder mit irgendwelchen Geistern. Schön ist es allemal!

Ein typisches Loch in einer Mauer. Ich tippe darauf, dass das mit den Seelen der Verstorbenen zu tun hat oder mit irgendwelchen Geistern. Schön ist es allemal!

Ein Schrein darf in keinem ehrenwerten Haus fehlen

Ein Schrein darf in keinem ehrenwerten Haus fehlen

Noch ein Innenhof

Noch ein Innenhof

Kunstvolle Verzierungen

Kunstvolle Verzierungen

Es wurde langsam dunkel und ich machte mich auf den Weg zurück ins Hostel. Erst besuchte ich aber noch den Kunstmarkt, in dessen Gassen mein Hostel sich befand. Dort gab es handgefertigte chinesische Kunst zu kaufen, Kalligrafie, Malerei, Zubehör wie Pinsel und Leinwände, aber auch Seidenprodukte. In einem kleinen Laden kaufte ich mir dann ein kleines Notizbuch, mit einem schwarzen Seideneinband, auf den silberne Drachen aufgestickt sind.

Den Abend verbrachte ich dann damit mir unterschiedliche Routen für meine weitere Reise zurecht zu legen. Die Route nach Urumqi und Kashgar wäre zwar möglich gewesen, hätte aber bedeutet, dass ich insgesamt 7 Tage in einem Zug gesessen hätte. Nicht so toll.

Eine andere Route hätte mich über Xining, Yushu und Chengdu nach Chongqing gebracht. Hier hätte ich zwar weniger Zeit für den Transport gebraucht, allerdings wäre es auch hier etwas knapp mit meiner Reisezeit geworden, da ich hier die Strecken größtenteils mit dem Bus zurücklegen müsste und diese Art des Transports im Gegensatz zum Schienenverkehr eher unzuverlässig ist. Auch wäre es in einigen Gegenden eiskalt gewesen, in anderen dagegen schon ziemlich warm...

Dann dachte ich mir, es wäre doch nett, wenn ich nochmal ein oder zwei Tage mit Al verbringen könnte, denn wir hatten beide das Gefühl, dass der Tag, den ich bei ihm war, einfach viel zu schnell vorbei gegangen war. Ich überlegte mir also eine Route, die mich gegen Ende meiner Reise wieder nach Beijing bringen würde: Von Xi'an sollte es über Pingyao und Datong nach Hohhot gehen und von dort aus dann nach Beijing, bevor ich nach Jinan zurück fuhr. Ich suchte alle Informationen über Zugfahrtzeiten und -preise, über Hostels und mögliche Unternehmungen heraus und legte mir meinen Plan zurecht. Die Städte Pingyao und Datong hatte Al mir übrigens vorher empfohlen, da er wusste, dass mir die traditionellen Überbleibsel aus alten Zeiten sehr gut gefielen. Diese Route war letztendlich die angenehmste (wenig Zeit auf den Schienen, viel Zeit für Unternehmungen), die günstigste (weil die Entfernungen nicht zu groß waren) und die praktischste, denn sie würde mich rechtzeitig wieder nach Jinan zurück bringen. Jetzt musste ich nur noch von Al wissen, ob er denn an dem Wochenende, an dem ich in Peking sein würde, überhaupt Zeit hätte. Seine Antwort: "It would be lovely to be your host again!"

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Endlich wird ein lang gehegter Traum von mir wahr: Es geht zum ersten Mal nach Asien, genauer gesagt nach China. Diesmal bin ich nicht alleine, sondern fliege mit meinem Vater, Bill, der geschäftlich in Ji'nan zu tun hat. Dort werde ich einige Tage bleiben und dann auf eigene Faust dieses faszinierende, riesige, mir noch unbekannte Land erkunden. Auf dem Rückflug legen wir noch einen Zwischenstopp in Dubai ein. Über meine Erlebnisse werde ich hier regelmäßig berichten.
Details:
Aufbruch: 14.02.2011
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 09.03.2011
Reiseziele: China
Der Autor