Madeira: Wahre Schönheit liegt im Innern
2.7.: Porto Moniz – einmal schräg rüber
Es ist Festwoche im Nordwesten, da müssen wir natürlich hin. Auf der abwechslungsreichen und zügigen Fahrt danken wir der EU für den großzügigen Bau der Autobahnen und Tunnels. Davor waren solche Ausflüge eine Tagesreise auf den zwar romantischen, aber oft unwegsamen Straßen über die Berge. Denn auf Madeira gibt es kaum ein ebenes Fleckchen. Das erfordert auch ein vorsichtiges Fahren. Urban fährt so, sieht alles, und ich fühle mich wunderbar sicher, obwohl es manchmal so steil bergauf geht, dass er oft schnell in den ersten Gang schalten muss. Gegenverkehr gibt's natürlich auch, aber Urban findet das Fahren auf Madeira alles in allem recht entspannt.
Der Plan: Planschen im Lavaschwimmbecken von Porto Moniz, Besuch des Aquariums und Teilhabe an der "Semana do mar." Der erste Programmpunkt fällt wegen des kühlen und wolkigen Wetters weg, deshalb gehen wir gleich ins Aquarium, das sich in einer ehemaligen Festungsanlage befindet und wo Katzenhaie, Barsche, Rochen und Kugelfische hinter dicken Glasscheiben ihre Kreise ziehen, teilweise sogar über unseren Köpfen. Auf dem Festgelände sind die Vorbereitungen für einen Eintrag ins Buch der Rekorde in vollem Gange: Die größte Reispfanne der Welt mit Schnecken soll dort entstehen und mit 500 Kilo Gewicht den begehrten Eintrag sichern. Die Gasbrenner unter der Riesenpfanne werden bereits gezündet, und bald schmurgeln die ersten Zwiebeln und Tomaten darin. Es erinnert ein wenig an die alte Werbung mit Villabajo und Villarriba. Um 18.30 soll sie fertig sein und präsentiert werden. Bis dahin ist noch viel Zeit. Wir schlendern an den Naturschwimmbädern vorbei und lassen uns an einem nieder. Ich packe mein Brötchen aus und beginne zu essen, als eine vorwitzige Eidechse heran huscht. Erst marschiert sie über unsere Inselkarte, pfötelt auf den Reiseführer, dann untersucht sie meinen Rucksack und geht zum Schluss in den Falten meines Rockes spazieren. Wir sind entzückt und legen Bröckchen von Sojawurst und Käse aus. Beides verzehrt sie mit gleichgroßem Genuss. Wir hoffen, dass sie keine Bauchschmerzen bekommt und ziehen weiter.
Ein Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde macht Arbeit. Hier wird der Gasbrenner gezündet, während die Zutaten eimerweise auf ihre Verarbeitung warten.
Auch Porto Moniz ist zugebaut, und das in keineswegs charmanter Weise. Viel Beton, zweckmäßig, quadratisch, praktisch, vielleicht gut, aber nicht eben schön. Wir fahren hoch zur Kirche und steigen auf einer extrem steilen, stark gewundenen gerippten Beton(!)straße aufwärts. Ich habe wieder meine bequemen, aber nicht wirklich wandertauglichen Stadtschuhe an, weil die Wanderschuhe noch immer das Zimmer hüten und der Knöchel fröhlich vor sich hin nässt. Das Dorf oberhalb von Porto Moniz, Lamaceira, scheint nur von alten Leuten bewohnt, die in gebückter Haltung ihre oft nur handtuchgroßen Gärten und Felder bestellen - so, wie sie es schon immer getan haben. Viele alte Häuser sind verfallen. Oberhalb eines etwas verwilderten Seitenwegs steht ein gemauerter Stall, aus dem mich eine einsame Sau grüßt. Es juckt mich in den Fingern, das Tier aus seiner reizarmen Behausung zu befreien. Ich verschaffe ihr wenigstens etwas Abwechslung, indem ich sie mit Schilf und Hafer füttere, was sie huldvoll grunzend entgegennimmt.
Die Vegetation auf Madeira ist in der Tat ungewöhnlich: Einerseits mediterrane Pflanzen wie Opuntien, Oleander, Trockengesträuch und Agaven. Andererseits subtropische Gewächse wie Bananen, Philodendren, die auf den Häusern zu sitzen scheinen, feuchtigkeitsliebende Farne und immer wieder Blumen wie Callas, Cannas, Hibiskus und die kugelförmigen Agapanthus.
Zum Abstieg nach Porto Moniz nehmen wir einen anderen Weg, zwar weniger steil, dafür umso länger. Als wir auf dem Festgelände eintreffen, brandet Applaus auf. Er gilt der Reispfanne, die gerade mit einem Kranwagen gewogen und für rekordwürdig befunden wird. Nebenan auf der Bühne gibt ein Gitarrenensemble, danach eine Folkloregruppe ihr Können zum Besten. Die Stimmung ist prächtig, es werden viel Poncha und "Coral"-Bier konsumiert, für dessen Ausschank unter anderem "Peters Poncha-Bar" sorgt. Urban ist der Held - es gelingt ihm, einen Teller der Weltrekord-Reispfanne zu ergattern. Die Speisung ist kostenlos, und es schmeckt sehr gut.
Aufbruch: | 29.06.2011 |
Dauer: | 14 Tage |
Heimkehr: | 12.07.2011 |