Über alle Berge - mit dem Rad durch die Anden
Unterwegs in Peru
So viel ist nicht passiert, seit ich von meinem Besuch in Machu Picchu berichtet habe. Der normale Radreise-Alltag hat mich fest im Griff, wobei "normal" hier irgendwie eine andere Dimension hat als anderswo. Also deswegen jetzt hier ein bisschen Alltaegliches.
Essen und Trinken
Essen und Trinken stehen wohl bei allen Berichten von Reisen ziemlich weit oben auf der Liste der Erlebnisse. Dewegen auch hier noch ein paar Impressionen vom leiblichen Wohl - abseits der Touristenhochburgen.
Ueber meine Begegnung mit dem Meerschweinchen auf dem Teller hatte ich ja schon berichtet. Auf meiner weiteren Tour kam ich durch das kleine Oertchen Lamay. Dieser Ort war ein grosser Meerschweinchen-am-Spiess-Drive-In! "Meerscheinchen to go" - so zu sagen!
Der Reisende wird am Ortseingang von Lamay mit einer riesigen Reklametafel empfangen, auf der fuer Meerschweinchen am Spiess geworben wird!
An mindestens zehn Staenden am Strassenrand wurden die frisch gegrillten Meerschweinchen fuer 40 Soles pro Stueck feilgeboten - umgerechnet 12 Euro, hier ein richtig teures Essen.
Ich habe es bei Kaffee und Brot belassen, konnte mich im Gegenzug aber mit der Kamera ein bisschen umtun. Meine grosse Stunde schlug auf dem Markt von Pisac am vergangenen Sonntag. Pisac hat auch eine wirklich sehenswerte Inka-Ruine und lockt deswegen viele Touristen an. Sonntags ist die ganze Stadt ein einziger Markt. Viel Touristen-Schnickschnack, aber auf dem eigentlichen Marktplatz im Ortszentrum eben doch noch traditioneller Markt der Einheimischen.
Mit einem Riesen-Maiskolben kann man doch wohl nichts falsch machen - dann aber die Geschmacksueberraschung: Das Ding schmeckt wie eine Pellkartoffel und man ist danach pappsatt
Inzwischen hat sich mein Essverhalten so eingependelt, dass ich, wann immer sich die Moeglichkeit dazu ergibt, in einem Restaurant mittags und / oder abends essen gehe. Hoert sich verfressen an, weiss ich. Aber wenn man mit dem Rad unterwegs ist, hat man einfach immer Hunger. Und immer nur Nudeln... Also bestelle ich das, was alle bestellen: das Tages- oder Abendmenue. Meistens gibt es auch nichts anderes, womit sich die Frage nach dem Was eigentlich eruebrigt. Man bekommt dann immer einen Teller Suppe - immer anders, Inhalt z. T. undefinierbar. Dann das Hauptgericht - immer Reis, Kartoffeln und Fleisch und/oder Gemuese und als "Nachtisch" ein warmes, suesses Getraenk. Der Spass reisst mit 3,50 - 4,50 Soles ein richtiges Loch in die Reisekasse: Umgerechnet ca. 1,00- 1,50 Euro! Naeheres ueber Inhalt des Essens und die Umstaende auf dem Weg bis zu mir auf den Teller will man ja nicht wissen. Geschmeckt hat es immer und bekommen ist es mir bis jetzt auch.
Der Blick in ein typisches Restaurant - hier die sehr gepflegte Variante. Die andere meide ich oder verlasse sie, ohne etwas zu bestellen.
Wetter
Mit dem Rad unterwegs bedeutet eine sehr starke Abhaengigkeit vom Wetter, das bisher aber sehr zuverlaessig war. Meistens beginnt der Tag mit strahlendem Sonnenschein und angenehmen 25 Grad - je hoeher man kommt, desto niedriger die Temperaturen. Oft zieht nachmittags dann Bewoeklung auf und manchmal kommt auch etwas runter: Graupelschauer bei 16 Grad. Nachts wird's dann frisch. Auch wieder abhaengig von der Hoehe, fallen die Temperaturen unter den Nullpunkt. Da es hier keine Campingplaetze gibt, gehe ich meistens ins Hostales oder Hospedajen. Die letzten beiden Naechte habe ich aber wild gecampt und heute morgen musste ich das Zelt erst einmal abtauen lassen, weil der Schnee vom Abend festgefroren war. Im Zelt hatte ich 3 Grad - da koennen sich der neue Daunenschlafsack und die Isomatte bewaehren. Zuverlaessig ist auch der Wind der in den Nachmittagsstunden aufkommt und ganz flott um die Ecke pfeifen kann. Dabei ist die Luft extrem trocken. Ich hatte ein paar Sachen abends gewaschen und aufgehaengt und trotz der Minustemperaturen waren sie morgens trocken!
Ein traumhafter Morgen auf meinem exklusiven Campingplatz Tres Cañones - wenn die Sonne ueber den Berg kommt, steigen die Temperaturen sprunghaft um 10-15 Grad.
Begegnungen mit Mensch und Tier
Die Begegnungen mit den Menschen beschraenken sich meistens natuerlich auf ein kurzes Wohin und Woher und, fuer mich ganz wichtig, die Frage nach dem richtigen Weg, denn mein Karte hat einen riesigen Massstab und die Wegweisung ist miserabel. Das Problem ist allerdings, dass viele sich auch in ihrer eigenen Heimat nicht auskennen und ich schon mal innerhalb von 5 Minuten zwei Auskuenfte erhalte, die 180 Grad entgegengesetzt sind. Ich frage deswegen lieber oefter.
Tiere sieht man hier viele, allerdings nur Haustiere: Lamas, Alpakas, Esel, Rinder, Schweine. Abgesehen von Voegeln habe ich ausser einem Guanako so gut wie kein Wildtier zu Gesicht bekommen.
Eine Herde Alpakas auf dem Weg zur Weide - der Viehtrieb in den Morgen- und Nachmittagsstunden gehoert zum taeglichen Strassenbild
Im Vorbeifahren wurde ich ausdruecklich aufgefordert, Fotos von der Szene zu machen - hier werden 20 Lamas fuer den Schlachthof ausgesucht und verladen
Unterwegs
Die Strassenverhaeltnisse und Wegweisung habe ich eben schon einmal angesprochen. Die letzten zwei Tage wusste ich nicht, ob ich auf dem richtigen Weg war, obwohl es sich um eine nach Karte klassifizierte Strasse handelte. Sie fuehrte durch noch nicht ganz trocken gefallene Fluesse, der Schotter war derart grob und lange kamen keine richtigen Ortschaften und so gut wie kein Verkehr, sodass mir erhebliche Zweifel kamen. Dabei hielt ich mich ueberwiegend in einer Hoehe von ca. 4000 - 4400m auf Den bisher hoechsten Punkt habe ich heute Morgen mit 4599m (lt Hoehenmesser am Tacho) erreicht. Hier bestimmt nicht die Kraft der Beine, sondern die Lunge das Tempo! Und das ist niedrig!!! Dabei war die folgende Abfahrt fast anstrengender als der Aufstieg, weil die Piste einem neben dem staendigen Bremsen so ziemlich alles abverlangte. Nun sollte man glauben, es handelte sich um irgend eine Nebenstrecke - weit gefehlt. Am Ende dieses Abschnitts liegt eine Mine und Busse im Konvoi, Schwer- und Gefahrguttransporte huellten mich in Staubwolken - einfach schwer zu beschreiben.
Als ich dieses Bild machte, dachte ich, es koenne nicht mehr schlimmer kommen - aber es kam noch viel schlimmer und jedesmal war ich froh, dass es sich um die Abfahrten und nicht um die Aufstieg handelte. Aber ich befuerchte, das bleibt mir auch nicht erspart...
Guter Schotter und eine scheinbar unendliche Berglandschaft (und gerade mal kein LKW, der mich einstaubt). Hoehe: 4200m
Soweit fuer heute. Wie gesagt nichts Spektakulaeres aber fuer mich doch sehr viele neue Impressionen. Spektakulaer soll es morgen werden - hoffentlich macht die Sicht mit. Ich werde berichten, wenn ich Arequipa angekommen bin.
Aufbruch: | 02.09.2012 |
Dauer: | 8 Wochen |
Heimkehr: | 27.10.2012 |
Bolivien
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