Heidschnucken und Backsteingotik
Halseldorfer Elmarschen / Steffen Henssler
Nachdem wir schon am Sonntag Schiffbruch erlitten haben, von der Heide nach Hamburg hineinzukommen - wir hatten einen Tisch bei Tim Mälzer reserviert, wollen wir heute schon vormittags auf die Nordseite derr Elbe, damit die abendliche Reservierung bei Steffen Hennslers ONO wahrgenommen werden kann.
Schloß Haseldorf - zu beiden Seiten dieser ca. 200 m langen Lindenallee erstrecken sich im Mai blühende Obstbaum¬und Beerenanpflanzungen.
Ulrike hatte sich die Elbauen bei Haseldorf ausgeguckt als interessanten Abschnitt der Binnenelbe. Dort wird dann ein Rundgang beschrieben, den wir 'abgelaufen' sind:
Rund um den Haseldorfer Park
Der Rundgang führt durch den Haseldorfer Schlosspark mit seinem Herrenhaus, der sehenswerten Kirche und schönen alten Bäumen, zu der größten Graureiherkolonie Schleswig-Holsteins sowie auf einem alten Deich an einer "Bandreißerkultur" und Marschgräben entlang.
Für das Herrenhaus beauftragte Hans Heinrich von Schilden um 1800 den Baumeister Christian Friedrich Hansen. 1804 wurde der eingeschossige Backsteinbau im Stil des dänischen Klassizismus fertiggestellt. Die Freitreppe und die Dachgauben stammen aus dem 19. Jahrhundert. (Schloß nicht zu besichtigen)
Vor dem Schloss biegt ein Weg rechts ab zu der zwischen 1200 und 1250 errichteten, einschiffigen Haseldorfer Kirche Sankt Gabriel, dem bedeutendsten spätromanischen Backsteinbau der Elbmarschen. An der Südseite befand sich der ursprüngliche, jetzt zugemauerte Eingang. In einem Epitaph aus dem 16. Jahrhundert am Ostgiebel, über dem sechs Wappenfelder bedeutender Adelsgeschlechter zu sehen sind, werden besondere Ereignisse der damaligen Zeit geschildert, u.a. die schaurige Geschichte einer Bluttat.
Noch eine Besonderheit ist die entlang der Kirche zum Marktplatz führende Sommer-Linden-Allee, die 1990 als Naturdenkmal unter Schutz gestellt wurde.
Um die Kirche herum gelangt man wieder an den Wassergraben, an dem entlang ein Weg im Halbrund durch den idyllischen Haseldorfer Schlosspark führt.
Der Schloßpark birgt einen herrlichen, alten Baumbestand, romantische Brücken und mit Seerosen bewachsene Gewässer. Fast alle heimischen Spechtarten finden hier optimale Lebensbedingungen, und auch die flinken, bläulich schimmernden Kleiber können Sie häufig an Baumrinden entlang huschen sehen. Gur¬kenmagnolie, Sumpfzypresse, Ölweide, Gleditschie, Ginkgo, Hemlockstanne und Weißer Maulbeerbaum wachsen neben vielen einheimischen Arten, zahlreiche alte Eiben mit stattlichem Umfang lassen sich hier bewundern. Im Frühjahr blüht die amerikanische, rosafarbene Himbeere und im Herbst fallen die Tulpenbäume mit ihrer leuchtend gelben Herbstfärbung ins Auge.
Bis zum Bau des jetzigen Außendeiches in den 1970er Jahren, der den südlichen Teil der Haseldorfer Binnenelbe von der Tide abschnitt, diente dieser alte Deich dem Schutz vor Überflutung.
Nach Überquerung einer kleinen Brücke führt der Weg zum Deich, von dem aus man auf einen alten Eichenbestand sieht. In diesen hohen Bäumen besteht eine Graureiherkolonie mit über 250 Brutpaaren. Die Kolonie entstand in den 1950er Jahren und ist die größte in ganz Schleswig-Holstein. Mit einer Flügelspannweite von 1,70 m und einer Länge von etwa 90 cm ist der Graureiher fast so groß wie ein Storch, hat ein graublau gefärbtes Gefieder und einen gelborangefarbenen Schnabel.
Außendeichs ist die Landschaft, wie überall in der Marsch, von unzähligen Gräben durchzogen. Ursprünglich floss das Wasser der Marschen in mäandernden Wasserläufen, den Fleeten, worauf die auf -fleth endenden Ortsnamen (Scholenfleth) hinweisen. Nachdem Holländer begonnen hatten, Teile des Landes mit Erdwällen aufzupoldern, zog man ein Netz von für weite Teile der Marsch charakteristischen, geradlinigen, parallel verlaufenden Gräben, die rechtwinklig in die breiteren und tieferen Wettern mündeten, um das Land zu entwässern. Zweckmäßigerweise wurde dann das Land entlang der Gräben aufgeteilt. Die Marschgräben bilden einen Lebensraum für viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten.
Bandholzkultur
Ein wenig weiter zieht sich eine Weidenpflanzung am Weg entlang, eine so genannte Bandholzkultur, wie sie in der Haseldorfer Marsch früher für einen speziellen Zweck angepflanzt worden war und die hier zusätzlich als Deichschutz diente. Im Winter schnitt man die etwa drei bis vier Jahre alten Weidenruten kurz über dem Boden, befreite sie von Seitentrieben, bündelte sie und weichte sie in den Gräben oder Prielen ein. Im Frühjahr wurden die Ruten dann entrindet (gebastet), aufgespalten und anschließend in einer Biegemaschine rund gebogen. Die nun entstandenen Bänder dienten als Reifen für die verschiedensten Fässer.
Noch um 1900 war die Holztonne, für die die Fassreifen benötigt wurden, eine gängige Verpackungsform für den Transport von Butter, Bier, Getreide, Fisch, Salz oder auch Büchern. Für die Butterfässer wurden weiße, geschälte Weidenruten verwendet. Bis ins 17. Jahrhundert fertigten die Böttcher ihre Fassreifen selbst, danach spezialisierten sich einige von ihnen völlig auf die so genannte "Bandreißerei". Der Name bezieht sich auf das Spalten - also Auseinanderreißen - der Weidenruten, um daraus die Bänder herzustellen. Dieses Handwerk wurde in der Marsch von 1796 bis etwa 1960 ausgeübt, so auch hier in Haseldorf. Um 1900 gab es in der Haseldorfer und der Seestermüher Marsch noch 130 Meister und 400 Gesellen. Der Niedergang begann, als man Butter nicht mehr in Fässern, sondern in Pappkartons transportierte. Heute ist das Handwerk ausgestorben, nur einige wenige Bandreißer beherrschen es noch.
In Scholenfleth, Achtern Dorp 3a, steht eine historische Bandreißerkate, in der man sich Werkstatt und Wohnräume der damaligen Bandreißer ansehen kann. Leider war auch diese z.Zt. geschlossen.
Der weniger als 3 km lange Rundgang uim den Hasseldorfer Schloßpark hat uns gut gefallen, aber unsere Laufbereitschaft ist noch nicht erschöpft; so entschließen wir uns zu einen weiteren Rundgang durch den Elbmarschenort Seestermühe.
Die Wandertour führt durch das idyllisch gelegene Gut Seestermühe und seine barocken Gartenanlagen und anschließend durch den Ort Seestermühe mit schönen alten Bauernhäusern und Katen.
Gut Seestermühe - etwa 1760 wurde es nach Plänen des Architekten Ernst Georg Sonnin (1713 - 1794), der u.a. als Erbauer der Hamburger Kirche St. Michaelis Berühmtheit erlangte, umgebaut.
Im Jahre 1494 erwarb der Ritter Hans von Ahlefeldt die gesamte Haseldorfer Marsch, eine damals noch recht wilde Landschaft, und ließ in Seestermühe eine Burg errichten, die heute nicht mehr erhalten ist. Nach dem Tod Friedrich von Ahlefeldts erbten die drei Söhne die Güter Haselau, Haseldorf und Seestermühe. Als das Gut Seestermühe im 18. Jahrhundert in Schwierigkeiten geriet, verkaufte die damalige Besitzerin, Metta von Ahlefeldt, geborene Freiherrin von Kielmansegg, das Gut 1752 an einen Grafen ihrer Familie. An der Stelle des ehemaligen Herrenhauses entstand ein bis heute erhaltenes klassizistisches Gutshaus.
Das Gut Seestermühe ist bis heute im Besitz der Familie von Kielmansegg.
Zu beiden Seiten des Herrenhauses stehen die ehemaligen Wirtschaftsgebäude, die linke Gutsscheune mit dem Glockenturm stammt aus dem Jahre 1900.
Weiter im Innern der Gutsanlage befindet sich auf einer Insel ein kleiner Schlossgarten, der allerdings privat genutzt wird und nicht betreten werden darf, mit einem von Buchsbaumhecken eingefassten Bauerngarten, Weiden und Obstbäumen. Hier stand das erwähnte, 1713 abgebrannte Herrenhaus. Auf dem Wall, der parallel zum Wassergraben verläuft, stehen einige Walnussbäume.
Frei zugänglich sind Teile des bekannten Gutsparks. Es sind Reste eines im Stil des französischen Barock angelegten Gartens. Die verspielten Beete und Laubengänge sind heute verschwunden, erhalten ist jedoch eine eindrucksvolle, 700 m lange, vierzeilige Lindenallee. Zwischen den Linden wurde im ersten Teil der Allee ein Bassin angelegt, von dem an bis zum Ende der Allee in jeder Baumreihe 109 Linden stehen. Die linke Seite der Allee wird, in Anspielung an die dort früher weilenden Liebespaare, im Volksmund Liebesallee genannt. Neben der Allee, die früher die Hauptachse des Gartens darstellte, sind noch Reste einer quer zur Allee liegenden Seitenachse aus Linden zu erkennen
Am Ende der Allee gelangt man, schon von weitem zu erblicken, zu einem rot gedeckten Pavillon, dem so genannten Teehaus, einem verputzten Backsteinbau mit hohen Fenstern an den sechs Schmalseiten. Das Portal an der Vorderfront wird von zwei schmalen Pilastern eingerahmt. Über dem Pavillon weht eine Wetterfahne mit der ausgestanzten Inschrift FCvK 1818, die möglicherweise auf das Baujahr verweist. Das Teehaus dient heute nach einigen Umbauten als Wohnung.
Wir verlassen den Gutspark und gehen durch den Ort (einmal oberhalb, einmal unterhalb des Deichs), der im Jahr 1141 zum ersten Mal urkundlich erwähnt wird. Der Name bedeutet "Seestermündung" (der frühere Name der Krückau war Seester), mittelniederdeutsch Seestermuthe, woraus später der Name Seestermühe entstand. Typisch für Seestermühe sind die großen alten Bauernhöfe und die zahlreichen kleineren Katen entlang des Deiches. Viele Katen zeigen die charakteristischen farbig-weiß gestrichenen Giebelverbretterungen.
Am Roßkamperdamm, kurz vor der Stöpe, steht linkerhand ein achteckiger Bau aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit Ziegelwänden und einem hohen, kegelförmigen Reetdach: der Göpelschauer. Ein Göpel ist ein von im Kreis gehenden Pferden oder Ochsen angetriebener Zahnradmechanismus, der über eine Welle z.B. eine Dreschmaschine im Hauptgebäude antreibt. Als Symbol für die frühere landwirtschaftliche Nutzung hat der Göpelschauer im Ortswappen einen zentralen Platz gefunden. Heute beherbergt das Gebäude das Seestermüher Dorfmuseum mit einer ortsgeschichtlichen Sammlung, (die natürlich auch geschlossen ist)
Wir nutzen die Nähe zur Elbe und schauen uns einmal an der Hetlinger Schanze um.
danach wird es Zeit nach Hamburg hineinzufahren und Steffen Hennslers Ono zu besuchen
Wir hatten im Internet gelesen, dass das Ono sehr hellhörig ist und so eine ernorme Geräuschkulisse herrscht, wenn das Lokal voll ist. Nicht nur deshalb haben wir unseren Tisch bereits kurz nach 18.00 Uhr besetzt.
Auch die Hauptspeisen munden köstlich - beim nächsten Mal werden wir mal die imposanten Sushi-Platten ausprobieren.
Aufbruch: | 01.09.2012 |
Dauer: | 9 Tage |
Heimkehr: | 09.09.2012 |