Mal kurz nach Indien
Rajasthan und die Thar-Wüste
Jodhpur
Welch ein Kontrast zu Goa!
In Jodhpur angekommen, mache ich mich auf den Weg, mir eine Unterkunft zu suchen. Mir helfen die Hinweise von Reisenden aus dem Zug und auch der "lonely planet" liefert Anhaltspunkte, wobei "Geheimtips" aus dem Reiseführer, der in Millionen- Auflage verkauft wurde, natürlich alles andere als geheim sind.
Bevor ich ein Zimmer verbindlich buche - sprich das C-Formular ausfülle und eventuell Anzahlung leiste - , schaue ich es mir an, probiere den Vertilator, das Licht und die Klospülung aus und prüfe die Temperatur des "warmen" Wassers. Zusicherungen und dem treuen Augenaufschlag der Besitzer oder dessen Angestellten sollte man besser nicht zu viel Wahrheitsgehalt beimessen.
Ein Passbild, wie teilweise in Goa, brauche ich im Guesthouse hier nicht hinterlegen. Pass oder Personalausweis behalte ich! Wird von mir ein "Dokument" mit Foto verlangt, tut es auch eine inzwischen ungültig gewordene Karte der Krankenversicherung.
In Jodhpur gelange ich auch zu der Überzeugung, dass Indien für Individualreisende wirklich nur dann zu empfehlen ist, wenn diese über eine ausreichend hohe Ekelschwelle verfügen.
Für empfindsame Personen ist eine Rundreise im klimatisierten Reisebus bei Übernachtungen in ausgewählten Hotels die bessere Wahl.
Jeglicher Unrat und Abfall, insbesondere aber Fäkalien von Kühen, Hunden, anderem Getier und natürlich von den menschlichen Bewohnern landen auf den Straßen der Städte und den offenen Abwasserkanälen. Der Gestank ist penetrant und dazu kommt der Straßenlärm (fast alle LKW haben an der Rückseite die Aufforderung, sie anzuhupen); Mopeds und Motorrädern steht offensichtlich das Recht zu, sich wie Fussgänger zu bewegen. Engste Gassen und Wege werden mit motorisierten Zweirädern mit maximal möglicher Geschwindigkeit befahren - meist also im Schrittempo.
Ich selbst hatte während meines Aufenthaltes aber keine Verletzungen und Inder scheinen wahre Meister in der Beherrschung dieser Fahrzeuge zu sein, wohl auch, weil sie seit frühester Kindheit üben.
Kinder sind es auch, die den Hotelbetrieb in günstigen Unterkünften ermöglichen. Jungen von ca. 12 Jahren leisten die Hauptarbeit im Hotel. Sie putzen, räumen auf, erledigen die Einkäufe und kümmern sich um das Gepäck der Gäste.
Sollte ich jemals ein Kochbuch über die Indische Hotelküche schreiben, würde jedes Gericht beginnen: " Man nehme ein oder zwei kundige Küchenjungen und schicke sie zum Basar ...".
Einmal wollte ich mich bei dem Koch für das köstliche Mahl bedanken. Als ich ihn dann fragte, wie alt er sei, antwortete er mir: "vierzehn".
Ich bin nicht sicher, ob er sich nicht doch als etwas älter ausgab, als er tatsächlich war.
Ganz im Gegensatz zum Slum von Mumbai, habe ich in Jodhpur auch das erste Mal unangenehme Erfahrungen mit bettelnden Kindern machen müssen. Nach einem einleitenden "Hallo" kommt sofort die Forderung nach 10 Rupees. Da ich auch nach mehrmaliger Aufforderung mein Kleingeld in der Tasche behielt, fingen sie an, mit Dreck zu werfen. Das war aber eher schon die Ausnahme, meist blieb es dabei, den Fremdling ziehen zu lassen oder anzubieten, für Geld zu posieren und sich fotografieren zu lassen.
Freundlich wurde ich eingeladen, mir eine Manufaktur anzuschauen, in der Tücher für Turbane gefärbt werden. Diese werden auf der Straße getrocknet und für den Transport vorbereitet.
Jaisalmer
In meinem Hotel in Jodhpur habe ich mich erkundigt, wo man in Jaisalmer denn schön unterkommen könnte und bekam Hinweise vom Hotelmanager. Auch in einem anderen Restaurant hatte ich mich beim Kellner nach einer Unterkunft in Jaisalmer erkundigt, allerdings ohne verbindlich zu werden.
Erstaunt war ich deshalb schon, als am Zielort, den ich mit dem Zug nach 2-stündiger Verspätung erreichte, drei Taxen standen, deren Fahrer ein Schild mit meinem Namen hochhielten.
Das 3-tägige Wüstenfestival war ja ursprünglich das Ziel meiner Reise nach Rajasthan.
Ich konnte auch tatsächlich für 450 Rupies am Tag ein Zimmer mieten, musste dann aber feststellen, dass direkt vor dem Fenster gerade Abrissarbeiten mit der entsprechenden Lärm- und Staubbelästigung stattfanden.
Zudem wurde ich jedes Mal, sobald ich mein Zimmer verließ darauf angesprochen, eine Wüstensafari mitzumachen.
Ich habe mir also eine andere Unterkunft innerhalb der Festungsmauern gesucht und bin umgezogen. Abgerechnet wurde das vorherige Zimmer mit 250 Rupeen je Nacht. Das Geschäft lief also tatsächlich darauf hinaus, mit der Vermittlung von Safaries das Geld zu verdienen.
Eingang zur Festung von Jaisalmer. Schmucke Kamelreiter bereiten sich auf den Umzur zur Festivaleröffnung vor.
Die Frau im lila Pullover ist Gouverneur von Rajasthan ... sie regiert über ein Volk von ca. 70 Millionen Indern.
Hier ist sie zur Eröffnung des Wüstenfestivals in der Feste von Jaisalmer.
Ich miete mir einen Motorroller, um auf meine Art die Wüste Thar zu erkunden und auch, um zu den "Sam Sand Dunes" in ca. 35 Kilometern Entfernung zu kommen, wo die Veranstaltungen am letzten Tag des Festivals stattfinden werden.
Von den Aktivitäten zum Festival war ich eher enttäuscht. Vielleicht fehlte mir auch einfach nur die indische Geduld, die nicht enden wollenden Reden zu ertragen. Die Aufzählung der Sponsoren, die das Festival ermöglicht hatte, war einfach nur ermüdent, die kurzen Musikeinlagen auch nicht nach meinem Geschmack.
Kamelrennen und Polo von Kamelrücken ... stundenlanges Warten auf Augenblicksereignisse.
Wettbewerb der Ausländer im Turbanbinden ...
Die Leute schauen wohl nicht nur gelangweilt, sind sind es auch.
Ich borge mir einen der Küchenjungen aus als Fremdenführer und lasse mir die Umgebung zeigen.
Sein Name ist Dalla und er weist mir auch den Weg zu seinem Dorf und macht mich mit seiner Familie bekannt.
Mit der Familie des Küchenjungen Dalla. Die Männer sind als Steinmetze auf Arbeit, die Frauen gegenüber fremden Männern sehr zurückhaltend.
In der Thar-Wüste
Grosse Teile der Wüste bei Jaisalmer sind militärisches Sperrgebiet. Vom schwelenden Konflikt mit Pakistan habe ich allerdings nicht viel bemerkt.
Ich bin hinaus in die Wüste gefahren und habe bei Viehhirten angehalten, die mich auch freundlich aufgenommen haben. Promt wurde ich auch dazu eingeladen, mit ihnen zu essen, zu rauchen und mit Opiat versetztes Zuckerzeug zu naschen.
Essen wird bereitet. Fladen auf einem Blech über offenem Feuer gebacken, dazu ein Sud aus Knoblauch, Kräutern und Gewürzen. Dazu frische Milch. Köstlich ... aber täglich und ausschließlich?!
Leben für und mit den Tieren. Drei Männer und dieser Junge hüten die Tiere mehrerer Dörfer. Die Milch wird verkauft oder zu Butter verarbeitet. Die Kühe sterben eines natürlichen Todes.
Am nächsten Tag fahre ich meine neuen Freunde noch einmal besuchen, im Gepäckfach des Rollers mehrere Flaschen Bier. Der älteste Sohn eines der Kuhbauern ist aus Mumbai zu Besuch.
Er heißt Joshi Ashish, hat an der Gujarat Universität studiert und arbeitet als Softwareentwickler. Wir werden Freunde auf Facebook.
Ich werde Jaisalmer, die "goldene Stadt" am Rande der Thar-Wüste als eine der schönsten Ortschaften in Indien in Erinnerung behalten, vor allem wegen der freundlichen Menschen in der Wüste, die ich kennen lernen durfte.
Aufbruch: | 18.01.2013 |
Dauer: | 13 Wochen |
Heimkehr: | 17.04.2013 |