Mal kurz nach Indien
Varanasi
Kristof meinte, er hätte Bilder von den Ghats gesehen, die über 100 Jahre alt sind ... und es hätte sich nicht viel verändert seitdem.
Oma wird angesteckt ... und die ganze Familie schaut zu.
Auf einem Stapel Holz liegt die Leiche, etwas Brandbeschleuniger, ein paar Male umrundet der Fackelträger das Bauwerk. Dann hat Oma ihren beschwerlichen Weg auf Eden vollendet und alle freuen sich.
Varanasi ist einer der wohl bekanntesten Orte in Indien. Neben Rishikesh und Allahabad ist diese Stadt eine DER "heiligen" Städte, zu denen die Hindu pilgern, wo Tag und Nacht die Verbrennungen an den Ghats stattfinden ... und wo auch eine Infrastruktur für uns Touristen vorhanden ist.
Ich bin ja nicht selbst auf die Idee gekommen, gerade hierher zu fahren. Ich habe mit etlichen anderen Touries gesprochen und die einhellige Meinung war, dass Varanasi noch mit am angenehmsten sei.
Das nächste Ziel, so ich dem Trend folgen sollte, wird Bodhgaya sein. Buddha wurde dort unter einem Baum erleuchtet und dementsprechend wird Kult und religiöser Wahn getrieben.
Wenn ich jetzt Richtung Mumbai aufbrechen sollte, ist die nächste Station Jabalpur, eine staubige Millionenstadt, die nun echt nichts Besonderes zu bieten hätte (dient als Umsteige zu den "Tigerparks", an denen ich wenig interessiert bin) und von dort weiter nach Bhopal und Pune.
Ich überlege auch, einen Inlandflug am 12.04. von Kalkutta nach Mumbai zu nehmen und bis dahin hier im Nord-Osten zu bleiben ... die Hitze macht mir zu schaffen und Mumbai liegt weiter südlich.
Es ist zwar nicht so extrem wie vor 2 Jahren, als ich - blauäugig, wie ich nun mal bin - nach Sharm El Shaik in der größten Juli-Hitze gefahren bin und mir Hautverbrennungen in Form von Brandblasen zuzog aber ich habe jetzt schon schmerzhafte Entzündungen der Schweißdrüsen unter den Armen durch die Hitze. Auch wechsle ich mein Schuhwerk ... in offenen Sandalen trocknet die Hornhaut der Füße aus und es kommt zu brennenden, offenen Wunden. In meinen Augen ein hohes Infektionsrisiko angesichts des Drecks auf den Straßen.
Ich muss nur erst ein mehrtägiges "Festival" Ende März überstehen. Vorzeichen bemerke ich jetzt schon (es ist massenhaft Farbpulver im Verkauf und die Kinder bereiten Plastiktüten mit farbiger Flüssigkeit darin vor, mit denen sie die Leuten - vorzugsweise natürlich Ausländer - dann bewerfen wollen.)
Ich bin am Abend des 16. März mit dem Zug los. Der sollte 8:35 Uhr früh hier ankommen. Als um 10:00 Uhr der noch nicht am Endhaltepunkt angekommen war und ich fast nur noch alleine im Waggon saß, da wurde ich schon etwas unruhig.
Der Zug hatte aber nur mal so eben 2 1/2 Stunden Verspätung. Da ich die Nacht über recht gut geschlafen hatte im Zug, habe ich das nicht einschätzen können. Für mich aber auch kein Grund, in Panik zu geraten. Wenn ich irgendwo anders ankommen sollte als geplant, ändere ich eben den Plan
Als ich endlich in Varanasi angekommen bin, hatte ich einen Mordshunger, musste mich aber erst unzähliger Schlepper und Rikshawfahrern erwehren. Nach reichlich Frühstück "aus dem Stand", habe ich dann versucht, dass mich eine Motorrikshaw zum "Chinese Bazar" bringt, der hat mich aber auch nur wieder von Hotel zu Hotel lotsen wollen um Provision zu kassieren.
Ich bin dann raus aus seiner Karre und habe mir nahe der Altstadt eine Fahrradrikshaw genommen, nachdem ich rausbekommen hatte, dass ich eigentlich zum Chanee Market wollte
Dort angekommen, kam auch gleich ein junger Mann an und zeigte mir ein paar guesthouses ... und wir kamen auch am "Theers" vorbei, wo ich dann für 350 Rupees die Nacht gebucht habe. Ein Männerschlafsaal für 200 Rupees kam mir dann doch vor wie blanker Geiz.
Der junge Mann ist mit seinem Bruder zusammen Besitzer eines Seidenladens und wollte natürlich, dass ich seinen Laden besuche ... habe ich auch und habe dort für 500 Rupees einen breiten Wollschal gekauft, denn im Hotel hier gibt es zwar Handtücher aber nichts zum Zudecken.
Ich gehe los, mir ein paar Ghats anschauen. In meinem leichten Hang zur Morbidität will ich endlich Leichen brennen - sehen bei Sonnenuntergang am Ganges.
Am Hauptghat findet jeden Abend zur selben Zeit eine religiös/touristische Veranstaltung statt, die ich mir anschaue. Nervlich belastend die sich ständig wiederholende Frage, ob man ein Boot mieten möchte.
...
Täglich wandere ich an den Ghats entlang, kenne die Stelle, an der ich meinen Schritt beschleunigen und die Luft anhalten muss. Die Ghats haben Namen, die ich mir allerdings nicht merke ... diese Stelle bekommt von mir den Namen "Pissghat"...
Mein "fatalistisches Naturell" wird arg geprüft. Was ich unterwegs sehe, widerspricht allem, was ich gelernt habe und gewohnt bin. Ich konstatiere, nehme hin und akzeptiere ... aber es bleibt mir verschlossen, wie man Wasser in den Mund nehmen und wieder ausprusten kann, wenn ein paar Meter daneben Unrat schwimmt und Kühe gewaschen werden. Mit Asche beschmierte "Heilige Männer" mit nichts an außer vielleicht dem Handy und daneben badende Inder, die verkrampft darauf bedacht sind, ihre Körper vor Blicken zu schützen (einheimische Frauen ohnehin nur umfassend bekleidet).
Gleichzeitig extrem puritanisch, wie ich mir das Leben der "Amish-People" im mittleren Westen der USA ausmale und gleichzeitig animalisch, wie vielleicht der noch immer nicht entdeckte Stamm von Ureinwohnern im Amazonas-Gebiet.
Ich habe einen Ausflug von 4 Stunden gemacht, um mir ein paar sehr alte Steine anzuschauen. Da der Ort aber 12 km von Varanasi entfernt ist, habe ich mich für einen Wagen mit Fahrer entschieden - da war auch noch ein Pferd davor
Ist schon Extrem-Tourismus, was ich hier betreibe. Ich habe Probleme, mich zu Fuß durch die engen Straßen - vollgestopft mit Indern und Touristen - zu bewegen und heute bin ich da mit einem Pferdefuhrwerk hindurch unterwegs. War aber auch eine neue Erfahrung. Der Straßenlärm und der Dreck ist aber das größte Problem, das ich dabei habe.
Ich habe Kristof hier getroffen. Den hatte ich in Agonda kennen gelernt und der ist mit einem Motorrad unterwegs durch Indien mit Ziel Tibet ... die Welt ist eben doch klein. Haben ein wenig geschwatzt, sind zusammen an den Ghats entlang und ich habe die Bücher von ihm, die er durchgelesen hat.
Ich überlege, ob ich meine dreckige Wäsche in die Wäscherei gebe, oder ob ich mich selber an den Ganges stelle und es den Indern gleichmache und meine Sachen dort auf einem Stein wasche.
Dann habe ich nur keine Hand frei, um zu fotografieren
Es lohnt aber auch nicht wirklich, Sachen zu waschen, die lediglich durchgeschwitzt oder eingestaubt sind. Die sind nach 2 Stunden ohnehin wieder im selben Zustand. Nur ganz dreckige Wäsche, mit Fett-, Soßen- und anderen Flecken drauf, die dann schon an der Haut kleben, muss ich wirklich reinigen bzw. reinigen lassen.
Dabei brauche ich keine Angst zu haben, dass ich mit Körpergeruch unangenehm auffalle. Hier stinkt es überall so gewaltig, dagegen kann ich nicht anstinken.
Noch habe ich keine Ahnung, wie lange ich noch hier bleibe und wohin ich anschließend fahren werde aber so an die zwei bis drei Tage kann ich hier wohl noch aushalten.
Zu warm ist auch nicht gut. Gegen 8 Uhr ist es schon fast nicht mehr auszuhalten und die Sonne heizt den ganzen Tag unbarmherzig hernieder. Ich sollte besser noch weiter nach Norden ausweichen und in den Himalaja flüchten. Vorerst bringt es doch etwas Abkühlung, in den Ganges zu steigen. Sobald ich im Hotel bin, dusche ich dann kalt.
Nur habe ich eben nur noch an die drei Wochen und sollte mich schon bald auf die erste Etappe Richtung Mumbai machen.
Die Verbrennungen am Ganges sind eigentlich nicht sooo spektakulär. Die ganze große Familie freut sich und feiert. Auch wenn man es sich laut Reiseführer verkneifen soll, habe ich da mal ein Foto von gemacht (war auch nicht der Einzige).
Das Hotelzimmer im "Teers"" nahe dem "Goldenen Tempel", der Tag und Nacht von bewaffneten Soldaten bewacht wird, gefällt mir immer noch. Es ist schön preiswert, es gibt stets heißes Wasser und es ist vor allem sehr ruhig des Nachts, was ich von etlichen Unterkünften vorher nicht sagen kann."
22.- 26. März 2013
Auch wenn es mir nicht leicht fällt, ich bezahle die Hotelrechnung und mache mich auf den Weg zum Bahnhof. Kristof hat mir geraten, Bodhgaya zu besuchen. Um dahin zu kommen, muss ich den Zug nach Gaya nehmen und dann mit dem Tuk-Tuk fahren.
Da die Reise nach Gaya nicht so lange dauert, will ich mittags los und mir am späten Nachmittag eine Zwischenübernachtung dort suchen. Soweit mein Plan. Ich kaufe mir ein "general ticket" für die "kurze" Fahrt, das zwar zur Mitfahrt berechtigt aber keinen Sitzplatz garantiert. Da der Zug, mit dem ich hier vor ein paar Tagen angekommen bin, fast leer war, sah ich darin gar kein Problem.
Der nächste Zug sollte aber erst um 15 Uhr abfahren. Den Weg zum Busbahnhof hätte ich mir sparen können. Es fuhr kein Bus früher von dort ab, den ich hätte nehmen können - es fuhren gar keine Busse nach Gaya an dem Tag.
Ich habe dann bis 15 Uhr mit meinem Bahnticket für umgerechnet 1,- € in der Tasche am Bahnhof gewartet ... und noch eine weitere Stunde ... und noch eine.
Gegen 19 Uhr hatte dann der verspätete Zug Einfahrt.
Viele "alte Steine" in Sanath aufgeschichtet zu einer "Stupa".
Als Kulturbanause und eingefleischtem Atheisten entringt es mir ein - hm.
Ein hübscher neuzeitlicher Tempel. Mit ein bisschen Phantasie könnte man sich ein paar Umbauten daran vorstellen ... gr0ße Fenster, Balkon mit Geranien ... ups Blasphemie!!!
Aufbruch: | 18.01.2013 |
Dauer: | 13 Wochen |
Heimkehr: | 17.04.2013 |