Mal kurz nach Indien
Uddar Pradesh
Agra ... was will ich da wohl?
Am nächsten Tag kam dann wieder mein "Angestellter" nach der Schule und hatte wieder einen kleinen Freund mit dabei, der dann auch gleich sein "Geschenk" von mir haben wollte. Ich habe ihnen 60 Rupien gegeben, damit sie sich 2 Cola kaufen können (eine Cola kostet 28 Rupien). Kamen doch die zwei mit einer Cola wieder und gaben mir 6 Rupien Restgeld und lügen mich noch frech an, dass eine 54 kosten würde, obwohl der Preis aufgedruckt ist . Ist zwar nur eine kleine Gaunerei und eine freche Lüge - aber es geht mir ja auch um das Prinzip!
Der Typ - so an die 30 Jahre alt - dort an der Rezeption im Hotel hatte mir am Morgen seine Frau angeboten. Erst wollte der faule Sack 1.000 Rupeen die Nacht haben, dann als ich immer wieder NO sagte, sollte ich seine Ehepflichten fuer 200 Rupien übernehmen!? Auch früher wäre ich bestimmt nicht mit einer Frau in's Bett gestiegen, die noch nicht mal 3 EURO kostet! *Sarkasmus aus*
Ich erwähne diese Sache jetzt auch nur als Fakt ohne Kommentar und Wertung. Ist auch wirklich das einzige Mal, dass mir so etwas in Indien passiert. Mein sonstiger Eindruck in Indien ist eher gegenteilig: Prüderie und Verklemmtheit in sexuellen Dingen.
Ehen werden von den Eltern vermittelt und ich bin tatsächlich davon überzeugt, dass es die Regel ist, dass der/die so zugewiesene Partner/Partnerin einzig im ganzen Leben ist.
Also, Jaipur hat mir nicht wirklich gefallen. Hatte dort noch nicht mal ein Bike oder ein Internetcafé gefunden. Ich habe nicht nur schleunigst die Stadt, sondern gleich das Bundesland Radjastan verlassen. Und so bin ich im Bundesland Uddar Pradesh angekommen, in der wohl mit am bekanntesten Stadt Indiens - in Agra. Das Taj Mahal habe ich nicht gleich gefunden, musste aber in der Nähe sein, denn an der nächsten Kreuzung ist ein Pfeil mit "eastgate tajmahal".
Mit mir im Bus war ein hässlicher Russe oder Lette oder was weiß ich ... Wir zusammen auch ausgestiegen und er in eine Motorrikschaw und ich zu Fuß weiter.
Nach ca. 3 km saß mein Mitreisender in einer stehenden Rikscha und der Fahrer davon meinte, er könnte mich auch günstig unterbringen. Ich habe mich dann überreden lassen (40 Grad, kaum mal Schatten und immerhin 20 kg Gepäck) und bin mit eingestiegen. Das Hotelzimmer sollte erst 1.200 die Nacht kosten aber weniger als 900 konnte ich nicht runterhandeln.
Ich dann raus, drei Häuser weiter hatte ich dann ein Zimmer fuer 600 die Nacht. Der Fernseher etwas kleiner, das Warmwasser nur ca. 5 Grad wärmer als das Kalte und das andere hätte auch kein Fenster zur lärmenden Strasse gehabt.
Den Rikschawfahrer wurde ich erst los, nachdem ich ihm 50 Rupien gegeben hatte und vage in Aussicht gestellt hatte, ihn für den nächsten Tag zu mieten.
Ich hatte mir dann eine andere Rikshaw für den Tag gemietet, eine wo vorne jemand strampelt, man freie Sicht rundum hat (ist recht unwahrscheinlich, dass es regnen wird ) und die keinen knatternden Lärm macht. Der Mann mit den Beinmuskeln ist etwa mein Alter und spricht Englisch (zumindest verstehe ich, was er sagt), was in seinem Berufsstand nicht zu erwarten war. Der will für eine Stunde 20 Rupien haben. (Die Kinder auf dem Dorf betteln um 5 Rupien, in der Stadt um 10 und in Jodhpur wollten die doch auch schon mal 50 haben. Kein Wunder, wenn sich Einheimische über uns Ausländer aufregen, wenn wir Kindern was geben.)
Urlaub von Indien - kein Lärm, kein Dreck und Gestank.
Rund um das Taj Mahal ist "Indien" ausgesperrt, bewacht und beschützt von Schwerbewaffneten, Sicherheitskontrollen wie an Flughäfen.
War aber auch ein lustiger Tag. Am Abend hatte ich noch etwas in meinem Reiseführer gelesen und da steht geschrieben, dass man das Taj Mahal am Besten bei Sonnenauf- bzw. -untergang anschauen solle. Da ich früh aufgewacht bin, wollte ich nicht warten, bis meine bestellte Riksha kam, sondern bin losgewandert. Wo sucht man denn aber nach dem Westtor?! Wenn es hier mal Strassennamen gibt, dann sind die in Sanskrit geschrieben, füer mich nicht verständlich und nur da, wo ich eigentlich hin wollte, gibt es für uns Touristen extra Tafeln. Bin ich also munter Richtung Westen die Strasse gegangen. So klein, dass ich es nicht irgendwie finde, wird es ja nun auch nicht sein.
Unterwegs kam mir dann auch mein Rikshawfahrer entgegen und meinte auf meine Frage hin, dass die Strasse nach Delhi führt.
Klar ging mir auch irgendwann ein Licht auf, das das Westtor vom Taj aus betrachtet im Westen liegt, ich also von ausserhalb nach Osten hätte gehen müssen. Meine Denkleistung vor 7 Uhr und ohne Kaffee im Bauch ist eben etwas eingeschränkt.
Haben wir also erst einmal am Strassenrand einen Tee bereiten lassen, wobei sich mein Inder darüber aufregte, dass der mit 6 bis 7 Rupies schon wieder teurer geworden wäre (ich als Ausländer durfte bisher mindestens 10 berappen, manchmal sogar noch mehr).
Dann hat er mich am Tor zum Taj abgesetzt und ich habe auch schnell eine Eintrittskarte bekommen. Die ist mit 750 Rupien nicht gerade billig ... indische Touristen bezahlen lediglich 20!!!
Mit dem Strampelmann hatte ich eine Tour von 5 Stunden vereinbart und ich war der Meinung, dass er vor dem Eingangstor warten würde.
Das Taj Mahal ist tatsächlich ein tolles Bauwerk, der Park drumherum auch ganz nett, da fahren nur offene Elektrobusse und von Kamelen gezogene Karren ... und Kameldung ist relativ trocken, wenn man da reintritt. Ich musste also nicht auf jeden meiner Schritte achten. die Schlepper, Andenkenverkaeufer und selbsternannten Gebaudeerklärer konnte ich dann auch abwimmeln, indem ich einfach meine Kamera vor die Augen genommen habe.
Das Taj Mahal und die Hagia Sophia in Istanbul
ähneln sich wirklich von der Architektur her. Zumindest sind beide Gebäude von vier Minaretten umgeben, haben weit ausladende Kuppeln und sind inner ziemlich duster. Ich war auch recht froh, dass ich relativ früh da war, denn auch Marmor kann wohl recht heiz sein, wenn man mittags barfuss darauf laufen muss.
Nach zwei Stunden da wollte ich dann aber auch noch die anderen Sehenswürdigkeiten besichtigen. Immerhin hatte ich ja mit meiner Eintrittskarte für das Taj Anspruch auf Ermässigung des Eintrittspreises für das Fort, das Museum usw. erworben. Nur meine Rikshaw war nicht am Tor. Ich bin fast eine Stunde gegangen und habe an den anderen Toren nachgeschaut, weil ich mir nun nicht mehr sicher war, durch welches der Tore ich reingegangen war - Fehlanzeige.
Wieder solch ein Missverständnis - der hatte verstanden, dass ich mich im Taj bis 13 Uhr aufhalten wollte.
Ich bin dann tatsächlich drei Stunden durch das Altstadtviertel und die engen Gassen gewandert, wurde begafft wie ein Ausserirdischer (hatte aber auch so manch freundliches Schwätzchen) und um 13 Uhr war ich wieder im Plan bzw. in der Fahrradrikshaw.
Gestern zum Dinner hatte ich ja meinen Drahtesel-Piloten eingeladen und bei ihm zu Hause fingen gleich nach unserem Eintreffen Frau und Tochter mit der Bereitung des Lunch an.
War echt köstlich, was da bereitet wurde. Ich bekam meine Sosse nicht ganz so scharf, wie sie sein müßte und als Nachtisch bekam ich eine "Indische Spezialität", die ich als Kind auch bekam ... da hieß es "Dicke Milch". Die Fladen wurden "Palata" genannt und waren mit Erbsen, Tomaten, Zwiebeln und ein paar anderen Zutaten bereitete Kartoffelpuffer.
Um 4 Uhr wurde ich nach einer Siesta vom Hotel abgeholt und wir haben mir eine SIM-Karte für mein Handy gekauft. Anschliessend los, um Geld zu verdienen und ich habe mir ein paar Teppiche, Juwelen und Marmornippes sowie hübsche Stickereien angeschaut, wofür Rikshafahrer Geld bekommen, selbst wenn der Ausländer nichts kauft. Die Verkäufer sind eben sehr von ihrem Verkaufstalent überzeugt.
Da zwei von meinen Billighemden aus Thailand die scharfe Wäsche hier nur knapp überstanden haben und allzu deutliche Gebrauchsspuren aufweisen, sind wir dann dahin, wo auch die Einheimischen einkaufen und ich habe mir 2 neue Shirts zum Festpreis von 215 Rupien gekauft - dass man in Indien nichts ohne zu handeln bekommt, ist genau so eine falsche Ansicht, wie die, dass Inder nur mit der rechten Hand Essen. Die waschen sich vor dem Essen auch nicht nur eine Hand, sondern beide und die manchmal etwas gummiartigen Fladen mit einer Hand zu zerkleinern, einfach ein Unding.
Keine schöne Aufnahme aber ein schöner Moment ... Lunch mit dem Rikschawfahrer in dessen "Eigenheim".
Neben dem Taj Mahal verblassen die anderen Sehenswürdigkeiten ... ansonsten würde das Rote Fort mit seinen Palästen für Zustrom der Touristen sorgen ...
Ich mag Parks und ich mag saubere, ruhige Umgebung, wie es die Gegend um das Taj bietet. Also war ich jeden Tag meines Aufenthaltes in Agra dort. Ich brauche auch Bewegung, um nach langer Krankheit wieder "in die Gänge" zu kommen, also wandere ich - oftmals bis an meine derzeitige Leistungsgrenze.
So kam es auch, dass ich den Weg vom Hotel zum Taj und von da weiter bis zum Roten Fort zu Fuss zurück legte.
Im Roten Fort schloss ich mich dann einer Gruppe deutscher Touristen an, die eine Rundreise durch Radjasthan unternahmen ... auch um mir selbst zu bestätigen, dass solch ein Aufenthalt nach Stundenplan nicht wirklich was für mich ist.
Vom Fort dann noch weiter zum Bahnhof Agra Fort, vorbei am bisher schlimmsten Lebensraum für Menschen, den ich bisher gesehen habe. Hunderte von indischen Familien leben dort auf brennender Müllkippe. Unfassbar und unbeschreiblich, jede andere Alternative die bessere Wahl - der Horizont meines Verständnisses erreicht!
Hinter dem Bahnhof Agra Fort eine riesiege Mosque, die noch besser ohne die direkte Umbauung und den weitläufigen "authentischen" Basar zur Geltung kommen würde.
Einer der Paläste, die in das Rote Fort Agra integriert sind ... und einer der wenigen Tage in Indien, an denen der Tag nicht durch prallen Sonnenschein "überhitzt" war
Ausflug nach Dethapur Sikri
Von Agra aus wollte ich eigentlich nur einen Tagesausflug nach Dethapur Sikri machen, heutzutage 2 Dörfer, zwischen denen eine Ruinenstadt liegt und da stehen immer noch eine riesige Mosque und etliche Paläste.
Wie üblich jede Menge Andenkenverkäufer und bettelnde Kinder (die "Dörfer" haben heute wohl mehr Einwohner als früher Leute in Metropolen gelebt haben.)
Ich besichtige die Mosque und muss zum zweiten Mal in Indien unhöflich werden, als ich mich überaus aufdringlicher Führer erwehren muss. Ohne ersichtlichen Grund werde ich ermahnt, diesem "heiligen" Ort mehr Respekt zu bezeugen. Ich hatte meine Schuhe ausgezogen, mir ein "Käppchen" aus Plastik auf den Schädel gesetzt und bewegte mich schweigend andächtig.
Eine Masche also, den Fremdling in's Unrecht zu setzen. Meine Gegenwehr: Sie darauf hinzuweisen, dass das hier ein heiliger Ort wäre und sie gefälligst die Klappe halten sollen!
Erstaunt war ich, als ich das Ruinenfeld besichtigte und etliche Handwerker damit beschäftigt sah, neue Wege in alter Methode herzustellen und die Gebäude wieder aufzubauen.
Ich habe mich zu den Steinmetzen gesetzt und auch einmal Hammer und Meißel in die Hände genommen, um ein Gefühl für deren Tätigkeit zu bekommen.
Ich komme an eines der zwei Gasthäuser der Ortes vorbei und frage nach dem Preis. Phantastische Aussicht, nette Mitbewohner und fabelhaftes Essen sowie promter Service lassen mich kurzentschlossen buchen, um hier die nächste Woche zu verbringen.
Am nächsten Tag will ich meine restlichen Sachen aus Agra holen und ich informiere den Hotelwirt von meinem Entschluss.
Also haben wir für den nächsten Morgen verabredet, dass ich zur rechten Zeit geweckt werde.
Den Abend verbrachte ich im Dorf, in dem gleichzeitig drei Hochzeiten stattfanden und somit eine Menge zu sehen und zu bestaunen für mich gab.
Zwölf Stunden am Tag für einen geringen Lohn schwere Arbeit leisten ... nicht wirklich was für mich!
Der Abend wurde recht lang und als ich zur Nacht am Gasthaus ankomme, schlafen alle längst. Ich brauche eine ganze Weile, mich bemerkbar zu machen und Zugang zu erlangen, falle in mein Bett und schlafe tiefsten Schlaf.
Als ich am Morgen erwache, ist es längst zu spät, um in Agra rechtzeitig das Hotel zu verlassen zu können und ich somit einen weiteren Tag zu bezahlen habe.
Natürlich frage ich den Wirt, warum ich nicht geweckt wurde und erntete nur ein Zucken mit der Schulter.
In Unmut bezahlte ich meine Rechnung und fuhr zurück nach Agra in der Überzeugung, dass Pläne machen in Indien eine Sache, deren Umsetzung eine ganz andere ist.
Zurück in Agra versuche ich, für die kommende Nacht einen Bahnfahrschein nach Varanasi zu bekommen, was mir nicht gelingt, da angeblich das elektronische Reservierungssystem in Indien eine Reservierung nur vor 10 Uhr zuläßt.
In Gesprächen mit anderen Indienreisenden ist mir ein Besuch der heiligen Stadt Varanasi am Ganges nahe gelegt worden ... und so ist dies mein nächstes Ziel geworden.
Aufbruch: | 18.01.2013 |
Dauer: | 13 Wochen |
Heimkehr: | 17.04.2013 |