SYRIEN - Eine Perle des Orients
HAMAH
Ich nehme ein Taxi zum Busbahnhof und kann kaum glauben, dass die Fahrt nur fünfzehn Lire kostet. Ich versuche die zahllosen Zielschilder der einzelnen Busgesellschaften zu entziffern und finde dann schließlich auch, wo "Hamah" steht.
"Hamas?" fragt die Ticketverkäuferin, die ein weißes Kopftuch trägt und in helle Kleider gehüllt ist. Ein angenehmer Lavendelduft geht von ihr aus.
"Hamah" antworte ich und noch einmal fragt sie
"Hamas?" mit ganz kurz gesprochenem "a".
Erst dann versteht sie, wo ich hin will.
"Hamah" sagt sie mit einem langen "a" am Wortende und tief im Rachen gesprochenenm "h". Im Weggehen höre ich, wie der Mann hinter mir sein Fahrtziel sagt:
"Hamas", jetzt erst wird mir klar, dass es sich vielmehr um die Stadt, die auf den Landkarten "Homs" oder "Hims" heißt, als um die palästinensische Terrororganisation handelt. Die syrischen Busse sind längst nicht so komfortabel, wie die türkischen. Während in der Türkei die neuesten Busse zum Einsatz kommen, sind hier alte Modelle, die in Deutschland schon vor Jahren ausrangiert wurden, üblich. Die Straße nach Hamah ist als Autobahn ausgeschildert, ist aber weit davon entfernt, was man sich darunter vorstellt. Der schmale Grünstreifen in der Mitte besteht bestenfalls mit kniehohen Krüppelgewächsen. Eine Ausfahrt ist nichts anderes, als eine gewöhnliche Kreuzung, an der man rechts, oder links abbiegen und dabei die Gegenspur kreuzen kann. Die Fahrweise ist allgemein hastig und rücksichtslos, es wird links und rechts überholt, gedrängelt und geschnitten.
An einer Ausfahrt in Hamah hält der Bus an. Das öffentliche Verkehrssystem ist sehr gut durchorganisiert. Taxen und Minibusse fahren von hier in die Innenstadt. Hamah ist bekannt für seine alten Norias, die Wasserräder, die
damals das Wasser des Orontes in Aquädukte schaufelten, um die oberhalb der Stadt gelegenen Felder zu bewässern. Schon im 4. Jh. n Chr. sollen die ersten von ihnen erbaut worden sein. Noch heute sind viele in Betrieb und ächzen und rumoren dabei, wenn sie sich drehen und das plätschernde Wasser nach oben schaufeln. Ein paar Jugendliche finden es gerade toll, sich an einer der hölzernen Schaufeln fest zu halten und bis drei Uhr mit hinauf zu fahren, um sich dann los zu lassen und platschend in den Fluss zu fallen. Eine frische Abkühlung könnte jetzt wirklich gut tun. Auch im September ist die Mittagssonne noch sehr stark und die Temperaturen schnellen rasch in die Höhe.
Ein schönes Fotomotiv gibt die Nur ad-Din-Moschee, die mit ihren zwei Norias direkt am Orontes steht. Die verwinkelten, schmalen Gassen der Altstadt spenden angenehmen Schatten. Der Suq kann mit dem in Aleppo nicht ganz mithalten, ist aber dennoch nicht uninteressant.
Trotz der hohen Temperaturen ist einiges los in der Stadt. Überall hängen syrische und palästinensische Fahnen durchmischt von bunten Waren und den allgegenwärtigen Porträts Assads, der im Jahr 2000, nach dem Tod seines Vaters die Macht übernommen hatte. Das Minarett einer kleinen Moschee zwischen alten, heruntergekommenen Häusern, ist so niedrig, dass es fast so breit wie hoch wirkt. Ein altes, dunkelrotes Liefermoped mit drei Rädern parkt in einer engen Seitengasse, als warte es darauf, bis sein Besitzer von der Mittagsruhe zurückkommt. Bunt gemalte Bilder von Tierköpfen zieren es.
Nocheinmal gehe ich in die Grünanlagen am Orontes und bewundere die alten Norias mit ihren vom ständig rieselnden Wasser veralgten Mauern. Dann wird es Zeit an die Rückfahrt zu denken. Der Busbahnhof besteht aus einem Schilderwlad mit arabischen Buchstaben. Hier wirbt eine eckige Druckschrift für Fahrten nach Aleppo und Damascus, dort steht in langgezogenen und geschwungenen Lettern der Name
irgendeiner Busgesellschaft.
Wieder in Aleppo ist die Sonne hinter den grauen Mauern der Stadthäuser schon fast verschwunden und taucht den Zitadellenhügel in ein letztes, schummriges Abendlicht. Jetzt ist es im Vergleich zu heute Mittag deutlich kühler, und dennoch zeigt das Straßenthermometer vor einem Laden 41 Grad an.
"Probier doch mal Lahma al Warraq!" empfielt mir der Ober,
der eher der Chef des Hotelrestaurants zu sein scheint, als ein
Angestellter, " schmeckt sehr gut!".
Das aber nicht ohne noch einmal den köstlichen Olivensalat als Vorspeise gegessen zu haben. Lahma bedeutet Hackfleisch und hinter dem Geheimnis Warraq verbergen sich Weinblätter.
Aufbruch: | 01.09.2007 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 22.09.2007 |