OMAN - Unterwegs im Weihrauchland

Reisezeit: September 2011  |  von Thomas K.

SALALAH

In fremden Ländern ist eine lange Überlandreise immer etwas abenteuerlich und nervenaufreibend. Es wird acht Uhr und der Bus ist noch nicht da. Es wird viertel neun, einige Busse mit anderen Fahrzielen kommen und fahren wieder. Nach Muscat, nach Sur, Sohar oder Marmul. Um halb neun ist der richtige Bus noch immer nicht gekommen. Dann, es ist schon fast dreiviertel, da kommt wieder ein Bus, diesmal ist es der richtige - hoffnungslos überfüllt. Ich kann gerade in den hinteren Reihen noch einen Platz ergattern. Wo ist jetzt der auffällig schwarze Mann mit dem orangefarbenen T-Shirt, der aus Sri Lanka kommen könnte, und die anderen, die mit mir am Bahnsteig gewartet hatten? Es ist nur schwer vorzustellen, dass sie alle einen Platz bekommen haben. Zu allem Überfluss wird hier erst eine halbstündige Frühstücks- und Pinkelpause eingelegt, bevor es weiter geht.

Bis dann jeder wieder zu seinem Platz gefunden hat, ist es fast schon halb zehn. Die erste Stunde bleibt uns die schöne Gegend des Nordoman mit einigen Bergen und vereinzelten Bäumen noch erhalten. Doch dann beginnt eine Landschaft, die derart eintönig ist, daß man es mit Worten kaum beschreiben kann. Endlose Ebenen aus hellbeigem Sand, soweit das Auge reicht. Keine Erhebung mehr, kein Strauch, kein Baum. Nichts. Die einzige Abwechslung sind Straßen- oder Verkehrsschilder, die vor kreuzenden Kamelen warnen, und die kleinen Trafostationen, die ab und an am stehen. Im Fernsehen zeigen sie den Hellboy auf Malayalam. Nach eineinhalb oder zwei Stunden taucht zur Rechten, einsam und verlassen, eine kleine, felsige Erhebung am Horizont auf, als sei sie dort abgestellt und vergessen worden. Noch zwei Stunden später warten zur Linken einige Sanddünen, die sich gelbrot mit messerscharfen Kanten und Linien aus dem endlosen Staubgrau der Wüste erheben. Dieses Gastspiel ist nur von kurzer Dauer, bevor uns die Endlosigkeit der Wüste wieder zurück hat. Zahlreiche Reifenspuren durchkreuzen jetzt den Sand wie die Gleise eines Rangierbahnhofs.

Irgendwo auf halber Strecke, ist es Zeit für die nächste Pause. Sich die Füße vertreten zu können, tut gut. Eine unglaublich trockene Hitze, wie ich sie nie zuvor erlebt habe, herrscht. Gefühlte achtundvierzig Grad. Die Wüste ändert sich nicht, bis es Abend wird. Alle wollen jetzt nur noch eins: Ankommen. Gerade jetzt, wo es dunkel geworden ist, scheint sich das Landschaftsbild zu ändern. Bizarre Felsformationen ziehen im letzten Licht der Dämmerung an den Fenstern vorbei und die Straße führt jetzt bergan. Der Bus erklimmt den Pass und der Blick auf das flimmernde Lichtermeer von Salalah wird frei. Jetzt ist es nicht mehr weit. Bäume und Gestrüpp kriechen gespenstisch im Dunklen den Hang hinauf.
Auch wenn die Fahrt lang und die Landschaft eintönig war, hatte es doch etwas unvergleichlich Schönes und ich bin zugleich froh, die Weiterreise nach Dubai über den Luftweg machen zu können. Wir erreichen die ersten Häuser und die breiten Straßen von Salalah: Wir sind angekommen.

Hilton Salalah
Der Taxifahrer erzählt, jetzt sei der beste Zeitpunkt nach Salalah zu kommen. Die Schlechtwetterperiode ist mit dem heutigen Tag vorbei und von nun an scheint die Sonne wieder. Alljährlich wird der Süden der Region Dhofar von Mitte Juli bis Mitte September von den Ausläufern des Indischen Monsuns gestriffen, was sich nicht in platzregenartigen Schauern, sondern
mit extremer Luftfeuchtigkeit und Niesel, der sich an den Hängen der Dhofar Berge niederschlägt und die Landschaft in herrlichem Grün erblühen lässt, bemerkbar macht.

Das Hilton ist schon eine ganz andere Marke als das Majan Guesthouse. Die Empfangshalle punktet mit Großzügigkeit. Helle, glänzende Fliesen und ein mächtiger Wandspiegel mit breitem Rahmen lassen das Ganze noch weiter erscheinen. An den Säulen und Decken wurde an weißem Stuck nicht gespart, elegante Sitzmöbel und riesige, tönerne Pflanztröge machen die Lobby wohnlich. Die Gänge sind breit, mit weichem Teppich ausgelegt. Die Zimmer sind geräumig und modern. Das Bett sieht bequem aus und auf dem Tischchen im Wohnbereich steht eine Schale mit frischem Obst bereit. Das Empfangsprogramm läuft in dem großen Flatscreen-Fernseher und die Klimaanlage ist nur durch einen leisen, kühlen Luftzug wahrnehmbar. Im Garten gibt es ein einladendes Restaurant. Das Dach ist mit Palmenstroh gedeckt, die Wände offen, sodass man wie im Freien sitzt. Die Kokospalmen sind mit Leuchtschlangen umwickelt, machen das Flair einer Karibikinsel und Unterwasserstrahler lassen den Pool in sanftem Blau schimmern. Die flimmernden Lichter des Hafens spiegeln sich in der Ferne im tiefen Schwarz des Indischen Ozeans wieder. In Dhofar ist es kühler als im heißen Norden des Landes und die Abende kann man wunderbar im Freien verbringen.

Salalah und die Tropischen Gärten
Letzte Wolkenfetzen ziehen schnell über den Himmel und machen der Sonne bald Platz, als ich in die Stadt fahre. Salalah hat als solches kaum nenneswerte Sehenswürdigkeiten zu bieten. Mehrstöckige Wohn- und Geschäftshäuser in südarabischem Baustil flankieren die breiten Straßen, nostalgische Laternen, aufwändig verschnörkselt und mit Gold verziert, stehen in geringem Abstand zueinenader, wie auf einer Modellbahnanlage. Die Sultan Qabus Moschee ist schlicht im Gegensatz zu der in Muscat und sieht mit den vorstehenden Kokospalmen etwas eigenwillig aus.
Ich gehe die Al-Nahdah-Straße Richtung Süden und komme durch die tropischen Plantagen, die sich wie ein großer Park durch die Stadt ziehen. Kokosnüsse hängen wie in Trauben von den Palmen. Die Kronen der Papayabäume sehen aus wie Koboldfrissuren. Gewitzte Kobolde, die ihre Köpfe auf langen schmalen Stämmen in die Sonne recken. Bananenstauden bilden mit ihrem dichten Blätterdach einen undurchdringlichen Dschungel und schützen die Gemüsebeete vor der sängenden Sonne. Gelände des Sultanspalastes, was hier mit seinen Mauern und Wachtürmen fast den Eindruck einer einer militärischen Anlage erweckt. Die dunkelgrüne Kuppel einer Moschee schaut über die Mauer der Palastanlage. Alte, niedrige Häuser prägen den Stadtteil.
Die Straße läuft dierekt am Meer entlang, wie an einem Hafen. Hohe Wellen kommen von weit draußen, brechen sich im flacher werdenden Wasser, um dann mit langgezogenen Schaumkronen uferwärts zu rollen, wo sie donnernd an die Kaimauer krachen und in einer haushohen Gischtwolke aufstäuben. Schilder warnen dort, wo genug Platz für einen kleinen Strand ist, vor der gefährlichen Strömung und verbieten das Baden von Mai bis Oktober.

Unweit von hier befindet sich auch der berühmte Weihrauch-Suq. Kleine Läden, in denen man von dem wertvollen Harz, Parfums, aber auch andere Dinge kaufen kann, reihen sich dicht aneinander.
"Gibt es Weihrauch?" frage ich in einem der Läden.
"Natürlich."
Der Händler bringt mehrere Tüten mit hellerem und dunklerem Weihrauch.
"Das ist der schwarze Weihrauch, der ist billig, nicht so edel. Und das ist der weiße, der ist besser und teuer."
"Wieviel kostet der weiße?"
"Fünf Rial."
Ich nehme eine Tüte von dem weißen und habe jetzt so viel Weihrauch, wie ich wahrscheinlich nie aufbrauchen kann. Der Händler nimmt vorsichtig ein Fläschchen mit blauem Parfüm aus dem Regal.
"Hier, probier mal!"
Dann holt er ein grünes Parfüm hervor und lässt mich davon kosten. Feine orientalische Herrenparfüme.
"Und?"
"Wieviel?" frage ich.
Dann zaubert er einen kleinen kristallernen Parfümbehälter unter dem Tresen hervor:
"Vier Rial."
Ich nehme von dem Blauen und auch noch von dem Grünen. In einem anderen Laden gegenüber gibt es frischgepresste Fruchtsäfte. Eisgekühlter Mangosaft ist an heißen Tagen eine schmackhafte Erfrischung, wohltuender als ein Eis oder eine Cola, die im ersten Moment den Durst löscht, ihn aber mit ihrem süßen Nachgeschmack schnell wieder zurück bringt. Tief verschleierte Frauen sitzen im Schatten vor ihren Läden, warten auf Kundschaft und dösen dabei vor sich hin.

Mir gefällt es gerade, noch ein Stück zu Fuß die Straße entlang zu gehen, die sich ein ganzes Stück am Gelände des Sultanpalastes entlang zieht. Das ist der Nachteil des Sultans. Auf Grund seiner Wichtigkeit und Bekanntheit wird er nie in den Genuss kommen, einmal alleine, oder mit seiner Familie einen Nachmittagsspaziergang in der warmen Sonne machen zu können, ohne Bodyguard und Schutzpersonal im Gefolge, obwohl er ein beliebter und gutmütiger Herrscher ist.

- Einmal war der Sultan mit seinem Autocorso im Land unterwegs. Es herrschten über fünfzig Grad an diesem heißen Sommertag und in einem kleinen Dorf arbeitete ein Bauer auf dem Feld. Das konnte der Sultan nicht mit ansehen und gab dem Bauern so viel Geld, dass er es nicht mehr nötig hatte sich bei sängender Sonne abzumühen. -
Eine Kokusnus fällt pflatschend vom Baum. Hinter der Stadt, im leichten Dunstschleier, steigen die begrünten Bergrücken tausend Meter empor. Am Kreisverkehr, wo die Hauptstraße aus der Stadt mit der aus al-Haffa zusammentrifft steige ich ins Taxi.
Das Bad im Hotelpool ist erfrischend. Familien sind da und beleben den Pool. Kleine und große Kinder erfreuen sich mit Geschrei an der Rutsche, die in eiener langen Kurve ins Becken führt. Es sind Arabische Gäste da, Russische und Englische. Engländer, die sich gesittet und ruhig verhalten, anders als viele, die mit ihrem Gebrüll und Biergesaufe ganze Städte und Urlaubsregionen unsicher machen können. Das Hotelpersonal ist immer freundlich und stets um das Wohl der Gäste bemüht. Ein breiter, weißer Sandstrand grenzt an das Hotelgelände. Mehrere Gäste sind ans Meer gegangen, um zu schauen, aber niemand wagt sich ins Wasser. Schon knietief ist die unvorstellbare Kraft der Strömung zu spüren, die einen Schwimmer schnell hinauszutreiben und in große Gefahr zu bringen vermag. Ein Surfer ist gekommen. Statt eines Segles verwendet er eine Art Drachen, den er mit beiden Händen an Schnüren halt und lenkt. Eine ganze Gruppe von Arbeitern in Blaumännern kommt müde und angestrengt den Strand entlang, alle Aufmerksamkeit auf den Surfer gerichtet, der mit seinem Drachen flatternd über die Wogen gleitet. Wie stählerne Giraffen stehen die gigantischen Kräne am Hafen, der ein Stück abseits in einer Bucht liegt. Stockwerke hoch stapeln sich farbige Container, die zur Abholung bereitstehen. Der winzig kleine Punkt, der vorhin noch, kaum wahrnehmbar, am Horizont erschienen war, ist jetzt ein ganzes Stück nähergekommen und entpuppt sich nach und nach als riesiges Frachtschiff, was den Hafen ansteuert.

Faulenzen im Hotel
Ich lasse den Tag langsam beginnen, gehe an den Pool und lasse den weiteren Verlauf langsam auf mich zukommen. Ob ich hier bleibe, oder ob ich nochmal in die Stadt fahre, entscheide ich nach Lust und Laune. Für einen Ausflug bietet sich der morgige Freitag am besten an, wenn die Läden alle geschlossen haben, und die Stadt wie tot ist. Es gefällt mir heute hier. Die Kokospalmen bieten angenehmen Halbschatten und lassen doch etwas von der starken Sonne durch. Mittags bestelle ich einen kleinen mexikanischen Imbiss, in Tortilla gewickeltes Hackfleisch, schön scharf.
Nachmittags, gehe ich nochmals zum Strand und versuche im Meer zu baden. Nach wie vor rollen die großen Brecher mit donnerndem Getöse heran und machen einem den Einstieg schwer. Immer dann, wenn man die Uferschwelle erreicht hat und gerade im Begriff ist, richtig ins Wasser zu steigen, kommt schon die nächste Welle, bricht sich, türmt sich schäumend auf und versucht alles, was ihr in die Quere kommt, gnadenlos zu verschlingen. Die einzigste Möglichkeit ist es, den richtigen Moment abzupassen, dann schnell seitlich ins Wasser zu steigen, um der Welle die Angriffsfläche zu nehmen. Es funktioniert tatsächlich. Das Wasser ist erstaunlich kühl für diesen Breitengrad. Die Regenzeit und die ständige, aufwühlende Bewegung haben dafür gesorgt, dass sich das Wasser nicht pausenlos aufheizen kann, wie das Mittelmeer, oder der Persiche Golf.

Das Schwimmen im Indischen Ozean war nett und nachdem ich den ganzen Tag gefaulenzt habe, will ich jetzt noch ein wenig spazieren gehen. Normalerweise fehlt mir nichts auf meinen Reisen. Nicht der Computer, nicht die deftige Deutsche Küche und schon gar nicht das nasse kühle Klima mit seinen ständig drohenden Regenfällen oder Gewittern, die gleich alles kalt und pampig werden lassen. Das einzigste, was mir manchmal abgeht, ist es, zu laufen. Einen weiten, Spaziergang machen zu können, durch Wälder oder auf Berge. So versuche ich aus dem, was ich jetzt habe das Beste zu machen und erkunde die nahe Umgebung des Hotels. Dunkle Wolken ziehen vom Meer her, hängen sich an die Berge und lassen der untergehenden Sonne nur eine kleine Lücke frei, dem Küstenstreifen einen letzten Abendgruß zuzuwerfen, bevor sie rotglühend, wie ein riesiger Feuerball hinter den groben Felsen verschwindet. Ein warmer Wind ist aufgekommen und lässt mit den wehenden Palmen, den Wolken und der einsetzenden Dämmerung, die die Berge jetzt grau und düster erscheinen lässt, den Eindruck eines losbrechenden Tropensturms entstehen.
Ein kleiner Tümpel, liegt friedlich am oberen Ende des breiten Strandes. Ein paar letzte Vogelstimmen zwitschern im Gebüsch und verstummen bald. Schnell ist es dunkel geworden, als habe jemand am Lichtschalter gedreht.

Typisch Omanisches Landschaftsbild...

Typisch Omanisches Landschaftsbild...

wenn es nicht ewig durch die Wüste geht

wenn es nicht ewig durch die Wüste geht

Sultan-Qabus-Moschee in Salalah

Sultan-Qabus-Moschee in Salalah

Tropische Gärten: Kokospalmen und Papayabäume

Tropische Gärten: Kokospalmen und Papayabäume

Kokosnüsse

Kokosnüsse

In den Straßen von Salalah

In den Straßen von Salalah

Am Stadtstrand

Am Stadtstrand

Eigenwillige Bauweise: Das Minarett der Moschee innerhalb des Palastgeländes des Sultans

Eigenwillige Bauweise: Das Minarett der Moschee innerhalb des Palastgeländes des Sultans

Der Indische Ozean sieht nur so ruhig aus

Der Indische Ozean sieht nur so ruhig aus

© Thomas K., 2016
Du bist hier : Startseite Asien Oman SALALAH
Die Reise
 
Worum geht's?:
Masqat - Nizwa - Salalah
Details:
Aufbruch: September 2011
Dauer: unbekannt
Heimkehr: September 2011
Reiseziele: Oman
Der Autor
 
Thomas K. berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.