Gri-Schmis fahren mit dem Rad von Costa Rica nach Mexico
Zu wenig Zeit für Mexiko
02.01.2017, Belize City - Bacalar 113km Rad und 73km getrampt (!)
Heute sollte unser Entfernungsrekord aufgestellt werden, was wir freilich morgens noch nicht ahnen. Aus Belize heraus: kilometerweit blaue Orchideen am feuchten Straßenrand. Es rollt super, wir haben fast keine Lust zum Trampen. Alle Geschäfte sind geschlossen, es gibt hier einen zweiten Feiertag. So sind wir froh an einem chinesischen Imbiss ein paar gebratene Nudeln zu bekommen. In Belize werden übrigens fast alle kleinen Geschäfte und Restaurants von Asiaten betrieben.
Dann nimmt uns 25km ein Pickup mit, der Mann ein ca. 75jähriger US Amerikaner, seine Frau Anfang 30, eine Einheimische. Die dreijährige Tochter auf der Rückbank staunt mich wortlos an. Wir radeln wieder ein Stück und schon hält das nächste Auto. Das Paar will über die mexikanische Grenze und bietet an, uns mitzunehmen. Angeblich wäre der Grenzübertritt für Radfahrer nicht möglich. Die beiden warten netterweise unsere Formalitäten ab, ohne uns wären sie viel, viel schneller gewesen. Sie setzen uns am Abzweig nach Chetumal ab. Da heißt es für uns nochmal Kräfte mobilisieren und dann fahren wir mit einbrechender Dunkelheit in Bacalar ein und finden auch den Campingplatz recht schnell. Thomas baut das Zelt auf und Jana bekommt am 3. Geldautomaten auch mexikanische Pesos.
Wenn jemand ein Haus geliefert bekommt, müssen alle anderen eben einmal ein paar Kilometer hinterherfahren. Die Zimmerleute sind übrigens deutsche Mennoniten, die als Handwerker hier einen sehr guten Ruf haben.
3.1.2017, 43km
Auf dem Zeltplatz gibt's ein super leckeres Frühstück, welches im Preis inbegriffen ist. Toast, Obstsalat, Müsli. Das entschädigt für andere Unzulänglichkeiten. Von drei Toiletten funktioniert beispielsweise nur eine, bei 70 Personen Belegung.
Wir schlendern noch durch den quirligen Touristenort, essen ein Eis, wobei Thomas in der Sortenwahl einen "Volltreffer" landet: es sah aus wie Melone oder Sauerkirsche, hatte einen uns unbekanntern Namen. Thomas hat es fast ausgespuckt, so unerwartet war der salzig - scharfe Geschmack. Ein Chilli Eis.
Auf dem Markt decken wir uns mit Obst ein: Mandarinen, Grapefruit, Guyabas. Dann radeln wir die. 40 km zur " Blauen Lagune". Die Empfehlung kam von zwei Leipzigern vom Camping. Mitten im (Ur-)wald ein paar Dächer aus Palmblättern und ein kleines Restaurant, in dem uns Veronica, die Chefin abends frischen Fisch zubereitet.
4.1.2017, 44km Rad, 47km getrampt
Gleich früh am Morgen nach einem Kaffee lassen wir die beiden Kajaks zu Wasser und paddeln über die Lagune. Das Wasser ist kristallklar und wir sind allein mit den paar Fischen unter uns und den Vögeln, die über uns dahin fliegen. Ein Naturparadies wie es schöner kaum sein kann. Am Resort Hotel entern wir das Wifi und lesen, dass unser Warmshower aus Filipe Carrillo Puerto geantwortet hat, wir könnten kommen. Also satteln wir mittags dir Räder und strampeln in der Glut los. Zwischendurch eine kurze Erfrischung: einer der plötzlichen Regenschauer duscht uns ab. Luftfeuchte gefühlte 110 % bei 36 °C. Schwitz!
Dann hält auf unser Winken ein LKW an und nimmt uns bis zu unsrem Zielort mit. Den Warmshower treffen wir leider nicht, er geht nicht ans Telefon, also nehmen wir uns wieder mal ein einfaches Hotel. Das Abendessen im benachbarten Restaurant ist zum ersten Mal richtig scharf (wenn man die Chili-Sauce benutzt, die dazu gibt) aber ansonsten auch sehr lecker - genau so wie der frischgepresste Orangensaft, den es für 75 ct je 1/2 l an der Straßenecke gibt.
5.1.2017, 91km Rad
Bevor es los gehen kann, haben wir noch einiges zu organisieren. Thoma`s Pass ist noch nicht in Cancun im Hotel angekommen und ohne den können wir nicht über die USA zurückfliegen. Das ist nervenaufreibend. Also sicherheitshalber ein ETA Visum für Kanada beantragen, damit kann man auch mit einrm provisorischem Pass durchreisen. Die Straße 307 nach Norden ist langweilig, so als ob man auf der A7 von Hannover nach Walsrode fahren würde - nur mit einem 1/100-tel des Verkehrs. Wir spulen die km runter, halten bei 40°C die Daumen raus, wenn ein Pickup im Rückspiegel auftaucht, aber keiner hält an. Nach 75 km kommen wir an den Maya-Pyramiden von Muyil vorbei und gönnen uns eine Pause mit dem Rundgang. Nette Anlage, und die Kanadier, die wir treffen, finden es schöner als Tulum. Dort wollen wir heute eigentlich hinfahren, aber alle die dort gewesen sind erzählen von Menschenmassen und horrenden Hostelpreisen. 7 km vor Tulum finden wir ein Schwimmbad und fragen, ob wir da zelten dürfen: "Volltreffer"! Für 12€ incl. Badeintritt können wir da bleiben und bekommen sogar eiskaltes Bier und Coca-Cola. Die erste Dose verdampft auf dem Weg durch die Kehle.
6.1.2013, 113km Rad, 35km getrampt
Es sind nur ein paar Kilometer bis Tulum, so sind wir zeitig da. Wir biegen kurz zum Eingang der archäologischen Stätte ein und kehren gleich wieder um. Menschenmassen schon am Morgen, es ist Hochsaison.
Da gehen wir lieber an den Strand, wo wir im herrlich weißen Sand und im blauen Wasser versteinerte Korallen finden, lesen, baden. Fast wie richtiger Urlaub!
Aber nicht so lange, ein Stück müssen wir noch. Erst bei Fernando, einem Kletterer, auf dem Pickup, dann in einer halben Nachtfahrt bis Cancun.
Leider im Hotel die schlechte Nachricht: Thomas Pass ist nicht angekommen.
Also morgen zu DHL und dann zum Flughafen wegen der Umbuchung (
7.1.2016 Cancun und um zu 55km
Cancun hat drei DHL Büros, wir steuern das naheliegendste an. Auf dem Weg fragen wir an einer Ferreteria (Eisenwarenhandlung) nach einem 8er Imbusschlüssel. Den brauchen wir für die Demontage der Pedalen. Hat er leider nicht, schickt uns zum Nachbarn. Der empfiehlt uns ein Krämerlädle fünf Quadrate weiter. So lernt man eine Stadt auch kennen. Der Verkäufer sucht ein wenig und findet in einer "gemischten Kiste" tatsächlich das Gewünschte. Ich weiß nicht, wer sich mehr freut: wir, weil wir den Schlüssel haben oder er, weil er uns helfen kann.
Auch die Mitarbeiter von DHL sind hilfsbereit. Suchen, telefonieren, schicken uns zu den Kollegen von correos. Die entschuldigen sich mit erhöhtem Briefaufkommen zu Weihnachten und da dauert es eben nicht die versprochenen 10 Tage sondern länger. Vor 19 Tagen hat der Brief Deutschland verlassen...
Also Flug umbuchen. Okay, keiner kann uns sagen, ob die Fahrräder mitgenommen werden. Also schwingen wir uns nochmal auf die selbigen und fragen am Flughafen nach.
Vergebliche Mühe - den Lufthansa Schalter gibt es nicht (mehr).
Das Herumkurven in der Stadt macht ebenfalls hungrig. Seit Wochen zum ersten Mal ein Essen ohne Reis.
Wir hatten eigentlich nur ein großes Bier mit zwei Gläsern bestellt...
Bekamen eine Michelada (eine Mischung, die zu einer Hälfte aus einem hellen oder dunklen Bier, und zur anderen Hälfte aus einem Mix aus Salz, Limettensaft und Tabasco besteht)
Na ja, die andere Hälfte haben wir pur getrunken.
8.1.2016
Heute dürfen sich die Räder ausruhen, wir fahren mit dem Collectivo zur Fähre und setzen zur Isla Mujeres über. Die Insel wurde schon seit 550 v. Chr. von den Maya genutzt. Woher der Name Fraueninsel kommt, ist nicht ganz geklärt. Es gibt Erzählungen, nach denen Francisco Hernández de Córdoba auf die Insel kam und eine Kammer mit Steinskulpturen von Frauen vorfand. Er war der erste Spanier, der im 16. Jahrhundert den Boden der Insel betrat.
Wir sind nur zwei von hunderten Touristen, die über die Insel spazieren. Tourismus pur, da es schon seit gestern kühl und windig ist, verzichten wir auf das Baden.
Das Hotel in Cancun ist das Einzigste, das wir Anfang Dezember eilig vorgebucht haben (um eine Adresse für das Zusenden des 2. Passes von Thomas zu haben). Bei Booking.com war nichts genaueres über das Etablissement zu erfahren, es war halt relativ preiswert und die Zimmer sahen auf den Bildern ganz passabel aus. Das sind sie auch, es handelt sich aber tatsächlich um ein Motel, mit perfektem Schutz der Intimsphäre und flexiblen Buchungsmöglichkeiten ab 3 h. Die erste Nacht ist aber schrecklich, da junge Leute das Hotel auch buchen um Nachts billig Partys zu feiern. Die laute Musik verstummt erst gegen 07:00 Uhr am Morgen. (2 h Schlaf mit Ohrstöpseln). Die zweite Nacht ist ruhig. Wir haben ja auch Schlaf nötig. Wegen der Umbuchung unserer Flüge müssen wir aber noch eine Nacht mehr bleiben, da Thomas` Pass noch nicht angekommen ist. Als ca. 23:00 Uhr die gleichen Rhythmen wie vorletzte Nacht wieder an Lautstärke zunehmen, platzt Thomas der Kragen! Mit seinen begrenzten Spanischkenntnissen aber sehr emotionalen Gesten und einer Stimmlage, die der Gegenpartei keine Kompromissmöglichkeiten bietet, fordert er "No fiesta en este la noche!" - Heute Nacht keine Party! Ein harter Schlag mit der flachen Hand auf den Tisch des "Partyraumes" und die feierlustigen Mienen versteinern in Bruchteilen einer Sekunde. Es gilt noch die Ausrede abzuwehren, die Musik würde leise gestellt. Noch mal mit der Faust auf den Tisch, unbarmherzigen Blick auflegen und nochmal klarstellen: Heute Nacht keine Party hier. Die Mexikaner merken: Der Deutsche lässt sich nicht verschaukeln. Schließlich ziehen die lauten Nachbarn um, in einen anderen Bereich mit mehr Abstand zu uns. Der Nachtdienst des Hotels wittert wahrscheinlich großen Ärger und vergibt den Partylöwen ein neues Zimmer. Wir schlafen super.
9.1.2017, 50km Rad
Die Flüge über Kanada waren alle ausgebucht, so blieb als letzte Variante nur der Direktflug Cancun - Frankfurt, den es aber bei unserer Buchung im Oktober noch gar nicht gab und der auch nur 2x wöchentlich startet. Thomas muss also um zwei Tage Urlaubsverlängerung bitten.
Am Morgen ziehen wir um, zu einem "Warmshower". Andres und Isabel wohnen in einem kleinen Appartement im Stadtzentrum und heißen uns warmherzig willkommen. Gerade treffen wir noch Dirk, einen anderen Radfahrer aus Köln, bei ihnen an bevor er nach Tulum aufbricht. Eine nette Begegnung, wir hätten gern mehr Zeit mit ihm verschwatzt.
Wir nutzen den Tag und schauen uns an, wie wir nie Urlaub machen möchten: Radeln die rund 20 Kilometer langen Hotelzone "Zona Hotelera" ab. Dort befinden sich hunderte Hotels aller Kategorien und Größen. Alle haben eigenen Strandzugang, als Nicht-Hotelgast kommt man nur an wenigen Stellen ans Wasser. Das Publikum stammt vorwiegend aus den USA und Kanada. Wir bekommen eine Ahnung davon, warum Trump die Wahl gewann. Viele Touris geben sich als Egoisten nach dem Schlag: "Amerika first!", denen es am wichtigsten zu sein scheint, das alles ist, wie daheim - nur billiger und bei besserem Wetter.
Andres ist Koch in einem der Hotels. "Seins" hat 13 Restaurants, sie sind 100 Köche, es hat 3000 Betten.
Lagune und Strand von Cancun, Bild von Wikipedia: für uns der Urlaubsalbtraum
Schade um die schöne Landschaft.
Aufbruch: | 25.11.2016 |
Dauer: | circa 7 Wochen |
Heimkehr: | Januar 2017 |
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