Deutschlandtour mit dem Lidl-Ticket
Augsburg - Augschburg - Auxburg
Heute morgen um ca. 07.00 Uhr entere ich wieder Münchens Hauptbahnhof, allerdings wieder in der Frosch-Jacke. Die neue TK-Maxx-Jacke ist im Gepäck, um die Tasche Bahn-fähig leichter zu halten. Wie gesagt: Es ist manchmal ein Unding, ein schweres Gepäckstück in den Waggon zu hieven...
In Augsburg war ich noch nie in meinem Leben und hätte eigentlich auch fast nie vermutet, dass ich dort mal einen Tag verbringen würde. Aber es liegt auf dem Weg zum nächsten Ziel und deswegen kann ich mir Augsburg ja auch mal angucken. Was den Titel des Kapitels angeht, so habe ich aus der aktuellen Woche "Shopping Queen" (aus Augsburg - na, klar) gelernt, wie die Augsburger den Städtenamen auszusprechen belieben. Eine Kandidatin erwähnte, dass Augsburger alles gerne mit "sch" aussprechen, also Augschburg und die Coolen würden es ganz gern sehr hip Auxburg schreiben. Aha !
Was verbindet eine Mega-Hyper-Norddeutsche mit Augsburg ? Die Puppenkiste ! Selbstgänger, ist ja völlig klar. Und der geschichtsträchtig interessierte Mensch, wie ich es einer bin, hat durchaus eine Ahnung davon, dass es dort mal einen Wirtschafts-Tycoon im Mittelalter gab: Jakob Fugger. Meine Augsburg-Kenntnisse ansonsten habe ich mir aus einem Merian-Heft angelesen und auch anhand dessen entschieden, was ich mir ansehen will.
Aber zunächst stürze ich im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Zug. Ungefähr 35 Minuten, nachdem dieser München verlassen hat. Die Bahnsteigkanten in Augsburg sind besonders fies. Ich fliege nicht wirklich auf die Schnauze, aber fast. Im Bahnhofsumfeld sehe ich jedoch Bauzäune und Werbung der DB, dass Augsburg wohl einen niegelnagelneuen Bahnhof erhalten wird und die Bauarbeiten haben bereits begonnen. Na, Gott sei Dank !
Nur einmal quer über die Straße und ich bin in meinem "Privathotel Riegele". Recht nett, aber mein Zimmer ist nicht fertig und so ziehe ich einfach schon mal los. Es ist Sonntag und die Innenstadt um ca. 10.00 Uhr vormittags fast ausgestorben.
Und das Rathaus ist heute leider geschlossen. Somit verpasse ich eine der Top-Sehenswürdigkeiten der Stadt, den Goldenen Saal. Schade.
Berthold Brecht wurde in Augsburg geboren und in seinem Geburtshaus ist heute das Brecht-Museum. Ich gehe nicht hinein, denn die Literatur Brecht´s (sorry) mochte ich noch nie...
Solche Anblicke finden sich öfter mitten in der Stadt und ich finde das einigermaßen cool. Zumal der Fluss schon relativ reißend ist. Wenn ich nicht ganz schief gewickelt bin, ist es der Lech.
Ich setze meinen einsamen Spaziergang durch die Altstadt fort und stehe dann vor dem Eingang einer ganz außergewöhnlichen Sehenswürdigkeit und Geschichte: Der Fuggerei. Das ist die älteste Sozialsiedlung der Welt und ganz bestimmt die schönste mit der irrsten Geschichte. Jakob Fugger (der Mittelalter-Wirtschafts-Tycoon) hat sie gegründet für unschuldig in Armut geratene katholische Augsburger Handwerker und Tagelöhner. Und zwar 1521 ! Die Siedlung ist seit Gründung der Stiftung gewachsen, aber es gelten noch immer die gleichen Bedingungen: Die Miete beträgt den Gegenwert eines Rheinischen Guldens pro Jahr (!), was heutzutage 0,88 EUR entspricht. Die Anwärter auf eine der 60-qm-Wohnungen müssen Augsburger sein, katholisch, bedürftig, wohlbeläumundet und gläubig. Denn bis heute gilt: Täglich soll ein Vaterunser, ein Glaubensbekenntnis und ein Ave Maria gebetet werden. Ein Kirchenbesuch pro Woche ist obligatorisch. Ob das nun heutzutage überprüft wird, kann ich nicht sagen.
Für die Kirchgänge und Gebete gibt es praktischerweise die St. Markus-Kirche direkt in der Fuggerei.
Es ist eine kleine Stadt in der Stadt mit Toren, Mauern, der Kirche, einem Museum, einer Schauwohnung und sogar einem Weltkriegsbunker von 1943.
Eine perfekte Innenstadtlage im Grünen mit viel Geschichte. Eigentlich eine Traumlage. Diejenigen, die hier für so schmales Geld wohnen, können sich glücklich schätzen. Nebenkosten für Strom/Wasser/Heizung müssen sie heutzutage allerdings aus eigener Tasche berappen. Das sind allerdings nur ca. 85 EUR/Monat.
Den kleinen Bunker kann man besichtigen. Es ist nicht weltbewegend, aber der Bunker hat in der Nacht 25./26. Februar 1944 eine Bombennacht mit heftigem Beschuss der Royal Air Force überlebt. Der Angriff galt dem Bahnhof und den Messerschmitt-Werken.
Na klar sind alle Besucher der Fuggerei (sie ist erst seit ca. 10 Jahren Touristen zugänglich) total heiß darauf, eine Wohnung dieser Siedlung zu sehen. Daher hat man eine Wohnung als "Schau-Wohnung" hergerichtet. Und ich muss sagen: Für eine Kaltmiete von 0,88 EUR/Jahr ist das eindeutig Luxus !!!
Die Wohnungen im Untergeschoss haben fast alle einen kleinen Garten und die im Obergeschoss einen Speicher.
Es gibt auch heute noch einen Nachtwächter. Die Stadttore werden um 22.00 Uhr geschlossen. Wer später kommt, zahlt dem Nachtwächter einen Obolus von 0,50 EUR. Später als 24.00 Uhr kostet es dann 1 EUR.
Den Besuch der Fuggerei fand ich jetzt echt spannend. aber ich habe noch weiteres auf meinem Zettel und latsche dafür ziemlich lange in Augsburg herum.
Die Puppenkiste gibt es seit 1948 und es gab definitiv zu meiner Kinderzeit in den frühen 70ern Fernsehsendungen für Kinder aus der "Kiste". Die habe ich auch teilweise gesehen, aber ich muss sagen, ich war nie ein großer Fan davon.
Mir waren die hölzernen Puppen schon in den 1970er Jahren zu altmodisch. Es gab ja schon Barbie und Ken...
Aber die Superstars kenne und erkenne ich natürlich: Jim Knopf, Lukas den Lokomotivführer, Kater Mikesch und Räuber Hotzenplotz...
Augsburger Puppenkiste war jetzt ein netter Ausflug in meine Kindheitsgeschichte und ist ein must-see in Augsburg ! Wenngleich - wie man hört - das Marionettentheater ums Überleben kämpft, finanziell. Die Kid´s von heute kennen ja nur noch die Cyber-Welt.
Gleich um´s Eck. Die schönste und größte Kirche Augsburgs: St. Ulrich und Afra. Die katholische Stadtkirche Augsburgs, schön, groß und doch sehr schlicht.
Eigentümliches Denkmal in Augsburgs Innenstadt für wen auch immer, ich hab´s jetzt nicht mehr parat.
Im ehemaligen Stadtpalais der Fuggers mitten in der Innenstadt befindet sich auch heute noch die Privatbank Fugger. Ein ziemlich exklusives Etablissement. Ich brauche jetzt eh Kohle und dann werde ich mir doch mal meine Kröten aus dem Geldautomaten einer geschichtsträchtigen Mittelalter-basierten Privatbank ziehen ! Kostet 3,95 EUR Gebühren, schiet-egal, bei der Sparkasse wird es nicht weniger sein und eine VR-Bank sehe ich hier jetzt nirgendwo.
So langsam bin ich müde und fußkrank, kein Bock mehr. Habe ja so halbwegs alles abgeklappert und walke jetzt langsam zum Hotel zurück.
Gegessen habe ich den ganzen Tag lang: Gar nichts. Kurz vor meinem Hotel schlage ich daher in einer - trotz Sonntag - geöffneten Bäckerei zu.
Aufbruch: | 11.11.2016 |
Dauer: | 17 Tage |
Heimkehr: | 27.11.2016 |