Ostsee-Tournee

Reisezeit: Mai - August 2018  |  von Jörn Tietje

Lettland - neues Land, neue Eindücke

Lettland - neues Land, neue Eindrücke. Und diese sind wiederum ganz anders als in Litauen - nur leider nicht besser. Keine Radwege, keine ausgeschilderte Radwegeführung. Die Menschen wirken irgendwie verschlossen und in machen Ortschaften empfinde eine eigenartige Grundstimmung. Viele alte Holzhäuser sind heruntergekommen, werden aber immer noch bewohnt und die Plattenbauen aus der Sowjetzeit tragen auch nicht dazu bei, Orte zu verschönern. Kurz hinter der Grenze entschließe ich mich, die Hauptstraße zu verlassen und auf Nebenstraßen nahe der Küste Richtung Norden weiterzufahren. Meine Karte weist dort zwar keine durchgehende Straße aus, aber Google-Maps weiß es besser. Kaum von der Hauptstraße abgebogen, lande ich auf einer staubigen Schotterpiste mit üblem Waschbrettprofil. Naja, so etwas bin ich ja schon oft gefahren, also warum anstellen - weiter 12 km bis zur nächsten Ortschaft. Dort endet dieser gute Weg und ich lande im Wald. Weicher Sand ist hier die Alternative. Macht nichts einfach weiter, bloß nicht die gesamte Strecke zurück - außerdem weiß Google ja wo ich bin und zeigt mir, dass es einen Weg gibt. Das ist allerdings mit der Realität verglichen kaum glaubhaft. Sumpf, zugewachsene Strecken, tiefe Spuren im Schlamm von schweren Forstmaschinen - und dazu buchstäblich hunderte von Fliegen und Bremsen, die sich auch durch Authan nicht beeindrucken lassen. Schlimmer geht's nimmer. Aber Google behält recht und ich komme durch. Allerdings hat dieser Weg Stunden und viel Kraft und einiges an Blut für die kleinen Plagegeister gekostet. Eines ist von jetzt an klar: Es werden hier die asphaltierten Straßen gefahren.

Wohnhäuser aus Holz

Wohnhäuser aus Holz

Nein, Plattenbauten haben nichts mit Schöner Wohnen zu tun

Nein, Plattenbauten haben nichts mit Schöner Wohnen zu tun

Pause nach der Quälerei auf einer unbeschreiblichen Route

Pause nach der Quälerei auf einer unbeschreiblichen Route

Hoffentlich bin ich nicht auf deren Hilfe angewiesen

Hoffentlich bin ich nicht auf deren Hilfe angewiesen

Viel Landschaft in Lettland

Viel Landschaft in Lettland

Der erste Campingplatz in Lettland: Leitungswasser stinkt, dafür aber um Mitternacht eine tolle Aussicht auf die Ostsee
Der erste Campingplatz in Lettland: Leitungswasser stinkt, dafür aber um Mitternacht eine tolle Aussicht auf die Ostsee

Der erste Campingplatz in Lettland: Leitungswasser stinkt, dafür aber um Mitternacht eine tolle Aussicht auf die Ostsee
Der erste Campingplatz in Lettland: Leitungswasser stinkt, dafür aber um Mitternacht eine tolle Aussicht auf die Ostsee

Störche sind ständige Begleiter, wie auch schon vorher in Litauen und Polen. Dieser lädt wahrscheinlich gerade seine Akkus auf...

Störche sind ständige Begleiter, wie auch schon vorher in Litauen und Polen. Dieser lädt wahrscheinlich gerade seine Akkus auf...

... und Abflug

... und Abflug

Die letzten beiden Tage bin ich fast nur durch Waldgebiete entlang der Küste gefahren. Campingplätze gibt es reichlich, die Qualität eher unterer Standard, dafür aber z. T. unangemessene Preise. Was ich bisher auf so gut wie keiner Reise erlebt habe, ist ekeliges Leitungswasser, das man kaum zum Duschen nutzen möchte. Ab jetzt werden 5-Liter-Flaschen Wasser gekauft... Der Vorteil ist, wenn man durch so dünn besiedelte Gebiete fährt, dass einem auch mal ein Wolf über den Weg läuft und für Abwechslung sorgt. Danach kam - ich glaube es zumindest, allerdings war diesmal die Entfernung zu groß, um es mit Sicherheit zu sagen - ein Elch, der die Straße kreuzte. So hat auch dieses Land viel zu bieten. Morgen komme ich in die Hauptstadt Riga und werde natürlich auch von dort meine Eindrücke schildern.

Von Lettland nach Estland

Inzwischen bin ich ein ganzes Stück weiter gekommen und morgen möchte ich die Hauptstadt von Estland, Tallin, erreichen und dort einen dringend erforderlichen Ruhetag einlegen. Den habe ich mir in Riga gespart und bin dort recht schnell wieder abgefahren. Ich sitze gerade im Terminalgebäude auf der Insel Hiiumaa (kein Tippfehler!) und warte auf die Fähre, die mich auf das Festland zurückbringen soll. Mein Glück von gestern wollte sich einfach nicht wieder einstellen, als ich nach dem Ticketkauf auf die Fähren fuhr und hinter mir die Schotten geschlossen wurden. Heute sehe ich die Fähre von hinten auf der Ostsee und muss gut 2,5 Stunden auf die letzte Gelegenheit des Tages warten, um die Insel zu verlassen.

Der erste Eindruck von Lettland will sich auch auf den zweiten Blick nicht so richtig auslöschen lassen. Zwar werden die Straßen etwas besser, ausgeschilderte und gut fahrbare Radwege bleiben aber die Ausnahme. Und auch die Orte und die Menschen wollen sich einfach nicht bei den Besuchern einschmeicheln.

Ich gebe dem Land eine weitere Chance und fahre weiter an der Küste bis zum Kap Kolka, das aber auch nicht so richtig mitzureißen versteht, um von dort Kurs auf Riga zu nehmen. Unterwegs treffe ich einen anderen Schleswig-Holsteiner auf großer Tour und gemeinsam rollen wir nach einer Zwischenübernachtung nach Riga hinein. Überraschender Weise diesmal auf einem guten Radweg abseits aller Hauptverkehrsstraßen bis ins Zentrum wo es zwei Campingplätze gibt. Wir entscheiden uns für den mit Hafen- und Altstadtpanorama, was sich wegen der lauten Arbeiten in der Nacht noch rächen soll. Kurz vor Riga muss ich das erste Mal die Regenjacke anziehen, weil dunkle Wolken aufziehen und ein paar Tropfen fallen - aber kaum ist die Jacke an, hört es auch schon wieder auf zu regnen, bis das Zelt in Riga steht und ein kurzer Schauer herunterkommt.

Im Hafen liegen bei unserer Ankunft zwei Kreuzfahrtschiffe - ein sicheres Zeichen dafür, dass es sich um eine Stadt handelt, die vieles zu bieten hat. Den Nachmittag nach unserer Ankunft habe ich genutzt, die Altstadt zu Fuß zu erkunden, am nächsten Morgen habe ich meine Sachen gepackt und bin noch ein paar Stunden durch die Stadt zu fahren, um mich dann in
Richtung Estland zu verabschieden. Hier aber erst einmal einige Eindrücke aus der lettischen

Beim Gang über Brücke, die die Daugava überspannt, zeigt sich die Altstadt mit dem Rigaer Schloss im schönsten Abendlicht

Beim Gang über Brücke, die die Daugava überspannt, zeigt sich die Altstadt mit dem Rigaer Schloss im schönsten Abendlicht

Viele neue und alte, oft sehr schön gepflegte Holzhäuser prägen das Bild in einigen Stadtteilen

Viele neue und alte, oft sehr schön gepflegte Holzhäuser prägen das Bild in einigen Stadtteilen

Ein Bild, wie es auch aus skandinavischen Ländern stammen könnte

Ein Bild, wie es auch aus skandinavischen Ländern stammen könnte

Das Schwedische Tor

Das Schwedische Tor

Wohl die auffälligste Fassade in der Stadt mit dem Standbild des Roland davor - allerdings kein altes Gebäude, sondern vollständig rekonstruiert

Wohl die auffälligste Fassade in der Stadt mit dem Standbild des Roland davor - allerdings kein altes Gebäude, sondern vollständig rekonstruiert

Das Stadtbild wird neben den Holzhäusern von den vielen sehr schön erhaltenen Jugendstilhäusern geprägt

Das Stadtbild wird neben den Holzhäusern von den vielen sehr schön erhaltenen Jugendstilhäusern geprägt

Und die mit einem unglaublichen Detailreichtum

Und die mit einem unglaublichen Detailreichtum

Verschwenderische Fassadengestaltung

Verschwenderische Fassadengestaltung

Der markante Funkturm der Stadt

Der markante Funkturm der Stadt

Natürlich feiert sich das Land und seine wiedererlangte Unabhängigkeit mit einem monumentalen Denkmal

Natürlich feiert sich das Land und seine wiedererlangte Unabhängigkeit mit einem monumentalen Denkmal

Aber auch der russische Teil der Bevölkerung hat mit seinem Glauben einen Platz in der Gesellschaft

Aber auch der russische Teil der Bevölkerung hat mit seinem Glauben einen Platz in der Gesellschaft

Wie schon gesagt, nach zwei halben Tagen verlasse ich Riga und mache mich auf den Weg weiter Richtung Norden. Allerdings muss man dazu lange Strecken auf stark befahrenen Hauptstraßen zurücklegen und sich die kilometerlangen Baustellen mit Lkw, Bussen und Pkw teilen. Aber kurz vor der Grenze komme ich auf eine Nebenstaße und kann fast unter Ausschluss anderen Verkehrs die fünfte Grenze meiner Reise queren

Ein Schild, zwei Videokameras: das ist schon der ganze Grenzübergang und ich komme in Ikla in Estland an

Ein Schild, zwei Videokameras: das ist schon der ganze Grenzübergang und ich komme in Ikla in Estland an

Ja, so etwas gibt es hier auch - und nicht nur an der Grenze

Ja, so etwas gibt es hier auch - und nicht nur an der Grenze

© Jörn Tietje, 2018
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Zwei Jahre lange Abstinenz, zwei Jahre ohne Urlaub neigen sich dem Ende entgegen. Das Fahrrad ist vorbereitet und erstmals starte ich direkt vor der Haustür, um nach drei Kilometern die Schlei, einen Arm der Ostsee, zu erreichen. Die Ostsee immer zur Linken ist der grobe Orientierungsrahmen für die kommende Tour, auf der ich in zehn Wochen die neun Länder rund um das Baltische Meer erkunden möchte. Wie immer seid ihr herzlich eingeladen, mich hier zu begleiten.
Details:
Aufbruch: 26.05.2018
Dauer: 10 Wochen
Heimkehr: 05.08.2018
Reiseziele: Deutschland
Polen
Estland
Lettland
Russland / Russische Föderation
Finnland
Schweden
Dänemark
Der Autor
 
Jörn Tietje berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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