Ostsee-Tournee
Immer dem Cykelspåret längst ostkusten nach
Nun bin ich in Schweden und anders als in Finnland, gibt es hier ein weitverzweigtes ausgeschildertes Radwegenetz durch das ganze Land. In Haparanda beginnt der Cykelspåret langs ostkusten, einem Fernradwanderweg von Haparanda im Norden bis Ystad ganz im Spüden Schwedens. Diese Route ist zwar wesentlich länger - ingesamt rund 2400 km - als die Verbindung auf den Hauptstraßen, dafür aber auf Nebenwegen und vorbei an zahlreichen Sehenswürdigkeiten. Ich habe mir vorgenommen, diesem Radweg weitgehend zu folgen. Wälder mit dem Lärm von Lastwagen und Wohnmobilen im Ohr hatte ich jetzt genug. Wälder sind ja okay, wenn man sie nicht nur sieht, sondern auch hört und riecht. Das Problem mit den Umwegen, die dieser Radweg mit sich bringt, habe ich dann gleich beim Start. Die Wegweisung beginnt direkt an der Grenze. Ich hatte mir einen Schweden-Reiseführer als eBook heruntergeladen und als eine Sehenswürdigkeit in der Umgebung von Haparanda sind dort Stromschnellen mit einem Fischereimuseum bei Kukkola angegeben, was ich aber für mich verworfen hatte. Führt der Radweg dann nicht als erstes gleich zu diesen Stromschnellen? 15km Richtung Norden, erst einmal weg von meinem nächsten Ziel.
Dieses liegt nämlich in Töre, ca. 80 km von Haparanda entfernt - gerader Weg. Töre hat für mich, aber auch für viele Segler eine besondere Bedeutung, denn hier liegt der nördlichste Punkt der Ostsee. Meine Wendemarke, von jetzt an geht es in südliche Richtung und damit wieder nach Hause. Zum Thema Norden: Heute, am 09.07. ist hier um 01.56 Uhr Sonnenaufgang und um 23.14 Uhr Sonnenuntergang. Mitternachtsonne gibt's hier also nicht, Dunkelheit aber auch nicht. Zum Polarkreis fehlen mir noch ein paar Kilometer. Und heute bin ich auch an dem Abzweiger Richtung Nordkap vorbeigekommen: 799km - gerade man eine Woche mit dem Rad, aber die Zeit habe ich jetzt nicht mehr...
Meine Orientierungshilfe für die nächsten Wochen. Wenn ich sie denn nicht mal wieder übersehe und ein paar Zusatzkilometer mache
In Schweden sehen die Wälder gaaanz anders aus als in Finnland. Jedenfalls brauche ich den Genuss nicht mit dem motorisierten Verkehr teilen
Ein Sommer-Café am in einem kleinen Ort lockt mit Selbstgebackenem und frischem Kaffee. Astrid-Lindgren-Ambiente inklusive
Meine Wendemarke - die Festmachertonne in Töre Hamn: N 65° 54' 07'' - der nördlichste Punkt der Ostsee und meiner Reise. Von jetzt an geht es Richtung Süden der Heimat entgegen
Obwohl ich in Finnland kurz vor der Grenze noch eine Hinweistafel gesehen habe, dass ich mich jetzt in Lappland und damit im Rentierzuchgebiet befinde, habe ich natürlich weder dort noch hier in Schweden Rentiere gesehen. Dazu muss man dann wohl doch noch ein Stück weiter in den Norden. Auch die Elche verstecken sich mit viel Erfolg vor mir. Im Zick-Zack-Kurs, dem Cykelsparet folgend, arbeite ich mich weiter Richtung Stockholm in den Süden. Viel schwedische Bilderbuchlandschaft und Dorfidylle, Städte, die - außer einem Campingplatz - nichts haben, was zum Bleiben animiert und ich sehe Seen, Ostsee und Schären! Zwar stehen auch hier an den Ufern viele Häuser, Aber es gibt aber auch zahlreiche öffentlich zugängliche Stellen.
Noch ein Wort zum Wetter. Es ist unerträglich! Unerträglich heiß. Jeden Tag. Dauersonnenschein von morgens bis abends und Temperaturen, die in der Sonne schon mal an die 40 Grad heranreichen können. Wenn ich auf die Wetterprognose schaue, ist es für die ganze kommende Woche immer das gleiche Bild. Nur heute zogen einmal Gewitterwolken auf, es donnerte - und sie zogen an mir vorbei, ohne auch nur kurz einmal die Sonne zu verdecken. Nur mit dem Wind habe ich so meine Last. Irgendwann habe ich mal gesagt, lieber Sonne und Gegenwind, als Regen und Rückenwind. Soweit, so richtig. Aber auf die Dauer nervt das auch. In Finnlands Westküste habe ich mich tagelang gegen den Nordwind vorangearbeitet. Jetzt bin ich auf der anderen Seite des Bottnischen Meerbusens und fahre Richtung Süden - und? Natürlich habe ich jeden Tag einen immer weiter auffrischenden Südwind gegen mich. Bringt immerhin ein bisschen Erfrischung und hält mir die fliegenden Begleiter vom Leib, macht das Fahren aber nicht unbedingt angenehmer und leichter.
Wie lange ist gutes Wetter gutes Wetter?
Eben noch mit der Wettervorhersage angegeben, wird die Geschichte langsam zum Problem. Ich weiß, dass es auch in Norddeutschland extrem heiß und trocken ist und Mensch, Tier und Natur leiden. Allerdings vermute ich, dass die Lage hier noch ein ganzes Stück extremer ist. Inzwischen kurz vor Stockholm angekommen, sehe ich immer mehr vertrocknete Birken, jetzt aber Bäume, die gut und gern 20 Jahre alt sind. Und in Schweden wüten zahlreiche Waldbrände, die z. T. außer Kontrolle geraten sind, weswegen die schwedische Regierung die EU um Hilfe gebeten hat. Hier in der Gegend herrscht absolutes Grillverbot, selbst an den Feuerstellen auf den Campingplätzen. Ein Problem für die Wohnmobilfahrer. Was soll Vaddern jetzt nach der Ankunft noch anderes machen, als auf Campingstuhl vor dem Auto zu sitzen und Bier zu trinken?
Ganz unschuldig sind die Schweden sicher auch nicht. Von den Kahlschägen hatte ich ja schon berichtet. Anders als in Finnland werden hier hinterher aber nicht die Kronen und Äste der gefällten Bäume weggeräumt und geschreddert, sondern bleiben in der Regel einfach liegen - allerbester Zunder.
Zwar habe ich von den Waldbränden selbst noch nichts mitbekommen, allerdings setzt mir die Hitze inzwischen auch ziemlich zu. Vor ein paar Tagen bin ich durch die landschaftlich sehr schöne Gegend der Höga kusten gekommen. Es ist die höchste Landhebung auf der Erde, d. h. die Erdoberfläche war hier in der letzten Eiszeit durch die Eislast eingedellt (wie heute auch unter Grönland) und noch immer beult sie sich langsam von allein aus. Jedes Jahr hebt sich die Landschaft um einen Zentimeter und hat so um die 300 m Höhe erreicht. Nicht besonders hoch, aber mit vielen kurzen steilen Anstiegen. Und das Thermometer am Lenker zeigt gut und gern mal 40 Grad während der Fahrt an. Da ist man nach 130 km und 1500 Höhenmetern fix und fertig. Für die kommende Woche sind für Stockholm fast jeden Tag Temperaturen von mehr als 30 Grad prognostiziert.
Ich arbeite mich ziemlich zügig in Richtung Süden vorwärts, allerdings sitzt mir bei den langen Strecken auch die Zeit im Nacken. Vor ein paar Tagen erreichte ich aus Norden kommend noch die ersten, noch grünen Getreide- und blühenden Rapsfelder, beginnt hier die Ernte auf den verdorrten Feldern. Die Nächte sind schon wieder recht dunkel und zwischen Sonnenunter- und -aufgang liegen schon mehr als sechs Stunden.
So bunt und saftig sieht es hier in der Gegend um Stockholm nicht mehr aus. Hier ist verbrannte Erde - im doppelten Wortsinn
Vorgestern stand völlig unerwartet dieser Hinweis an der Straße - die Hälfte der Strecke zwischen Haparanda an der finnischen Grenze und Ystad im Süden ist erreicht
Obwohl fast ständig in den Wäldern unterwegs, sieht man nur selten Tiere. Da freut man sich, auch einmal ein nicht überfahrene Kreuzotter zu sehen
Ansonsten sind die Tage nicht besonders abwechslungsreich. Dörfer und Kleinstädte, gelegentlich auch mal eine größere Stadt, passiere ich in so großer Zahl und meistens auch ohne mich lange aufzuhalten, dass ich die Namen meistens abends schon wieder vergessen habe. Immerhin habe ich jetzt eine sehr genaue Vorstellung von der Ostseeküste entlang des Botnischen Meerbusens. Wenn man auf ein Karte mit dem üblichen großen Maßstab guckt, entdeckt man kaum Ortschaften, tatsächlich ist die Küste so gut wie durchgängig besiedelt, sowohl in Finnland wie auch in Schweden.
Uemå - eine moderne Großstadt mit einer Universität mit 30.000 Studenten, von der ich noch nie gehört hatte. War europäische Kulturhauptstadt und hat deswegen zahlreiche Kunstwerke im Stadtbild. Und ich einen kleinen Campingplatz direkt am Flussufer im Gewerbegebiet mit Blick auf dutzende gigantische Forstmaschinen eine japanischen Herstellers
Aufbruch: | 26.05.2018 |
Dauer: | 10 Wochen |
Heimkehr: | 05.08.2018 |
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