Wann kannst du kommen?
Brasilia
Beim Frühstück fällt mir auf, dass der Koch, der auf Wunsch des Gastes Omeletts und Rühreier a la minute zubereitet, eigentlich meistens etwas ganz anderes kocht. Er gibt ein weisses Pulver oder Granulat in die Pfanne, verteilt es und gibt die gewünschte Füllung darauf: Käse, Schinken, Tomaten, Kräuter oder Zwiebeln. Dann erhitzt er das ganze bis sich das Granulat zu einem zusammenhaltenden Fladen verbunden hat, wendet es mit einer eleganten Bewegung und lässt es noch einen Moment schmoren. Dann wendet er das ganze wieder, faltet es wie eine Crepe zusammen und legt es auf den Teller. Natürlich will ich das auch probieren und es schmeckt recht gut. Neutral im Geschmack und fein in der Konsistenz.
Fast könnte man meinen, es wären grosse noch ungeschnittene Sushis. Ich frage, was das weisse Pulver ist, und mit Hilfe eines anderen Gastes, von Google und später einer Freundin im Facebook erfahre ich, dass es Tabioka ist, Maniokstärke. Tabioka, die neue Frühstücksrevolution aus Brasilien verkündet mir Google. Interessant.
Nach dem Frühstück befasse ich mich noch ein wenig mit meinem Blog. Ich merke, dass ich viel ergoogeln muss, weil es mit der direkten Kommunikation happert. Niemand spricht wirklich englisch oder spanisch. Ausser der Rezeption kann ich mit niemandem richtig sprechen.
Später breche ich auf, die Stadt zu Fuss zu erobern. An liebsten wäre ich jetzt mit einem Taxifahrer unterwegs, der mich zu verschiedenen Orten fahren würde und den ich ein paar Sachen über die Stadt fragen könnte. Doch das ist nicht möglich.
Der erste, den ich frage, ober er spanisch spreche, versteht nicht einmal was ich meine, wie soll ich da mit ihm kommunizieren. Also schlendere ich zur Strasse und bin erst einmal überrascht, dass es Fussgängerstreifen gibt. Sie sind zwar ziemlich schlecht sichtbar, aber der Verkehr ist so gering, dass ich ohne weiteres überall die Strasse überqueren kann, wenn ich abwarte, bis kein Auto mehr kommt. Der Verkehr ist recht langsan. Nur manchmal rast ein Wagen mit überhöhter Geschwindigkeit und lautem Lärm über den breiten Boulevard, so dass der Schall von den Hotelfronten abprallt, dann ist wieder ruhig. Es gibt sogar Velowege und rote Sand-Wanderwege. Nur habe ich kein einziges Velo gesehen, ausser die paar abgestellten gelben Fahrräder, die irgendwo mitten in der Grünfläche standen. Ob es Kunstobjekte sind, oder zum freien Gebrauch, habe ich nicht herausgefunden. Vielleicht eine Kombination von beidem.
verblichene Fussgängerstreifen
Breite Strassen führen durch die Stadt
riesige Parkanlagen, in der gleissenden Sonne. Eine trockene Wüste mit Wasserverkäufer
Ich komme zum Fernsehturm. Eigentlich müsste man mit dem Lift hinauf fahren können, auf halber Höhe gibt es einen Plattform, doch im Moment ist er in Reparatur. Jedenfalls verwehrt eine Wellblechumrandung den Zugang. Auch der Handarbeits-Markt, von dem ich im Internet gelesen hatte, existiert nicht. Nur ein paar Wasserverkäufer sind da. Und einer der Mini-Türme verkauft und andere kleine Metallsouvenirs. Ich bin fast allein auf dem Platz. Ob das immer so ruhig ist hier, oder ist jetzt Anfang August einfach keine Saison. Niemand den ich fragen könnte. I LOVE BRASILIA steht in grossen Buchstaben da.
Im grossen Wasserbecken spiegeln sich die beiden Hotelviertel vom linken und rechten Flugzeugflügel. Es sind die einzig richtig hohen Gebäude der Stadt. Das Wasserbecken ist riesig und die vielen kleinen Rohre zeigen, dass es zu gewissen Zeiten wohl ein sehr schöner Springbrunnen ist. Jetzt ist er ruhig. Die Sonne brennt heiss auf den Parkplatz, den Brunnen und die grossen ausgetrockneten Rasenflächen. Mir ist heiss und es kommt mir in den Sinn, dass ich den nächsten Flug noch buchen sollte. Da die Fluggesellschaften eine Heimadresse wollen, diese aber in deren Buchungsseite nur in Brasilien sein kann, suche ich wieder ein Reisebüro. Ich gehe ins nahe Shopping-Center, das mir schon die erste Taxifahrerin, die mich vom Flugplatz ins Hotel gebracht hatte, empfohlen hatte. Shopping-Center hat sie gesagt und mit der Hand auf das flache Gebäude gezeigt. Als ob das das Ziel meiner Reise wäre.
Auch in diesem Shopping gibt es wieder jede Menge verschiedene Läden, die alles anbieten, was es zum Leben braucht. Die Stadtführerin hatte es so erklärt. Die Wohnquartiere haben jeweils alles, was es braucht. So gibt es alle Läden zentral in Zentren. Es gibt Banken, Restaurants, Imbissstände, Geldautomaten, eine Post einfach alles was man braucht. Die Wohnhäuser stehen auf Betonpfeilern, weil das Parterre allen zur Verfügung steht. Oft sind dort die Parkplätze für die Autos. Darum gibt es auch kein eigentliches Zentrum. Alles ist überall, nichts ist an einen Ort zentriert. Ausser den Apotheken. Dafür gibt es eine ganze Strasse. Und die grossen Banken haben auch ein eigenes Quartier, gleich anschliessend an die Hotels. Auch sie ragen sehr hoch in den Himmel.
Ich finde tatsächlich ein Reisebüro in dem vier Angestellte sitzen. Sie sind noch alle mit Kunden beschäftigt, darum bestelle ich in der Cafeterie daneben einen Cappuccino. Und bekomme tatsächlich einen Cappucchino mit kunstvoll präsentierem Milchschaum. Mit Zuker.
Reisebüro
Als alle Mitarbeiter im Reisebüro frei sind, gehe ich hinein und frage erst einmal, ob vielleicht jemand englisch spreche – oder spanisch. Allgemeines ratloses Kopfschütteln. Nur einer versucht es: Ich spreche ganz wenig englisch, wenn sie langsam sprechen bitte. Dann stellt er sich vor: Kaio.
Sein Englisch ist tatsächlich sehr beschränkt, aber er ist geschickt und startet sofort den Google Translater. Damit kommen wir weiter. Er zeigt mir auf dem Bildschirm die Flüge und die Preise die er gefunden hat. Es gibt einen sehr billigen und einen doppelt so teuren. No good meint er zum billigen und ich will wissen warum. Die sagen immer wieder Flüge ab und sie fliegen mit kleinen Maschinen. Er macht mit den Händen schwankende Flugbewegungen. Wer will schon mit einem schwankenden Flugzeug über den Dschungel fliegen, ich buche die teurere Variante. Mit Hilfe des Translaters klären wir alle Fragen und am Schluss habe ich mein Ticket. Kaia entschuldigt sich noch einmal für sein schlechtes Englisch, aber ich finde, er hat es sehr gut gemacht.
Am Tag darauf hat er sich dann sogar per WhatsApp erkundigt, ob alles in Ordnung war. Das war eine ausgesprochen nette und vor allem unerwartete Begegnung.
Für mich ist jetzt Zeit fürs Bierfass. Noch einmal suche ich den genauen Standort des zweiten Lokals mit dem gleichen Namen und bestelle ein Uber. Das Schöne an Uber ist, dass man nicht erklären muss, wohin man will, das hat man schon vorher im Handy eingetippt. So braucht es tatsächlich keine Kommunikation. Ort und Preis sind schon klar, bevor er bei mir anhält. Die Rollen sind verteilt: er fährt, ich zahle. Das ist an sich bequem, aber auch stinklangweilig.
Wir fahren wieder in die gleiche Richtung wie gestern, über den See ans andere Ufer. Und diesmal schwenkt er auch tatsächlich Richtung See ab und jetzt sehe ich, dass wir richtig sind und dass die Vorstellungen von einem netten Lokal international eben doch ähnlich sind. Es sind ein paar grosse Restaurants mit Tischen bis fast ans Wasser. Ein Saxophon spielt zu Backgroundmusik und die Sonne ist soeben hinter dem See verschwunden und taucht alles in romantisches Rot-Gelb. Ich bestelle eine Pinacolada und geniesse eine Suppe. Dann bringt mich ein Uber zurück ins Hotel.
Jetzt muss ich nur noch ein Hotel für morgen reservieren. Das wäre an sich ganz einfach, wenn nicht das Internet ausgefallen wäre. Es funktioniert nur noch mein Handy mit dem Schweizer Roaming. Darauf ist die Lage nicht ganz einfach zu erkennen, aber nachdem ich ungefähr 10 Hotels überprüft habe, entscheide ich mich für eines. Vier Sterne, fast direkt am Strand und zu einem angenehmen Preis. Morgen Mittag werde ich dort sein.
Aufbruch: | 15.07.2019 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 12.08.2019 |
Brasilien