Pfälzerwald - Wanderurlaub mit Kultur und Kulinarik
Vier-Burgen-Wanderung
Heute wollen wir’s wissen. Wir haben eine Vier-Burgen-Wanderung geplant, die ab Schönau bei Fischbach zur Wegelnburg, Hohenburg, Burg Löwenstein und Burg Fleckenstein führt. Angegebene Gehzeit: vier Stunden.
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Von Schönau zur Wegelnburg führt ein zunächst betonierter steiler Weg hinauf zu einem Waldweg, dem wir durch einen wunderschönen Mischwald beständig nach oben folgen. Es ist sehr einsam, kein Mensch unterwegs und wir genießen den Anstieg, auch wenn wir etwas ins Schnaufen kommen. Gut, dass es heute etwas bedeckt und nicht so heiß ist.
Endlich haben wir die Wegelnburg oder besser gesagt Wegelnburgruine in 572 Meter Höhe erreicht. Sie wird gerade saniert und so ist die Reichsfeste aus dem 12./13. Jahrhundert von einem Bauzaun umgeben. Doch auch von außerhalb wirkt sie imposant, so wie sie auf dem schmalen Grad eines Berges thront. Zu ihren bekanntesten Besitzern zählte Ritter Schwarz Reinhard von Sickingen (1374-1439), aus dessen Geschlecht auch Franz von Sickingen stammt, der sich im 16. Jahrhundert als streitbarer Anhänger der Reformation und Säkularisation hervor tat.
Zugänglich ist eine nette Brotzeitecke, wo wir uns nach dem Aufstieg erst einmal stärken und uns die Geschichte von der wunderschönen und unermesslich reichen Prinzessin Hirlanda ins Gedächtnis rufen, die in der Wegelnburg noch immer gefangen gehalten werden soll. Ein Hirtenjunge wollte sie einst befreien, als sie aber bemerkte, dass er mehr an ihrem Schatz als an ihrer Person interessiert war, schickte sie ihn weg... und so sitzt sie noch heute in der Burg und wartet auf ihren Befreier. Wir können sie auch nicht erlösen, denn die Burg ist ja nicht zugänglich.
Nun geht’s weiter, vorbei an beeindruckenden Baumriesen, deren Wurzelwerk sich wie Krallen in den Boden versenkt. Bizarre Felsformationen am Wegesrand lassen die Fantasie erblühen. Auch aus Steinen kunstvoll errichtete Türmchen sind ein Blickfang.
An der Abzweigung Richtung Frankreich begegnen wir dem ersten anderen Wanderpaar, das auch auf dem Weg zur 550 m hoch gelegenen, schon auf französischem Gebiet liegenden Hohenburg ist. Die Burg wurde Anfang des 13. Jahrhunderts vom Geschlecht der Puller erbaut, fiel aber 1482 ebenfalls an die von Sickingen, bis sie 1680 zerstört wurde. Von hier stammte Konrad Puller von Hohenburg, ein berühmter Minnesänger des Mittelalters. Auch die Burg will erklommen werden, über Eisenleitern geht es hoch hinauf zur höchsten Stelle, wo sich der Blick über die herrlichen Weiten des Pfälzerwaldes öffnet.
Unweit der Hohenburg findet sich der Maidebrunnen, zu dem es eine Geschichte der Weißen Frau gibt. Der Geist der Weißen Frau, die im Tod keine Ruhe findet, darf auf keiner echten Burg fehlen. Leider finden wir keine Hinweise auf ihr bestimmt trauriges Schicksal.
Nur ein kurzes Stück weiter auf diesem gut ausgeschilderten Weg erreichen wir die Burg Löwenstein. Die Burg stammt aus dem 12. Jahrhundert und wurde um 1380 zum Raubritternest. Bereits 1386 zerstört, wurde die Burg nicht wieder aufgebaut. Auch hier muss man über Eisenleitern hinaufklettern und wird oben für die Mühe mit nun wirklich atemberaubenden Ausblicken belohnt. Ein kleiner Steg führt in luftiger Höhe von einem Turm zum anderen. Man sollte schwindelfrei sein.
Was an all diesen Burgen überrascht ist ihre Einfachheit. Sie haben kaum Gemeinsamkeiten beispielsweise mit den gewaltigen venezianischen Burganlagen, sondern sitzen wie Krönchen auf den steilsten Gebirgsstellen des Pfälzerwaldes. Man sieht sie fast vor sich, die edlen und auch weniger edlen Rittersleut, wie sie von hier aus ihre Raubritterzüge planen.
Der Wanderweg führt von hier hinab zur Burgruine Fleckenstein. Ein gutes Stück des Tagespensums haben wir geschafft und spüren langsam die Beine. Ali hält gut mit, braver Hund!
Das aus dem 12. Jahrhundert stammende Fleckenstein ist eine der größten und eindrucksvollsten Burganlagen der Nordvogesen und - dem Himmel sei Dank - Fleckenstein hat geschlossen! Noch eine so höllische Burgkraxelei hätte mich überfordert. Wir rasten erst einmal auf einem Bänkchen, bis wir das letzte Stück Weges anpacken und Burg von außen umrunden. Fleckenstein macht einen gut erhaltenen Eindruck. Wie wir lernen, wurde Fleckenstein mehrmals umgebaut und nur noch weniges erinnert an ihre ursprüngliche mittelalterliche Form. 1689 wurde die Burg von französischen Truppen zerstört.
Zum Ausgangspunkt unserer Wanderung geht‘s beständig bergab. Der Weg zieht sich und unsere Beine werden immer schwerer. Endlich erreichen wir die Landstraße, die wir überqueren und dann entlang eines Flüsschens bis nach Schönau marschieren.
Just gestern war meine Lesebrille gebrochen. Und jetzt dieser Zufall! Hier mitten im Wald ist an einem Holzstoß ein DinA4-Zettel befestigt, auf dem in Großbuchstaben steht: „LUNETTES“. Und darunter steckt im Holzstoß eine Brille mit rotem Gestell. Ich probiere die Lunettes auf – und: Passt perfekt. Incroyable! Das Schicksal hat’s genommen, das Schicksal hat’s gegeben. Ich nehme die Brille guten Gewissens mit, denn die Chance, dass der Besitzer hier noch einmal auf einer Wanderung vorbeikommt, dürfte sehr gering sein.
Wie freuen wir uns jetzt auf eine Einkehr in Schönau! Wir erinnern uns an das Schild vor einer Gaststätte: „Ganztags warme Küche. Heute: Sauerbraten“. Das ist es, was uns die letzten Meter am Laufen hält. Doch dann? Enttäuschung! Wirtschaft geschlossen!
Also zurück nach Ludwigswinkel. Hier hat noch unser Landgraf auf, allerdings gibt's nur eine Dessertkarte. Dann halt einen Apfelstrudel.
An jedem Fuß eine Blase und es schmerzt der ganze Körper. Stolz sind wir auf unsere Leistung trotzdem und schön war es auch.
Aufbruch: | 18.05.2020 |
Dauer: | 13 Tage |
Heimkehr: | 30.05.2020 |