Heilbronner Land

Reisezeit: Juli / August 2022  |  von Herbert S.

Götz von Berlichingen in Jagsthausen

Jagsthausen liegt im Nordosten des Landkreises Heilbronn am Unterlauf der Jagst. Das Tal der Jagst, das insbesondere am Mittellauf einen ausgesprochen ländlichen Charakter hat, gilt als landschaftlich reizvoll.
Fährt man in den Ort ein so begegnet man zunächst dem an der Hauptstraße gelegenen Roten Schloß.
Das Schloss befindet sich auf dem Gelände des früheren Römerkastells Jagsthausen und in unmittelbarer Nähe des Sitzes der Herren von Berlichingen, der „Götzenburg“
Auf dem dreistöckigen Hauptbau findet sich ein Mansarddach mit giebelförmigen Dachfenstern. An der Westseite ist ein runder Treppenturm angeschlossen. Erbaut wurde es um 1590, wohl in Nachfolge einer älteren "Edelmannsbehausung" von einer Nebenlinie der Herren von Berlichingen.

Rotes Schloß

Rotes Schloß

Die Burg Jagsthausen, später auch Altes Schloss und in jüngerer Zeit in Anlehnung an Goethes Drama Götz von Berlichingen Götzenburg genannt, in Jagsthausen ist einer der Stammsitze der Herren von Berlichingen. Die an einem Hang oberhalb des Jagsttales gelegene Höhenburg ist seit 1950 Kulisse für Freilichtspiele.
Im 15. und 16. Jahrhundert wurde die heutige aus dem zweiflügeligen Kernbau bestehende Anlage von der Familie von Berlichingen erbaut. Die Götzenburg war Geburtsstätte des "Ritters mit der eisernen Hand", Götz von Berlichingen wurde hier im Jahr 1480 geboren.

Götzenburg

Götzenburg

Auch jetzt werden wieder die Vorbereitungen für die Burgfestspiele getroffen. Daher ist von dem Innenhof nichts zu sehen.

Die von einem Graben umgebene Anlage verfügt noch über beträchtliche Bausubstanz aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Die Burg Jagsthausen besteht aus einem Palas mit Rittersaal, einem Frauenhaus mit Kemenate, einem Bergfried sowie einem Dienstbotenbau mit großen Ecktürmen.

Vorburg

Vorburg

Das Weiße Schloss wurde im Jahr 1792 von Graf Joseph von Berlichingen erbaut. Es ist das jüngste der drei Schlösser in Jagsthausen. Während des Umbaus Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts nahm das bis dahin schlichte Gebäude neubarocke Formen an. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war das Schloss noch Herrschaftssitz der Familie von Berlichingen. Zum Schloss gehört ein Park, in dem eine römische Brunnenschale und eine antike Spolie aufgestellt sind.

Die Jakobuskirche in Jagsthausen ist eine gotische Dorfkirche aus dem 14. Jahrhundert. Im Inneren der Kirche, auf der Brüstung der 2. Empore, finden sich Bilder der 12 Apostel. Die Wände sind mit Epitaphien der Familie von Berlichingen verziert. Im Jahr 1560 wurde die Reformation eingeführt. Neben einer Radwegekirche ist die Jakobuskirche auch eine Pilgerkirche, da sie auf dem Jakobspilgerweg von Rothenburg ob der Tauber bis Speyer liegt.

Jakobuskirche

Jakobuskirche

Interessant hinsichtlich der 'Mode' der Zeit ist ein Relief einer Fam,ilie von Berlichingen um 1600.
Ursprünglich wurde das Relief als Deckplatte für eine Gruft verwendet und Anfang der 60er Jahre bei Renovierungsarbeiten der Kirche entdeckt.
Links stehen die Söhne, rechts die Töchter.
Bei der Zerstörung der Kirche durch die Schweden, 2 Jahre vor
Ende des 30-jährigen Krieges, wurde dieses Relief beschädigt.
Vater und Mutter sowie die üblichen Wappen fehlen.
Von besonderem Interesse ist die Kleidung der jüngeren Söhne.
Ihre Bäuche waren durch spitz zulaufende Lederpanzer geschützt.
Die Töchter mit Haube waren bereits verheiratet, die mit Kreuz verstorben.

Der Ort liegt z.T. auf dem ehemaligen Gelände des Kohortenkastells, einer Militärsiedlung am äußersten Rande des römischen Reiches.
Zur Sicherung der Reichsgrenzen erstellten die Römer zahlreiche befestigte Militärlager (castella). Hier waren normalerweise rund 500 Soldaten, eine Kohortee, stationiert. Bei uns in Südwestdeutschland hatten diese Garnisonen jeweils einen etwa 12 km langen Abschnitt entlang des Limes zu überwachen.
Jagsthausen war ab etwa 155 n. Chr. für rund einhundert Jahre die Heimat der Cahors I Germanorum, einer Hilfstruppeneinheit, die der obergermanischen Heeresverband angehörte. Wie der Name verrät, stammten ihre Mannschaften aus germanischen Bevölkerungsgruppen, die innerhalb der römischen Provinz siedelten. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelte es sich um eine Truppe, die wenigstens zum Teil beritten war. An ihrerSpitze stand ein Tribun, ein junger Mann aus dem römischen Ritterstand.
Den Soldaten folgten zahlreiche Zivilisten, so daß schon bald eine umfangreiche Ansiedlung entstand, die über eintausend Einwohner gehabt haben dürfte. Die streng rechtwinklige Anlage der Straßen und regelhafte Ausrichtung der Privathäuser verrät eine wohlüberlegte Ortsplanung, die sicherlich auf das Militär zurückzuführen ist. Offenkundig hatten sich die damaligen Bewohner strengen Bauvorschriften zu beugen. Die Lage der römischen Ansiedlung entspricht ziemlich genau dem heutigen Ortsbild. Dort, wo in unseren Tagen das Rote Schloß und die Götzenburg. Den Ort nach Norden schützen, stand vor rund 1800 Jahren das römische Militärlager. In der Flußschleife unterhalb lag die zivile Siedlung.

Ein kleines Freilichtmuseum im Ort - Römerbad
Das Bad wurde vermutlich gemeinsam mit dem Kastell um das Jahr 155 n. Chr. errichtet und um das Jahr 200 unter Kaiser Septimius Severus umfassend erneuert, wovon eine Renovierungsinschrift zeugt.[1] Zwar hatte es eine stattliche Größe, doch handelte es sich nicht um prachtvolle städtische Thermen, sondern um ein vergleichsweise schlichtes balineum. Ein zweites, kleineres Bad am Ort wurde gemäß einer weiteren Inschrift in den Jahren 247/49 nochmals renoviert, bevor der Limes etwa ein Jahrzehnt später aufgegeben wurde, worauf die Bauten verfielen.

Ausgrabungen mitten im bewohnten Gebiet

Ausgrabungen mitten im bewohnten Gebiet

Schuppensäule - Bruchstück der Jupitersäule

Schuppensäule - Bruchstück der Jupitersäule

Wochengötterstein - vermutlich zur Jupitersäule gehörend

Wochengötterstein - vermutlich zur Jupitersäule gehörend

Altar des Jupiter

Altar des Jupiter

Altar der Fortuna

Altar der Fortuna

© Herbert S., 2022
Du bist hier : Startseite Europa Deutschland Götz von Berlichingen in Jagsthausen
Die Reise
 
Worum geht's?:
Wir mussten aus haushaltstechnischen Gründen nach Aglasterhausen - buchten ein Hotel in Heilbronn und fanden dann stattdessen eine schöne Wohnung in Bad Wimpfen. Der kleine Ort empfiehlt sich als Standort, um sich das Heilbronner Land mit seine hübschen Fachwerkorten und Schlössern anzuschauen.
Details:
Aufbruch: 23.07.2022
Dauer: 10 Tage
Heimkehr: 01.08.2022
Reiseziele: Deutschland
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
Bild des Autors