Heilbronner Land
Burg Guttenberg
Genau gegenüber auf der anderen Neckarseite liegt die Burg Guttenberg - die Burg der Adler (Deutsche Greifenwarte) - Wir wollen zwar keiner Flug-Vorführung der riesigen Vögel beiwohnen, aber die Zwingeranlage und das Burgmuseum besuchen.
Die Burg Guttenberg ist eine Höhenburg über dem Neckar- und dem Mühlbachtal. Sie wurde Ende des 12. Jahrhunderts, wahrscheinlich ab 1180 errichtet. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem späten 13. Jahrhundert - 1296 wird die Nikolaus-Kapelle unterhalb der Burg genannt. Sowohl der Bergfried als auch einige Mauerabschnitte stammen noch aus dieser frühen Bauphase. Im Laufe des 14. Jahrhunderts dürfte die Ringmauer weitgehend erneuert worden sein, nur in den unteren nördlichen Teilen und unmittelbar neben dem Bergfried hat sich noch Mauerwerk des 13. Jahrhunderts erhalten. Vermutlich entstand bei dieser Gelegenheit der östliche Wohnbau anstelle einer älteren Toreinfahrt. Zudem errichtete man — noch im 13. oder schon im 14. Jh. - in geringem Abstand zur Burg eine erste Zwingermauer, von der Mauerabschnitte zu beiden Seiten des Bergfrieds noch erhalten sind.
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstanden auch der große turmbewehrte Zwinger und eine Vorburg mit Steingebäuden. Burg Guttenberg erreichte in dieser Zeit ihre größte Ausdehnung und Blüte. Die Ringmauer wurde mit breiten und tief herabgezogenen Schießscharten („Senkscharten") für Feuerwaffen versehen. Auch der Bergfried erhielt nun seine beiden oberen Stockwerke.
Burg Guttenberg ist im Besitz der Linie Gemmingen-Guttenberg der Freiherren von Gemmingen, die sie immer noch bewohnen. Schon Ende 1521 schlossen sich die Herren von Gemmingen der Reformation an. Im heutigen Gebiet der Evangelischen Landeskirche in Baden gehörte die Familie zu den ersten Anhängern der Lehre Martin Luthers. Von den Zerstörungen im Bauernkrieg 1525 und während des Dreißigjährigen Krieges sowie den Brandschatzungen der französischen Truppen unter General Melac im pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 blieb Guttenberg durch glückliche Umstände verschont.
Im Burgmuseum ist die Ausstellung „Leben auf der Ritterburg — eine Zeitreise vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert" zu sehen.
Im Mittelalter herrschten die Stauferkaiser über „Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation“. Ganz in der Nähe begründete Kaiser Barbarossa seine Kaiserpfalz zu Wimpfen. Zum Schutze dieser Pfalz ließ er einen Kranz von Burgen auf der linken Seite des Neckars erbauen - so entstand unsere Burg Guttenberg im 12. Jahrhundert. Die hohe Schildmauer stammt aus dieser Zeit. Anstelle der heutigen Wohngebäude stand damals ein großes Haus, der Pallas, in welchem die Burgherren wohnten; die Frauen wohnten in der Kemenate, einem abgegrenzten Teil des Hauses. Der mächtige Turm - der Bergfried - kam im 13. Jahrhundert dazu.
Die Kaiser setzten auf ihre Burgen je einen Verwalter, den Burgvogt. Dazu suchten sie sich treue Gefolgsleute aus. Das waren für den Guttenberg die Herren von Weinsberg. Diese blieben auch hier, als die Stauferkaiser ausgestorben waren. Sie waren tüchtige Ritter und kamen sehr bald zu Amt und Ehren. Einer von ihnen, Engelhard, wurde sogar Kurfürst und Erzbischof von Mainz. Da er um sein Seelenheil besorgt war, stiftete er 1393 eine Kapelle unterhalb der Burg, dort, wo noch heute die 1471 gebaute Burgkapelle steht. Später wurden außerdem die Befestigungsanlagen des Guttenbergs um die Ringmauer mit den fünf Türmen erweitert.
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1449 wurde die Burg an Hans von Gemmingen für 6000 rheinische Gulden verkauft und ist seither im Besitz der Familie der Freiherren von Gemmingen.
Ernsthaft zerstört wurde der Guttenberg jedoch nie, er hat bisher 800 Jahre lang die Jahrhunderte überdauert. Wohl deshalb, weil er solide und gut gebaut ist, immer bewohnt war und oft auch durch das diplomatische Geschick seiner Bewohner vor dem Schlimmsten bewahrt werden konnte.
Bibliothek
Sie ist mit über 3000 Folianten der Schatz dieser Burg Sie ar das geistige Rüstzeug der Burgbewohner. Viele Leute machen sich sicher falsche Vorstellungen von den alten Rittersleuten. Sie waren häufig sehr gebildet und studierten an der Universität in Heidelberg. Sie lasen, schrieben und sprachen oft auch lateinisch wie deutsch. Und so finden sich hier in unserer Bibliothek allein 23 Inkunabeln, meist in Latein - Erstdrucke aus der Zeit vor 1500.
Das Berühmteste sind die gesammelten Werke von Cusanus, Nikolaus von Kues, dem Bischof von Brixen und späteren Kardinal in Rom. Aber auch der Codex Justinianus, die Grundlagen des damals eingeführten römischen Rechts sowie die Werke von Albertus Magnus (Hugo von Straßburg) befinden sich hier. Der größte Teil der Bibliothek, die vielen in Schweinsleder gebundenen Werke, stammen jedoch aus der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts, meist aus dem Besitz von Philipp von Gemmingen. Ein Drittel der Bände sind in französischer Sprache verfaßt. Im 18. Jahrhundert sprach man in gebildeten Kreisen selbstverständlich französisch wie deutsch.
Die Küche unserer Vorfahren
Sie war einfach und solide, wie in einem großen Bauernhaushalt. Alles mußte selbst zubereitet werden: das Gemüse geputzt, das Wild aus der Decke geschlagen, das Geflügel gerupft und die Fische ausgenommen und geschuppt werden. Das war sehr personalintensiv.
In diesem Raum ist eine offene Feuerstelle als kleine Küche zu sehen, die große befand sich im Untergeschoß.
Der Speiseplan war reichhaltig, denn Felder, Wälder und Gewässer boten ein abwechslungsreiches Angebot. Die Wälder waren sehr wildreich, der Neckar war mit seinem Lachsreichtum in erster Linie Nahrungsreservoir für die Bevölkerung, und nicht wie heute der Abwasserkanal des Landes. Lachs war damals armer Leute Speise und erschien wohl oft täglich auf dem Speisezettel. Dieser war allerdings werktags sehr einfach. Zum Frühstück gab es meist nur eine Suppe, Haferbrei des Mittags und abends Brot und Milch, auch ab und zu ein Stück Fleisch dazu. Man trank jedoch sehr viel mehr Wein und Most als heutzutage. Zwei bis drei Liter pro Mann und Tag wurden durchschnittlich gerechnet!
Zu Familienfeiern hingegen wurde unglaublich üppig aufgetragen. Speisefolgen von 25 Gängen waren durchaus üblich. Da gab es Kapaunen, Karpfen, gebratene Auerhahnen oder auch mal Störche, auch Kleinvöglein - also unsere Singvögel - wurden gerne verspeist. Oder können Sie sich eine Suppe vorstellen, die nur von Karpfenzungen und Hechtlebern bereitet wurde?
Die Altäre stammen aus der Burgkapelle, der Kirche, die unterhalb der Burg einsam im Wald steht und nur über einen Fußweg zum äußeren Tor hinaus erreichbar ist.
Die Altäre wurden um 1480 von den ersten Gemmingens auf Guttenberg für die von ihnen damals neu, im gotischen Stil erbaute Kirche gestiftet. Sie sind kunsthistorisch der mittelrheinischen Schule zuzuordnen. Über 500 Jahre lang standen sie auf ihrem Platz in der Kirche, bis 1976 Diebe versuchten, den Marienaltar zu entwenden. Durch eine Verkettung von glücklichen Umständen gelang es jedoch, diesen Dieben auf die Spur zu kommen; sie hatten den Altar schon bis nach Mannheim transportiert! Seit dieser Zeit befinden sich die Altäre nun hier im Burgmuseum in sicherem Gewahrsam.
Der Marienaltar stellt eine Schutzmantelmadonna dar. Unter dem goldenen Mantel der Maria knien links die geistlichen Stände, der Papst, ein Bischof, ein Kardinal und jeweils ein Vertreter der damaligen Mönchsorden. Rechts knien die weltliche Stände, der Kaiser, ein Kurfürst, ein Ritter, ein Kaufmann und ein Bauer mit den dazugehörenden Frauen.
Gerichtsbarkeit
Für die Herrschaft Guttenberg wurde im Jahre 1497 von Kaiser Maximilian an Blicker von Gemmingen die hohe Gerichtsbarkeit verliehen - das Recht, hier Stock und Galgen aufrichten zu dürfen. Dieses Recht konnte nur der Kaiser verleihen, und zwar ausschließlich an Unabhängige, die nur dem Kaiser und keinem anderen Herrn Untertan waren. Dies traf auf die Herren von Gemmingen zu. Sie durften damit über Leben und Tod ihrer Untertanen entscheiden. Der Gerichtsort war in Hüffenhardt, woran dort noch heute Flur- und Straßennamen erinnern, wie zum Beispiel „Im Henkert“oder das „Hochgericht".
Über 300 Jahre lang bestand diese Gerichtsbarkeit, die erst 1806 von den neuen Gerichtsordnungen Napoleons abgelöst wurde. Viele der damaligen Gerichts- und Prozessakten sind noch vorhanden, beispielsweise das Befragungsprotokoll aus einem Falschmünzerprozess oder auch der Anstellungsvertrag für den Scharfrichter, ja, sogar seine Tarifordnung gibt es noch! Der Mann wurde nicht im Zeitlohn, sondern im Stücklohn bezahlt und erhielt für eine Hinrichtung, sei es mit der Axt, dem Beil oder dem Strang, ja, sogar für Kochen, Vierteilen oder Braten, 2 Gulden pro Kopf - im wahrsten Sinne des Wortes!
Einen Haken hatte die Sache allerdings, der Scharfrichter war meistens arbeitslos und mußte einen zivilen Nebenberuf ausüben, sonst wäre er kläglich verhungert! Auf Burg Guttenberg bediente man sich normalerweise des Scharfrichters der Stadt Wimpfen.
Interessant ist die „Halsgerichtsordnung" von Kaiser Karl V., es war die Strafvollzugs Ordnung der damaligen Zeit. Demnach wurde zum Beispiel die „peinliche Befragung auf der Streckbank durchgeführt. Der Delinquent wurde von Folterknechten „gestreckt“, gleichzeitig wurde er verhört und sein in der Angst und Pein gegebenes Geständnis gleich sorgsam aufgeschrieben. Dabei spielt auch eine religiöse Auffassung eine Rolle: man war der Meinung, daß jedermann beichten, also seine Sünden bekennen muß. Tat der Angeklagte dies nicht freiwillig, so mußte man ihn durch die „peinliche Befragung“ zu seinem Geständnis zwingen. Wäre er nämlich vor dem Ablegen dieses Geständnisses gestorben, so hätte er im Fegefeuer ungleich viel schlimmere Qualen in aller Ewigkeit erleiden müssen. Man meinte also, dass man ihm durch das Verhör auf der Streckbank einen guten Dienst erwies'
Für uns völlig neu ist die Holzbibliothek!
Die hier gezeigte Holzbibliothek kam durch eine Erbschaft über die Frau von Karl von Gemmingen, Juliane geb. Freiin von St. André auf den Guttenberg.
Eine Besonderheit, die man sonst nur ganz selten zu sehen bekommt! Wissenschaftlich nennt man sie auch eine „Xylothek", hergeleitet vom griechischen Xylos = das Holz.
Diese Sammlung von 93 Bänden, die wie Bücher aussehen, besteht aus kleinen hölzernen Kästchen, die jeweils eine Baum- oder Strauchart beschreiben.
Jedes dieser Kästchen ist aus dem Holz der beschriebenen Holzart gefertigt, der Buchrücken aus der Rinde. Auf der Rinde sieht man Pilze und Flechten, die auf dieser Holzart vorkommen oder mit ihr in Symbiose leben. Auf der Rückseite steht auf einem grünen Lederschildchen der deutsche Name, auf einem roten Safianleder der botanische (lateinische) Name, geordnet nach dem Linnéischen System.
All dies ist auf eine für uns heute geheimnisvolle Art und Weise präpariert. Wie konnte man diese feinen Blüten und Blätter über 200 Jahre lang erhalten? Wann, wo und von wem wurde diese Sammlung gefertigt?
Neuere Forschungen ergeben, daß sie vor etwa 200 Jahren hergestellt wurde, und zwar von Professor Carl von Hinterlang an der forstbotanischen Fakultät der Universität Linz in Osterreich. Noch eine Sammlung dieser Art befindet sich in der Sternwarte in Kremsmünster in Österreich. Ähnliche Sammlungen stehen, jedoch aus der Hand von Schildbach, im Ottoneum in Kassel und von Candid Huber in der Universität in Stuttgart-Hohenheim sowie in Ebersberg bei München.
All diese Sammlungen sind in der Zeit um 1790 entstanden, in einer Zeit, wo die Wälder noch nicht ordentlich bewirtschaftet wurden, sondern lediglich der Ausbeute für die Brennholzgewinnung, als Weidegründe für das Vieh der Bauern und als Jagdgründe für die Jagdherrschaft dienten. Die Wälder waren damals in einem beklagenswerten Zustand und man machte sich erste Gedanken über eine reguläre forstliche Bewirtschaftung der Wälder, aus denen dann unsere heutige Forstwissenschaft entstanden ist.
Auch die Darstellung der Schlacht um Wimpfen ist dargestellt
Krieg im Neckartal.
Schon bald nach seinem Beginn des Dreißigjährigen Krieges in Böhmen (1618) verlagerte sich der Kriegsschauplatz ins Neckartal. Die Truppen von General Tilly verfolgten die pfälzischen Truppen des Kurfürsten Friedrich von der Pfalz in seine Heimatlande.
Am 6. Mai 1622 kam es dann zur Entscheidungsschlacht bei Wimpfen, genauer gesehen auf dem Obereisesheimer Feld im Bereich der heutigen Böllinger Mühle. Ein gewaltiges Heer war angetreten - über 36 000 Mann waren an dieser Schlacht beteiligt! In unserem Schaubild sind davon nur 10%, also 3 600 Soldaten, in handgemalten Zinnfiguren dargestellt. Die Schlacht war ein blutiges Gemetzel, am Abend dieses denkwürdigen Tages hatte jede Seite etwa 5000 Töte zu beklagen! Wenn man bedenkt, dass dies in sozusagen ehrlicher Handarbeit vollbracht worden war, so war das eine reife Leistung||
Nach dem hochinteressanten Museumsbesuch bleibt uns noch die Besteigung des Turmes mit fantastischen Ausblick
Am Zugangsweg stehen geschnitzte Greifvögel.
Aufbruch: | 23.07.2022 |
Dauer: | 10 Tage |
Heimkehr: | 01.08.2022 |