Wien und Budapest - Zentren des Jugendstils
Wiener Jugendstil - Tour 1a
Montag, 04.08.03 (2. Reisetag)
Aufstehen 7.45 Uhr - Frühstück 8.30 Uhr
Der spezielle Reiseführer für Jugendstilfans ist auf dem Markt: Inge Podbrecky: Wiener Jugendstil, Falters City Walks - die Autorin macht Vorschlage für 4 Spaziergänge - manchmal wird es erheblich mehr - zur intensiven Beschäftigung mit dieser kurzen, aber höchst interessanten Kulturepoche.
Wir beginnen die Route - ' Vom Wiental ins Zentrum' ungefähr da wo wir gestern schon unseren ersten Orientierungsspaziergang unternommen haben.
Zu allererst müssen wir jedoch wegen der Hitze Getränke einkaufen, und - damit meine Waden die langen Stadtgänge verkraften - Magnesiumtabletten. Erstere finden wir bei Aldi, der hier Hofer heißt, die Magnesiumtabletten bei Plus, der hier Zielpunkt heißt.
Etwas südwestlich der beiden großen Mietshäuser von Otto Wagner liegt das Gebäude des Vorwärts-Verlags, das mit seinem Treppengiebel auf Entwürfe der beiden Wagner-Schüler Frank und Hubert Gessner zurückgeht (1907) Eines ihrer wesentlichen und auch bei anderen Gebäuden verwendeten Stilelemente sind die Erkerfenster unterhalb des Treppengiebels. Die beiden Figuren (Arbeiter und Arbeiterin) an den Ecken des Giebels stammen von Anton Hanak. Neben der Funktion als Druck- und Verlagshaus diente das Gebäude der Sozialdemokratischen Partei Österreichs als Sitz.
Als Wien zur Jahrhundertwende zu einer der europäischen Metropolen anwuchs, konzipierte man die Stadtbahn, zu der auch das Bauwerk der Brücke über die Zeile gehört. Otto Wagner übernahm 1894 die baukünstlerische Leitung der gesamten Stadtbahn, da er ein Jahr zuvor die Ausschreibung mit seiner Konzeption einer großstädtischen Lösung für Wien gewonnen hatte. Otto Wagners Stadtbahn bestand aus vier Linien, die etwa vierzig Bahnkilometer umfassten. Drei davon bestehen bis heute als Teil des U-Bahn-Netzes.
So entstanden zahlreiche reich verzierte Stadtbahnstationen wie Pilgramgasse und Kettenbrückengasse im Wiental - etwas weiter zur Innenstadt die imposante Station Karlsplatz. Weitere werden bei den anderen Routen gezeigt.
Über Werk und Leben von J.M.Olbrich gibt eine gute Schülerarbeit Auskunft
Von der Station Pilgramgasse laufen wir am Wienfluss entlang und sehen in der Hamburger Strasse 20 ein hochaufragendes schmales Gebäude - den Rüdiger Hof
Gleich um die Ecke steht in der Steggasse 1 das Mietshaus Langer in zwei sechs-geschössigen Blöcken unterschiedlichen Niveaus mit einem gemeinsamen Treppenhaus. Architekt: Joze Plecnik - 1901/02
Auf dem Weg vorbei an den bereits beschriebenen Sehenswürdigkeiten der linken Wienzeile in die Innenstadt stellen wir dann fest, dass das Café Museum wegen Renovierung geschlossen ist. Nicht einmal durch die Fenster kann man etwas erkennen. Dabei hätten wir gerne etwas von dem Flair der Besucher Loos, Klimt, Olbrich u.v.a geschnuppert.
Statuen im Burggarten
Die Staatsoper rechts liegenlassend, laufen wir durch den Burggarten Richtung Neue Burg:
Rechts daneben erhebt sich ein riesiges Glasgebäude, der Palmengarten, der zwar nicht dem Wiener Jugendstil zugerechnet wird, da er Elemente des Historismus und auch des Neobarock enthält. Aber es bleiben eben auch Einflüsse der Secession spürbar.
An der neuen Burg vorbei gelangen wir über mehrere Innenhöfe der Hofburg zum Michaeler Platz.
'Loos-Haus' - Architekt: Adolf Loos - 1910 - für Herrenschneider Goldman & Salatsch - heute: Bankgebäude
Hier ist es das 'Looshaus', Michaeler Platz Nr. 3, welches unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen muß. Als Eisenbeton-Skelettbau 1909-1911 von Adolf Loos für den Herrenschneider Goldman & Salatsch erbaut, war die nüchterne Fassade schon zur Erbauungszeit ein Skandal, da Loos ein 'Verkleiden' durch Putz mit Ornamenten verabscheute und so schon auf die Stilrichtungen der 1910er Jahre hinwies.
Auch das Portal der Buchhandlung Manz (Kohlmarkt 16; Fachbuchhandlung für Juridica) stammt von Adolf Loos (1912). Die Marmorfassade (vgl. Loos-Haus) ist sehr flach, dafür ist Portalnische recht tief.
Gegenüber, auf Nr. 9, liegt das Artaria-Haus, das nach Entwurf des Wagner-Schülers MaxFabiani 1900 bis 1902 errichtet wurde. Die Fassade, durch eine sichtbar belassene Eisentraverse in Geschäftsbereich und Wohnzone geteilt, wird von den auffallenden "bay-windows" Erkerfenstern (vgl. Vorwärts-Verlagshaus) dominiert. Der schirmartige Dachüberstand ist ein beliebtes Motiv der Wagnerschule, die durch die Fensterverdachungen ergänzt werden.
Fassadendetails und Innendetails - über dem Geschäftsteil deutlich sichtbar: der Stahlträger - elliptisches Treppenhaus
Ganz nebenbei entdecken wir einen wunderschönen 'Hinterhof' - denn in Toreinfahrten müssen wir immer - fast wie unter einem Zwang - hineingehen. Manchmal zahlt es sich eben aus.
Nun wird es langsam Zeit für eine Pause. Im Traditions-Café Demel - bekannt für seine Zuckerbäckereien - nehmen wir eine Melange und einen Kaffee (9€)! Durch eine Glasscheibe kann man hier den Zuckerbäckern bei ihrer Arbeit zuschauen.
In der Bognergasse Nr. 9 liegt das Haus Zum Weißen Engel. Es wurde 1901/02 von Oskar Laske jun., einem Otto-Wagner-Schüler, erbaut. Wegen seines ornamentalen Mosaiks mit stark malerisch-grafischen Charakter ist es auch der Secession zuzuordnen - Laske war nämlich auch Maler.
Otto Wagners Länderbank-Gebäude in der Hohenstaufengasse 3 ist heute ein Amtsgebäude des Bundeskanzleramts. Es wurde für ein Geldinstitut errichtet, lange Zeit vor Wagners legendärem Bekenntnis zur Moderne. Leider läßt die Enge der Gasse keine Aufnahme der Neorenaissance-Fassade zu, dafür gelingt es uns ins Innere des Gebäudes 'vorzudringen'
Hohe Brücke - die Wipplingerstraße überquert ein altes Bachtal (heute eine Straße) - 1903-1904 - Josef Hackhofer
Je nach von wo man kommt, lohnt es sich, über die Treppen in den tiefen Graben hinunterzusteigen; dort hat man tatsächlich den Eindruck, in einem Flussbett zu stehen. Bei Josef Hackhofer, der auch an der Gestaltung des Wienflussportals mitgearbeitet hat, wurde secessionistische Motive mit Anregungen des westeurapäischen Art nouveau verbunden. Bei der Hohen Brücke hat er jedoch, ähnlich wie bei den Karlsplatz-Pavillons, ein Stahlfachwerk mit eingehängten Marmorplatten verwandt.
In der Wipplingerstraße finden wir eine nette Boutique, in der ich eine leichte Freizeithose mit Polohemd finde. Außerdem muß ich dringend Babypuder haben, denn das heiße Wetter kostet seinen Tribut.
Als verspäteten Mittagssnack nehmen wir zwei Salate.
Zur Benutzung der Wien-Card sind wir noch gar nicht gekommen. Daher nehmen wir zurück normale Tickets und beginnen die 3-Tageskarte erst morgen. Wir kaufen kurz vor Ladenschluß noch eine Flasche Wein und bei der Nordsee zwei Salate und Muscheln. Danach pflegen wir uns auf dem Zimmer. Nach einem kurzen aber leichten Gewitterregen ist es kaum kühler geworden. Aber nach Wetterkarte ist es in Deutschland mit bis zu 40° C (noch) unerträglicher.
Aufbruch: | 03.08.2003 |
Dauer: | 10 Tage |
Heimkehr: | 12.08.2003 |
Ungarn