Indien - Zwischen Wüste und Himalaya

Jaipur, 16 August
Ich dachte, mich könnte jetzt - nach 5 Tagen in Indien - nichts mehr überraschen. War ziemlich naiv, um nicht zu sagen saudumm von mir.
Ich wurde heute von Daasu, einem Puppenspieler, mit dem ich auf der Straße zu quatschen anfing, zu sich nach Hause zu Chai eingeladen. (Chai ist das Nationalgetränk der Inder, eine (köstliche) Art Kaffee, und wird eigentlich immer getrunken). Natürlich bin ich mitgegangen. Was ich nicht wusste, war, dass dieser Mann mit seiner ganzen Familie in einer kleinen Hütte in einem Vorort-Slum wohnte. Beim Betreten der "Gipsy Area" zog sich mir der Magen zusammen.

In engen Gassen spielen Kinder mit Autoreifen, erbärmliche Blechhütten stehen auf engstem Raum nebeneinander , ein schier unerträglicher Gestank liegt in der Luft und alles ist voll von Müll.
Im Viertel verursachte mein Kommen natürlich hellste Aufregung, in kürzester Zeit war alles voller Kinder (ihr nicht enden wollendes "Hello, hello" wird mir sicher noch lange im Ohr bleiben). Zum Glück hatte ich einige Malstifte mit - ich hätte ihnen gern mehr gegeben...

In der Hütte des Puppenspielers wurde ich dann auch mit wärmster Freundlichkeit empfangen. Wir saßen am Boden, aßen, tranken, redeten. Immer wieder kamen Leute aus dem Viertel, um mich zu sehen, einige Kinder sangen und trommelten sogar für mich.
Danach zeigte mir der Bruder des Puppenspielers die Schule des Slums.

Unter diesen Umständen ist Lernen fast unmöglich, es fehlt einfach an allem. Es gibt keine Stifte, kein Papier, keine Tafeln- der Inhalt weniger billige Poster ist alles, was diese Kinder lernen können...

So traurig und ausweglos die Situation hier scheint- die menschen scheinen trotz allem zufrieden zu sein. Für einen Außenstehenden (wie mich) ist das nur schwer nach zu vollziehen, gleichzeitig aber auch der einzige Trost...