Vietnam - Traum und Wirklichkeit

Sieht auf der Landkarte nicht weit aus die Fahrt von Hue nach Hoi An. Aber irgendwie zieht sich die Fahrt. Am wenigsten Schuld daran hat die Landschaft. Die bemüht sich um unser Auge und gebietet uns, unsere Blicke nach außen gerichtet zu lassen. Den ersten Berg, den unser Bus erklimmt, verwechseln wir mit dem Wolkenpass. Trotzdem ist unser Fahrer gnädig und hält auf offener Strecke, damit wir die Aussicht auch fotografisch dokumentieren können.

Nach zwei Minuten wächst eine junge Frau aus dem Boden, die uns Ansichtskarten, Straßenkarten und ihre Großmutter verkaufen will. Ebenso aus dem Nichts taucht weitere zwei Minuten später ein kleiner Junge auf. Der ältere Mann, der uns fünf Minuten darauf auch noch beehrt, hat entweder einen weiteren Weg oder einen kürzeren Atem. Unglaublich, woher die auf einmal kommen. Neben der Straße geht es mehr oder weniger senkrecht hinunter. Ob die hier auch solche Tunnels haben wie in Cu Chi? Die Vermutung drängt sich auf, dass dieses jähe, unvermutete Auftauchen in den Genen dieses Volkes liegen muss. Ich kann mir den Schreck amerikanischer Soldaten (oder französischer, oder chinesischer, ist ja egal) vorstellen, wenn da plötzlich Partisanen aus dem Erdboden wuchsen.

Viele Tage später in der Nähe von Bac Ha würde ich diese Erfahrung noch einmal machen. Ein Mädchen mit riesigem Tragekorb, das urplötzlich wie ein Geist aus der Flasche über ein Feld schweben würde, während ich meinen Fotoapparat auf eine Bäuerin in Tracht fokussiere. Es waren keine Wolken zum Verstecken, wenn das nun wer vermuten sollte.
Der wolkenverhangene Wolkenpass (no na!) lag schließlich noch vor uns.