MITTENDRIN IN AFRIKA
Im Dreiländereck
Ruhengeri, 12. Juni 2007
Die Busfahrt wird ganz easy. Ruanda ist ein kleines Land, und die Fahrten dauern selten mehrere Stunden, die heutige nach Ruhengeri, dem Ausgangspunkt für die Touren in den Volcano Nationalpark, kaum 90 Minuten.
Wir fahren durch eine wunderbare Landschaft. Ich verstehe warum Ruanda "le pays des mille collines" - "Land der Tausend Hügel", genannt wird. Ich habe den Eindruck, dass mir sämtliche Tausend Hügel schon auf dieser Fahrt begegnen, sanft geschwungen reiht sich ein Kegel an den anderen. Ruanda ist das am dichtesten bevölkerte Land Afrikas, deshalb ist sehr viel Fläche kultiviert. Man findet viel Terrassenbau, ähnlich wie in Nepal. Natürlich ist auch hier längst der Regenwald verschwunden, aber das ganze Land erscheint fast ausnahmslos grün und fruchtbar.
Auf den guten Asphaltstraßen bewegen sich am Morgen Kolonnen von Menschen. Entweder kommen sie oder wollen zum nächsten Markt. Diejenigen, die ihre Einkäufe bereits getätigt haben, schleppen nun ihre Waren auf dem Kopf oder auf den Fahrrädern die oft steilen Wege hinauf. Auch in den Dörfern, die wir passieren, ist mächtig was los auf den Straßen.
Ich schätze mal insgesamt mehr als ein Drittel der Menschen, die ich während meines Aufenthaltes in Ruanda auf den Straßen umhergehen sehe sind Schüler, egal ob frühmorgens oder spät am Nachmittag, leicht zu erkennen an ihren Schuluniformen. Ich frage mich, ob ein Großteil ihres Lehrplans das Herumlaufen in der Umgebung vorsieht.
In Ruhengeri komme ich am späten Vormittag an. Mein Hotel liegt etwas außerhalb, und ohne dass ich es verhindern kann schnappt sich ein Junge meine schwere Reisetasche, hievt sie auf den Kopf und marschiert stramm drauf los. Mir bleibt nichts weiter übrig als hinterher zu stapfen, obwohl mir ein Moped angesichts der langen Strecke sinnvoller erscheint.
Nach 30 Minuten Marsch durch die pralle Sonne kommen wir endlich an. Ich gebe dem Jungen 500 Francs, umgerechnet 80 Cent für seine Dienste. Er ist schier fassungslos angesichts der fürstlichen Entlohnung.
Das Päarchen aus den USA/Spanien treffe ich dort auch sofort wieder. Sie wollen gerade zurück nach Kigali. Ihr Gorilla Track ist schon zeitig zu Ende gewesen. Sie hatten Glück und Pech zugleich. Pech, weil alles recht schnell zu Ende war, Glück, weil die Gorilla Familie an diesem Morgen aus dem Bambuswald herauskam und auf den Feldern ihr Frühstück zu sich nahm. Das hatte wohl selbst die Führer überrascht, sie liefen insgesamt kaum 15 Minuten, hatten aber die Gelegenheit zu tollen Fotos, die sie mir auch gleich stolz vorführen.
Das Hotel Muhabura ist die erste Adresse am Platz. Es liegt hinter dicken Mauern auf einem großen Areal mit schönem Garten und einzelnen Gebäuden, in denen sich Rezeption, Restaurant, das durchgängig auch von vielen Geschäftsleuten aufgesucht wird, Küchentrakte, Wäscherei und natürlich die Gästezimmer befinden. Meines ist riesig, mit großem Badezimmer und kostet keine 20 Euro.
Der Aufenthalt wird nicht langweilig. Die Angestellten sind sehr nett und halten gerne mal ein Schwätzchen. Ach ja, die Sprache. In Kenia und Uganda ist Englisch Amtssprache, also kein Problem. Ruanda ist eigentlich französischsprachig. Zudem ist es das meines Wissens nach einzige Land Afrikas, das nur eine Stammessprache kennt, Kinyarwanda. Aber nach dem Genozid kamen viele Flüchtlinge aus den umliegenden englischsprachigen Ländern zurück und brachten englische Sprachkenntnisse mit. Bei der Jugend ist Englisch sowieso in und die Franzosen spielten in den schrecklichen Jahren eine unrühmliche Rolle und sind seitdem in breiten Bevölkerungskreisen nicht gut gelitten. Folglich befindet sich das Frankophone auf dem Rückzug. In Kigali kommt man mit Englisch bestens durch, auch hier in Ruhengeri wird wegen der Touristen Englisch gesprochen, nur bei meiner nächsten Station am Kivusee und im Kongo muss ich meine rudimentären Französischkenntnisse hervorkramen.
In den späten Nachmittagsstunden meines Aufenthalts in Ruhengeri mache ich jeweils Spaziergänge in die Stadt. Viel zu sehen gibt es nicht, bzw. doch. Wie überall herrscht auf den Straßen großes Gedränge, jeder ist irgendwohin unterwegs, und in der langsam untergehenden Sonne strahlen die bunten Farben der Kleidung der Leute und der bunt angestrichenen Häuser besonders intensiv. Wie so oft während meiner Reise hätte man zauberhafte Fotos machen können. Hätte. Aber ich bin im tiefsten Afrika. Die Menschen wollen nicht fotografiert werden, und selbst wenn man Aufnahmen von irgendeiner Marktszene macht gibt es unter Garantie mindestens Einen, der das nicht mag und schon ist der Ärger groß. Ich denke mit Wehmut zurück an meine letzte Reise nach Madagaskar, wo das Fotografieren gar kein Problem war. Unter solchen Umständen hätte ich hier ganze Bildbände voll knipsen können, an jeder Ecke lauert ein anderes tolles Motiv.
Aufbruch: | 02.06.2007 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 26.06.2007 |
Kenia
Uganda
Kongo / Demokratische Republik Kongo