Buddha kichert leise
Trang und Quynh Anh.
Saigon macht uns den Abschied schwer.
Mein Genick ist starr. Ich versuche zu schlafen, aber mein Körper hat keine Ahnung wie spät es ist, ich habe Durst und meine Beine schmerzen. Elfi, Renate und ich sitzen über mehrere Reihen verteilt, keine Stewardess weit und breit. Die schlafen sicher besser als ich. Ich streiche den Qatar Airways gleich einmal drei ihrer fünf Sterne weg. Zwei dürfen sie behalten, weil der Flug von Saigon nach Doha wirklich angenehm war, jede Menge Platz für die Beine und die gewohnte eigene Multimediaausstattung für jeden Sitzplatz.
OK, wir unternahmen die Reise ja nicht wegen des Fluges, also vergessen wir die Unannehmlichkeiten.
Ich habe ausreichend Zeit, die letzten zwei Tage in Saigon Revue passieren zu lassen.
Blenden wir zurück:
Gestern stehen wir um 04:30 Uhr in der Hotelhalle bereit und warten auf unser Taxi. Die Männer des Indochina Hotels schlafen auf Matten in der Hotelhalle zwischen den Mopeds. Sie schlafen sehr tief und wir wecken fünf nach halb fünf einen von ihnen, weil die Eingangstür abgeschlossen ist. Schlaftrunken torkelt er hoch, schaut auf seine Uhr. Er hat den Wecker überhört. Er rennt nach hinten und weckt den Taxifahrer, der sich in aller Ruhe wäscht und anzieht. Nun endlich, mit einer Viertelstunde Verspätung fahren wir im erwachenden Morgenverkehr los Richtung Flughafen. Geht sich natürlich ohnehin aus und wir fliegen pünktlich wie immer ab. Nagelneuer Airbus mit dem größten Sitzabstand, den ich jemals erlebt habe. Nicht einmal aus den Zeiten meiner Businessclass-Flüge nach Zürich kenne ich so etwas. Die Reisschleimsuppe mit Shrimps ist allerdings nicht jedermanns Sache, aber im Blue River Hotel bekommen wir dann ohnehin unser bekannt gutes Frühstück. Auch die Abholung vom Flughafen funktionierte wieder perfekt.
Trang, unsere Studentin, die ich aus dem Internetforum kenne, schreibt ein SMS, dass sie sich verspäten wird. Wir hatten vereinbart, dass sie uns um zehn Uhr abholt und uns die Stadt zeigt. Wenige Minuten nach zehn schneit sie mit ihrer Freundin Natasha, die eigentlich Oanh heißt, bei der Tür herein.
Oanh studierte ein Jahr in Holland, musste aber wegen einer Krankheit Studium und Aufenthalt abbrechen. Da die Holländer mit "Oanh" Schwierigkeiten hatten, wurde sie Natasha genannt. Warum eine Vietnamesin einen russischen Namen bekam weiß auch sie selbst nicht. Natasha jedenfalls kam auf ihrer Honda mit Trang, weswegen sie doch noch pünktlich waren. Beide Mädchen sehr nett und wollen uns alles recht machen. Da wir übers Internet vereinbart hatten, eine Stadtbesichtigung mit dem öffentlichen Bus zu machen, fahren wir mit der Linie 1 nach Cholon. Thien Han-Tempel und Quan Am-Pagode.
Den Thien Han-Tempel wollte ich wieder sehen, hatte mich letztes Jahr mit seinen Hunderten Figuren am Dach und den Räucherspiralen so fasziniert. Und auch heute wieder ein schönes Erlebnis.
In der Quan Am-Pagode wird diese noch am wenigsten verehrt, sondern hauptsächlich zu verschiedenen Tiergeistern gebetet, aber auch zu Film- und Zeichentrickfiguren. Onkel Dagobert hat mir gefehlt. Da ja ohnehin alle mit Geldbündeln in der Hand beten wäre das eine sinnvolle Ergänzung. Ich überlege gerade, ob ich das nicht vorschlagen soll.
Anschließend nehmen wir wieder den Bus und fahren zum Binh Thay Markt, diesem faszinierenden Großmarkt in Cholon.
Gegen den Durst beschließen die vier Damen Zuckerrohrsaft zu trinken, trinke ich halt nichts. So etwas trinke ich auf der Straße nicht aus Gläsern, und Bier haben sie keines.
Wieder mit der Linie 1 zurück finden uns die zwei Mädchen ein sehr gepflegtes Restaurant in der Nähe unseres Hotels, wo uns vor allem der Ananasreis sehr gut schmeckt.
Umgerechnet rund acht Euro fünfzig für Essen und Getränke für fünf Personen beweist wieder einmal, dass es eigentlich nicht sehr schlau ist, in schlechtere Lokale zu gehen, aber diese Qualität muss man eben erst einmal finden...
Wir bedauern alle, dass wir nicht mehr Zeit miteinander hatten und verabreden uns daher für morgen Nachmittag noch einmal zum Süßspeisenessen bei der Universität.
Jetzt brauchen wir ein Taxi zu Quynh Anh, die uns für heute Abend zum Essen eingeladen hat. Nachdem Quynh Anh unterwegs mal dem Taxifahrer am Handy den Weg erklärt hat, finden wir auch wirklich die Adresse. Quynh Anh läuft uns schon entgegen, ich erkenne sie sofort von den Fotos. Eine der besten Freundinnen von Trang, selbe Deutschklasse an der Universität, deswegen bin ich auch mit ihr im Internet bekannt geworden.
Wir werden sofort von der ganzen Familie überschwänglich begrüßt. Der Vater Tan, die Mutter Quynh, der Bruder Quang und die Cousinen Vy, Nhi und Nhu.
Die Familie führt eine Comic-Tauschzentrale, die gleichzeitig auch Wohn- und Esszimmer ist. Hinter dem Verkaufsraum ist das fensterlose Elternschlafzimmer und dahinter die kleine Küche. Immerhin Fließwasser. Quynh Anh hat ihr Zimmer oben, aber das sehen wir nicht. Vater Tan war nach dem Amerikanischen Krieg aus Nordvietnam nach Saigon gekommen, wo er Mutter Quynh kennen lernte, die als Kind vor den Bombenangriffen nach Saigon geflüchtet war. Beide Kinder studieren und die Familie hat es sicher auch nicht ganz leicht. Wir müssen sofort alle Fotos anschauen, und die Münzsammlung von Quynh Anh, die vorerst aus nur sehr wenigen Münzen besteht. Eine komplette Euro-Sammlung habe ich mitgebracht, werde ihr aber noch Einiges schicken müssen, denke ich. Tan zeigt uns stolz sein kleines Aquarium, das er blitzsauber hält. Das Essen, das Quynh Anh mit ihrer Mutter für uns zubereitet hat, besteht aus mehreren Gängen und schmeckt vorzüglich. Besonders angetan haben es uns die Schlickkrapferln, die in Vietnam natürlich anders heißen. Wir haben wirklich einen vergnüglichen und kurzweiligen Abend und wir sind sehr traurig, als wir aufbrechen müssen.
Die Abschiedszeremonie zieht sich ziemlich in die Länge...
Den heutigen Tag nutzten wir auch noch entsprechend.
Zuerst zu Fuß zum Ben Than Markt, wo die letzten Souvenirs gekauft werden, und dann weiter zum Saigon-Fluss. Für eine kleine Flussrundfahrt reicht allerdings unsere Zeit nicht, aber ein Bierchen am Ufer geht sich aus.
Nachher durchs historische Zentrum, Opernhaus, Rathaus, Kathedrale, Hauptpost.
Die Kathedrale ist leider zu, aber wird schon nicht eine übermäßig große Bildungslücke sein.
Im Saigon Trade Center verbringen wir in einem gepflegten Café die Zeit bis zum Treffen mit Trang.Leider hat nur sie Zeit und wir gehen in ein Lokal in der Nähe, wo es eine unglaublich große Auswahl an süßen Köstlichkeiten gibt. Ein wenig später stößt noch Natasha dazu.
Schwerer Abschied auch hier.
Ciao, wir kommen wieder.
Beim Einchecken am Flughafen Saigon verweigert man uns die Übersäcke für die Rucksäcke, aber beim letzten Flug ist uns das auch egal. Wenn jetzt ein Tragriemen reißt, haben wir kein Problem mehr damit.
Sonnenaufgang 26. Februar 2008, wir nähern uns Wien. Ein traumhaftes Erlebnis geht zu Ende.
Danke Yen, Don und den übrigen Vereinsmitgliedern im Mekongdelta für Euren warmherzigen Empfang.
Danke Tinh und Son in Tram Tau für Eure freundliche Betreuung.
Ganz herzlichen Dank an Ker, Hat, Hong, Trang, Oanh und Quynh Anh, und selbstverständlich an all unsere Patenkinder, ohne die wir diese Reise wahrscheinlich nicht unternommen hätten.
Ja, und natürlich meine tiefe Anerkennung an Elfi und Renate, die alle Strapazen und Unannehmlichkeiten ohne Murren ertragen haben und die besten Reisegefährten waren, die man sich nur wünschen kann.
(c) Norbert Wallner
April 2008
Aufbruch: | 31.01.2008 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 26.02.2008 |
Laos