Buddha kichert leise

Reisezeit: Januar / Februar 2008  |  von Norbert Wallner

Wat ist denn dat?

Himmel und Hölle in Vientiane

Vorhof zur Hölle. Oder doch nur Fegefeuer?
Dabei hatte es so schön begonnen. Zarte Mädchenhände haben meine Füße gewaschen. Angenehm warmes Wasser, gemütlich im Sessel, Füße in der Waschschüssel, sanft eingeseift, gewaschen und behutsam abgetrocknet, dazu einschmeichelnde Musik und ätherische Düfte.
Und jetzt das! Was habe ich davon, dass sich das hübscheste aller Mädchen hier meinen Körper vornimmt, wenn sie mir ihre Fäuste zwischen die Rippen rammt? Mir die Bänder meiner Gelenke drei Meter in die Länge zieht? Meine Muskel quetscht bis die Gefäße platzen? Mich reißt und hämmert dass es Gott erbarme? Im Rollstuhl werde ich diesen Ort verlassen, dahinsiechen. Sterben. Ein letztes Mal in diese wunderbaren braunen Augen blicken und gar nicht selig entschlummern, sondern einen qualvollen Foltertod erleiden.
Unfassbar, wie leichtfertig wir in diese Falle gegangen sind. Von Renate neben mir höre ich schon nichts mehr, wahrscheinlich nimmer am Leben. Elfi hat es gut, Fußmassage.
Wenigstens die Arme wird sie noch bewegen können, die Arme. Ich armer Wicht werde nicht einmal mehr nicken können.
Nachmittag ist es uns noch so gut gegangen hier in Vientiane. Vormittag am Wat, ääähm, am Wat Sisavad vorbei. Klar, Wat Sisavad, weil wir ja in der Villa Sisavad logieren. Also am Wat Sisavad vorbei zum Anousavari, diesem Triumphbogen, von dem aus man angeblich einen wunderbaren Blick über die Stadt hat. Stimmt, der Blick war wunderbar, aber von der Stadt war nicht viel zu sehen. Ich dachte, man würde bis zum Mekong sehen, zu dem wir gestern nach der Ankunft noch gewandert sind. Da hat das Verderben ja seinen Anfang genommen. Am Weg zum Mekong kamen wir bei diesem Etablissement vorbei, in dem ich nun mein Leben aushauchen werde. Medizinische Massage, Dr. Frankenstein, oder wie der heißt. Am Mekongufer kein Beer Lao bekommen, aber dafür ein Tiger Draught zu einem beschämend niedrigen Preis. Ich habe nicht reklamiert, ich war einfach zu müde nach einem ganzen Tag Flughafen, Flugzeug, Flughafen, Flugzeug, Flughafen.

Schon in Rach Gia hatte man in unserem Gepäck eine Bombe gefunden. Von einem sehr freundlichen Sicherheitsbeamten zum Sicherheitscheck unserer Rucksäcke geschleift, konnte jedoch nichts mehr gefunden werden. Ob ich Batterien mithätte, in meinem Rucksack wäre etwas entdeckt worden. Nein, keine Batterien in meinem Rucksack, habe meine Ladegeräte und Akkus im Handgepäck. Rucksack durch den Scanner. Nichts. Vielleicht in Renates Rucksack, schlug ich vor. Auch dieser Scan brachte kein Ergebnis. Mehr gnadenhalber als überzeugt ließ man uns abfliegen. Renate verdonnerte ich, in Zukunft ihre Ersatzakkus ebenfalls im Handgepäck mitzuführen. Aus unerfindlichen Gründen mussten wir in Pnomh Penh den Flieger verlassen. Passkontrolle, Ticketkontrolle, Passkontrolle, Sicherheits-Checkin, mit Allem von sich Werfen, wieder Ticketkontrolle, um letztendlich wieder genau auf demselben Platz im selben Flieger zu sitzen. Ich dachte, die spinnen, die Kambodschaner. Da kannte ich die Laoten noch nicht. Jetzt kommen mir die Kambodschaner eh ganz normal vor. Soll ich Euch mal die Einreiseformalitäten bei der Einreise am Flughafen von Vientiane schildern?
Egal, ich erzähl es trotzdem.
Man wendet sich in der Ankunftshalle zuerst an den linken Tisch, dort liegen die Visaformulare, die man gewissenhaft ausfüllt. Ein freundlicher Beamter erklärt, dass der Blödsinn, den man auf unsinnige Fragen geantwortet hat, eh passt. Mit diesem Okay stellt man sich in die Schlange auf der rechten Seite. Nach einer halben Stunde ist man immerhin schon eine Bodenfliese = 30 cm vorgerückt. Die Schlange ist unendlich, und das Taxi wartet. Vorne sind drei Schalter. Am ersten wird der Visaantrag entgegen genommen und sorgfältig mit dem Reisepass verglichen. Schalter 1 reicht weiter zum Schalter 2, wo der Antrag gewissenhaft bearbeitet wird. Schalter 2 gibt nun weiter an Schalter 3, wo noch einmal alles überprüft und gnädig das Geld des Wartenden entgegen genommen wird. Hat man seinen Pass wieder, dreht man sich um und marschiert zu einem der sechs Einreiseschalter. Man hat freie Wahl und überlegt, welchem Beamten wohl am langweiligsten ist, man will schließlich nicht beim Nichtstun stören. Das Einreiseprozedere als solches ist dann in einer knappen Minute erledigt, Über all diese Idylle hat ein Beamter in schmucker Uniform die Oberkontrolle. Unser Glück war, dass eine Stunde nach uns noch ein Flugzeug in dieser Hauptstadt gelandet war. Diese Tatsache hatte beim Oberkontrolleur erkennbare Aktivität ausgelöst. Er ging nun zum Schalter 2, entriss dem dahinter sitzenden Beamten jeden Reisepass, der jeweils von Schalter 1 durchkam, sprach einige kommentierende Worte und löste bei Beamten 2 ein finales Stempelgeräusch aus. Bei uns schlichtete er alle drei Pässe zusammen, und ich durfte sogar gleich am Schalter 3 den gemeinsamen Gesamtbetrag zahlen, ohne drei Mal Wechselgeld hin und her reichen zu müssen.

So schafften wir es, doch schon nach eineinhalb Stunden das Flughafengebäude zu verlassen. Und siehe da, sogar unser Abholservice war noch da. Nicht ein einziges Wort der Klage kam über die Lippen des armen Taxlers. Das ließ einiges erwarten für unsere Laos-Woche.
Wie kam ich überhaupt auf diese Laos-Idee? Meinen Körper zerreißen lassen hätte ich mir in Vietnam ja auch können. Schuld war dieses Tet-Fest, zu dem angeblich alles geschlossen ist in Vietnam und dann angeblich doch wieder nicht. Hätte ich vorher früh genug die Einladungen bekommen, das Tet-Fest mit vietnamesischen Freunden zu feiern, hätte ich mich nicht auf dieses Abenteuer hier eingelassen. Aber gut, die Flüge waren gebucht und jetzt sind wir hier. Schade, wäre doch schön gewesen dieses Land, so viel ich bisher gesehen habe. Vom Anousavari, diesem Triumphbogen, ihr wisst schon, nahmen wir ein Tuk-Tuk zum That Luang, dem allergrößten Heiligtum von Laos.

Vientiane: Wat Sisavad

Vientiane: Wat Sisavad

Vientiane

Vientiane

Vientiane

Vientiane

Vientiane

Vientiane

Vientiane

Vientiane

Vientiane: That Luang

Vientiane: That Luang

Vientiane: That Luang

Vientiane: That Luang

Vientiane: Wat Sisaket

Vientiane: Wat Sisaket

Vientiane: Wat Sisaket

Vientiane: Wat Sisaket

Irgendwie hatte ich vermutet, das Ding wäre echt vergoldet, war dann doch nur gelb gestrichen. Trotzdem sehr schön, ich denke so richtig in Gold würde man das ohnehin nicht verkraften. Links davon ein Wat, rechts davon ein Wat, das kann schon wat. Ähm, dat hat schon wat. Ach wat, ein Wat ist ein Kloster. Ich würde ja sagen, ein stinknormales Kloster, aber das stimmt nicht, nicht für unsere Begriffe. Man kann's ohnehin nicht erklären, so etwas muss man sehen.
Nachdem wir uns mit gebratenen Bananen und Süßkartoffeln gestärkt hatten, wobei die Bananen eher geschmacklos waren, dafür die Süßkartoffeln aber wirklich gut, charterten wir wieder ein Tuk-Tuk zum Wat Sisaket, dem ältesten Kloster der Stadt. Apropos Tuk-Tuk: Das sind diese Moped-Dreiradler, wo man hinten auf der überdachten Ladefläche sitzt. Wie wir später feststellten, sind diese Vehikel trotz fester Preistabellen teurer, als wenn man gleich ein richtiges Taxi nimmt. Aber lustiger ist halt so ein Tuk-Tuk. Zurück zum Wat Sisaket. Das ist wirklich absolut sehenswert, nicht nur wegen der 10.136 Buddhastatuen, die hier gesammelt wurden.
Hier störte uns diese französische Reisegruppe das erste Mal. Ich meine, sie waren ja nicht ungut, aber eben einfach da. Immerhin ermöglichten sie uns am gegenüberliegenden Ho Phra Keo, dass wir ohne Eintrittskarten hinein konnten. So rein vom Aussehen gingen wir glatt als Franzosen durch - und Zählen und Rechnen gehört ohnehin nicht zu den Stärken der Laoten. Ja, dieser Ho Phra Keo war auch recht nett, würde in jeder Stadt der Erde zu den Sensationen gehören.

Vientiane: Phra Keo

Vientiane: Phra Keo

Müde wie wir waren, ließen wir uns von einem Tuk-Tuk zu unserem Guesthouse bringen. Gestern Abend hatte uns der Preis noch geschreckt, wodurch wir einige nächtlich beleuchtete Highlights zu sehen bekamen. Gleich rechts vom Mekongufer hinein hatte ich noch gescherzt, dass da das Rotlichtviertel sein müsste, weil die Autos wie Zuhälterautos aussahen in dieser Gasse, und ich hätt's nicht verschreien sollen, stolperten wir schon über ein eindeutig ausstaffiertes Gör. Aber das meine ich nicht mit beleuchtetem Highlight, sondern die prunkvollen Gebäude am Weg. Aber heute Tuk-Tuk, weil wir noch ein paar Stunden am Pool relaxen wollten. Das stand uns zu, waren wir der Meinung. Schließlich hatten wir schönes Wetter mitgebracht, die ganzen zwei Wochen davor hatte es täglich stundenlang geschüttet, wie uns gestern bei der Ankunft unser Taxifahrer erzählte. Das Schwimmen unter Palmen war wirklich sehr erholsam.

Vientiane: Villa Sisavad

Vientiane: Villa Sisavad

Dann wollten wir zu einer Tanzvorführung im Nationaltheater, die auf einem Plakat in unserem Guesthouse angekündigt war. Sehr genau wurde uns in der Rezeption der Weg erklärt, nach einigem Suchen fanden wir sogar das Theater, nur Vorstellung gab es keine. Werden wir uns eben in Luang Prabang so etwas anschauen. So kamen wir jedenfalls am Markt daneben zu einigen Leckereien. Wan heißt süß, entnahm ich aus meinem Sprachführer, somit konnten wir auch ein Dessert aussuchen. Am Rückweg nahmen wir noch einen unfreiwilligen Umweg über ein neues Wat, das führte uns in ein absolut untouristisches Viertel. Ich brachte ein Opfer dar, um den Mönch bei seiner Beratungsstunde fotografieren zu dürfen. Buddha schien zu grinsen. Kann es sein, dass ich sein leises Kichern hinter meinem Rücken vernehmen konnte?

Abendmarkt in Vientiane

Abendmarkt in Vientiane

Sprechstunde in einem neuen Wat in Vientiane

Sprechstunde in einem neuen Wat in Vientiane

Hundeliebe

Hundeliebe

Kleine Freunde in Vientiane

Kleine Freunde in Vientiane

Na ja, und dann waren unsere Füße eben staubig, als wir uns hier zur Massage einfanden. Ein schrecklicher Fehler, wie sich nun herausstellt. Ich weiß jetzt, warum Buddha gekichert hat. Clinic Shanghai. Gerade wurde mir das Genick gebrochen. Als lebloses Fleisch falle ich zurück auf die Matratze.
Dr. Athaphone Soulya steht auf seiner Visitkarte. Und darunter "Pain and Stress". Hätte ich vorher lesen sollen! In meinem Körper beginnt es zu kribbeln. Die Haut fühlt sich weich und geschmeidig an, lieblich klingt die Musik in meinen Ohren und ich bin betört von den guten Düften, die den Raum füllen. Neben mir seufzt Renate zufrieden und langsam setze ich mich auf und lüfte den Vorhang. Vor mir sitzt Elfi mit verklärtem Blick. Ich fühle michwie neu geboren. Nur mehr ein kurzer Spaziergang zur Villa Sisavad und ein entspannter Schlaf erwartet uns. Morgen werden wir im Morgengrauen von unserem Tuk-Tuk-Fahrer abgeholt, der uns zum Busbahnhof bringt.

© Norbert Wallner, 2008
Du bist hier : Startseite Asien Laos Wat ist denn dat?
Die Reise
 
Worum geht's?:
Paten- und Erlebnisreise, die knapp 4 Wochen durch Vietnam und Laos geführt hat, teils abseits der Touristenströme. Im Zentrum des Interesses stand der Kontakt zu den Menschen und Völkern dieser Region.
Details:
Aufbruch: 31.01.2008
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 26.02.2008
Reiseziele: Vietnam
Laos
Der Autor
 
Norbert Wallner berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors