Mosambik und Malawi
Trommeln in der Nacht - Ilha de Mocambique
Wir bewohnen ein lustiges kleines Chalet mit einem bunten Bett und einer mit Spitzendeckchen verkleideten Zimmerdecke. Vom Strand ein paar Meter unterhalb blickt man unmittelbar auf besagte Brücke zur Insel, die nur einspurig zu befahren ist (mit kleinen Ausweichnischen).
Die Nacht ist sehr anstrengend gewesen, es ist Wochenende und im Dorf wird mit Trommeln und Tanz gefeiert. Es gibt außer an der Autostraße kein elektrisches Licht und so ist es eine durchaus intime Szene, wenn insbesondere jüngere Frauen sich zusammendrängeln und dabei ausgelassen tanzen, jede für sich oder auch rhythmisch in einer Gruppe und andere, Frauen, Männer, Kinder, sich eng um die Tanzenden scharen. Auf einem Nachtmarkt wird gebratener und geräucherter Fisch verkauft. Beim ersten Mal hauen sie uns noch mächtig übers Ohr. Ein kleiner Fisch etwa - das sind die richtigen Preise - kostet zwei Meticais, fünf Cent oder so. Am nächsten Morgen können wir den Fischern bei der Arbeit zusehen. Denn als wir jetzt zu Fuß über die Brücke gehen, ist Ebbe. Die meisten von ihnen sind, genau betrachtet, Sammler, tragen Körbe bei sich und suchen den Grund nach kleinen Meerestieren ab. Wo noch Wasser verblieben ist, sieht man von der niedrigen Brücke auf bunte Fischschwärme hinunter. Zwei Männer ziehen im Wasser watend ein größeres Netz zusammen, ihre Ausbeute ist, soweit man sehen kann, gering. Die Ilha de Moçambique, auf der einstmals Vasco da Gama gelandet ist, nachdem er das Kap der Guten Hoffnung umrundet hatte, ist lange Zeit Amtssitz der portugiesischen Kolonialverwaltung gewesen. Davon ist heutzutage mit wenigen Ausnahmen, zu denen in erster Linie der alte Gouverneurspalast zählt, nicht mehr viel übrig geblieben. Die Häuser, bis zum Abzug der Portugiesen in den siebziger Jahren noch intakt, sind meistens heruntergekommen, zuweilen bloß noch Ruinen. Es fehlt an Geld bzw. an Unternehmern, der Eintrag auf der UNESCO-Welterbeliste scheint nicht viel zu bewirken und das erhoffte Gefühl Portugal in Mosambik zu erleben will sich nicht einstellen. Selbst beim Besuch des Palastes mit seiner großen Kapelle läuft man nur durch ein museales Stück Oberklasseleben mit Möbeln zusammengetragen aus anderen portugiesischen Kolonien. In einer Kneipe mit einer hübschen Wirtin treffen wir Joachim, einen Deutschen. Er lebt auf der Insel, ist Unterwasserarchäologe und erzählt uns von seinen Grundstücken und den Geschäften, in denen er mitmischt. Als er genug davon erzählt hat, steht er auf und entschuldigt sich mit einem dringenden Termin beim Frauenfußball. Eigentlich würden wir ihm gerne folgen, besser gesagt, würden uns gern ein Spiel ansehen, aber Joachims Ortsangabe ist so unklar wie er selbst, wir lassen's bleiben. Am Abend streifen wir wieder über den Nachtmarkt, besorgen uns eine Flasche portugiesischen Rotwein, mit der wir noch eine Weile draußen am Strand sitzen. Erneut herrscht viel Tamtam, dieses Mal aber in Form von stampfender Musik aus überdrehten Lautsprechern. Sie begleitet uns fast die ganze Nacht hindurch, mit Ohrstöpseln lässt es sich ertragen. Einen Morgenkaffee trinke ich nicht mehr bei Helena, sie schüttet das übliche Rührpulver in eine Kaffeemaschine und verlangt 40 Meticais pro Tasse (kalt ist er auch noch), der Gegenwert von zwanzig geräucherten Fischlein. Dieses Mal trinken wir den Kaffee drüben auf der Insel im Restaurant eines von einer Französin geleiteten Hotels, der Kaffee schmeckt herrlich, die Bedienung ist wunderbar bunt. Einige Touristen laufen die Sträßchen auf und ab, es gibt jedoch nicht allzu viel zu sehen hier und so sind wir froh, als wir, angelockt vom Geruch frisch gesägten Holzes, an einer Baustelle stehen bleiben und der Bauleiter uns in dem alten Gemäuer herumführt, das restauriert werden soll. Er sagt, dies seien mit die ältesten Mauern auf der Insel, sie stammten noch aus dem 14. Jahrhundert und haben, wenn das stimmt, schon hundert Jahre vor Vascos Ankunft hier gestanden. Bemerkenswert ist unser Mittagessen. Das Lokal haben wir zufällig gefunden, nachdem ein anderes, das wir aufsuchen wollten, geschlossen hat. Die Wirtin empfiehlt uns frischen Tintenfisch, wir sind gerne einverstanden. Sieben Stück serviert sie uns dann, dazu Kartoffeln und anderes Gemüse. Dass der Kochvorgang freilich zwei(!) Stunden dauert, ist kaum zu erklären. Nach ungefähr einer Stunde immerhin schält Madame höchstselbst die Kartoffeln, dazwischen hört man vielleicht einmal etwas Geschirr klappern, dann wieder lange gar nichts, als es aber endlich soweit ist und das Essen aufgetragen wird, schmeckt es - himmlisch. (Ich lasse mich zu einem ebensolchen Trinkgeld hinreißen.) Ja und dann fahren wir wieder zum Festland zurück und sparen uns den vierzigminütigen Fußmarsch. Jane und Allen sind am Morgen bereits losgefahren, ein älteres französisches Ehepaar ist in der Zwischenzeit gekommen, auch sie im Geländewagen mit Dachzelt unterwegs, sie reisen quer durch den Kontinent. Wir breiten meine Karte aus, benennen Routen zwischen Kapstadt und Addis Abeba, die wir schon einmal gefahren sind, der Franzose sortiert jeweils genau nach dem Grad der Gefahr oder Ungefährlichkeit und mir wird fast warm ums Herz bei so viel Globetrottertalk. Der Mann - wir haben uns namentlich gar nicht vorgestellt - spricht ein lupenreines Deutsch und gleicht der Kritikergestalt Reich-Ranicki sogar bis auf den Zungenschlag. Am Morgen lädt uns das Ehepaar, Mitte oder Ende sechzig werden sie sein, zum Kaffee ein. Sie haben alles an Bord, der Wagen ist voll gestopft bis unters Dach, ein eigener Wassertank gehört mit zur Ausrüstung und sie weichen vor keiner Gefahr. Zum Abschied Umarmungen.
Aufbruch: | Juli 2008 |
Dauer: | circa 9 Wochen |
Heimkehr: | September 2008 |
Mosambik
Malawi