Mosambik und Malawi
Eckig, nicht rund - Blantyre
Collin ist ein weiterer Südafrikaner, auch er erzählt Gruselstories aus seiner Heimat ("schon zweimal auf offener Straße angeschossen worden"), in der »Casa de pesce« vertritt er den abwesenden Chef. Er ist wohl schon Ende sechzig, tagsüber sitzt er in einem Chalet, sieht sich Rugby- und Krickettspiele an und trinkt Bier, am Abend kehrt er zu seiner Hütte irgendwo im Busch zurück. Er zeigt uns den Ort, als er uns am Morgen zu einem Dorf bringt, von dem aus man eine Chapa zur Weiterfahrt finden kann. Wir müssen nicht lange darauf warten, es ist fast schon ein fliegender Wechsel, und dann geht es wieder slalomhaft um tiefe Schlaglöcher herum, bis wir in ein weiteres Dorf gelangen, bald in der nächsten und wiederum schrottreifen Chapa sitzen und nun endgültig auf dem Weg nach Tete sind.
Die Überlandstraße ist über eine längere Strecke hinweg nicht geteert, Autos verkehren kaum, dafür sieht man viele Ochsenkarren. Zwei hilfsbereite Frauen bringen uns in Tete zur Haltestelle der Chapas, die zur malawischen Grenze nach Zóbué fahren. Zunächst stehen uns noch zwei Stadtrundfahrten bevor, die der kleine Bus auf der Suche nach weiteren Passagieren macht. Es ist nebenbei eine recht angenehme Stadt und wir bedauern es fast nicht noch einen Tag länger bleiben zu können, aber der Sinn ist nun auf Malawi ausgerichtet, dessen Bewohner der Guide als die freundlichsten in Afrika beschreibt. Und wie zum Beweis hat mich, noch ehe ich in den Minibus eingestiegen bin, eine Frau von drinnen begrüßt, hat mir die Plätze in der hinteren Reihe empfohlen und gesagt, dass ich mir keine Sorgen zu machen bräuchte - eine Malawierin. Der Grenzübertritt zirka zwei Stunden später ist problemlos, mit Ausnahme vielleicht einer völlig überladenen Taxifahrt durch eine kurze Strecke Niemandsland. Die ersten Eindrücke von Malawi sind: Keine Rundhütten mehr, dafür Betonwürfel, Läden und Werkstätten, deren Fassaden auffälliger beschriftet sind, eine gute Straße und ein nicht mehr überladener Minibus. Als wir in Blantyre, der zweitgrößten Stadt des Landes, einfahren, wird es gerade dunkel. Die freundliche Frau, die mich in Tete begrüßt und sich seither rührend um uns bemüht hatte - wir sehen mit unseren Rucksäcken offenbar doch ein wenig hilfebedürftig aus -, steigt jetzt an einer größeren Haltestelle aus, instruiert den Fahrer, der uns zur Henderson Street ins gleichnamige Guest House bringen soll, der aber, wie sich rasch herausstellt, keine Ahnung hat, wo diese Straße zu finden ist. Er fragt bei Passanten nach, die aber auch keine Ahnung haben, hält zweimal bei anderen, wesentlich teureren Hotels, und als wir das Henderson St Guest House schließlich doch noch gefunden haben, ist es ausgebucht. Die Geduld des Minibusfahrers ist natürlich inzwischen erschöpft, und wir müssen zusehen, was jetzt noch möglich ist. Am wenigsten steht uns der Sinn nach langen und vielleicht vergeblichen Wegen durchs nächtliche (und wohl nicht ganz ungefährliche) Blantyre. Wir kommen mit einem Taxifahrer ins Gespräch, der sich zufällig im Guest House aufhält, er weiß etwas, kann uns hinbringen. Wir sind einverstanden und landen in einem von einer Kirche betriebenen Tagungshotel. Es ist gewissermaßen der Preis dafür, dass wir nicht mehr bei Tageslicht angekommen sind: Das Zimmer ist schlecht und teuer (alleine die Neonbeleuchtung summt so laut wie eine kleine Bohrmaschine), das gebratene Hähnchen im hoteleigenen Restaurant ist kalt und noch halb roh (wir lassen es gerne wieder zurückgehen). Ohne Essen, von einem kalten Bier ganz zu schweigen, gehen wir zu Bett. Am Morgen ein englisches Frühstück mit Eiern und Würstchen (wiederum kalt), dafür mit Stoffservietten und einem veritablen Oberkellner, der uns zuvorkommend bedient. Für die kommende Nacht haben wir in der Henderson Street bereits ein Zimmer reservieren lassen. Es ist ein bisschen einfacher, aber viel sympathischer, auch wenn das Waschbecken nur noch auf einem Abflussrohr aus Plastik balanciert. Sonntag ist es und die Henderson Street liegt mitten im Bankenviertel, das an diesem Tag so tot ist wie der Rest der Stadt. Wir kaufen ein paar Postkarten, kleine, mit Tusche gemalte Unikate (andere gibt es gar nicht), schreiben, finden eine laute und fußballverrückte Kneipe, in der wir das malawische Bier kosten (von wegen malawisch, der Markt wird komplett vom dänischen Carlsberg kontrolliert), in der Karin dann ein "Drumstick" isst, einen einsamen Hühnerschlegel, der mit nichts als einem Klecks Soße serviert wird (Essen scheint in dieser Stadt reine Glückssache zu sein), und am Abend sitzen wir noch ziemlich lange mit Charles zusammen, dem Manager des Hotels, und erzählen ihm ein bisschen von Europa, er uns von den hiesigen Lebensbedingungen, wo ein Grundschullehrer ebenso viel verdient wie der Nachtwächter dieses Hotels. Summa summarum ist es ein müder und ereignisloser Tag gewesen, auch das Waschbecken ist nicht heruntergefallen.
Aufbruch: | Juli 2008 |
Dauer: | circa 9 Wochen |
Heimkehr: | September 2008 |
Mosambik
Malawi