Mosambik und Malawi
Schottland - Johannesburg (2)
Johannesburg ist die letzte Etappe auf dem Landweg, von Maputo aus noch einmal eine Acht-Stunden-Fahrt. Zuletzt hatten wir sie in der Nacht gemacht, nun machen wir sie am Tag. Der Grenzübertritt ist problemlos, danach statt Wildwuchs ausgedehnte Plantagen, bald darauf eine sehenswerte Hügellandschaft mit Monolithen in vielen Rottönen. Dann Eukalyptusbäume und Kahlschlag, eine Papierfabrik, weitere, zum Teil qualmende und stinkende Fabriken, immerhin Fabriken, die man in Mosambik äußerst selten einmal entdeckt hat.
Nelspruit ist eine größere Stadt auf dem Weg, im Zentrum kann man sie kaum unterscheiden von einer nordeuropäischen. Dennis, Leonards Bruder, hatte uns einen Aufenthalt in der hiesigen Umgegend empfohlen, man könne da einen Ausflug ins Gebirge machen und habe den Eindruck, man sei in Schottland. Fehlt bloß noch ein Single Malt, hatte ich gesagt. Und kaum rauschen wir ein Stück durch dieses "Schottland", holt Karin eine kleine, feine Flasche sechzehn Jahre alten Single-Malt-Whiskey hervor (den sie schon in Berlin als Überraschung für zwischendurch eingepackt hatte, ohne ahnen zu können, dass sie hier einen derart passenden Anlass dafür finden würde). Wir nehmen jeder einen Schluck, ungefähr vier sind in der Flasche - fantastisch! Ein bisschen Afrika erscheint auch am Straßenrand, einmal ein einsamer Strauß, dann ein einsames Kudu und sogar eine kleine Schar ziemlich großer Paviane. Johannesburg bei Tag sieht auf diesen zweiten Blick nicht mehr so schrecklich aus. Nicht dass man es plötzlich mögen muss, die Straßenschluchten im Zentrum, die amerikanisch anmutenden Vorstädte, die Blechbaracken dazwischen, aber es wird ein wenig konkreter, "menschlicher". Das mit dem Abholen in Park Station klappt nicht, jedenfalls nicht auf Anhieb. Es kostet uns zwei weitere Anrufe, ehe Mr. Tonguy erscheint, derselbe der uns schon einmal am Flughafen abgeholt hatte, er erkennt uns auch wieder. Es ist ein ziemliches Stück Weg zum »Falcon Link Hotel«, wo man uns dann nur eines der teuren Zimmer anbietet. Aber das Zimmer ist riesig groß und hat auch einen Balkon. Über ein paar Abkürzungen begleitet uns der junge Manager, Benjamin heißt er, zu einem Supermarkt, wo wir uns ein Abendessen besorgen und so sitzen wir anschließend bei italienischem Käse, südafrikanischem Rotwein und einem pappigen Stück Brot (weil eben auch südafrikanisch) auf einer Decke, die wir auf dem Boden unseres Zimmers ausgebreitet haben, und zelebrieren unsere letzte afrikanische Nacht. Wie schon mal in diesem Hotel braust auch in dieser Nacht ein Flugzeug mitten durchs Zimmer, trotzdem schlafen wir gut und ein wenig länger als sonst. Auch können wir das Zimmer noch bis in die Nachmittagsstunden hinein behalten. Das Frühstück aber ist so eine Sache. Nicht einmal ausreichend Kaffee oder Milch sind vorhanden, Butter und Marmelade auch nicht, was soll da noch diese nadeldünne Burenwurst? Wir sitzen anschließend draußen, ich im Garten und Karin auf dem Balkon, machen Reisenotizen. Gegen halb vier bringt uns dann ein etwas ungeselliger Chauffeur zum Flughafen. Zum Einchecken stellen wir uns in die Business-Class-Reihe, das geht schneller. Bleibt noch, ehe wir die (sehr lasche) Pass- und Zollkontrolle passieren, den Rest der winzigen Whiskeyflasche auszutrinken, für jeden ist ein Schluck übrig. Dazu setzen wir uns in ein Café, werden dann zuerst falsch, danach gar nicht mehr von dieser blöden Kellnerin bedient, stehen einfach wieder auf und lassen uns ein allerletztes Mal afrikanischen Wind um die Ohren wehen. Es ist sogar ziemlich windig draußen vor dem Eingang zum Terminal, wo von Afrika nur noch ein Parkplatz übrig ist. Wir sagen Cheers und verschwinden danach im Moloch der Duty free Shops. Mit den letzten Kröten, die wir haben, sind wir nur noch an Essbarem interessiert, konkret an Kudu-, Straußen- und Krokodilfleisch, das gibt es nämlich in kleinen Beuteln bzw. Dosen. Die kulinarische Vorfreude auf Air France - auf dem Hinflug gab es ein sehr beachtliches Essen, wo gibt's das mal im Flugzeug? - wird bitter enttäuscht. Der Grund liegt auf der Hand: Man hat sich nicht aus Paris, sondern aus Johannesburg versorgt (und auch nicht das pappige Brot vergessen). Aber das ist letzten Endes nicht so entscheidend, denn die Sitzpolster erinnern beängstigend an die, auf denen wir gewöhnlich in unseren Chapas saßen, man probiert dauernd neue Positionen. Zum Schlafen komme ich auch deshalb nur minutenweise und so sind die rund zehntausend Flugkilometer tatsächlich eine letzte physische Prüfung. Gute Kondition erfordert auch der Pariser Flughafen Charles de Gaulle. Man läuft über endlos scheinende Gänge, dann stauen und drängeln sich plötzlich Hunderte von Leuten vor zwei oder drei kleinen Passschaltern. Sorry-sorry-sorry ruft eine Amerikanerin und stemmt sich gegen den Strom, weil sie glaubt in der falschen Reihe gestanden zu haben, Sorry-sorry-sorry ruft wieder dieselbe Frau (noch einen Sohn im Gefolge), weil sie mittlerweile festgestellt hat, dass sie ursprünglich doch in der richtigen Reihe stand. So läuft das jetzt, wir sind beinahe zu Hause. Und dann erneut ein langer Weg zu unserer speziellen Abflughalle. Die Idee kurz in die Stadt zu fahren, haben wir wieder fallen lassen. Was wir dort kriegen, entdecken wir auch hier: Käse, Baguette und Rotwein und ein wunderbares Croissant, vermutlich das beste auf der Welt. Mit dem Krokodilfleisch in Dosen hat Karin beim Zoll noch kurz Probleme, aber die zuständige Frau hat Verständnis und sagt: Packen Sie's ganz unten in die Tasche. (Dann sieht's keiner.) Danach der Anschlussflug nach Berlin und schließlich sind siebzehn Stunden Fliegerei und Warten und Laufen zu Ende. Bleibt immer noch das Taxi nach Hause, im Briefkasten liegt verabredungsgemäß der Haustürschlüssel, wir sind angekommen und umarmen uns fest.
Aufbruch: | Juli 2008 |
Dauer: | circa 9 Wochen |
Heimkehr: | September 2008 |
Mosambik
Malawi