AB IN DEN SÜDEN

Reisezeit: August / September 2008  |  von Uwe Decker

Ein leerer Quittungsblock

Mbabane/Swaziland, 03. September 2008

Ich bin der Meinung, dass ich bald eine besondere Ehrung vom swaziländischen Tourismusverband verdient hätte, als der vermutlich am längsten in Swaziland verweilende Tourist. Ich bin nämlich immer noch hier. Heute allerdings nicht ganz freiwillig. Mir wurde auf der Fahrt von Johannesburg nach Swaziland an einem Geldausgabeautomaten an einer Raststätte meine ec-Karte kopiert. Und dass fleißig abgehoben wurde habe ich gestern bemerkt, als ich im Internet-Cafe meine Kontoumsätze abgefragt habe. Die Karte habe ich gleich sperren lassen, für die Versicherung muss ich eine Anzeige bei der Polizei machen.

Ich beschließe, das gleich an Ort und Stelle zu versuchen. Wenn schon denn schon. Ich fahre zum Polizeipräsidium in die Hauptstadt Mbabane. Die sollten dort doch am kompetentesten sein.

Ob sie es wirklich sind, werde ich nie erfahren. Ich schaffe es nur bis zu einer Uniformträgerin am Empfang. Die hat gerade mit ein paar frisch verletzten Gestalten zu tun und blättert in einem riesigen, megadicken Eingangsbuch. Die Zeilen sind eng beschrieben und sie fährt sie mit dem Finger ab. Egal was sie sucht, ich vermute sie wird es niemals finden. Möglicherweise kommt ihr dieselbe Erkenntnis, sie bricht die Suche ab, guckt mich verwundert an, und ich darf endlich mein Anliegen vorbringen. Daraufhin holt sie eine dicke Dame aus einem der Büros, spricht leise mit ihr und erklärt mir dann, dass man selbstverständlich gerne ein Protokoll aufnehmen würde. Das würde allerdings 10 Emalangeni (Währung in Swaziland, Wert 1:1 zum südafrikanischen Rand) kosten, umgerechnet 1 Euro. Aber es gäbe da ein Problem. Der Quittungsblock für den Empfang des Geldes sei gerade zur Neige gegangen und man müsste erst einen neuen besorgen. Ich entgegne, dass ich das Geld auch ohne Quittung zahlen würde. Oh, aber das ginge ja nun überhaupt nicht. Kein Beamter in Swaziland wäre berechtigt, Geld ohne Empfangsbestätigung entgegen zu nehmen. Da sage noch einer was gegen ein korruptes afrikanisches Beamtentum! Sie vertröstet mich auf den Nachmittag. Bis dahin hätte jemand bestimmt einen neuen Block besorgt. Ich kehre am Nachmittag zurück, aber wieder ohne Erfolg. In der ganzen Stadt wäre kein Quittungsheft aufzutreiben, vielleicht morgen ...

Immerhin habe ich so die Chance, die Hauptstadt etwas näher kennen zu lernen. Mbabane ist eine niedliche, recht kleine Stadt, in der es sehr gemütlich zugeht. Natürlich darf auch hier eine Shopping Mall nicht fehlen, mit eleganten Geschäften und elegant gekleideten Menschen. Wenn man zwischen dem Ezulwini Valley und den beiden größten Städten Manzini und Mbabane hin und her pendelt kann man leicht übersehen, dass die meisten Menschen hier mit weniger als einem Dollar am Tag auskommen müssen, ein Sechstel der Bevölkerung auf internationale Nahrungsmittelhilfe angewiesen ist.

© Uwe Decker, 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
3 Wochen allein durch den Süden Afrikas Gaborone/Botswana - Johannesburg - Swasiland - Mosambik Von Nashörnern, einem Ball der Debütantinnen, den größten Fischen der Welt und vielem mehr ...
Details:
Aufbruch: 25.08.2008
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 15.09.2008
Reiseziele: Botsuana
Südafrika
Swasiland
Mosambik
Der Autor
 
Uwe Decker berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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