AB IN DEN SÜDEN
Abendprogramm
Johannesburg, 29. August 2008
Zurück in Johannesburg muss ich mich sputen, Reisetasche packen. Morgen früh will ich schon weiter. Wie für Botswana gönne ich mir auch für Südafrika wenig Zeit. Außerdem habe ich heute Abend eine Verabredung. Zum Essen und in einen Club. Mit Martin, dem Tourbegleiter von gestern. Und Jean, seiner Schwester. Mit Letzterer war ich übrigens gestern Abend essen. Dazu kam es ganz schnell. Martin traf sich am Ende unserer Tour mit ihr in Joburg. Ich stieg mit aus. Martin musste dann zu seinem Zweitjob, am Flughafen. Ich blieb mit Jean zurück, 30 Minuten später saßen wir in einem Tex-Mex-Restaurant in einer ultramodernen, riesigen Shopping Mall im Stadtteil Edenvale und ich bekam Antworten auf meine Fragen, wie man in solch einer Megacity wie Johannesburg leben und arbeiten kann.
Am Beispiel Jean: Sie ist 25 Jahre alt, ist Zulu, kommt aber aus Zimbabwe und ist mit ihrem Bruder dem entflohen, was Mugabe aus ihrem Land gemacht hat. Beide haben mehr Glück gehabt als Millionen ihrer Landsleute. Martin hat gleich zwei Jobs, Jean arbeitet als Immobilienmaklerin in einer kleinen Firma, mit Fixgehalt und Erfolgsbeteiligung. Sie arbeitet montags bis freitags, von 9 bis 17.30 Uhr, braucht mit dem Minibus jeweils 30 bis zur Arbeit. Nach Feierabend fährt sie nach Hause, macht Hausarbeit und schaut fern. Am Abend auf die Straße geht sie auch in ihrer besseren Wohngegend nicht mehr. Zu gefährlich. Am Wochenende wird Wäsche gewaschen, eingekauft, relaxt, lange geschlafen, am Sonntag geht es traditionell in die Kirche. Manchmal trifft sie sich überwiegend mit Verwandten, selten geht sie mal in eine Disco.
Wir sitzen in ihrem Lieblingslokal, nicht sehr weit von ihrer Wohnung, und sie isst ihr Lieblingsgericht, Wiener Schnitzel. Es sind solche Zufallsbekanntschaften mit Einheimischen, wie mit Beauty in Botswana, die etwas zu erzählen haben und die eine solche Reise interessant machen. Ansonsten kann es schnell langweilig werden. Insofern fängt die Tour gut an für mich. Geht aber nicht ganz so gut weiter ...
Vor einem Wohnkomplex mit hohen sandfarbenen Außenmauern und dem üblichen elektrischen Zaun oben drauf setzt mich mein Taxifahrer ab. Am Eingang steht in großen Lettern der Name: "Villa Andelusia". Hört sich gut an. Im Komplex befinden sich etwa 10 drei- und vierstöckige Apartmenthäuser, davor Parkplätze und einige Carports, in der Mitte der Anlage eine kleiner Swimmingpool. Alles sieht piksauber aus.
Das Apartment ist ca. 80 qm groß, besteht aus zwei Zimmern, die Jean und ihre Schwester bewohnen, zwei Badezimmer, eine Küchenzeile und ein Wohnzimmer, das aber nur spärlich möbliert ist, mit einem kleinen Tisch, Fernseher und DVD-Player, Bügelbrett und einer Matratze. Das ist Martins Bett, wenn er hier schläft. Er pendelt zwischen seines Bruders Wohnung am Flughafen und seinen Schwestern, je nachdem wo er gerade arbeitet. Die Miete beträgt 4000 Rand, ca. 350 Euro und wird geteilt. Mit dem was vom Verdienst übrig bleibt am Monatsende wird die in Zimbabwe verbliebene Verwandtschaft unterstützt. Sie bestätigen das, was man in der Zeitung liest. Das Land liegt brach, es gibt praktisch nichts mehr zu kaufen, keine Lebensmittel, kein Benzin. Und wenn es mal etwas gibt, sind die Preise irrwitzig. Sie möchten zumindest ihre Mutter gern herausholen, aber die hat keinen Pass und damit ein zimbabwischer Beamter überhaupt erst mal einen Finger rührt sind 400 US-Dollar zu löhnen.
In der Wohnung herrscht gerade mächtig Umtrieb. Martin betätigt sich als Koch, die Mitbewohnerin sagt nur mal kurz Hallo. Sie ist schwanger und bleibt heute zu Hause. Dafür sind zwei andere Schwestern eingetroffen, die mitkommen wollen in die Disco.
Wobei Schwestern nicht so wörtlich zu nehmen ist. "Sister" kann auch für ein recht weitläufiges Verwandtschaftsverhältnis stehen, manchmal bezeichnet es auch einfach nur dieselbe Hautfarbe. Zu Fünft geht es dann los und es wird ein sehr netter Abend. Außer mir sind in dem Club alle schwarz und das ist ein prima Übergang zu meinen Abschlussbemerkungen zu meinen zweieinhalb Tagen Südafrika.
Was mir nämlich frappierend auffällt: Südafrika wird ja als Regenbogennation bezeichnet. Wegen des Multi-Kulti Aspekts und der vielen unterschiedlichen Hauttöne seiner Bewohner. Das mag so sein, aber nach meiner Beobachtung sind die Farben des südafrikanischen Regenbogens keineswegs ineinander fließend, sondern streng abgegrenzt. In der Disco war ich der einzige Weiße, am Abend davor waren Jean und ich die einzigen "Gemischten" im Restaurant, sogar in der ganzen Shopping Mall. Auf den Straßen waren kaum Päarchen unterschiedlicher Hautfarbe zu sehen. In Johannesburg nicht. In Kleinstädten, durch die ich gefahren bin, auch nicht. Man bleibt unter sich, in der Wohngegend, im Freundeskreis, in der Freizeitgestaltung. Bestätigte mir auch Abi, mein Guide. Ich hatte mir das immerhin anderthalb Jahrzehnte nach Ende der Apartheid anders vorgestellt.
Aufbruch: | 25.08.2008 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 15.09.2008 |
Südafrika
Swasiland
Mosambik