Quarter World Trip II - Südamerika

Reisezeit: Februar - August 2009  |  von Simone Wenzel

Yapeyu - friedliches Gaoucholeben

Es war Freitag Abend und vor mir lag ein langes, langes Wochenende voller Möglichkeiten. Doch da Wolfi, mein Freund, zum Surfen gefahren und meine beste Freundin Stine spontan krank geworden war, stand ich plötzlich allein vor diesem Berg voll Freiheit. Hm, ich war schon lange nicht mehr alleine unterwegs gewesen, schoss es mir durch den Kopf. Doch gleichzeitig war es mir, als hätte ich diese Fähigkeit, die ich bei meiner ersten Weltreise so ganz selbstverständlich praktiziert hatte, mit meinen Trekkingschuhen am Dachboden gelassen. Nachdem ich im Internet unter tausend Angeboten nichts passendes fand und immer verzweifelter und der Abend zur Nacht wurde wäre ich am liebsten einfach in Buenos Aires geblieben. Und doch war da noch diese alte Stimme, die langsam zum Leben erwachte und immer lauter wurde: "Just do it - fahr einfach los, du bist frei, kannst tun was immer du willst..."

Die "Träume" bleiben, auch wenn der Putz abbröckelt...

Die "Träume" bleiben, auch wenn der Putz abbröckelt...

Und so entschloss ich mich nach einem Telefongespräch mit einem netten Ranchbesitzer ("Im Moment ist da niemand, aber du kannst gern mit den Gauchos (Cowboys) mitarbeiten"), einfach alleine loszuziehen, setzte mich in den nächsten Bus nach Yapeyu - und erwachte am nächsten Morgen mit Blick auf endlose Felder und Kühe und Bäume - wie im australischen Outback. Genauso wie der Ort klingt so war er auch - am Ende der Welt. Und so wurde ich durch meinen eigenen Abenteuersinn doch etwas überrumpelt als ich auf dann als einzige in "Yapeyu" inmitten der Wiesen und Weiden am Straßenrand aus dem Bus geschmissen wurde. Ich stand in der Mitte von Nirgendwo, mein Handy funktionierte nicht, mein Spanisch ließ auch zu wünschen übrig und das einzige was ich wusste war: ich musste zur "Estancia Yapeyu".

Hier stand ich also - im "Land ohne Böses"

Hier stand ich also - im "Land ohne Böses"

Schnell sammelte ich mich aber wieder und nach dem Motto - jetzt erst recht - kehrte meine Abenteuerlust zurück und ich begann einfach mal loszulaufen. Nach ner Weile kam ein Junge mit nem Roller vorbei. Ich fragte nach dem Weg und er deutete in die entgegengesetzte Richtung. Dann konnte ich ihn sogar überreden, dass er mich mitsamt meinem riesen Rucksack mitnimmt und er fuhr mich bis zur Polizeistation von wo der Polizist mir ein Auto stoppte, dass mich den restlichen Weg mitnahm. Was für genial freundliche Menschen!
Und so kam ich schließlich doch noch an - im Paradies...

Oase inmitten wilder Steppe

Oase inmitten wilder Steppe

Ein wunderschönes altes Backsteinhaus, drumherum spielende Katzen, Hunde, Hühner, Schafe, Palmen, Blumen, ein Swimmingpool und das wichtigste - sooo schöne Pferde!
Nachdem ich von den Hausangestellten begrüßt wurde, war ich noch mehr begeistert als ich das geschmackvoll eingerichtete Herrenhaus und mein gemütliches stilvolles Zimmer sah (langsam bekam ich bedenken, ob mein Geldbeutel sich das leisten konnte! Doch auch das war im endefekt nicht so teuer wie gedacht.

Kindheitstraum - aufwachen und vor dem Fenster grasende Pferde im Sonnenschein

Kindheitstraum - aufwachen und vor dem Fenster grasende Pferde im Sonnenschein

Auch Essen war inklusive und so wurde ich drei mal täglich super köstlich bekocht - natürlich immer Fleisch, und wenn die Hauptspeise Fisch war, gab es zumindest Empanadas (Teigtaschen) gefüllt mit Fleisch. Aber das Fleisch in Argentinien ist wirklich so genial wie man hört und wenn man die Stiere in gemütlich auf den Weiden grasen sieht vergeht auch das schlechte Gewissen so viel Fleisch zu essen (denen geht's echt gut!).
Auch die Hausbesitzer kamen am nächsten Tag an und so erfuhr ich richtiges Herrenleben - Angestellte die einen mit leckeren Speisen verwöhnen, die Pferde satteln etc, aber auch sehr interessante Gespräche mit den Ranchbesitzern (2 Ärzte die sonst in Buenos Aires wohnen und zusammen mit 2 anderen diese "Estancia" gekauft haben), die sich auch sehr um mich bemühten und immer zusammen mit mir aßen.

Soldaten nicht wie bei uns zu Fuß - hier hat mans bequem beim Bund!

Soldaten nicht wie bei uns zu Fuß - hier hat mans bequem beim Bund!

Ein Blick zurück in die Geschichte dieser "Estancias" ist dennoch eher beschämend, denn die spanischen,italienischen und sonstigen europäischen Soldaten haben ganz einfach das Land, das sie von den Einheimischen erkämpft haben, unter sich aufgeteilt und die Übriggebliebenen als Gauchos (Cowboys) und Angestellte für sich arbeiten lassen. Die Ranchbesitzer sind heute noch mit die reichsten unter den Argentiniern und so gibt es überall im Land verteilt prunkvolle Herrenhäuser und Landbesitze von einer Größe in die man mach deutsche Stadt locker packen könnte. Und doch ist es interessant und zugegebenermaßen richtig angenehm dieses noble Leben mit Essen, Schlafen (immer Siesta nachmittags natürlich), Reiten oder einfach nur mal still sein so erleben zu dürfen! Und die Gauchos heute scheinen das Leben hier auf diesem wundervollen Fleckchen Erde auf dem Rücken ihrer treuen Pferde genauso zu lieben!

Eroberung erfolgreich...

Eroberung erfolgreich...

Und eigentlich war ich ja hier vor allem aus einem Grund: Pferde. Und so wurde mir schon am ersten Tag ein hübscher Fuchs gesattelt und auf gings durchs die Weiten des argentinischen Nordens mit einem netten alten Gaucho, der scheinbar sein ganzes Leben auf dem Pferderücken verbracht hatte, zwischen Stierherden hindurch, ein Galopp am Flussufer entlang, dem Rio Uruguay, auf dessen anderer Seite schon Brasilien beginnt - ich habs also zumindest gesehen !
Das Reiten hat so viel Spaß gemacht, dass ich mich auch die nächsten Tage jeden Tag zwei Stunden aufs Pferd schwang - und schließlich in Buenos Aires ankam und nicht mehr laufen konnte vor lauter Muskelkater! Am liebsten hätte ich meinen braunen Hengst mit in die Stadt mitgebracht - so wie in Yapeyu, wo die meisten Argentinier anstatt Autos Pferde benutzen...

© Simone Wenzel, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nachdem ich nun in Asien und Australien auf den Geschmack gekommen bin, geht die Reise zwei Jahre später auf der anderen Seite der Welt in Südamerika weiter - immmer auf der Suche nach neuen Erfahrungen, Abenteuern und vor allem: immer wieder wundervollen Menschen....
Details:
Aufbruch: 06.02.2009
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: 06.08.2009
Reiseziele: Argentinien
Uruguay
Paraguay
Brasilien
Peru
Bolivien
Der Autor
 
Simone Wenzel berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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