Passatsegeln in der Karibik

Reisezeit: Februar / März 2009  |  von Manfred Sürig

mit halbem Wind auf Südkurs zurück

Heute müssen wir definitiv unseren Rückweg antreten, mit Kurs zwischen 140 und 160 Grad nach Guadeloupe könnten wir einen Nordost gut gebrauchen. Aber erst müssen wir die Nordspitze von Montserrat wieder runden und müssen dann, fast auf Legerwall, versuchen, Höhe zu gewinnen.

Der Törn führt uns an der Luvseite von Monserrat noch einmal nahe am Vulkan vorbei. Wir können die gewaltigen Schlammmoränen erkennen, die sich in die See ergießen und die Insel um etliche Fläche vergrößert und dabei den Flughafen verschüttet haben.

Dann endlich können wir den Kurs halten, und mit einem kleinen Schrick in den Schoten preschen wir voran, ein feuchtes Segeln, das uns verbliebenen dreien einen höllischen Spaß macht, zumal die Sonne dazu scheint. Wolfgang wird in seiner Koje eingewiegt und scheint irgendwann auch mal schlafen zu können. Vom Skipper und seiner Frau ist nichts zu sehen, laß die drei Verrückten doch ihren Spaß haben!

Aber als der Wind noch zulegt, ist Sigi gleich an Deck und refft allein das Großsegel mit wenigen gekonnten Griffen.

Im Windschatten von Guadeloupe kommt wieder Leben ins Boot, 37 Meilen liegen hinter uns und sind genug für heute, wir ankern wieder in der Anse Deshaies. Heute kocht Sigi Schweinefilet mit Nudeln und Stampfkartoffeln, es schmeckt wieder prima, auch Wolfgang ist wieder dabei, geht aber ohne Weingenuß schon um 8 Uhr ins Bett.

26.2.2009 Wolfgang fährt mit dem Dinghy an Land, um Baguettes einzukaufen, wir schwimmen wie gewohnt rund ums Boot. Es wird fast ein Festgelage, die frischen Baguettes zu verspeisen, auch Wolfgang ist wieder voll dabei, er scheint sich also wieder erholt zu haben.
Als wir dann zu der Insel verholen, an der Jaques Custeau schon tauchte, geht auch Wolfgang mit zum Schnorcheln!

Abends liegen wir wieder in der kleinen Bucht mit dem Leuchttürmchen, die wir vom Hinweg kennen. Wir zählen die Autos, die um die Bucht herumfahren und folgern daraus, dass es wohl wieder genug Benzin auf der Insel geben muß, trotz Streiks. Im Radio hören wir dann aber, dass man sich erst am 2.März zu neuen Tarifrunden an einen Tisch setzen will. Ergebnis völlig offen. Gaby hat derweil zuhause von Straßenbarrikaden am Flughafen Point-a-Pitre und der Sperrung des Airports gehört. Sollten wir gar zwangsweise den Urlaub verlängern müssen, weil die Rückflüge ausfallen ? Ist uns im Moment noch völlig egal ! Zumal heute nacht totale Windstille ist und wir mal richtig ausschlafen werden.

Der Rückweg gleicht dem Hinweg: Im Windschatten von Guadeloupe ist günstiger Wind ein Zufallsprodukt.
Mal motoren wir, haben dann auch mal eine Prise Nordwestwind von achtern, bis die Segel flattern und wir eine Fallböe von vorn bekommen.
Kritik des Skippers: So was muß man kommen sehen! Wir halten auf die Südwestspitze der Insel zu, um möglichst viel Höhe für den Törn von 10 Meilen zu den Saintes zu haben. Hinter der Spitze haben wir endlich wieder stetigen Wind, mit dem wir hoch anliegend sogar Chancen haben hinzukommen.

Eine windige Ecke: Das Südwestkap von Guadeloupe

Eine windige Ecke: Das Südwestkap von Guadeloupe

Doch daraus wird nichts, einen Kreuzschlag müssen wir machen, kommen dann aber unter Segeln bis zu unserem Ankerplatz vor der "Kurpromenade" der Ferieninsel.

Zeit genug haben wir für einen Landgang, den Jonas und ich zur Besteigung des Forts nutzen. Die andern wollen einkaufen, aber es gibt nur leere Regale. Nur die Baguettes kommen frisch aus dem Ofen und werden dem Bäcker aus den Händen gerissen. Gut, dass Sigi ein paar erwischen kann! Abends gibt es Fischfilet vom selbstgefangenen Wahoo !

Den Strand bitte sauber halten ! Auf dem Schild stünde besser: Vom Strand bitte was übrig lassen!

Den Strand bitte sauber halten ! Auf dem Schild stünde besser: Vom Strand bitte was übrig lassen!

In der St.Rupert Bay im Norden Dominicas

In der St.Rupert Bay im Norden Dominicas

Es hilft wohl nichts, wir müssen weiter nach Dominica zum Einkaufen, je früher, desto besser. Wir sind vom Wind bisher verwöhnt, heute gibts nicht ganz so viel. Als wir nur 5 Knoten laufen, rechnen wir uns aus, dass in der Prince Rupert Bay der Markt schon zuende sein könnte, wenn wir dort sind.
Sigi fährt so dicht an den Ort Portsmouth heran wie's geht und eilig lassen wir das Dinghy ab und motoren an Land. Viel wird nicht mehr angeboten, wir nehmen, was noch da ist: Bananen, Mangos, etwas Porree, Ingwer und Muskatnüsse. Und Carribean Hot sauce.

Gedränge am letzten Marktstand

Gedränge am letzten Marktstand

Davon wird AnnMarie kein brauchbares Abendessen zaubern können. Da wir ohnehin Sonnabend haben, könnten die Gäste ja mal an Land zum Essen bitten.
Das gibts aber nicht in Portsmouth, so kommen wir noch zu einem gemütlichen Halbwindnachmittagstörn bis in die Savannah Bay, wo wir am Ufer eine große Reklame für ein Hotel entziffern können.
Mit dem Dinghy gehts an Land, aber das Hotel samt zugehöriger Tauchbasis ist pleite.
Ob wir im Dorf etwas finden ? Wir gehen auf die Beschallung zu, die uns von dort entgegenkommt und finden eine Strandbar, wo wir für 18.30 h sogar Abendessen bestellen können.
Einen kleinen Landgang machen wir noch und sind erneut erstaunt über die Freundlichkeit der Einheimischen.
Sitzt da einer auf der Veranda seines Hauses, die Stereoanlage bläst den Nachbarn und der Öffentlichkeit etliche Dezibel in die Ohren und als Wolfgang nach den Rhythmen zu tanzen beginnt, freut sich nicht nur der Hauseigner, sondern die ganze Nachbarschaft mit.

Als AnnMarie einen Mann über den Gartenzaun fragt, was für eine dicke Frucht da bei ihm am Baum hänge, geht der Mann ins Haus, holt eine Leiter, klettert auf den Baum und pflückt ihr eine riesige Custard Apple. Sie sieht aus wie eine riesige Erdbeere, er überreicht sie AnnMarie und fügt hinzu, sie müsse noch 4 Tage reifen und schmecke dann besonders gut.

rot wurde sie auch nach 5 Tagen nicht, schmeckte aber ausgezeichnet !

rot wurde sie auch nach 5 Tagen nicht, schmeckte aber ausgezeichnet !

Inzwischen bittet die Strandbar zum Essen. Es gibt Mahi Mahi gebraten. Das könnte Barakuda sein, vielleicht auch eine Dorade. Er schmeckt uns ausgezeichnet, nur AnnMarie ist mißtrauisch und holt sich aus der Nachbarschaft chicken wings vom Grill. Das heimische Bier Marke Kubuli mundet gut dazu, so dass wir noch eine weitere Runde ordern. Erstaunt sind wir über den Preis, mit Getränken zahlen wir umgerechnet kaum mehr als 10 Euro pro Person.
Der karibische Sonnenuntergang dazu ist gratis und die Brandung zu unseren Füßen auch.

Immer sind Wolken vor der untergehenden Sonne!

Immer sind Wolken vor der untergehenden Sonne!

Sonntag, der 1.März 2009

Spätestens ein Blick an den Strand zeigt uns, dass heute Sonntag ist. Da steht eine Baptistengemeinde am Strand und der Father zieht einige Täuflinge durchs Wasser. Die Gemeinde schleppt schneeweiße Handtücher zum Abtrocknen der schwarzen Körper heran, aber das Abtrocknen spielt sich dezent hinter den Gebüschen ab.
Die Zeremonie findet kein Ende, so gehen wir schon Anker auf, Ziel Martinique.

Zwischen den Inseln, besonders am Südzipfel von Dominica weht es wieder aus allen Rohren, aber Sigi macht keine Anstalten zum Reffen. Mitten drin wirds ruhiger, weiß er, und Recht wird er behalten. Auch der Strom setzt nicht mehr so stark, so dass wir St.Pierre am Ende gut anliegen können.
Nur auch wieder im Windschatten von Martinique hilft nur noch der Motor, bis wir gegen 16 Uhr wenige Meter vom Strand entfernt, vor der Markthalle von St.Pierre ankern. Ob die morgen geöffnet hat ? Und ob es außer Baguettes auch Camembert gibt ? Unsere selbst eingekauften Wein- und Biervorräte sind längst aufgebraucht, wir trinken schon seit Tagen aus Sigis Reserven, das wollen wir morgen auch ändern.

Noch läßt es sich von den Bordvorräten gut leben, AnnMarie machts möglich (und die Tiefkühltruhe, für die der Windgenerator die Energie liefert)

Noch läßt es sich von den Bordvorräten gut leben, AnnMarie machts möglich (und die Tiefkühltruhe, für die der Windgenerator die Energie liefert)

Auch in Martinique gibts einen Vulkan: Den Pele, der vor über hundert Jahren St. Pierre verschüttete.

Auch in Martinique gibts einen Vulkan: Den Pele, der vor über hundert Jahren St. Pierre verschüttete.

Montag, 2.März 2009 .
Baguettes kann ich ergattern, allerdings zum Rekordpreis von 1 Euro pro Stück, fast das Doppelte des Normalpreises. Ansonsten nur leere Regale und leere Tiefkühltruhen, leere Bierkästen und leere Weinregale, selbst vom Rum gibt es nur noch die teuren Sorten.

Da soll einer was einkaufen !

Da soll einer was einkaufen !

Ernüchtert kommen wir vom "Einkauf" an Bord, Sigi hat wenigstens noch etwas Obst, Fisch und Gemüse bekommen, aus dem AnnMarie uns mittags eine würzige Gemüsesuppe macht. Verholen wir lieber heute zur Anse Mitan, das ist ein schöner Schlag zum Segeln und dort gibt es einen größeren Supermarkt, bei dem wir wohl etwas bekommen werden. Schließlich hören wir nachmittags im Radio, dass heute der Streik beigelegt wurde. Man hat sich auf einen Mindestlohn von 200 Euro geeinigt. Monatlich ?

Das Segeln dorthin erfüllt noch einmal alle Erwartungen, aber der Landgang wird noch ernüchternder: Leere Regale auch hier und in den Restaurants gibts nichts mehr a la carte, höchstens Fisch nach Tagesangebot, zu astronomischen Preisen, selbst das Bier wird knapp, es gibt in diesem Luxusort nur noch eine Biersorte!

Am Abend überrascht uns AnnMarie mit gebratenen fliegenden Fischen, die ein Fischer in St.Pierre dort angeboten hatte. Es wird ein fleißiges Grätenlecken, aber besser als nichts, im übrigen sind sie frisch. Da sieht man mal, wie zivilisationsabhängig wir sind. Aber Sigis Getränkevorräte scheinen noch zu reichen.

Dienstag, 3.März 2009

Versuchen wirs heute mal in der Hauptstadt Fort de France. Da waren wir ja noch nicht.

Sigi schickt uns auf Sightseeingtour, um mit AnnMarie etwas zum Beißen zu finden.

Hier sind die Läden ganz geschlossen, so dass wir die leeren Regale erst gar nicht zu sehen bekommen. Der Touristenrummel läuft notdürftig weiter, die Souvenirbuden haben offen, aber das Personal steht gelangweilt herum.

Der schwarze Markt der Streikbrecher sieht aber noch ganz schön bunt aus !

Der schwarze Markt der Streikbrecher sieht aber noch ganz schön bunt aus !

Hinter dem Schlachthof ist die Markthalle geschlossen, aber dahinter haben ein paar Bauern offenbar einen schwarzen Markt eröffnet, auf dem man zumindest alle Landprodukte bekommen kann. Preis Verhandlungssache im obersten Preissegment, Qualität nicht garantiert.

Mit dem Kauf von ein paar Kartoffeln, Zwiebeln und grünen Bohnen können wir eigentlich nichts falsch machen, wir schlagen zu, obwohl wir von einem in der Nähe stehenden CGT-Funtionär dafür lautstark als Streikbrecher beschimpft werden.
Fleisch könnten wir auch bekommen, aus heimischer Züchtung in Martinique. Wir wollen keine weiteren Streikbrecher sein und spekulieren darauf, dass Sigi schon was gefunden haben mag.

Als wir gerade lossegeln wollen, sehen wir an Land lauter Fahnen und die Stadt voller Leute in roten Hemden: Der Siegesumzug der Gewerkschaft CGT, die ihre Forderungen nach 48 Tagen Streik auf Guadeloupe und fast 4 Wochen in Martinique durchgesetzt hat. Ein Freudenfest auf karibisch, aber von der CGT professionell organisiert. Nun hoffen wir auf eine baldige Normalisierung des Alltags.
Abends gibt es in der Grande Anse d'Arlet einen köstlichen Tomatensalat mit Avocadopaste, dazu grüne Bohnen und diverse Sorten Süßkartoffeln, und damit es nicht ganz vegetarisch wird, kleine Reste von Schweinefleisch. AnnMaries Küche ist wirklich zu bewundern.

Das Badewasser ist hier absolut quallenfrei, so können wir noch einmal genüßlich stundenlang darin planschen.

Mittwoch, 4.März 2009

heute müssen wir noch mal richtig gegenan kreuzen. Der Wind kommt mal aus Osten, mal aus Südosten, genau dorther, wohin wir müssen, nämlich zurück zum Ausgangspunkt unserer Reise, der Bucht Le Marin im Süden von Martinique. 28 Meilen werden es, und damit wir ein letztes Mal noch im sauberen Wasser schwimmen können, steuert Sigi St. Anne an, ein kleiner Badeort vor Le Marin.

Wir halten Ausschau nach vollen Regalen, aber vergeblich, außer in einigen Boutiquen, die aus lauter Verzweiflung schon ihre Preise gesenkt haben. Das nutzt Wolfgang zum Erwerb einer Badehose, die er erst in Norderstedt im Hallenbad wird einweihen können, dann dort aber gleich auch seine schokoladenbraune Haut wird präsentieren können.
Ich schlage bei einem gelben und einem roten T-Shirt zu, eigentlich auch zu spät, denn in dem roten Hemd könnte ich auch mit den CGT-Funktionären verwechselt werden, die sich selbst und die weibliche Jugend Martiniques in dieses rot gehüllt haben: "Yes we can auf französisch a la Martinique!
Abends testen wir noch einmal das Durchhaltevermögen von Sigis Getränkevorräten und leeren einen 3-Liter Karton Cabernet Sauvignon, Sigi macht das Abschiedsessen mit bayerischen Semmelknödeln und Salat, erst um 22.30 sinken wir in die Kojen, eine letzte Nacht an Bord.

Donnerstag, 5.März 2009

Der Abschied naht, aber wir haben bis 22.15 h Zeit, da erst fliegt unsere AIR FRANCE. Sigi will noch auftanken, aber Sprit gibt es nicht, nur Wasser, Müll dürfen wir entsorgen und uns an Land nach einer Fahrtmöglichkeit zum Flughafen erkundigen.

Ob Sammeltaxis fahren, weiß niemand, bei drei Autovermietern hat man kein Auto frei, weil es kein Benzin gibt. Bei dieser Information werden wir dann doch leicht nervös, so nehmen wir beim vierten Vermieter für 99 € einen viertürigen Peugeot, der halbvollgetankt wenigstens vor Ort vor der Tür steht.
Nun steht unserem Start nichts mehr im Wege, wir können packen.

Ein Blick auf mein GPS, bevor ich es abmontiere: 524 Meilen haben wir in 28 Tagen zurückgelegt, das meiste davon unter Segeln. Keine ausgesprochen sportliche Leistung, dafür aber stets Erholung pur und immer ein stressfreies Segelvergnügen.

Da fragen wir heute schon an, nach Sigis Planungen für 2010, denn dabei sein möchten wir unbedingt wieder.

© Manfred Sürig, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
zum dritten Mal hatten wir uns bei Sigi angemeldet, dieses Mal für 4 Wochen, damit wir nie in Zeitdruck kommen sollten. Den gabs bei dieser Altherrenfahrt auch nie, was aber nicht heißen soll, dass es irgendwann mal langweilig wurde, dafür sorgten schon die "äußeren Bedingungen".......
Details:
Aufbruch: 05.02.2009
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 06.03.2009
Reiseziele: Martinique
Dominica
Guadeloupe
Antigua und Barbuda
Montserrat
Der Autor
 
Manfred Sürig berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.