Thüringen - Vom Bauhaus zurück in die Hallstatt-Zeit
Erfurt - unsere Kurzheimat
Wir wollten eigentlich eine Wohnung in Weimar für eine Woche mieten; aber dort haben sie uns nicht gefallen oder waren bereits belegt. Danach fanden wir eine kleine - sehr preiswerte Wohnung - im Norden von Erfurt, die wir wegen des schönen Wetters - und weil wir uns dort sehr wohlgefühlt haben - noch ein wenig verlängert haben.
Im übrigen haben wir festgestellt, dass Erfurt in fast allen Bereichen erheblich preiswerter ist als Weimar, das offensichtlich seine Goethe'sche Berühmtheit weitlich ausnutzt und Touristen ganz schön abzockt.
Am Anreisetag haben wir die Altstadt von Erfurt noch zu Fuß in ca. 30 min von dort erreicht und konnten erste Erinnerungen von unserem Besuch zu DDR-Zeiten auffrischen. Bereits vor Reiseantritt hatte ich mir die Feuerkugel zur 'Einnahme' der ersten Thüringer Spezialitäten ausgesucht.
Das Schwarzbierfleisch mit Speckbohnen und Thüringer Klößen war köstlich - natürlich paßte das Köstritzer Schwarzbier hervorragend dazu.
Am nächsten Morgen bin ich zur 50m entfernten Bäckerei gegangen, um drei frische Brötchen zu erstehen: 'Ich hätte gerne drei Brötchen' - 'Wir hamm nur Dobbelbrötchen'! Dafür waren zwei dieser Doppelbrötchen noch preiswerter als zu Hause drei normale! Nach dem Frühstück beginnen wir dann unseren Erkundungsstadtrundgang: Wir starten am Anger, dem Zentrum und Angelpunkt des ÖPNV von Erfurt. Entlang des Anger läßt sich Architekturgeschichte studieren. Es sind nahezu alle Baustile von Gotik über Barock, Renaissance, Neurenaissance- und Neogotik, Jugendstil und Art Deco bis hin zu neuzeitlichem Städtebau vertreten.
alle Stilrichtungen
sind in der Angerstrasse vertreten
Von der Angerstrasse biegen wir rechts in eine Gasse zur Barfüßerkirche ab, da wir durch die Bauhausrecherchen auf die Skizzen von Feiningers Kirchen gestoßen sind. 1291 - 1430 als Kirche eines Franziskanerklosters erbaut, nach wechselvoller Geschichte 1944 teilweise zerstört wird sie seit nach dem Krieg als Außenstelle des z.ZT. geschlossenen Angermuseums genutzt.
Auf dem Weg zur Krämerbrücke passieren wir die neue Mühle, in der als letzter der ehemals 60 betriebenen Mühlen an der Gera die funktionstüchtige Wassermühle als technisches Museum präsentiert wird.
Überhaupt hat man bei dem sommerlichen Wetter ein wenig das Gefühl in einer Art Klein-Venedig zu sein. Die Wasserarme der Gera sind ruhig und bieten vielfach auf hölzernen Terrassen einen Ruheplatz einzelner Häuser oder Restaurants.
Das nächste Highlight unterstützt noch einmal die Assoziation mit Italien: die berühmte Krämerbrücke - ähnlich vollständig bebaut mit Häusern wie die Ponte Vecchio als älteste Brücke in Florenz.
Die 120 m lange Brücke war im Mittelalter mit 62 Häusern 'bestückt'. Heute sind sie meist zu mehreren zusammengefaßt. Viele Boutiquen, Weinläden und Minirestaurants haben ihre Stühle in die enge Gasse gestellt.
Früher gab es hölzerne Fundamente und auch eine Holzbrücke. Aber bereits Ende des 13. Jh. wurde mit der Steinbrücke begonnen. Z.T sind in den (hohen) Brückenpfeilern Keller für die Häuser untergebracht.
Ursprünglich waren an beiden Brückenenden Kirchen, die als Brückenkopf auch Mautstellen darstellten. Die Ägidienkirche gibt es auch heute noch und wieder einmal kann ich der Möglichkeit einer Turmbesteigung nicht wiederstehen.
Am Platz vor der Ägidienkirche beginnt die Futterstrasse - nach meinem Eindruck heißt sie so, weil dort ein Restaurant neben dem anderen liegt (aber das ist sicher nicht richtig). Wir finden dort ein Kabarett: 'das Lachgeschoß' im Dachgeschoß. Das derzeitige Programm 'Frauen sind keine Männer - aber das schaffen sie auch noch' buchen wir für einen der kommenden Abende. Das Kabarett wird privat betrieben und ist recht klein. Man sitzt an Tischen und kann während des Programms etwas trinken. Die Akteure verkaufen vor der Vorstellung und in der Pause selbst die Getränke. Es hat sich gelohnt.
Pause machen wir mit Thüringer Spezialitäten im Ratskeller.
Zentrum der Altstadt ist wohl der Fischmarkt, der Kreuzung zweier alten Handelsrouten.
Das Haus 'zum breiten Herd' (1584) ist im ersten OG mit fünf Frauenfiguren geschmückt, die die fünf Sinne darstellen.
das Renaissancegebäude 'Zum roten Ochsen' birgt heute die Kunsthalle - davor steht der hl. Martin in römischem Kriegergewand
Die Ausstellung 'Kunstlichtspiele' ist die einzige Ausstellung anläßlich des Bauhauses 2009 in Erfurt im April. Sie stellt die Licht-Kunst-Bewegung des 20. Jahrhunderts vor. Das elektrische Licht als Sinnbild für Modernität bringt Künstler aller Genres zu neuen Inspirationen.
Der Bauhaus-Künstler Lázló Moholy-Nagy u.a schufen diverse Konstruktionen (Licht-Raum-Modulator), die ausgestellt werden. Ein beeindruckendes Modell einer Festhalle aus Glas von Luckhardt ist zu bewundern.
Die Beschreibung der Ausstellung erfolgt hier, obwohl wir sie aus 'taktischen' Gründen erst an einem der letzten Tage besucht haben, um die Eintrittskarte innerhalb der nächsten 48 Stunden weiter nutzen zu können. Aber sie gehört halt zu Erfurt.
Leider ist innen mal wieder Fotografieren verboten. Eine Aufnahme des Bauhaus-Lichtkubus, den ich nirgendwo anders gesehen habe, mußte ich dann aber doch heimlich machen. Er setzt sich aus den Stabelementen der anderen Beleuchtungskörper des Bauhauses zusammen.
Der Weg zum großen Dom-Platz ist nicht weit. An seiner Flanke sind die zahlreichen Fachwerkhäuser aufwändig restauriert.
Der Petersberg ist eine etwa 231 Meter hoch gelegene Erhebung, die nördlich von Mariendom und Severikirche liegt. Auf dem Gelände erstreckt sich die Zitadelle Petersberg. Im Inneren befindet sich die Peterskirche, die einst größte romanische Klosterkirche Thüringens.
erhaltener aber noch nicht restaurierter Kasernenbau - die nebenan gelegene Petrikirche ist heute ein Kunstforum
Wir verlassen den Petriberg und gelangen in den nördlichen Teil der Stadt.
Kornhofspeicher - 1465-1473 im Auftrag des Stadtrates errichtet und im mittelalterlichen Originalzustand
Das Stadtmuseum Erfurtliegt in der Johannesstrasse. Der Hauptsitz ist das Haus zum Stockfisch. Interessant ist auf der Internetseite unter 'Hausgeschichte' die frühere Bestimmung des Gebäudes als Mantelfabrik um 1900 und als Waren- und Möbel-Creditanstalt mit alten Fotos.
Im Stadtmuseum werden zahlreiche Exponate, Urkunden, Schriftstücke und Karten zur Geschichte der Stadt Erfurt gezeigt, aber auch multimediale Darstellungsformen geboten.
Der Rundgang nähert sich seinem Ende, vorbei an der Kaufmannskirche und über eine der Ringstrassen gelangen wir zum Parkplatz unseres Autos.
Rechtschaffen müde gibt es nur noch eine Kleinigkeit und die Planung für den nächsten Tag.
Aufbruch: | 06.04.2009 |
Dauer: | 12 Tage |
Heimkehr: | 17.04.2009 |