Thüringen - Vom Bauhaus zurück in die Hallstatt-Zeit
das Bauhaus in Dessau
Wenn man von Bauhaus spricht, wird man meist direkt auf Dessau angesprochen. Dies hat seinen Grund darin, dass Gropius recht schnell von Weimar nach Dessau ging, weil er glaubte, dort seine Vorstellungen besser verwirklichen zu können.
Dessau liegt natürlich nicht in Thüringen und ist etwa 190 km von Erfurt entfernt. Trotzdem haben wir uns schnell entschlossen, den Einstieg ins Thema Bauhaus dort zu machen. Nach kurzem Rundgang um das Gebäude, erreichen wir gerade die erste Führung zu den Meisterhäusern. Eine junge Dame macht das recht geschickt, da ihr Vortrag weder heruntergeleiert noch mit Fakten überfrachtet ist. Vielmehr macht sie auf die Dinge aufmerksam, die man selbst kaum erkennen würde und sie hat eine Mappe mit alten Fotos dabei, an denen sie die verschiedensten Dinge erklären kann.
So kann man am ersten Haus - dem alleinstehenden Direktorenhaus, das nicht mehr im Originalzustand ist, da im II. WK schwer zerstört ( nahe den Junkerswerken ), vier Leuchtrahmen sehen, die andeuten sollen, wo an diesem Haus früher einmal die Fenster waren.
Und auch die Garage würde man nicht als Original erkennen. (Es hat ein Adler darin gestanden, nur der Direktor Gropius fuhr ein Auto.) Die anderen Meisterhäuser sind ausnahmslos nur mit 'Fahrradgaragen' versehen (gewesen).
Neben dem Gropiushaus, das als Einzelhaus erstellt wurde (1945 zerstört), stehen die drei Meisterhäuser - jeweils als Doppelhaus konzipiert. Das Haus von Moholy-Nagy, das wie das Gropiushaus bei einem Bombenangriff zerstört wurde, ist als linke Hälfte des Feininger-Hauses noch nicht wieder aufgebaut, da z.Zt. im Kellergeschoss die Archäologen Untersuchungen durchführen.
Wenn man sich die Lage der Meisterhäuser ansieht, so erkennt man, dass die Doppelhäuser jeweils in sich verdreht und nicht spiegelbildlich im Grundriss erstellt wurden.
Die beiden Doppelhaushälften sind so konstruiert, dass die hinteren Terrassen sich nicht gegenseitig stören, indem sie durch eine 'Verwindung und Drehung' in eine andere Lage gebracht werden. Dies hat jedoch auch Nachteile; so hat ein Haus einen Südwestbalkon, das andere einen solchen nach Nordosten. Jedoch sind beide Atelierfenster nach vorne (nach Norden) ausgerichtet, um den Farbgestaltungen der Meister beste Lichtbedingungen zu schaffen.
In der rechten Hälfte (Feininger) erklärt man uns die Gedanken zur Konstruktion der Häuser: Zur Strasse hin keine Fenster, die einen Einblick gestatten, lediglich im 1. OG ein riesiges Atelierfenster; die eigentliche Öffnung des Hauses erfolgt nach hinten zum Garten - ein Kieferwäldchen mit Rasenfläche zwischen den Bäumen - im übrigen haben die Kiefern erst sehr hoch die ersten Queräste, so dass der Blick auf die Meisterhäuser nicht verwehrt wird/ wurde.
In das zweite Doppelhaus (Schlemmer/Muche) gehen wir aus Zeitgründen nicht, da wir das dritte (Kandinski/ Klee) - heute künstlich durch einen geschaffenen Wanddurchbruch - ohne Verlassen in Gänze besichtigen können, um die die Unterschiede der beiden Farbgebungen an den Wänden sehen können. Während Kandinski in Gold, Silber arbeitet, hat Klee überwiegende gelb, orange und schwarz verarbeitet.
Auf dem Rückweg zum Bauhaus passieren wir den Eingang zum Park von Dessau (sieben Säulen) und die Arbeiterwohungen der Junkerswerke, zu erkennen an den Symbolen (schwebender Mensch) über der Treppenhausfensterachse.
Wir haben lediglich Zeit, uns in einer Bäckerei ein Teil auf die Faust zu nehmen, denn die eigentliche Führung durch das Bauhaus beginnt unmittelbar danach.
Im Foyer sind die Lampen von Bedeutung (siehe auch den gestern fotografierten Lichtkubus in Erfurt) und am Eingang zum Theater die versenkbaren Türknäufe.
Auch der Wassili-Stuhl steht im Treppenabsatz und bedarf einer Erklärung, denn die heutige Lederbespannung war früher einmal eine aus Eisenstoff, wie auch heute in dem Theater.
Besondere Bedeutung kommt im gesamten Gebäude den nicht-tragenden, vorgesetzten Fenster'wänden' zu. Im Theater kann man sie auch der gesamten Länge wie in Fabrikbauten über ein Drehrad zum Lüften öffnen, ohne Verdunklungsmöglichkeit zu nehmen. Da die Fenster auch im Treppenhaus nicht unterbrochen sind, sondern vor die eigentlich Stahlkonstruktion des Baus gesetzt sind, ist die Lüftung über mehrere Geschosse möglich.
Überall im Theater und in der dahinter befindlichen Mensa sind Beleuchtungskörper äußerst funktioneller Natur im Bauhausstil angebracht. Zum guten Schluß werfen wir noch einen Blick ins Direktorenzimmer und in ein Schlafgemach eines Studenten, dem hier ein recht grosser Raum zur Verfügung stand, wenn er denn eines der 28 Zimmer erhielt.
Da es in Dessau aber auch noch ein paar andere Gebäude zu sehen gibt, die mit dem Bauhaus zu tun haben, fahren wir in den Süden der Stadt, wo sich die Siedlung Törten befindet. Etwas abseits liegen drei der geplanten fünf Laubenganghäuser (1929), die mit einem vorgelagerten Mitteltreppenhausbau und langen Gängen zu den einzelnen Wohnungen. Auch hier findet man im unteren Teil wieder Fahrradgaragen. Im Ganzen sind diese Häuser aber wenig attraktiv.
Die Laubengang-Häuser sollten mit insgesamt 90 Wohnungen die Siedlung Törten ergänzen. Auch wenn sie nicht wie Bauhaus-Bauten aussehen; sie wurden unter der Leitung des Direktors Hannes Meyer 1927 von der Architekturabteilung des Bauhaus entworfen und erstellt.
Die Siedlung Dessau-Törtenwurde von 1926 bis 1928 im Auftrag der Stadt Dessau gebaut und entstand im Rahmen des Reichsheimstättengesetzes. Mit drei verschieden großen Haustypen (57, 70 und 75 qm) baute Gropius diese Siedlung auf.
Der Siedlungscharakter wird recht deutlich auf dem Grundrißplan der Straßen:
Eine der Haustypen (der kleine mit 57qm) im Mittelring Nr. 38 ist ebenfalls wieder in den Originalzustand versetzt worden und zu besichtigen. (Das von der Stadt Dessau denkmalgerecht sanierte Siedlungshaus wird durch die Moses-Mendelssohn-Gesellschaft genutzt) Die Halbgeschosse verursachen eigentlich die eigenartige Fassade.
Denn das obere Fensterband liegt auch in den oberen Zimmern recht hoch; das untere hat fast Normalhöhe im Kellergeschoss. Zum Garten hin befindet sich dann das Zwischengeschoß mit Zugang zu einem 400 qm großen Garten. Die Toilette ist eine Trocken-Torftoilette.
Die anderen Häuser sind alle in Privatbesitz und meist völlig verändert (andere Fensteranordnung mit Isolierverglasung, andere Fassadengestaltung, heute meist auch dick isoliert), da sie 'modernen' Energieanforderungen nicht mehr entsprechen.
Das Stahlhaus von Muche und Paulick 1927 erstellt, demonstriert die Fertigbauteil-Konstruktion der Baushausarchitekten im Besonderen.
Direkt neben dem Stahlhaus liegt das Haus Fieger, das sich heute in Privatbesitz befindet. Leider kann man die besondere Rundkonstruktion nur erahnen, da das Haus völlig zugewachsen ist. Einen Eindruck gewinnt man allerdings mit der Abbildung der Außenansicht auf der Internetseite.
Auf der anderen Strassenseite des Stahlhauses wurde wohl ein Neubau errichtet, der mit seinem offenen Dachgeschoß Konstruktionsmerkmale der Bauhauszeit übernommen hat. Einen ähnlichen Bau von le Corbusier fanden wir vor einiger Zeit in der Weißenhofsiedlung in Stuttgart.
Das Konsumgebäude nahe der Siedlung Törten wurde 1928 von Gropius als Kombination von Wohn- und Geschäftshaus geplant. Interessanterweise waren die Gemeinschaftseinrichtúngen im Dachgeschoss neben einer Dachterrasse untergebracht. Der Verkaufsraum konnte durch Faltwände variabel in mehrere Zonen aufgeteilt werden.
Allmählich müssen wir an die Rückfahrt denken; wir kaufen noch etwas ein, da wir beschlossen haben, nach Ankunft in Erfurt nicht noch essen zu gehen. Über die überwiegend dreispurige Autobahn kommen wir fast durchgängig mit 180 km/h gut anderthalb Stunden wieder nach Erfurt. Zu Hause gibt es dann ein Pfeffersteak mit Eisbergsalat.
Aufbruch: | 06.04.2009 |
Dauer: | 12 Tage |
Heimkehr: | 17.04.2009 |