Nepal - Annapurna Trek
Von Pokhara nach Naudanda
Von Pokhara nach Naudanda
Wir stehen heute schon sehr früh auf, denn wir wollen noch vor sechs Uhr loskommen. Die letzten zwei Tage in Pokhara war es einfach viel zu heiß, so daß wir Nachts kaum schlafen konnten, besonders ich mit meiner Erkältung. Ich denke ich habe sie mir in diesem Taxi geholt, es war heiß und wir fuhren die ganze Nacht durch mit offenem Fenster. Jetzt freue ich mich auf die Berge und auf Abkühlung, dann wird es mir sicher gleich besser gehen.
Es ist ein bißchen bewölkt heute und die Sonne kommt zum Glück nicht gleich mit vollem Power durch. Wir gehen erstmal eine ganze Weile durch die Stadt, immer am See entlang. Dort verkaufen auch findige kleine Nepalesen mit Schokolade überzogene Brötchen und kaum ein Trekker kann dieser Versuchung wiederstehen. Und so gönnen auch wir uns zwei für jeden, als Inspiration sozusagen.
Nach einer ganzen Weile kommen wir zu einem großen Geröllfeld und wir erfahren, das genau hier unser Weg hindurchführt. Vor kurzem gab es hier noch ein Dorf, was dann während der Zeit des Monsoon verschüttet wurde. Es ist nicht einfach den Weg bergauf zu finden, der nur spärlich mit kleinen roten Pfeilen gekennzeichnet ist. Immer wieder müssen wir uns hinsetzen und ringen in der schwülen Hitze nach Luft. Und ziemlich bald sind auch unsere Schokobrötchen weg, so daß uns nichts anderes übrigbleibt, als weiterzugehen. Dann endlich stoßen wir wieder auf den alten Weg, der aus schön behauenen Steinstufen besteht. Es geht serpentinenmäßig immer bergauf und wir treffen so gut wie niemanden hier. Sind wir etwa die einzigen Pilger auf dieser Strecke? Kein Wunder denn der Weg nimmt einfach kein Ende, dafür wird aber die Sicht auf den See und auf Pokhara immer gewaltiger, um so höher man kommt.
Dann kommen wir durch eine kleine Siedlung, sind schon sehr erschöpft und müssen uns von den lokalen Kinderbanden fertigmachen lassen, die uns um Schokolade und Kaugummi anbetteln, womit wir aber leider nicht dienen können. Auch sonst weiß ich nicht was ich denen geben könnte, denn wir haben nur das allernotwendigste dabei. Auf dem weiteren Weg muß ich mich richtig überwinden: Was für eine gute Übung in Selbstdisziplin, es tut mir richtig gut und gibt einen Vorgeschmack auf das was noch kommen soll. Schon gegen 10 Uhr kommen wir in Sarankot an.
Sarankot ist eine kleine Siedlung auf steilem Berghang. Ein kleiner Weg mit vielen Stufen führt zwischen den Wohnhäusern und Tea-Shops hindurch. Die Leute hier haben sich gut auf die Touristen vorbereitet und verkaufen allen möglichen Kram.
An einem himmelblau angestrichenen kleinen Restaurant bleiben wir stehen und lassen uns ziemlich erschöpft in einem kleinen Pavillion mit sagenhafter Aussicht in die Stühle fallen. Unsere T-Shirts sind völlig durchgeweicht und wir müssen erstmal unsere Sachen wechseln. Dieser erste Anstieg war ein richtiger Härtetest für uns beide und wir sind mehr als stolz jetzt hier zu sitzen und den wunderbaren Ausblick zu genießen. Es ist als schaut man aus einem Flugzeug, wir sind ein bißchen über den Wolken und sehen weit unten Pokhara und den See. Mir reicht dieser Marsch für heute, als Einstiegsetappe war das Herausforderung genug. Doch Vainateya ist nicht so ganz davon überzeugt und will gleich noch ein bißchen weiter, denn es ist ja erst Vormittag.
Nach einer guten Erholungspause von zwei Stunden laufen wir auch die letzten Stufen noch hinauf zur Aussichtsplattform, von der man normalerweise ein sagenhaftes Panorama der gesamten Annapurna-Berge vor sich sehen sollte. Doch sie sind wolkenverhangen und so können wir uns nur vorstellen, wie es aussehen könnte. Ganz oben gibt es auch ein paar sehr schöne Hotels, aber dann entschließen wir uns weiterzulaufen, was sich als erster großer Fehler erweist. Wahrscheinlich sind wir zu enthusiastisch und nehmen die Berge nicht ernst genug. Im Reiseführer steht ganz deutlich, das man für die nächste Etappe nicht mehr als zwei bis drei Stunden benötigt. Auch der nette Nepali auf der Aussichtsplattform bestätigt uns: nicht mehr als zwei Stunden und fast nur gerade Strecke!
Und auch diese Lektion lernen wir heute: nicht alles was im Reiseführer steht, und vor allem: nicht alles was einem die Einheimischen sagen, darf man glauben! Es kann auch locker doppelt solange dauern und manchmal frage ich mich, wie sie diese Zeiten gemessen haben, vielleicht mit dem Fahrrad, oder ganz ohne Gepäck im Dauerlauf? Jedenfalls merken wir nach zwei Stunden, das wir erst die Hälfte des Weges hinter uns haben und wir beide sind eigentlich schon lange am Ende unserer Kräfte. So kämpfen wir uns auf diesem staubigen Weg immer weiter voran, manchmal durch kleinere Dörferchen, meistens aber durch die Natur am Fuße der Himalayas, bestehend aus Reisterrassen, Bambus, leuchtenden Blumen, Bergen und tiefen Tälern auf der linken Seite, alles auf etwa 1500 Metern Höhe. Wir sehen auch Bauern bei der Arbeit, sie binden große Bündel Gras oder Schilf, außerdem gibt es wieder bettelnde Kinder, die eine echte Plage sind.
Als wir uns unterwegs in einem kleinen Dorf auf einem Stein ausruhen, bemerken wir unsere blutigen Knöchel - es ist von den Blutegeln, wie wir später erfahren und überhaupt nicht gefährlich. Nach knapp vier Stunden fangen meine Füße an wehzutun, so sehr, dass ich kaum noch weiterlaufen kann. Zu allem Überfluss fängt es auch leicht zu nieseln an. Ich krame ein paar dickere Strümpfe aus dem Rucksack hervor und ziehe sie über die anderen drüber, was mich und meine Füße rettet. Schnell gehen wir weiter, denn es sieht jetzt wirklich nach mehr Regen aus und tatsächlich gießt es plötzlich wie aus Eimern.
Aber wir sind endlich in Naudanda angekommen und können uns gerade noch unter dem Vordach eines kleinen Shops retten. Wir überlegen, wo wir jetzt ein Hotel finden sollen, hier am Rande der Siedlung, wir sind kaum noch fähig einen weiteren Schritt zu tun. Dann sehen wir einen Jungen an einem gelben Auto stehen und wollen ihn fragen, ob er uns in ein Hotel bringen kann. Überraschenderweise lautet seine Antwort: Ich habe selbst ein Hotel, gleich hier! Und so führt er uns in unser Zimmer mit Bad auf dem Flur daneben. Es ist einfach aber sehr sauber und direkt vom Bett aus hat man einen fantastischen Ausblick auf die Berge. Völlig ausgehungert bestellen wir drei Teller Spaghetti für uns zwei, unser junger Hotelbesitzer lächelt nur, er kennt schon die Sitten der verfressenen Europäer!
Aufbruch: | Oktober 2007 |
Dauer: | circa 5 Wochen |
Heimkehr: | November 2007 |