Kuba - der Westen 2010
Vinales
31.3. (Fortsetzung) | Unsere 1. Zigarre
Wir treffen in Vinales ein, und es folgen 30 Minuten, während der wir uns wünschen, doch Pauschaltouristen zu sein und an einem geführten Ausflug teilzunehmen: Kaum hat der Bus angehalten, stürzen sich ca. 30 Frauen auf den Autobus und versuchen, die aussteigenden Touristen in ihr Haus zu lotsen. Wenn man aus dem Bus steigen möchte, halten sie einem Fotos und Visitenkarten vors Gesicht und zerren an den Armen, immer darauf bedacht, die anderen auszustechen. Ein Aussteigen ist nur mit roher Gewalt - wegdrängen und "No , gracias!" rufen - möglich, und das schwierig genug. Wirklich beschämend, bedrückend!
Unser Vermieter in Havanna hat gemeint, er hätte eine Empfehlung hier, und sie würde uns mit einem "Felicia"-Schild vom Bus abholen. Wir sehen sie nicht, und so geht der Spießrutenlauf weiter, denn einige der Frauen verfolgen uns und jammern uns an, ob wir nicht bei ihnen nächtigen wollen. Wir haben die Adresse von der Empfehlung und begeben uns zu dem Haus. Dort werden wir schon erwartet, das Haus liegt jedoch an der Hauptverkehrskreuzung des Ortes, also viel zu laut. Als sie merkt, dass wir zögern, bringt sie uns ein Gästebuch voll Lobeshymnen und versucht, uns zu überreden, doch zu bleiben. Bei uns beginnt ein innerer Kampf zwischen unserem Wunsch nach Urlaubsruhe und Mitleid mit der Frau. Irgendwie können wir ihr klar machen, dass wir mehr Ruhe wollen, worauf sie uns zu ihrer Schwester schickt, deren Haus drei Häuser weiter in absoluter Ruhelage liegt. Das ist genau das, was wir wollten, zumal wir von der Essensterrasse einen herrlichen Blick über das Tal haben. Beim Zimmerpreis handeln wir sie von 20 auf 15 CUC herunter, dafür versprechen wir ihr, bei ihr zu frühstücken und abendzuessen (die beiden Restaurants im Ort kommen in keinem Reiseführer gut weg). Die Schwester ist viel sympathischer und hat auch einen lieben Mann / Freund - jetzt sind wir wieder froh, "individuell" unterwegs zu sein...
Apropos "Mann / Freund": Eine der ersten Fragen, die uns immer gestellt werden, ist, ob wir verheiratet sind. Warum, haben wir noch nicht herausgefunden.
Wir machen einen kleinen Ortsspaziergang, langsam kommt der Ort zur Ruhe, da die Tagestouristen auf dem Heimweg sind. Fast jedes Haus hier hat freie Zimmer, uns ist jetzt klar, warum sich die Frauen so auf die Individualtouristenbusse stürzen.
Im Abendlicht bekommen wir auf der Terrasse das Abendessen serviert - wir haben uns (nach 2 Tagen Huhn) Schwein und Fisch bestellt. Dazu gibt es die obligaten schwarzen Bohnen, Reis, Erdäpfel, Salat und einen Obstteller, zwei Mojitos und Cerveza. Und zum Dessert gibt's eine kubanische Zigarre... Ja, Ihr habt richtig gelesen, neben Feli hat auch der militante Nichtraucher Robert seine erste (halbe) Zigarre in seinem Leben geraucht. Natürlich haben wir - auch nach einer entsprechende Warnung des Hausherrn - nur gepafft und nicht inhaliert, aber es gehört hier halt dazu und hatte auch keine negativen Folgen... (Raucher werden wir trotzdem keine werden.)
Während unseres Verdauungsspaziergangs durch den Ort landen wir bei einer Art kubanischem Karaoke - eine kubanische Band spielt, und wer möchte, kann dazu singen. Die Mehrheit der Zuschauer ist einheimisch, Touristen verirren sich kaum ins Publikum. Die Musik ist toll und klingt in unseren Ohren ziemlich authentisch. Jede Menge junger Hunde, die uns schon am Tag aufgefallen ist, begleitet uns nach Hause. Und nach der rauchigen Premiere heute steht morgen die nächste, eine tierische, auf dem Programm.
1.4. | Chupa-Chupa, Luciero und wir beim Campesino
Das Frühstück in der Morgensonne ist üppig wie hier üblich. Danach buchen wir unsere morgige Busfahrt nach Trinidad - nicht mit dem Collectivo, das schon um 7 losfährt, sondern 1 Stunde später mit einem Transtour-Bus, der im Unterschied zum Viazul-Bus nicht über Havanna sondern direkt unser morgiges Ziel ansteuert; mit 560km und geplanten 7 Std. jedenfalls unsere längste Busfahrt.
Dann lassen wir uns in 70 Minuten mit dem Hop-on-Hop-off-Bus zu allen Sehenswürdigkeiten hier chauffieren - verschafft einen wirklich guten Eindruck von den landschaftlichen Schönheiten hier.
Nach einer kurzen Erholungspause geht's los: Für den Nachmittag haben wir einen Ausritt bestellt - Roberts allerersten Ritt auf einem Pferd (wenn man von wenig erfolgreichen Kurzversuchen vor mehr als 20 Jahren absieht). Feli, ein jahrelanger Profi auf dem Pferd, reitet auf Luciero, einem ziemlich verhungerten Gaul mit einem ziemlich miesen Sattel (die Spuren sind danach auf ihren Schenkel sichtbar...), Robert auf Chupa-Chupa, den gewisse charakterliche Ähnlichkeiten mit ihm verbinden: er will immer als Erster reiten, will sich im Gatsch nicht schmutzig machen und sucht jeden Schatten... Dieser Wunsch ist nur allzu verständlich, brennt doch die Sonne mit 33° vom nahezu wolkenlosen Himmel. Feli ist glücklich, wieder einmal auf einem Pferd zu sitzen, und Robert macht das Reiten Riesenspaß.
Nach 1 Stunde erreichen wir eine Höhle, wo uns schon ein Mann erwartet, der uns mit einer Lampe durch die Höhle führt - eine willkommene Abkühlung (auch für die Pferde, die im Schatten auf uns warten). Wir bewundern unzählige Stalagtiten und Stalagmiten und lauschen den Tropfen in der Höhlenruhe. Am Ende wartet zur Abkühlung ein Bad im Höhlensee - Robert stürzt sich nackt ins gefühlt 22° kühle Nass; ein Genuss nach der großen Hitze zuvor!
Ausgeruht geht es weiter bis zu einem Campesino, wie die Bauern hier genannt werden. Er öffnet zwei Kokosnüsse und bereitet uns zwei köstliche Drinks zu. Danach dreht er aus drei Tabakblättern eine Zigarre, die er mit Honig verklebt und uns zum Verkosten reicht. Er schneidet uns eine Ananas auf und erzählt uns von seinen vier Kindern und deren Berufen (einer ist Arzt, einer Informatiker, und die Tochter wäre ein bisschen dumm, die geht putzen in eine Casa...) sowie seinen vier Enkelkindern, und dass er ca. 15 Zigarren am Tag raucht und sein Vater damit 101 Jahre alt geworden ist. Dann will er uns natürlich seine Zigarren verkaufen - jeder in diesem Land will Dir seine Zigarren verkaufen. Roberts Verhandlungsgeist ist geweckt, und wir einigen uns nach harten Verhandlungen auf 15 CUC für die 12 Zigarren sowie Obst und Getränke (später erfahren wir von anderen Touristen, dass diese 20 bis 25 CUC für die Zigarren plus Getränke extra gezahlt haben - Robert freut sich...).
Wir reiten weiter und erfahren, dass es ca. fünf solcher Bauern hier gäbe und ca. 30 Pferde für die Touristen. Auch bei deren Zustand hatten wir Glück, wie wir später von anderen Touristen erfahren sollten. Unser Guide, ein junger Mittzwanziger, erzählt uns, dass er noch nie in seinem Leben das Tal hier verlassen hättte - der weitest entfernte Ort, in dem er je gewesen wäre, ist Pinar del Rio, ca. 20km von Vinales entfernt...
Abends folgt der absolute kulinarische Höhepunkt dieses Urlaubs, der wohl nicht mehr überboten werden kann: Eine Riesenportion Langusten, die so köstlich zubereitet sind, dass wir uns mit "Hm"s und "Ah"s gegenseitig übertreffen. Obst, Mojitos, Cervesas - das Übliche halt.
Da wir morgen zeitig aufstehen müssen, bezahlen wir, verewigen uns mit Lobeshymnen für die Kochkünste der Hausfrau im Gästebuch und erhalten natürlich den obligaten Tipp für eine Unterkunft in unserem nächsten Zielort, in Trinidad. Und natürlich will uns auch der Hausherr noch Zigarren verkaufen - darauf haben wir ja fast schon gewartet...
Ein abendlicher Spaziergang durch den Ort, bei der wir hier zum 3. Mal eine Deutsche treffen, mit der wir im Bus hergefahren sind, und uns austauschen, beendet unsere beiden schönen Tage hier. Morgen heißt's um 6:30 Uhr frühstücken, da der Bus um 8 Uhr nach Trinidad aufbrechen wird.
2.4. | Auf dem Weg nach Trinidad
Wir stehen zeitig auf und frühstücken vor Sonnenaufgang im Dunkeln. Abschied nehmen und auf zum Abfahrtsort des Busses. Das Dorfleben erwacht (ohne Touristen): Mütter und Väter bringen ihre Kinder zum Schulbus, Enten (mit ihren Jungen) und Hunde laufen auf der Straße herum, bald ist hier reges Treiben, die Einheimischen sind unter sich, zumindest solange, bis die ersten Touristenbusse eintreffen werden...
Pünktlich fahren wir los, und der Fahrer geht's flott an: Gleich nach dem Ortsende hupen und Gas geben anstatt zu bremsen und ein riskantes Überholmanöver, ein Abschneider, auf dem wir nur auf Pferdefuhrwerke treffen und immer wieder im Schritttempo über Asphaltaufbrüche rumpeln. Endlich auf der Autobahn, es geht dahin.
Nach 1½ Stunden eine kurze Pipi-Pause; da es hier Raststätten nur auf einer Straßenseite gibt, bremsen wir am linken Fahrstreifen ab, fahren über den Mittelstreifen auf die Gegenfahrbahn, queren diese und biegen auf den Parkplatz ein. Nach 10 Minuten geht's weiter: Raus auf die Gegenfahrbahn, ein kurzes Stück als Geisterfahrer gegen die Fahrtrichtung und dann wieder über den Mittelstreifen auf unsere Fahrbahn - so fährt man hier, und es ist aufgrund des geringen Verkehrsaufkommens kein Problem (auf der A2 bei Baden wollen wir uns das lieber nicht vorstellen...).
Der Bus ist übrigens ganz neu (wie alle Busse hier aus China), einige Sitze sind noch mit Plastik überzogen. Unser Fahrer fährt volles Rohr, nach 4 Stunden gibt's eine 25-minütige Mittagspause, danach wird weitergeglüht. Die letzten 150km geht's über Landstraßen, wir überholen, was uns in den Weg kommt. Überholen ist hier eigentlich immer möglich, wenn nicht, wird unser Fahrer nervös (wie Robert, wenn er überholen möchte, aber nicht kann - Feli kann ein Lied davon singen...).
Die Landschaft hier ist öde, steppig, aber Handymasten gibt es überall. Kleine, einfache Hütten säumen den Straßenrand, und auf beiden Fahrbahnseiten gibt es eigene Spuren für die Pferdefuhrwerke. Ah ja, und in San Anton liegt kein Schnee (kein Wunder bei 35°...).
Aufbruch: | 25.03.2010 |
Dauer: | 17 Tage |
Heimkehr: | 10.04.2010 |
Santa Clara