Santa Clara: der Che und Kuba
Santa Clara
4.4. (Fortsetzung) | Wir bei Che
Die Hauptattraktion Santa Claras ist das Che Guevara-Monument, das wir uns gleich nach der Ankunft anschauen wollen, da es nahe dem Busterminal liegt. Das Verlassen des Terminals gleicht wieder einem Spießrutenlauf - Zimmervermieter und Taxifahrer suchen aufdringlich nach Kunden; langsam werden wir Profis im Abwimmeln...
Das Che-Monument mit seinem riesigen, von Palmen gesäumten, Platz davor ist sehr beeindruckend, zumal im Abendlicht; wir stellen uns vor, wie hier Tausende kämpferischen Politansprachen folgen. Das Mausoleum mit den Knochen Ches und seiner Mitkämpfer ist schon zu und auch morgen geschlossen; da wir das aus dem Reiseführer wissen, nicht so erpicht auf Knochen sind und man drinnen auch nicht fotografieren darf, hält sich unsere Enttäuschung in Grenzen.
Die knapp 2km ins Zentrum fahren wir erstmals mit einen Bici-Taxi; irgendwie fühlen wir uns unwohl bei dem Gefühl, dass sich ein anderer Mensch für uns abstrampelt. Er lässt uns einen Häuserblock vor dem Parque Vidal, dem Zentrum von Santa Clara, aussteigen, offensichtlich hätte er uns nicht mitnehmen dürfen. Aber für 1 CUC hat sich das Risiko für ihn gelohnt.
Unser Wunschquartier ist nicht weit entfernt, und die Stadt ist uns sofort sympathisch. Hier ist was los, Jung und Alt sind im Park und auf den Straßen unterwegs. Und Touris sieht man hier nur sehr vereinzelt.
Es ist fast 19 Uhr und unser Wunschquartier natürlich schon voll, schließlich ist es die Empfehlung hier im lonely planet-Reiseführer. Aber natürlich hat er eine Empfehlung für uns, eine Nachbarin hätte noch ein Zimmer frei, wir könnten ja bei ihm zu Abend essen. Die Nachbarin ist nicht besonders sympathisch, Zimmer und Bad aber für eine Nacht ok. Wir wollen wegen einer Nacht nicht weitersuchen und bleiben.
Das Abendessen im Palmengarten des Hostal Florida Centro ist köstlich, wie nicht anders zu erwarten war: Langusten, Fischfilet und jede Menge Shrimps mit Beilagen und Wein - ein würdiger kulinarischer Abschluss unserer Rundreise (auch wenn das Abendessen in Vinales unerreicht geblieben ist). Der Chef hier weiß um seinen lonely planet-Ruhm, was ihn zwar lustig, nicht aber besonders sympathisch macht. Aber das Ambiente hier einschließlich überfressener Katze und Hund ist wirklich einzigartig.
Abends geht es in die Bar Marquesina, für uns die erste authentische kubanische Bar in diesem Urlaub. Eine Altherren-Band spielt kubanische Oldies voller Sehnsucht, beim Che Guevara-Song "Hasta siempre Comandante" singen alle lauthals mit, inklusive Feli!
(Hier findet Ihr einige Versionen des Songs: Che-Song)
Es sind fast ausschließlich Einheimische hier - ein paar Touris beobachten das Geschehen - und es wird getanzt und von besseren Zeiten geträumt. Wir rauchen unsere 3. Zigarre in diesem Urlaub - und langsam fängt sie an, uns zu schmecken...
Wir trinken einen Mojito, und noch einen, und lernen Mercedes und Katja kennen, zwei Studentinnen von hier (Santa Clara ist Universitätsstadt), die nicht besser für den Zwiespalt dieses Landes stehen könnten: die eine studiert kubanische Wirtschaft und ist ein absoluter Che-Fan, die andere Gastronomie & Touristik und ist sicher, dass es nach dem Ende der Castros mit dem Land bergauf gehen wird...
Robert wagt mit beiden ein Tänzchen, Katja fragt vorher ganz artig Feli, ob sie das erlauben würde. Da sie die ganze Zeit an einer Bierdose genippt haben - sie wären nur selten hier, weil es ein CUC-Lokal ist -, laden wir sie auf 2 Mojitos ein, unsere jeweils 4. an diesem Abend... Mercedes erzählt uns, dass sie schon in Sorrento und Dresden gewesen ist, wir tauschen E-Mail-Adressen, das Lokal schließt (es ist Mitternacht), und wir gehen heim. (Beim Zahlen der letzten 4 Mojitos will uns der Kellner übers Ohr hauen, aber nicht mit uns, so stark sind die Mojitos auch wieder nicht )
Alles in allem ein würdiger letzter Abend unserer 8 Tage "in Freiheit" - aber der eigentliche Höhepunkt stand uns noch bevor, aber das wussten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht...
5.4. | Das wirkliche Abenteuer wartet zum Schluss
Das letzte Frühstück wie gehabt, und schon tauchen wir ein ins städtische Leben von Santa Clara. Hier ist wirklich was los, und uns scheint das, was wir hier in den nächsten Stunden sehen und erleben, typischer für Kuba zu sein als alles, was wir in den 7 Tagen zuvor erlebt haben. Hier wurelt es, unvorstellbar, was hier los ist. Die Gehsteige scheinen zu schmal, die Straßen zu eng, für all das, was sich hier abspielt.
Alleine das Funktionieren des Straßenverkehrs ist bewundernswert: Fußgänger, Pferdekutschen, Fahrräder, Bici-Taxis, Mopeds, Mopedtransporter, Motorräder, Motorradtransporter, Kleinwägen, Oldtimer, Kleintransporte, Autobusse - ein Miteinander, das beeindruckt. Abgesehen von den Abgasen, denn ein Fahrzeug, bei dem es nicht beim Auspuff hinaus qualmt, fällt hier auf (wir haben während der gesamten Woche abgesehen von den Touristenfahrzeugen vielleicht ein Handvoll davon gesehen...).
Am Boulevard, der Fußgängerzone hier, ist die Hölle los. Hier findet man auch die wenigen Touristen. Die Geschäfte sind voller als in den Städten vorher, aber für uns noch immer leer. Im Peso-Pizza-Lokal (dh, dass man hier mit den Einheimischen-Pesos bezahlen kann) will man uns mit einer CUC-Touristenspeisekarte abzocken, aber nicht mit uns: wir stellen uns mit den Einheimischen an und bezahlen 5 Pesos und nicht 5 CUC (Verhältnis 1:25!). Und sie schmeckt nicht einmal so schlecht.
Es wartet das nächste Che-Highlight hier, ein Freiluftmuseum, in dem der Überfall Che Guevaras mit einem Bulldozer auf den Eisenbahnzug der Regierungstruppen nachgestellt ist: Bulldozer, entgleiste Waggons, Explosion (in Form von Betonklötzen), alles da, aber wo ist die Lok? Egal, man kann den Stolz der Revolutionäre richtig spüren. Und für 1 CUC extra darf man ihn sogar fotografieren...
Ein letztes Mal geht es zurück zum Parque Vidal, wo wir noch einmal die Leute hier beobachten und die Atmosphäre aufsaugen. Wir tauschen ein Stück Seife sowie einen Kugelschreiber für die Tochter gegen einen 3-Peso-Schein, den das berühmte Che-Porträt ziert und den die Kubaner den Touristen um 1 CUC verkaufen.
Dann ist es Zeit, zum Busterminal aufzubrechen. Noch einmal wollen wir mit dem Bici-Taxi fahren; man verlangt allen Ernstes zwei mal 3 CUC von uns; viel zu viel, wir brechen zu Fuß auf.
Am nächsten Eck freut sich eines, als wir ihm 1 CUC anbieten. Bald merken wir, warum: bei jeder leichten Steigung rutscht die Kette durch. Die 1. Steigung schaffen wir noch irgendwie, bei der 2. schiebt ganz spontan ein Passant an, aber bei der 3. ist es soweit: der Fahrer steigt ab und schiebt uns und sein Gefährt mit einem freundlichen Lächeln den leichten Berg hinauf. Das ist uns jetzt wirklich peinlich, obwohl die Bici-Taxis hier zum Straßenbild gehören wie die Pferdefuhrwerke. Bald ist die Höhe erreicht, und unser Fahrer radelt uns entspannt bis kurz vor das Busterminal - aha, wieder einer, der nicht hätte dürfen. Über den 1 CUC freut er sich jedenfalls sehr.
Taxler fragen uns, wo wir hin wollen, und wir fragen ganz spontan, wie viel die Fahrt nach Varadero kosten würde. 50 CUC lautet die Antwort. Da wir noch keine Bustickets, aber noch etwas Zeit haben, warten wir vor dem Ticketschalter auf andere Passagiere, denn zu viert wäre der Preis fürs Taxi nur unwesentliche teurer als der Bus. Leider kommt niemand anderer mehr, wir kaufen die Tickets um 11 CUC pro Person und warten auf unseren Bus, der wie wir gestern aus Trinidad kommen soll.
Unser Abenteuer beginnt, als der Bus nicht kommen will. Bisher waren alle Busse auf die Minute pünktlich, also fragen wir nach; "Tranquillo" lautet die Antwort. Nun haben wir die Busfahrt (auch deshalb) so geplant, weil wir danach noch im Hotel zu Abend essen könnten. Das können wir uns langsam abschminken. Da spricht uns ein junger Mexikaner an; wir plaudern dies, wir plaudern das. Schließlich fragen wir ihn, ob er Interesse hätte, mit uns im Taxi nach Varadero zu fahren - 50 : 3 = 16,6 CUC pro Person sind uns das Abendessen und die kürzere Fahrzeit schon wert.
Er ist einverstanden und wir erkundigen uns, ob wir die Bustickets retournieren können, was bejaht wird. Wir ersuchen den Mexikaner, ein Taxi auszusuchen. Die Taxifahrer haben natürlich mitbekommen, dass der Bus nicht gekommen ist, und plötzlich soll die Fahrt 60 CUC kosten. Nein, sagen wir, dann eben nicht. Wir erfahren, dass der Bus mit ca. einstündiger Verspätung unterwegs ist, und fragen nochmals bei den Taxis nach. Ein junger Mann bietet uns an, uns drei um 50 CUC zu fahren. Da kommt auch schon der Bus. Jetzt sieht der junge Mann natürlich seine Felle davon schwimmen, und die Taxler bedrängen uns. Wir fragen den Mexikaner, ob er lieber mit dem Taxi oder dem Bus fahren möchte; er meint Taxi, und unser Abenteuer kann beginnen:
Der junge Mann ist natürlich kein offizieller Taxler sondern ein Illegaler, der mit seinem Privatauto Touristen befördert, was in Kuba verboten ist (bestraft werden allerdings immer nur die Kubaner, nie die Touristen, wie wir aus dem Reiseführer wissen). Sein Fiat Tipo ist für kubanische Verhältnisse gar nicht so schlecht beisammen, und nach einem kurzen Tankstopp geht's los.
Als Illegaler kann er natürlich nicht über die Autobahn fahren, wo es häufige Polizeikontrollen gibt, wir nehmen also den - um einiges kürzeren - Weg über die Landstraßen. Nach ca. 45 Minuten wird es allerdings finster, und zwar wirklich stockfinster. Nun kennt jeder, der schon einmal in Kuba gewesen ist, den Zustand der Straßen hier... Dazu kommt, dass hier nur PKW und LKW beleuchtet unterwegs sind, sämtliche anderen Verkehrsteilnehmer - Pferdefuhrwerke, Motorräder, Fahrräder - sind unbeleuchtet und damit nur mit guten Augen und auch da erst sehr spät erkennbar. Trotzdem pendelt sich die Tachonadel bei 110 km/h ein...
Als der Fahrer sich mit dem Mexikaner am Beifahrersitz auf Spanisch zu unterhalten beginnt, sind wir uns eine Zeit nicht ganz sicher, ob die beiden es gut mit uns meinen ("2 Österreicher auf Kuba ausgeraubt und ermordet")... Gott sei Dank versteht Feli einige Brocken Spanisch und kann uns beide beruhigen. Dennoch fühlen wir uns im Fond des Wagens nicht wirklich wohl - es stinkt entsetzlich nach Autoabgasen (was wir allerdings nach den letzten 8 Tagen schon irgendwie gewohnt sind) gemischt mit Zigarettenrauch, da Fahrer und Mexikaner rauchen. Es zieht fürchterlich wegen der offenen Fenster, und der Fahrer hat offensichtlich - Gott sei Dank! - bessere Augen als wir und vor allem die Hupe. Wir sehnen uns nach dem klimatisierten Viazul-Bus...
Mehrmals fragt der Fahrer nach dem Weg - er ist die Strecke vorher noch nie gefahren -, einmal zeigt ihm Feli in unserem Reiseführer mit der Taschenlampe den weiteren Streckenverlauf...
Als nach mehr als 2 Stunden am Horizont die Skyline von Varadero auftaucht, sind wir erstmals erleichtert. In Cardenas, dem letzten Ort vor Varadero, verfahren wir uns noch einmal und müssen umkehren. Hier sind mehr Pferdekutschen als Autos unterwegs, eine schöne nächtliche Stimmung.
Nach Varadero dürfen Kubaner nur mit einer Hotelbuchung (darum gibt es dort auch keine Bettler), und daher hat uns unser Fahrer schon bei der Abfahrt gesagt, dass wir dort in ein anderes, offizielles Taxi umsteigen müssen, das er bezahlen wird. Wir sind schon gespannt, wie das ablaufen wird, schließlich ist Varadero durch eine Mautstation vom Rest der Insel getrennt. Doch plötzlich biegen wir ab und stehen vor unserem Hotel - uns ist bis heute ein Rätsel, wie wir die Mautstation umfahren haben... (Nein, wir haben nicht geschlafen, im Gegenteil!)
Wir bezahlen dem Mexikaner, der noch ein Stückchen weiter fährt, unseren Anteil von 33 CUC, loben die Fahrkünste und die Augen unseres Fahrers, verabschieden uns und betreten erleichtert die Hotellobby. Wir schauen auf die Uhr - wir haben für die gut 200km ca. 2:30 Std. benötigt, was einem Schnitt von 80 km/h entspricht; wie gesagt zu viert in einem Fiat Tipo, 2/3 der Strecke bei Dunkelheit, auf kubanischen Landstraßen mit einigen Ortsdurchfahrten - sensationell! Unvergesslich!! (Der Bus benötigt über die Autobahn 3:15 Std.)
Für das Abendessen waren wir genau um genau 8 Minuten zu spät ... allerdings bekommen wir in der Pizzeria noch 2 Pizzen mit Salat und 2 Cervesas - wir sind gut angekommen, haben etwas erlebt, woran wir noch lange denken und vielen erzählen werden, darauf stoßen wir an. Und fallen kurze Zeit später völlig erschöpft ins Bett.
Damit geht unsere achttägige Kubarundreise zu Ende. Wir haben viel erlebt und sind froh, dass wir uns jetzt noch 3 Tage am Strand erholen können und uns weder ums Quartier noch ums Essen kümmern müssen.
Aufbruch: | 25.03.2010 |
Dauer: | 17 Tage |
Heimkehr: | 10.04.2010 |
Santa Clara