Syria - For Heaven's Sake

Reisezeit: Mai / Juni 2010  |  von Sarah Paulus

Anreise / Ankunft

Tag 1
22.05.2010, Sonnabend

Anflug mit Austrian Airlines über Wien. Täglich! Die Zeit vergeht im Fluge. Gemeinsam mit einem echten SIEMENS-Techniker auf einer dieser Dreierbänke. Kraftwerke seien seine Profession, zwei davon besuche er in Syrien. 'Etwa die da?', fragt Rolfus seelenruhig mit dem Blick durch das Fenster. 'Wo? Wie?' Rolfs Blickrichtung verfolgend, schiebt sich mir Herr SIEMENS auf den Schoß. 'Na dorte.' Ja, tatsächlich.

Austrian Airlines

Austrian Airlines

Ankunft gegen 15:00 Uhr Ortszeit. Dann die unvermeidliche Immigration Prozedur. In Syrien werden Pässe noch von dramatisch uniformierten Menschen in verglasten Holzkisten geprüft und bestempelt. Ach was sind wir Schengener doch verwöhnt. Mir fällt da immer Led Zeppelin ein. Immigrant Song. 'We come from the land of the ice and snow, from the midnight sun where the hot springs blow...'.

Im Flughafen gibt es Geldautomaten. Ob die funktionieren, wissen wir nicht. Wir entscheiden uns für den physischen Tausch. Dann die Suche nach einer Transportmöglichkeit. Und nun liebe Leser gebt fein acht, ich hab' euch etwas mitgebracht: Bitte niemals, wirklich niemals, den in der Haupthalle befindlichen Taxiservice nutzen. Außer ihr seid ganz dolle bequem und habt zu viel Geld. Die Taxis kosten hier unglaubliche 1.500 SYP. Für den Normalsyrier ein Vermögen. Die weitaus preiswertere Alternative steht in Form eines großen, klimatisiert-kuschligen Reisebusses nur wenige Meter rechts neben dem Ausgang. Für 45 SYP pro Person und 25 SYP pro Gepäckstück. Low Budget.

Die Fahrt in die Innenstadt dauert ca. 30-45 Minuten. Von dort fix ein Taxi angehalten und für weitere 50-100 SYP geschwind zu einem Hotel. Unser Hotel Ghazal liegt im Suq Sarudja. Kategorie einfach, sauber und preiswert. Nur zehn Fußminuten von der Altstadt entfernt. Die beiden geschäftsführenden Brüder sind äußerst zuvorkommend und mit etwas Glück bekommt man ein Zimmer mit Bad für 1.800 SYP pro DZ/Nacht. Es gibt auch Zimmer ohne Bad - ab dieser Kategorie putzt man sich die Zähne im Frühstücksraum. Und manche Gäste campieren auch schon mal auf der Terrasse - kein Scherz. Zusätzlich gibt es Langschläferfrühstück von 07:00 bis 11:00 Uhr. Serviert von der ewig freudlosen Nora. Reservierung ist empfohlen. Diese muss dann sogar noch einmal 48 Stunden vor Ankunft telefonisch bestätigt werden.

Hotel

Hotel

Spiegel

Spiegel

Klamotten aufs Bett geschmissen und hinein in den abendlichen Moloch. Wer zum ersten Mal in einer arabischen Großstadt ist, bekommt es mit dem Herz. Chaotischer Verkehr. Hupen und Schreien. Menschengewirr. Doch wer beispielsweise schon in Kairo unterwegs war, wird Damaskus als Ruhezone empfinden. Alles eine Frage der Perspektive.

Der Suq ist wie ein Schachbrett angelegt mit zwei parallelen Hauptstraßen, Suq al Hamidiya und Via Recta. Wandert man entlang der Suq al Hamidiya, erreicht man geradewegs die berühmte Umayyaden-Moschee, in deren riesiger Gebetshalle sich ein beeindruckender Schrein befindet, angeblich mit dem Kopf von Johannes dem Täufer, der von Christen und Muslimen gleichzeitig verehrt wird. 'Ticket, ticket!' Touristen müssen 50 SYP löhnen. Touristinnen erhalten zusätzlich eine lange, dunkelgraue Kutte. Mit Kapuze. Wirklich schick.

Kuttenhalter

Kuttenhalter

Herzstück der Moschee ist ein riesengroßer, wunderschöner Innenhof. Zum Abend warm und sonnenüberflutet. Auch hier Menschenmengen. Alt und jung wandelt, steht, liegt, liest, betet, schläft und spielt unbekümmert.

Kinder

Kinder

Mein Rolf von Arabien ist sofort zu Hause. Mich überwältigt es. Im Schatten sitzend, an eine Säule gelehnt, beobachte ich passiv das Treiben. Plötzlich weist mich eine Frau darauf hin, dass ich nicht ordentlich verhüllt sei und zottelt an meiner schönen Kutte herum. Einer anderen gefallen meine Schuhe nicht - sie dürften nicht auf dem Boden stehen. Eine weitere zieht mich ungefragt zu einem weiteren Schrein - diesmal mit dem Kopf des Prophetenenkels Hussein und somit ein wichtiges Pilgerziel der Schiiten. Frauen auf der einen, Männer auf der anderen Seite. Inbrünstige Gebete. Murmeln. Weinen. Schreien.

Männer

Männer

Frauen

Frauen

Vor der Moschee stolpert man über das aus deutsch-kaiserlicher Schatulle restaurierte Mausoleum Saladins, dem großen Widersacher der fränkisch-kreuzritterlichen Globalisierungsversuche im Mittelalter. Saladin, wir sind zurück!

Shrine

Shrine

Zum Abschluss des Tages eine köstlich eiskalte Ananasbrause und einen syrischen Döner. Stilecht auf der Via Recta. Nahe angeblich echt römischer Säulen. 'Hornbach', mampft mein Mitesser. 'Alles unecht'. Egal. Let's call it a day.

Maggi

Maggi

© Sarah Paulus, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Reiche Historie, arme Diktatur, liebevolle Menschen und niedlicher Spätsowjetismus.
Details:
Aufbruch: 22.05.2010
Dauer: 11 Tage
Heimkehr: 01.06.2010
Reiseziele: Syrien
Der Autor
 
Sarah Paulus berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.