Syria - For Heaven's Sake

Reisezeit: Mai / Juni 2010  |  von Sarah Paulus

Damaskus

Tag 2
23.05.2010, Sonntag

Wir haben vorzüglich geschlummert. Kaum Straßenlärm im Hotel Ghazal. Nur leises Murmeln durchdringt den Halbschlaf. Ich schaue durch ein kleines Fenster in den Innenhof und beobachte zwei junge Fahrradtouristen bei der Morgenwäsche. Kurz darauf sitzen wir gemeinsam neben dem Waschbecken und frühstücken, angenehm plaudernd.

Spiegelei

Spiegelei

Gestärkt durchforsten wir Damaskus, die angeblich älteste durchgehend bewohnte Stadt der Welt. Wir lassen uns treiben, treffen auf einen Friedhof, schlendern durch kleine verwinkelte Gassen und finden schließlich die Ruqqaya Moschee. Der Bau wurde mit iranischen Geldern ermöglicht. Bis heute ist die Moschee ein wichtiges schiitisches Pilgerziel.

Exit

Exit

Auch hier gibt man mir eine Kutte, dieses Mal in schwarz - was mir ganz gut steht, glaube ich.

Kutte

Kutte

Teepause hinter der Umayyaden-Moschee. Wir treffen Rudi. Er ist Syrer, sehr gesprächig und mit einer deutschen Frau verheiratet. Wie er zu diesem putzigen Vornamen gekommen ist, erfahren wir leider nicht. Dafür habe er einen Laden, den er uns auch gleich ausgiebig zeigen will.

Pferdchen

Pferdchen

Hinter der großen Moschee wirkt die Altstadt beinahe beschaulich pittoresk. Ein grünes Dach aus Rankenpflanzen überspannt hier und da die wunderschönen Gassen. Ein touristischer Magnet, aber kaum Lärm und Menschengedränge. Niemand bettelt, niemand will uns seine Waren aufdrängen. Ab und zu ein 'Hallo!' oder 'How are you?'. Aber das ist es dann schon.

Weiter durch den christlichen Teil der Altstadt, vorbei an der Ananias-Kapelle. 'Hier bekehrte Ananias den Saulus zum Paulus', klugscheißert mein Begleiter und lädt kurz darauf zur Kaffeepause ins Casa Blanca ein - empfehlenswert ist die nette kleine Terrasse im Obergeschoss.

Vögelchen

Vögelchen

Dann auf zum Hidjaz Bahnhof, im modernen Stadtzentrum gelegen. Bahnhöfe bilden das Herz einer jeden Stadt. Sie sind zentrale Anlaufpunkte und pulsierende Spiegel des lokalen Lebens. Und an eben jenem Spiegel wären wir beinahe vorbeigelaufen. Zwar langweilt sich eine antike Lok unbeachtet vor dem kolonialen Gebäude herum. Doch pulsierendes Leben? Wir wenden uns ungläubig der Szenerie zu. Die alte Bahnhofshalle ist ein Buchladen und hinter dem Gebäude tut sich ein riesiges Bauloch auf. Äh? Keine Gleise? Mein Reiseführer gibt Aufschluss: Hier fährt schon längst kein Zug mehr. Da, wo mal die Gleise lagen, soll ein Einkaufszentrum entstehen, weshalb vor ca. vier Jahren die Baugrube ausgehoben worden sei. Den Schwaben wird so etwas wohl nicht passieren. Nicht mit Stuttgart 21.

Leicht deprimiert fallen wir auf eine Bank und diskutieren ein anderes Phänomen. Ein Großteil der erwachsenen Frauen ist verschleiert. Mit bunten oder farbigen Tüchern. Immer jedoch in Kombination mit längeren bis teilsweise bodenlangen Jacken oder Mänteln. Je älter und religiöser desto dunkler. Mädchen hingegen sehen genauso aus wie in der westlichen Welt. Ohne Kopftuch und quietschebunt tollen sie ausgelassen auf den Spielplätzen herum. Warum dürfen die das? Ab wann gilt die allgemeine Helmpflicht? Wir finden es leider nicht heraus.

Händler

Händler

Wohin am Abend? Der Reiseführer empfiehlt die Bar Al-Azariya, wo man recht gesellig ein Bierchen trinken könne, auch mit Einheimischen. Nun ja. An diesem Abend trifft die Beschreibung nicht zu. Gähnende Leere. Sich langweilende Kellner. Und syrisches Flaschenbier, dessen offizielle Haltbarkeit abgelaufen ist. Beinahe unvorstellbar für eine Kneipe, oder? Liegt es vielleicht am generellen Rauchverbot, das auch Syrien jüngst eingeführt hat?

Eine echte Alternative findet sich aber ganz in der Nähe, Sh. Bab Sharq Nr 7. Die angenehme Bar 'Al Kaseda al Damashkieh' oder auch einfacher 'After 7' ist drinnen und draußen gut besucht. Bier und Wein kosten 150 SYP. Einer der Barkeeper ist Spanier, spricht arabisch und hat kurz nach der Wende sieben Jahre in Leipzig gelebt. Sein deutsch sächselt ein wenig, wie süß. Für die harten Alkoholiker noch ein Tipp: Schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite gibt es einen gut sortierten Schnapsladen.

Bulle

Bulle

© Sarah Paulus, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Reiche Historie, arme Diktatur, liebevolle Menschen und niedlicher Spätsowjetismus.
Details:
Aufbruch: 22.05.2010
Dauer: 11 Tage
Heimkehr: 01.06.2010
Reiseziele: Syrien
Der Autor
 
Sarah Paulus berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.