USA 2012 - 2. Teil Nebraska ...

Reisezeit: Juni / Juli 2012  |  von Uschi Agboka

Von Wall nach Pierre

20. Tag - National Grassland/Great Plains/Prairie Homestead/Badlands NP

Montag, 25. Juni 2012 20. Tag Pierre, South Dakota Capitol Inn & Suites
Wall / National Grassland / Great Plains / Prairie Homestead / Badlands National Park / Pierre
Gefahrene Meilen: 183 (295 km)

Zwar schellt auch heute der Wecker um 6 Uhr, doch wir lassen uns Zeit. Hier im Super 8 - alles neu und sehr sauber - gibt es ein gutes Frühstück. Nach dem Frühstück fahren wir um 8 Uhr zunächst zum Harley-Dealer. Es nieselt leicht aus dem Nebel, bei 25 Grad. Rolf ersteht ein schönes Harley-Shirt. Ich besuche das National Grasslands Visitor Center.
Der Spruch am Eingang "Anyone can love the mountains, but it takes soul to love the prairie" sagt schon Einiges aus. Im Visitor Center finde ich wieder mal viele Infos.

National Grasslands sind Grünlandgebiete von nationaler Bedeutung, die als Schutzgebiete ausgewiesen sind. Der Kern der heutigen Schutzgebiete entstand aus Farmen, die während der Great Depression der 1930er Jahre in den Prairiegebieten des Mittleren Westens aufgrund anhalten der Dürre - Dust Bowl - aufgegeben werden mussten. Die Regierung kaufte die Farmen an, wies sie als National Grasslands aus und renaturierte die ursprüngliche Prairie. Die verbliebenen Rancher leben im Einklang mit der Natur. In den Schutzgebieten ist Jagd, Viehweide, Rohstoffförderung, Erholung und andere Nutzung möglich. Der Schutz ist vergleichbar mit dem eines Naturparks oder Landschaftsschutzgebietes in Deutschland. Fast alle National Grasslands befinden sich im Bereich oder am Rande der Great Plains, nur drei liegen woanders, nämlich im Südosten von Idaho, im Nordosten von Kalifornien und im mittleren Oregon.

Die Great Plains - Große Ebenen - sind ein trockenes Gebiet östlich der Rocky Mountains. Lange waren sie kaum bewohnt und wurden nur von teilnomadischen Indianern auf der Jagd nach Bisons und Gabelböcken durchstreift. Die von den Europäern nach Amerika gebrachten Pferde veränderten alles. Die bislang schwachen Lakota und Comanche entwickelten sich zu einem bedeutenden Machtfaktor im Mittleren Westen. Mitte des 19. Jh. zogen weiße Siedler durch die Great Plains nach Westen. Da die Great Plains als unbewohnbare Wüste galt, ließen sich erst um 1865 erste Weiße dort nieder. Die Bisons wurden stark dezimiert und die Indianer bis 1890 in Reservate verdrängt. Heute werden hier rund 60 % des Rindfleisches und etwas die Hälfte des Weizens der USA von Farmern erzeugt. Um 2007 lebten ca. 10 Mio. Menschen im Gebiet der Great Plains, doch sie verlieren durch Überalterung und Landflucht stark an Einwohnern. Zunehmende Dürre erschwert die Landwirtschaft und die Technisierung lässt Arbeitskräfte überflüssig werden. Die tiefe Grundwasserschicht ist durch die Nutzung zur künstlichen Bewässerung fast erschöpft. Heute verwandelt sich kultiviertes Land wieder zurück in Graslandschaft, auf der wieder Bisonzucht betrieben wird. Man überlegt, Menschen abzusiedeln, die Flächen in Prairie rückzuwandeln und Flächen für wildlebende Bisons zu öffnen. Jagd und Tourismus könnten eine neue wirtschaftliche Grundlage sein. Auch die Windkraftgewinnung nimmt an Bedeutung zu.

Um 10 Uhr fahren wir los, Richtung Badlands National Park. Zunächst sehen wir uns ein Prairie Homestead an, Historic Place. Edgar Brown, geboren 1854, kam hierher mit seiner Frau Alice und seinem Sohn Charles, als er 55 Jahre alt war. Prairie-Homestead, ein Original SOD-Haus, gebaut 1909, ist typisch für die Häuser und Wirtschaftsgebäude, die die Pioniere in den Badlands bauten. Um die historischen Gebäude herum sehen wir weiße, fette Prairie-Dogs, sie dürfen gefüttert werden und daher sind sie so dick. Mir gefallen die anderen Prairie-Dogs besser.

Nun geht es zum Ben Reifel Visitor Center, auch dort finde ich wieder gute Informationen, u. a. ein Buch von Steve Hendricks, "The Unquiet Grave: Das FBI und der Kampf um die Seele des Indian Country".
1976 wurde der Körper von Anna Mae Aquash, einer bekannten Indianerin in den Badlands von South Dakota gefunden, eingefroren - sagte das FBI. Nach einer verdächtig erscheinenden Autopsie und einem gehetzten Begräbnis, haben Freunde Aquash exhumieren lassen und fanden ein 0,32-Kaliber in ihrem Schädel. Mit diesem Skandal als Ausgangspunkt, öffnet das Buch "The Unquiet Grave" einen Einblick in die dunkle Seite des FBI und seine Machenschaften!

Die Lakota kamen in die Badlands Mitte des 18. Jh. Auch andere Indianer-Stämme suchten diese Gegend auf. Doch sie wichen vor den Siedlern und Farmern, die das Land überschwemmten, zurück.

"Lakota People's roots on this earth go very very deep, clear to the heart"
Milo Yellow Hair, Vize-Präsident der Oglala-Lakota Nation
Spotted Elk (Bigfoot) war ein fähiger und umsichtiger Miniconjou Lakota-Häuptling, er galt als Mann des Friedens und war bekannt für seine diplomatischen Erfolge, wenn es galt, Streit zu schlichten zwischen rivalisierenden Parteien.

In den 1870er Jahren verbündete er sich mit Sitting Bull und Crazy Horse gegen die US-Armee. Während des Großen Sioux Krieges von 1876-77 litten die Miniconjou Lakota sehr, ehe sie sich ergaben. Die Lakota wurden in die Cheyenne River Indian Reservation in South Dakota umgesiedelt. Spotted Elk ermunterte seine Leute, sich an das Leben dort zu gewöhnen, Mais anzubauen und Schulen zu errichten. Er sprach sich dafür aus, eine friedliche Haltung gegenüber den weißen Siedlern einzunehmen. Doch korrupte indianische Agenten, die Lebensmittel und Geld der Lakota stahlen, machten sein Volk schwach und verzweifelt. Im Frühjahr erreichte sie die "Ghost Dance" Bewegung und Spotted Elk und sein Volk wurden zu glühenden Anhängern. Nachdem Sitting Bull am 20. Dez. 1890 getötet wurde, flohen seine Anhänger zu Spotted Elk. Aus Angst vor Repressalien oder Verhaftung floh Spotted Elk mit ca. 300 Mitgliedern seines Stammes zur Pine Ridge Reservation, auf Einladung von Chief Red Cloud. Es waren ca. 120 Krieger und 180 Frauen und Kinder. Die 7. Kavallerie stellte jedoch die Lakota. Spotted Elk, an Lungenentzündung erkrankt, ergab sich friedlich. Man nahm ihn und seinen Stamm in Gewahrsam und brachte sie zu einem Ort in der Nähe von Wounded Knee Creek, wo sie ihr Lager aufschlagen sollten. In der Nacht vor dem "Wounded Knee Massacre" kam Oberst James Forsyth zu dem Lager. Er befahl seinen Männern, vier Kanonen um den Bereich, in dem die Indianer lagerten, in Stellung zu bringen. Am Morgen des 29. Dezember 1890 kamen Soldaten unter dem Kommando von Forsyth ins Lager der Indianer und verlangten, dass die Lakota ihre Waffen abgeben sollten. In dem Streit der folgte, fiel ein Schuss und dann folgte eine große Schiesserei, in der die US-Streitkräfte wahllos mind. 150 Lakota töteten, auch Frauen und Kinder und teilweise ihre eigenen Leute. Spotted Elk war auch unter den Toten. General Nelson Appleton Miles verurteilte Oberst Forsyth und enthob ihn seines Amtes. Ein Army Court rügte Forsyth, stellte aber sonst keine Verfehlungen fest bzw. machte ihn für das Massaker nicht verantwortlich. Er wurde wieder in sein altes Amt eingesetzt und später sogar Generalmajor. 20 der überlebenden Soldaten wurden mit der "Medal of Honor" ausgezeichnet. Die Medaille sollte Soldaten, die heldenhaft handeln, belohnen, aber am Wounded Knee zeigten sie kein Heldentum, nur Grausamkeit. 2001 wurde auf dem National Congress of American Indians der Beschluss gefasst, die Ehrenmedaillen Auszeichnungen zu verurteilen und die USA-Regierung wurde aufgefordert, sie rückgängig zu machen.

Ich halte mich eine Weile in dem Visitor Center auf, um mir alles anzuschauen, zu lesen und aufzuschreiben. Rolf hat festgestellt, dass die Flagg auf halbmast hängt. Auf meine Frage sagt mir die Rangerin, dass ein Ranger tödlich verunglückt sei, der einen unverantwortlichen Kletterer retten wollte. Wir fahren nun durch den Badlands National Park, den wir vor Jahren schon einmal besucht haben und der uns sehr gut gefallen hat. Wir halten am White River Valley Overlook, Bigfoot Pass Overlook, Homestead Overlook und einigen anderen schönen Stellen. Braune und schwarze Prairie Dogs spielen im Gras. Wir passieren den Dillon Pass und sehen plötzlich nah vor uns ein Bighorn-Schaf, sieht toll aus.

Im Visitor Center bekam ich auch eine Info über "Black footed ferret", den amerikanischen Iltis, auch Prairie Dog Jäger genannt. Diese Frett-chen gehören zu den gefährdeten Tierarten, im 20. Jh. verringerte sich ihre Zahl dramatisch aufgrund kleiner werdender Prairie Dog Populatio-nen, ausgelöst durch eine Krankheit. Das schwarze Frettchen galt 1987 in freier Wildbahn als ausgestorben. Doch dann fand man einige Frett-chen in Wyoming und rief ein Zuchtprogramm ins Leben und so wurde das schöne Tier zwischen 1991 und 2008 in acht Staaten wieder ausge-wildert. Inzwischen gibt es über 1.000 in freier Wildbahn geborene Tiere in 18 Staaten der USA, mit vier sich selbst erhaltenen Populationen in South Dakota, Arizona und Wyoming. So hat das Frettchen neben Bisons und Bighorn-Schafen die Wildnis für sich zurückerobert.
Das schwarze Frettchen hat die Größe eines Nerzes und unterscheidet sich vom europäischen Iltis durch den großen Kontrast zwischen dunklen und hellen Gliedmaßen. Das schwarze Frettchen ist ein Einzelgänger und nachtaktiv. Bis zu 90 % ihrer Nahrung besteht aus Prairie Dogs. Native Indians wie z. B. die Crow, Blackfoot, Sioux, Cheyenne und Pawnee verwenden die schwarzen Frettchen in religiösen Zeremonien und auch als Nahrung.

Nach den Verlassen des Badlands National Parks folgen wir dem HW 14 East. In Cottonwood kommen wir an einem großen Gefängnis vorbei. Und passieren Philip, ein kleines Nest am Ufer des Bad River, der bei Fort Pierre in den Missouri River mündet. Was mir immer wieder auffällt, sind die seltsamen Formationen der Rinder, manchmal stehen sie gerade in einer Reihe, mit dem Hintern zum Zaun oder sie bilden einen Kreis, sieht irgendwie seltsam aus. Die Fahrt geht durch eine endlos erscheinende Prairie, meist Weideland bzw. Weizenanbaugebiete. Hin und wieder eine riesige Farm oder Ranch, doch das Land erscheint menschenleer. Es ist sehr windig, wir werden fast von der Straße geweht, bei 30 Grad, es ist feucht-schwül. Wir passieren den kleinen Ort Midland und erreichen um 16 Uhr Pierre, die Hauptstadt South Dakotas, am Missouri River. Zunächst gehen wir ins Visitor Center, wo eine freundliche Dame uns viel Interessantes erzählt und uns mit zahlreichen Broschüren versorgt. Der Film "Der mit dem Wolf tanzt" wurde teilweise hier gedreht. Zum Abendessen gibt es Hähnchen, Brot, Tomaten, Oliven, Bananen, alkoholfreies Bier und Weißwein. Rolf nutzt das schöne Abendlicht, um das Capitol zu fotografieren. Wir gehen auch heute früh schlafen.

Der Missouri River, der wegen seines hohen Schlammanteils auch den Spitznamen "Big Muddy" trägt, ist mit 4.130 km der längste Nebenfluss des Mississippi River und der längste Fluss der USA, denn er ist länger als der Strom, in den er mündet. Seinen Namen erhielt der Missouri von den historischen Bewohnern der Flussmündung, dem Indianervolk der Missouri. Sie wurden von ihren Nachbarn "wi mihs oor i t a genannt, was "die mit dem Holz-Kanu" bedeutet, denn die Missouri Indianer verwendeten keine mit Rinden oder Fellen bespannten Kanus, sondern Einbäume. Der Missouri war wichtig für die Ausdehnung der USA nach Westen und der Fluss wurde daher auch von der Lewis & Clark Expedition auf ihrem Weg zum Pazifischen Ozean genutzt. Während des 19. Jh. war der Missouri ein wichtiger Transportweg für Waren und Passagiere. Die Verwendung von Raddampfern auf der oberen Flusshälfte erleichterte die weiße Besiedlung von Dakota und Montana. Im 20. Jh. wurde der obere Missouri zwecks der Flutkontrolle, Bewässerung und Wasserkraft aufgestaut. Das Einzugsgebiet des Missouri umfasst ein Sechstel der gesamten Fläche der USA und bildet, kombiniert mit dem Mississippi, das viertlängste Fluss-System der Welt. Dieses weitreichende System von Nebenflüssen bedeckt fast die gesamten halbtrockenen nördlichen Great Plains der USA sowie, durch den Milk River, einen kleinen Teil von Alberta, Kanada.

South Dakota, hier befinden sich die Badlands und die Black Hills. In South Dakota leben 9 Indianerstämme, es gibt mehrere Reservate, insbesondere der Lakota. Nach Alaska, Oklahoma und New Mexico hat South Dakota den vierthöchsten Bevölkerungsanteil von Indianern. Der Name Dakota stammt von den Dakota ab, die vor der Unterwerfung durch die Weißen in diesem Gebiet lebten. Spitzname von South Dakota ist "The Mount Rushmore State".

© Uschi Agboka, 2012
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Reisetagebuch über die Motorradtour durch 11 Staaten des Süd- und Nordwestens der USA vom 6. Juni bis 9. Juli 2012 - zurückgelegte Meilen 7.930 (12.767 km) – Text: Uschi Agboka Fotos: Rolf Kummer – www.harley-rolf.de
Details:
Aufbruch: 23.06.2012
Dauer: 17 Tage
Heimkehr: 09.07.2012
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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