Kerala mit Kind und Karre
Seit vielen Jahren schon liebe ich indisches Essen, Musik, Filme und Bücher und habe alles, was ich an Literatur über Indien bekommen konnte, gelesen. Deshalb war es nun endlich an der Zeit auch dort hinzufahren. Da ich die Familie schon längst mit meiner Begeisterung angesteckt hatte, bedurfte es keiner weiteren Überzeugungsarbeit, Indien als Reiseziel für diesen Sommer auszuwählen.
Wir haben uns dann für Kerala entschieden, weil es uns für den Indieneinstieg am passendsten erschien.
Die Anreise
Zum zweiten Mal haben wir eine arabische Fluggesellschaft für unsere Urlaubsreise gewählt - Qatar Airways. Leider gibt es keine Airline, die einen Direktflug nach Thiruvananthapuram anbietet. Gegen den ersten Flug bis Doha ist nichts zu sagen. Das Essen ist in Ordnung und der Sitzabstand überraschend angenehm. In Doha landen wir gegen einundzwanzig Uhr und es hat hier noch immer 37 Grad! Da will man nicht mittags landen. Weil unser Flug vierzig Minuten Verspätung hat, geht das Umsteigen in eine kleinere Maschine recht flott und problemlos von statten; allerdings produziert die Aircondition aufgrund des enormen Temperaturunterschiedes zwischen draußen und drinnen einen Dunst im Flugzeug, dass man maximal ein paar Reihen weit sehen kann. Es sieht aus, als würde es irgendwo brennen.
Dieser Anschlussflug nun ist weit weniger angenehm als der davor. Hinter uns sitzen zwei nervige Blagen, die uns ständig in die Rückenlehne treten. Die Kopftuchmutter unternimmt nichts dagegen und kann meine angenervten Blicke leider auch nicht richtig deuten. Der vor uns sitzende Vater von den zwei anderen obernervigen Kreischgören verströmt einen penetranten Achselschweißgeruch und wehe er hantiert am Gepäckfach mit erhobenen Armen! Dann stinkt jedes Mal eine Wolke des Grauens zu uns herüber.
Aber auch diesen Flug bringen wir hinter uns und landen pünktlich um vier in Thiruvananthapuram, der Hauptstadt Keralas. Als wir die Gangway hinunter gehen und Thomas "droht", als erster Indischen Boden zu betreten, hält Nico ihn zurück, weil er der Meinung ist, dass mir diese Ehre gebührt, weil ich doch schon so lange darauf gewartet habe. Ich küsse zwar nicht den Boden wie der Papst, aber es ist schon ein tolles Gefühl, endlich "God´s own country" zu betreten.
Durch die dunkle Nacht fahren wir zu unserem Hotel ungefähr eine dreiviertel Stunde lang. Der Verkehr ist mit dem in Sri Lanka vergleichbar, vor allem die Überholmanöver sind oft sehr gewagt und gewöhnungsbedürftig, aber unser Chauffeur steuert uns sicher an unser Ziel. Wir haben für unseren Aufenthalt in Kerala das Akhil Beach Resort in Varkala ausgesucht, da es sehr ansprechend aussieht, einen schönen Pool hat, nicht so groß ist und nicht übermäßig mit dem ganzen Ayurveda- und Yoga-Gedöns wirbt.
Gebucht war eigentlich ein Deluxe Garden View Bungalow, wir landen aber in einer Doppelwohneinheit vis a vis des Pools, von der wir das untere Zimmer zugewiesen bekommen. Jetzt wollen wir uns eigentlich nur noch von der anstrengenden Anreise erholen. Nico ist so müde, dass er sich sofort ins Bett legt und einschläft. Thomas und ich bleiben wach, weil uns langsam klar wird, wo wir gelandet sind. Die Aussicht in den Garten und die morgendlichen Geräusche der Tiere sind zunächst einmal recht idyllisch.
Das Zimmer ist allerdings eine Zumutung. An der doch sehr lieblosen und kargen Einrichtung hätten wir uns gar nicht mal gestört - obwohl uns der nicht vorhandene Kühlschrank auch nicht gerade glücklich macht. Schlimm hingegen ist der muffig-modrige Gestank, es ist feuchtklamm und auch nach zweistündigem Lüften bei gleichzeitig auf Hochtouren laufender Aircondition kein bisschen besser geworden. Das Badezimmer ist ein schwülheißes Feuchtbiotop, in dem man es nur wenige Sekunden aushält, weil man kaum Luft bekommt. Frustriert sitzen Thomas und ich vor der Tür und erlegen mit dem schnell aus dem Koffer hervor geholten Britzel reihenweise Mücken, die zu Nico ins Zimmer wollen. Deren auf den Boden fallende Leichen werden sofort emsig von einer sich in Windeseile gebildeten Ameisenstraße beseitigt. Das verspricht nichts Gutes, wenn man in der Nähe der Zimmertür vielleicht mal Krümel fallen lässt.
Also entscheiden wir uns für ein Upgrade zum doppelten Preis, aber es lohnt sich. Der Unterschied ist wie Tag und Nacht. Es handelt sich dabei um den Heritage Room im oberen Teil eines Häuschens. Alles ist holzgetäfelt, außen, innen, an den Wänden und an der Decke sogar geschnitzt. Der Boden ist gefliest, das Königsbett ist aus dem gleichen dunklen Holz und mit einem Moskitonetz versehen, das Bad ist relativ großzügig, es stinkt nicht und der Kühlschrank ist so groß, wie wir es in einem Hotelzimmer noch nie hatten und vor allem: er ist nicht vollgestellt mit dem lästigen Minibarkram, den man immer ausräumen muss, wenn man das Gerät mit den eigenen Einkäufen füllen will. Auch der umlaufende Balkon ist komplett aus Holz mit einem breiten Geländer, auf dem man bequem an die Holzsäulen gelehnt sitzen kann und die Stühle mit den riesigen geflochtenen Rückenlehnen versprechen Gemütlichkeit.
Aufbruch: | 12.08.2012 |
Dauer: | 17 Tage |
Heimkehr: | 28.08.2012 |