2013/2014 CAMBODIA: "man sieht sich immer zwei Mal"
30.12.2013: Bokor Mountain National Park
Wir wissen durch Berichte und Fotos aus dem Internet, dass der Bokor Nationalpark nicht mehr das ist, was er einmal war.
Seit April 2011 gibt es eine perfekte Straße - das hat auch Gründe und die sind weniger perfekt - dazu später.
Tuk-Tuks können nicht hinauf fahren, die 30 km Serpentinen sind zu viel/zu steil für die Dinger. Kai und ich entscheiden uns für ein Moped, da bisher entgegen meiner vielen Befürchtungen hinsichtlich dieser Art der Fortbewegung alles gut ging und Kai sich dem hiesigen Verkehrsgeschehen bestens angepasst hat.
Am Fuß des Berges befindet sich noch eine Tankstelle und wir tanken voll - sind ja vorsichtig!!
Nach den ersten Kilometern werden wir von einem Kleinbus überholt, der sich relativ schnell, wild schaukelnd durch die Kurven bewegt. Wenige Kilometer später sehen wir ihn wieder: er hält am Straßenrand? Jetzt schon Pause? Panne? Nein, es hüpfen ein paar Passagiere raus und entleeren ihren Mageninhalt in den Straßengraben. Na da bin ich aber froh, dass ich hinter Kai auf dem Moped sitze und keinen Kotz-Bus gewählt habe.
In älteren Beschreibungen über den Nationalpark ist die Rede von seltenen Tieren und Urwald.... den sehen wir nur aus "sicherer Entfernung". Denn die gut ausgebaute Straße ist nur ein Teil der Riesenbaustelle, die einfach mitten in die Natur geklatscht wurde.
Nach ca. 2/3 der Strecke treffen wir auf eine überdimensional große Buddha Statue. Sie ist neu und wirkt so übermächtig, dass wir fast die alten Gebäude linker Hand der Straße übersehen. Aber genau die lohnt es, sich anzuschauen. Es handelt sich um Veang Khmaawt (Black Palace), der kleine Sommerpalast von König Sihanouk, der vor vielen Jahren aufgegeben wurde. Allerdings stellen wir überrascht fest, dass im ersten Gebäude tatsächlich Menschen zu leben scheinen, denn in einem Ruinenzimmer befindet sich ein klappriges rostiges Etagenbett sowie ein paar Plastikstühle und ein paar wenige Habseligkeiten.
Etwas beunruhigt sind wir, als wir feststellen, dass der Tank wohl ziemlich leer wird, bis wir oben sind. Aber da viele Mopeds hier hoch fahren, wird es wohl Benzin zu kaufen geben, DENKEN WIR!
Deshalb kehren wir nicht um - obwohl ich an manchen Stellen denke, ein paar Kilo weniger wären hilfreich - nein es geht weiter mit "Mopsgeschwindigkeit"!
Und dann ganz plötzlich haben wir dieses surreale Bild vor Augen, das ich schon im Internet sehr seltsam fand: ein riesiges Casino, davor Wasserfontänen, ein riesiger Parkplatz - alles irgendwie auf einer Fläche "Nichts", wo einfach nur die Natur "weggemacht" wurde. Das ganze Plateau dort oben wirkt befremdlich. Das Casino und einige weitere Gebäude wirken deplaziert und total überdimensioniert. Würde es in Las Vegas o. ä. stehen - o.k. Der riesige Parkplatz ist so gut wie leer - wir fahren mit unserem Moped quer darüber auf ein kleines Häuschen zu. In dem sitzt tatsächlich ein MENSCH in Uniform mit weißen Handschuhen. Vermutlich muss er zwei Autos am Tag einweisen?? Wir lassen uns keinen Parkplatz zuweisen, fragen nach Benzin.
Oh ja, nur die Straße rauf und dann kurz vor dem Wat (Tempel) links.
Hm. dort gibt es wohl Benzin in einer Hütte, also generell - nur nicht jetzt, weil jetzt ist der Kanister leer. Unser Tank aber auch!
Erst mal Moped abstellen - Wat anschauen. Die Tempel hier sind für unseren Geschmack alle relativ kitschig, aber der erhält eine Kitsch-Bestnote. Es blinkt und funkelt - na ja, wir gestehen es ihm zu so zwischen Weihnachten und Silvester.
Weitere Fragen nach Benzin helfen null.... was nun.... wir steuern ein Gebäude an, vor dem sich ganz viele junge Menschen befinden. Es stellt sich heraus, dass dies die Wäscherei ist. Auf einmal kommt ein Herr mit Anzug "Laundry Manager" ... und der kann Englisch und er gibt uns aus seinem eigenen Moped zwei Liter ab, als wir ihm unser Problem schildern. Werden mal schnell mit einem Schlauch und Plastikflasche umgefüllt. Scheint wohl öfter hier so hin- und hergetauscht zu werden mit Benzin.
Vorsichtshalber lassen wir das Moped stehen und schleppen uns zu Fuß zur Alten Kirche, die wir unbedingt anschauen wollen. Schleppen, weil wir inzwischen die Mittagszeit haben und die Sonne brennt wirklich runter. Wieder einmal sind wir die einzigen Menschen, die laufen. Die alte katholische Kirche wurde von den Franzosen in den frühen 20ern gebaut - ein Teil von dieser "Stadt Bokor Mountain".
Zu schade, dass die alten Gebäude (auch noch ein Casino/Hotel, eine Polizeiwache...) einfach zerfallen zwischen lauter neuen Betonklötzen, überall sind auch Baustellen - wir haben keine Ahnung für was, für wen und warum.
Generell ist dieses neue Casino wohl deshalb gebaut worden, weil Glücksspiel in den umliegenden Ländern verboten ist und sich somit ein Profit erhofft wurde. Aber irgendwie scheint die Kalkulation nicht aufgegangen zu sein. Denn das Ganze hier oben mutet fast geisterhaft. Es sind mehr Beschäftigte als Touristen oder gar Gäste zu sehen. Aber nach wie vor wird überall gebaut.
Wir krabbeln noch auf den Hügel hinter der Kirche und haben hier einen wundervollen Ausblick auf den Regenwald, der sich bis zur Küste erstreckt. So sollte es eigentlich sein...ohne Beton...
1080 m hoch sind wir hier übrigens.
Genug gesehen, wir fahren wieder talwärts. Einen Abstecher machen wir noch -Popokvil Wa terfalls.... Hier treffen wir auf einen Picknick-Platz, an dem sich lauter asiatische Ausländer tummelten. Unsere Mägen sind genauso leer wie unser Tank vorher, also organisieren wir uns einen Schaschlik-Spieß und Reis. Dazu gibt es diese Süß-Sauer-Soße.... sieht jedenfalls so aus. Wir kippen sie über den Reis und dann zerlegt es uns beide nach dem ersten Bissen. Nix süß-sauer!! SCHARF-SCHARF XXL!!! Wir weinen und schniefen um die Wette und löschen den Brand mit einigen Löffeln blankem Reis, so gut es geht.
So und nun zu den Wasserfällen - denken wir. Tja, da fällt aber nix .... bzw. so wenig, dass wir ganz schnell wieder umkehren und uns an die Abfahrt machen.
Wir schaffen es bis zur Tankstelle am Beginn der Bergstraße, tanken voll und fahren wieder gen Kampot. Und kurz nach dem Erreichen der Stadt passiert es: Muttis Bedenken waren doch keine Fantasie-Gebilde...auf einmal eiert das Hinterrad, Kai hält an und fragt mich, was ich denn da hinten mache.... ja nix, ich sitze ganz brav und ruhig.... o.k. Reifen platt! Der Pessimist denkt jetzt bestimmt: so ein shit, habe ich mir doch gleich gedacht, dass so etwas passieren muss. Wir sind Optimisten und denken: zum Glück ist uns das nicht auf dem Berg passiert, sondern erst hier in der Stadt.
Allerdings ist nur mit positivem Denken das Problem noch nicht gelöst. Wir entschließen uns, den Moped-Vermieter anzurufen - seine Nummer steht auf dem Helm. Aber wir haben kein Handy, mit dem wir telefonieren können und keine Ahnung, wo in der Stadt wir sind.... also erstmal schieben. Wir kommen an eine Stelle, die wir kennen und beschreiben können. Ich frage an einem Stand am Straßenrand nach einem Telefon. Irgendein museumswürdiger Apparat wird mir gebracht. Wir tippen die Nummer vom Helm ein und mit krachender schrecklicher Verbindung quäkt eine weibliche Stimme mir etwas auf Khmer ins Ohr. Mutig erkläre ich ganz langsam und deutlich auf Englisch, dass wir ein Moped gemietet und nun eine Panne haben. Nach der Hälfte meines Satzes wechselt die Stimme - die schlechte Verbindung nicht - männlich! Ich fange nochmal von vorne an und ende mit "what shall we do?".... dann legt die Gegenseite auf. Kai fragt: "was hat er gesagt?". Keine Ahnung, aber nachdem der andere das Gespräch beendet hat, deute ich das als: wir sollen warten, er kommt.....
Zwischenzeitlich stellen wir uns schon auf einen mühsamen Streit ein, wo uns vorgeworfen wird, wir hätten das Moped kaputt gemacht und müssten die Reparatur zahlen.....
o.k. Kingdom of Wonder - vorhanden - funktioniert:
keine 10 Minuten und der Vermieter ist da. Gibt uns sein Moped, fährt das defekte Teil zu seinem Laden, wir hinterher. Dort füllt er noch den Tank um, entschuldigt sich und lässt uns weiterfahren.... eventuell hat er sich einen Streit ausgemalt, wie sich die Barrangs darüber beschweren, dass ein Moped eine Panne haben kann, das sie sich für 6 USD / Tag gemietet haben?!?!
alles ist gut!!!!
Aufbruch: | 21.12.2013 |
Dauer: | 17 Tage |
Heimkehr: | 06.01.2014 |