Kolumbien und Panama
Der zerschossene Botero
Nun also zurück auf Anfang.
Die Weiterfahrt nach Medellin - 450 km - mit dem bereits erwähnten Luxusbus dauert dann doch recht lange, statt der avisierten 8h sind es schließlich 13! Die sehr kurvige Strecke windet sich von 2600 m hinunter auf 200 m ins Tal des Rio Magdalena. Sie besteht zum großen Teil aus langen Baustellen, die nur abwechselnd im Einbahnverkehr befahren werden können, was immer wieder zu längeren Stillständen führt, dazu kommen hunderte von Schwerlast LKW in beiden Richtungen, die zum Teil nur 15 kmh fahren. Das dauert natürlich.
Dann sind wir nach ca. 6,5 h unten am Rio Magdalena, der hier schon fast so breit ist wie der Rhein. Hier kommen wir auf einer Autobahn wieder schnell voran. Als ich bei einer Pause aus dem klimatisierten Bus steige, erschlägt mich die Hitze hier unten um Tal. Aber bald biegt der Bus nach Medellin ab und es geht wieder in die Berge, zunächst auf 2100 m wieder hoch und dann wieder auf 1500m runter, zusammen also über 5000 m. Wasserfälle, reißende Flüsse, grüne Landschaft. Nach 450 km bin ich dann da, wieder ein großes, sauberes und effizient organisiertes Busterminal, mit dem Taxi geht's dann in den Stadtteil El Poblado, wo Moana und Andi in einem schicken Apartment residieren, ein herzliches Wiedersehen mit meiner Tochter und ihrem Freund.
Der Blick von Moanas Apartment auf den Pool hinab. Wir haben Programm und daher leider keine Zeit, ihn zu nutzen, schade.
Am nächsten Tag bummeln wir durch Medellin, dem ehemaligen Sitz des Medellin-Kartells. Hier ein enormes Denkmal und 2 Köpfe vor dem Rathaus.
Ein imposanter Justizpalast, ein Stelen- und Bambuswald und auf vielen Plätzen Boterofiguren.
Der Stelenwald wurde dem gefährlichsten Platz Medellins errichtet, um die Vergangenheit zu tilgen, heute eine Sehenswürdigkeit. Schießereien waren an der Tagesordnung
Aus der Geschichte wurden viele Bilder aufs Pflaster des Platzes geklebt, dies hier hat so ca. 1,5 x 1 m.
Wir essen etwas in einem Restaurant, in dem rund 50 Bilder an der Wand hängen mit Menschen, die begeistert diesen grünen Frosch verzehren, warum auch immer. Offenbar eine Spezialität, die wir natürlich auch probieren müssen!
Tja, diese Boterofigur - der Friedensvogel - wurde vor vielen Jahren von einer Bombe gesprengt, etliche Menschen kamen ums Leben, bis heute hat sich niemand dazu bekannt. Botero selbst bestand darauf, das Mahnmal so zu erhalten und er ließ einen neuen direkt daneben aufstellen.
Mit der modernen Metro geht's dann nach Norden und mit einer der drei Seilbahnen (im Metropreis dri!n) hoch in die Berge. Wir schweben über Armenviertel - u.a. derentwegen die Cable Car gebaut wurde, um diese anzubinden - und haben oben von den etwas merkwürdigen schwarzen Bibliotheksklötzen - auch diese wurden bewusst in die Armenviertel gebaut - einen herrlichen Ausblick auf die 3 Mio. Stadt.
Abends ist in El Poblado, der Partymeile Medellins, der Teufel los, wir sind auf dem Weg zum veg. Restaurant Verdeo (in jeder Stadt gibt es veg. Restaurants!), die Straßen sind voller Menschen, die Bars und Restaurant ebenso, überall ertönt lateinamerikanische Musik, es wird getanzt und es ist warm. Natürlich ist es mehr die Mittel-und Oberschicht, die hier feiert, wir hören immer wieder, dass die Schere zwischen arm und reich enorm groß ist und dass Kolumbien wohl das korrupteste Land Südamerikas sein soll, es ist nach wie vor der größte Kokainlieferant der Welt.
Dabei ist Kolumbien sehr reich an Bodenschätzen (Öl, Kohle, Gold) und Kaffee. Das könnte - theoretisch - Wohlstand für alle sein. Wir bekommen davon nur wenig mit, die Menschen sind enorm freundlich und hilfsbereit, als ein offensichtlich verwirrter Mann sich Moana und mir nähert, greifen auch Frauen sofort ein und treten dazwischen. Es ist fast überall extrem blitzblank und sauber, die Straßen sind oft besser als im Ruhrgebiet, immer wieder auch 4-spurige Autobahnabschnitten.
Und an vielen öffentlichen Plätzen gibt es Toiletten, die kostenpflichtig sind (30-40 ct), dafür aber auch in der Regel sehr ordentlich. Nirgendwo ist Hektik, niemand bietet uns ko-Drinks an, niemand versucht uns irgendwie zu beklauen, nur einmal will einer einen leicht überhöhten Preis nehmen; alle Taxis haben Taxameter, die auch funktionieren; aber natürlich sind wir immer auch sehr vorsichtig. Alles ist also sehr 'tranquillo'.
Das Bussystem ist ungeheuer effektiv. Für jede beliebige Strecke geht man einfach zum Busterminal, kauft ein (Computer-)Ticket mit Sitzplatzreservierung, steigt ein und los geht's meist ohne lange Wartezeit, da fahren Busse alle 20-30 Minuten in alle Richtungen, selbst auf Langstrecken über 8-10 Stunden, Collectivos und Minibussse zum Teil alle 10 Minuten. Manche Strecken bedeuten für uns Taxi->Minibus->Langstreckenbus->Taxi fast ohne Wartezeiten.
Beruhigend natürlich in ganz Kolumbien auch die enorme Anzahl Polizisten und Sicherheitspersonal an fast jeder Ecke. Wir fühlen uns jedenfalls hier sehr sicher.
leckeres Essen im Verdeo. Die Kamera links oben suchte per Zufallsgenerator den ganzen Raum ab, NSA läßt grüßen
Medellin war ja mal anders, in den 1980 Jahren etablierte sich die Drogenmafia, es kam sehr viel Geld ins Spiel, und die vorher schon existierende linke Guerilla und die rechten Paramilitärs mischten kräftig mit. Die Folge war eine Vervielfachung der Toten von 20.000 auf 200.000, Medellin war die gefährlichste Stadt der Welt.
Viele Politiker, die dies ändern wollten, wurden ermordet. Erst als der vorige Präsident Uribe hart durchgriff, änderte sich die Lage, die Armee gewann wieder die Oberhand und der Drogenboss des Medellin-Kartells, Pablo Escobar wurde verhaftet, baute sein Luxusgefängnis selbst und zog dort ein, brach aber trotzdem später aus, wurde ein Jahr verfolgt und schließlich in Medellin auf dem Dach seines Hauses von Kugeln durchsiebt. Damit hörte der Spuk so langsam auf. Außerhalb von Medellin hatte er ein Anwesen, auf dem er sogar Zebras und Nilpferde hielt, letztere haben in freier Wildbahn bis heute überlebt. Als er die Zebras an Zoos abgeben sollte, aber nicht wollte und der Staat sich nicht traute, durchzugreifen, hat er Esel als Zebras anmalen lassen und zurückgegeben und dem Schein war Genüge getan. Schon recht bizarr.
Jedenfalls sind die Menschen hier froh, dass nun weitgehend Frieden eingetreten ist und sie in Ruhe leben können und auch, dass nun mehr und mehr Touristen ins Land kommen. Noch sind es allerdings sehr wenige, in den Bussen und auf den Straßen sehen wir fast keine, nur in den diversen Hostels sammeln sich die wenigen Backpacker. Gruppenreisende sehen wir überhaupt keine.
Aufbruch: | 18.02.2014 |
Dauer: | 6 Wochen |
Heimkehr: | 28.03.2014 |